ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

dern des 18. Jahrhunderts vor uns haben

und daß die ganze Dichtung in ihren legten Theilen gleichsam zu einem in Chiffern geschriebenen Tagebuch des Dichters selbst wird, dessen vollständige Enträthselung wir schwerlich unternehmen können.

Immer mehr steigt die Faustdichtung ins Sinnbildliche, Gedankenhafte auf; zulegt sehen wir uns, wie auf dem Charontischen Kahn, in ein Schattenland entrückt, wo uns allerlei allegorische Halbwesen ohne Leben und Körper in dämmernder Beleuchtung umgeben. Statt des frischen Colorits, statt der kräftigen Farbe des Lebens, die uns im ersten Theil so hoch erfreut, bleibt hier zulegt nur noch das unruhig wechselnde Farbenspiel einer subtilen Symbolik übrig, die uns anregt, beunruhigt und verwirrt, aber durchaus keinen reinen und vollen Genuß mehr aufkommen läßt. Es ist wohl wahr der zweite Theil des Faust geht mehr ins Weite und Allgemeine, während der erfte Theil der Tragödie sichtlich mit individuellen Bezie= hungen zusammenhängt. Göthe selbst spricht sich in diesem Sinne aus. „Der erste Theil,“ sagt er, „ist fast ganz subjectiv, es ist Alles aus einem befangenen, leidenschaftlichen Individuum hervorgegangen; im zweiten Theil aber ist fast gar nichts Subjectives, es erscheint hier eine höhere, buntere, hellere, leidenschaftslosere Welt." Das Leben ist aufgethan nach allen Seiten. Was wird nicht Alles berührt! Die Kreise des Staatslebens, - die moderne Finanzpolitik die Fragen der Naturwissenschaft und Philosophie des classischen Alterthums u. s. w. u. s. w.

-

die Ideale

Aber dieses

Allgemeine ist nicht durchgelebt, wie das Besondere des ersten Theils; es tritt nur in einem Schattenspiel von Abstractionen an den Dichter heran. Man sieht, er hat über alle diese Dinge viel und fein nachgedacht, zuweilen auch an ihnen grillenhaft geflügelt, aber sein Dichterherz haben sie nicht mehr zu erwärmen vermocht. Nur das Erlebte, mit Gefühl Erschaute, mag es sonst noch so individuell sein, ist das Allgemeingiltige in der Poesie; die Reflexionsphantasmen und Symbole des zweiten Theils sind dagegen gerade bis zum Absonderlichen subjectiv. Es ist dies eben die greifenhafte Subjectivität Göthe's.

Schon im ersten Acte fängt das Räthselwesen und das Hineingeheimnissen“ an. Wie viel Localfarbe hätte Göthe in seiner besseren Zeit für die Schilderung eines mittelalterlichen Mummenschanzes zu finden gewußt! Nun führt er uns eine endlose Reihe allegorischer Maskenzüge vor, wie er sie zuweilen in Weimar für den Hof zu arrangiren pflegte, devisenartige Verse und Verschen mit fernentlehnten, finnreichen Bezügen, oft aber auch nur leere, grillenhafte Reimereien. In der „classischen Walpurgisnacht" wird das schöne, geisterhafte Stimmungsbild der nächtlichen Landschaft am rauschenden Peneios, von deffen Ufern die Gestalten nur leicht gezeichnet aufsteigen sollten, durch Ballast aller Art erdrückt, der hier massenhaft hineingestopft ist; epigrammatisches Schnigwerk, mit dem Göthe gern zu spielen pflegte, ist hier, wie in dem Mummenschanz in Menge zusammengetragen. In helleren und lebhafteren Farben tritt uns wohl die

Schilderung des kaiserlichen Hoflagers entgegen; ein großes prächtiges Ceremonienbild, höchst charakteristisch angeordnet und von wirksamen humoristischen Schlaglichtern beleuchtet. Einen hohen poetischen Reiz, obgleich keine klare Beziehung zum Ganzen, hat die wundersame Traumwelt, in die uns der dritte Act entrückt

jenes magische Ineinanderscheinen des antiken und romantischen Elements in der tiefsinnig räthselhaften Allegorie von Fauft und Helena. Wie zauberhaft, wie eigen ergreifend ist das plögliche Hereinklingen des empfindungsvollen Reimes in die schwerwiegenden, äschyleischen Rhythmen diese Vereinigung zweier

weitg eschiedener Welten in dem Geiste, der sich über Zeit und Raum hinausschwingt! Aber auch hier fühlen wir uns nicht recht wohl - wir sind einmal nicht unter Lebendigen. Von der organischen, lebensvoll bildenden Kraft, welche die Jugenddichtungen Göthe's durchwärmt und pulsirt, die uns insbesondere in jenen. Scenen in Faust, die noch der Gög- und Wertherperiode angehören, so voll und kräftig entgegentritt von dieser Kraft verspüren wir freilich auch in den schönften Partien des zweiten Theils keine erfreuende Nachwirkung mehr. Es ist nicht mehr eine organisch beseelte, es ist gleichsam eine krystallisirte Poesie, die wir hier vor uns haben hell schimmernd und funkelnd, reich an geistvollen Aufbligen und farbigen Refleren, aber in ihrem Kerne doch starr und erfältet.

Ein bedeutenderes, ja fast dramatisches Interesse bietet noch die Art und Weise dar, wie der Dichter die Fauftdichtung ihrem Schlusse zuführt. Der Held wird

[ocr errors]

alt, ja uralt, je näher die Tragödie ihrem Ende entgegenrückt und geht dem Dichter selbst nur um wenige Schritte voran den Weg zu den Schatten. Wenn man bedenkt, daß der lezte Act gewiß nur kurze Zeit vor Göthe's eigenem Lebensende geschrieben ist, so erhält der Kampf eines großen Geistes mit dem allüberwindenden Tod, das gespenstige Heranschleichen der Sorge, der dumpfe Grablegungsgefang der Lemuren zum Schluß eine tief ergreifende, geheimnißvoll düstere Wirkung. Die Verse sind meist schwach, in der Ausführung merkt man nur zu deutlich die unsichere Hand des Greises aber in der Stimmung, die über dem Ganzen webt, begegnet uns noch einmal mit tiefem Leuchten, mit fesselnder Macht der Abschiedsblick des Genius, bis Alles, Alles zulegt in Todesnacht hinabsinkt. Wie tragisch wirkt dies, wie faßt sich alle Lebensironie darin zusammen, wenn Faust, der früher über dem Wissensdrang vor der Zeit alt geworden, nun, da das höchste Alter an ihn herantritt, durch leidenschaftlichen Thatendrang sich selbst über die Schranken der Eristenz zu täuschen sucht, wenn er, der früher vor dem ewig regen, ewig thätigen Erdgeist vernichtet zusammengebrochen, jezt am Schlusse seines Daseins allein mit ihm in verwegenem Wetteifer sich zu messen wagt! Doch diese Energie ist nur eine erträumte. die Zeit des alten Ringers ist um, Mephistopheles spricht den Epilog zu Faust's Erdenwallen:

Warum vorbei?

[ocr errors]

,,Vorbei!" ein dummes Wort.

Vorbei und reines Nichts — vollkommenes Einerlei !

Was soll uns denn das ew'ge Schaffen!
Geschaffenes zu Nichts hinwegzuraffen!
„Da ift's vorbei!" Was ist daran zu lesen?
Es ist so gut, als wär' es nicht gewesen,

Und treibt sich doch im Kreis als wenn es wäre.
Ich liebte mir dafür das ewig Leere.

-die heiligen Eingebirgauf vertheilt,

Die Schlußtableaur der Tragödie mit ihrer abge= schmackten Mystik können uns nicht weiter interessiren. Auf der Erde, und nicht im Himmel hätte das Faustproblem seine Lösung finden sollen. Man glaubt hier die alterthümlichen Wandgemälde aus dem Campo santo von Pisa vor sich zu sehen siedler und Büßer der Thebais, in ihren verschiedenen Regionen links der greuliche Höllenrachen mit der Flammenstadt in der Tiefe darüber, wie auf dem „Triumph des Todes" von Orgagna die Engel aus der Glorie niederschwebend und mit den Teufeln um die in Kindergestalt entschlüpfenden Seelen kämpfend. „Die Luft ist gereinigt, es athme der Geist!" singen im Chore die Engelschaaren, während sie flammende Rosen niederstreuen und die Höllengeister durch die Feuerflocken himmlischer Liebesglut in die Flucht schlagen. Sie erheben sich, Fausten's Unsterbliches entführend · Gretchen, die langvergessene, naht fürbittend der glorreichen Mutter. So schwebt Faust himmelan, von dem „ewig Weiblichen" emporgezogen.

-

Dies das Ende des wundersamen Werkes, in welchem wir die frischesten Jugendgefühle des großen Dichters ebenso wie die tiefsinnigen Betrachtungen und seltsamen Grillen seines Alters beisammen finden. An

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »