ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

verwegenen Kampf mit aller Convenienz und Sitte? „Wir haben die und jene Thorheit in einem luftigen Augenblick empfangen und geboren; sind schuld, daß eine ganze edle Schaar mit Bettelsäcken und einem selbstgewählten Unnamen dem Könige seine Pflicht mit spottender Demuth in's Gedächtniß riefen..." Beinahe wäre man versucht, nach diesen Worten anzunehmen, der sehr ernsthaft gemeinte, sehr weitreichende Bund der Geusen sei nicht viel mehr gewesen, als eine leichtfertige, geniale Tollheit im Geschmack der Sturmund Drangperiode! Das heißt denn doch den Ernst der Geschichte zu burschikos auffassen. Die Vorgänge jener Zeit, die einen Alba zum erbittertsten Kampfe herausforderten, sie waren mehr als ein Fastnachtsspiel, das nur Verleumdung zum Hochverrath stempelte, sie waren vielmehr Vorboten einer der großartigsten Bewegungen, welche die Geschichte überhaupt fennt.

Doch es lag gar nicht in der Absicht, noch weniger in der poetischen Eigenthümlichkeit des Dichters, die gewaltigen, gährenden Kräfte der Zeit, die objectiven Mächte der Geschichte uns vorzuführen. Seine Tragödie sollte keine historische, nur eine rein menschliche sein. Wenn der Dichter Egmont als geschichtlichen Helden darzustellen beabsichtigte er hätte ihn in die Mitte der Gesinnungsgenossen und Gegner stellen, seinen Schicksalsgefährten Hoorne, Brederode, das Haupt der Adelsopposition, den Macchiavellisten Granvella auch mit in die Handlung einführen müssen. Statt dessen isolirt er seinen Helden so viel als möglich, rückt das Geschichtliche in staffagenartiger Behandlung bei

Seite, und stellt den ganzen Apparat des Stückes so, daß von allen Seiten die vollste Beleuchtung auf die rein persönlichen Eigenschaften des Helden, nicht aber auf sein Verhältniß zu der Zeit und den Parteien fällt. Seiner politischen Thätigkeit, seiner Sendung nach Madrid 2c. geschieht keine Erwähnung; nur durch die Art, wie sich der Held giebt, durch das Ganze seines Charakters, nicht durch die einzelne That soll er unseren Antheil erwecken.

Damit entfällt freilich auch der eigentliche dramatische Conflict. Egmont ist ein Typus edler Menschlichkeit, eine glücklich angelegte Natur, die blos in der Bedrängniß der Zeit unglücklich endigt. Die Richtung des Göthe'schen Geistes, auf die Lewes treffend hinweist, die Menschen mehr als Naturforscher, denn als Dramatiker zu betrachten," ließ ihn die Darstellung eines Typus der Darstellung einer Leidenschaft vorziehen; und so zeigt er uns auch hier seinen Helden nicht in den Stunden ernsten Kampfes, nicht in der Anspannung seiner Kraft, nicht in der Höhe einer pathetischen Erregung, sondern in der stets gleichen Haltung einer harmonischen Individualität. Ueber diese fommt dann das Schicksal plöglich herein, wie ein Wetterschlag über ein blühendes Thal.

In einem bedenklichen Zeitlauf, umgeben von den Schlingen einer arglistigen Politik, in nichts als sein Verdienst eingehüllt, voll übertriebenen Vertrauens zu seiner gerechten Sache, die es aber nur für ihn allein ift - so geht er wie ein Nachtwandler auf jäher Dachspige seinen gefährlichen Weg. Er ist kein großer, aber

ein wohlwollend heiterer, offener Mensch, Freund mit der ganzen Welt, voll leichtsinnigen Vertrauens zu sich selbst und Anderen, frei und kühn, als ob die Welt ihm gehörte, brav und unerschrocken, wo es gilt, dabei großmüthig, liebenswürdig und mild ein Charakter der schönern Ritterzeit. Alle diese Eigenschaften, die Schiller in seiner bekannten Recension des Göthe'schen Stückes in eine so lebendige, menschliche, durchaus wahre und individuelle Schilderung verschmolzen findet, erwecken unsere Theilnahme, unser Interesse im vollsten Maße für den Helden, wenn sie uns auch durchaus nicht den Keim tragischer Bedeutsamkeit in seinem Charakter auffinden lassen. Ein Held ist er wohl, vor Allem so ganz ein flämischer Held, den das Volk liebt, weil es sein eigenes Wesen in ihm wiederfindet, weil ,,ihm die Fröhlichkeit, das freie Leben, die gute Meinung aus den Augen sieht," weil er zu der spanischen Lebensart auch nicht einen Blutstropfen in seinen Adern hat; aber darin, daß er der echte Niederländer“ ist, ruht zulegt sein ganzes Verdienst. Gleich den Heroen im Epos, die auch nur die erhöhten Charaktertypen ihrer Volksart sind, repräsentirt er in glänzender Weise die Eigenthümlichkeit seiner Nation, vertritt sie auch mit seiner Gesinnung, aber er handelt nicht für fie, wie der dramatische Held soll, von dem wir Pathos und Energie, nicht blos einen interessanten Compler von Charakterzügen erwarten.

Wie verhält sich Egmont zu der ernsten, drohenden Situation, die der Dichter so ausführlich, mit so meisterhafter Anschaulichkeit in den ersten beiden Acten

seiner Tragödie exponirt? Wir erfahren dies so eigent lich nur aus zwei Scenen; aus der Unterredung mit seinem Secretair, dann aus der Scene mit Wilhelm von Dranien. Da sehen wir, wie sein ganzes Wesen nur auf heitere Sorglosigkeit gestellt ist, wie er diesem Zuge seiner Natur auch in einer Zeit nicht widerstehen fann, wo es die Pflicht der Selbsterhaltung, die Pflicht für das allgemeine Wohl des Vaterlandes dringend fordert, sich der politischen Sorge nicht zu entschlagen. Er lebt planlos in solchen Tagen, die ein planvolles Handeln durchaue nöthig machen; er denkt nicht daran, zwischen der Loyalität gegen dem spanischen Herrscher und der Liebe zu seinen Niederländern die scharfe Linie zu ziehen, und sich klar zu machen, an welchem Punkte der aufrichtige Patriot nothwendig dem mißtrauischen Despoten verdächtig erscheinen müsse. Wenn er hie und da einen protestantischen Prediger straflos durchschlüpfen läßt, diesen oder jenen Erceß obenhin behandelt, wohl auch einmal ein Wort von der Verfassung fallen läßt, so schadet er sich dadurch blos selbst, ohne der niederländischen Freiheit im Allgemeinen etwas zu nügen. Seine Gesinnung, die sich als durchaus wohlmeinend und liberal bewährt, ist ein Ausfluß seines edlen Temperaments, aber sie giebt seinem Wollen, seinen Entschließungen keine bestimmte Richtung. In der hochwichtigen, entscheidenden Zeit thut er eigentlich gar nichts - und dieses Nichtsthun, dieses sorglose Zusehen ist eben seine Schuld. Er ist eine heroische Natur, jeden Augenblick bereit, sein Leben auf dem Schlachtfelde hinzugeben, nicht aber es im Cabinet, im

Arbeitszimmer zu versigen, und seinen Blick weitsehend in die Zukunft zu richten. Dem Helden von Gravelingen fehlt durchaus die besonnene Rube des Staatsmannes aber einen solchen braucht gerade die Zeit. Die Gunst des Volkes besigt er so, wie man die Neigung einer Geliebten erlangt; „es ist ihr guter Wille," sagt er selbst, daß mich die Niederländer lieben." Sie schlägt ihm zum Verderben aus, ohne daß er für das Volk etwas gethan hat — durch das Opfer seines Lebens muß er jene Popularität bezahlen, in deren Gefühl er sich so gern gewiegt.

[ocr errors]

Doch mag immerhin der Leichtsinn Egmont's auch mit Leichtsinn geschildert, der tragische Gehalt jener Epoche in seinem wahrsten Wesen verkannt sein - der Dichter entschädigt uns für diese Mängel reichlich durch Vorzüge anderer Art. Es ist wahr, fein anderes Trauerspiel hat so helle, sonnige Farben, so wenig ernste Schatten wie Egmont; selbst jener herrliche Monolog im Gefängniß hat zu viel freie Himmelsluft für den geschlossenen Raum eines Kerkers. Wenn wir auch nur in Schiller's skizzenhafter Geschichte des Abfalls der Niederlande die Darstellung der Zeit und den Proceß Egmont's und Hoorne's lesen, fühlen wir uns von weit ernsteren tragischen Schauern berührt, als in der Göthe'schen Tragödie. Da treffen wir auf jenen Punkt, wo die Schwäche und die Schönheit dieser Dichtung gleichsam in einen Knoten geschürzt ist, den wir nicht lösen können, ohne uns die Wirkung des Ganzen zu zerstören. Nur indem Göthe sich und seinem Helden die Last des geschichtlichen Stoffes vom

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »