ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

gung und Ausbruch der Gluth zu geben, die sonst auf eins verschloffen unser Herz endlich ganz verzehrte. Fühlen wir doch oft den süßen Drang zum Schaffen! Und mit welchem Entzücken freuen wir uns der vollendeten Schöpfung, der Erholung darnach, wenn die verschlossene Seele, durch Imagination geöffnet behaglich ihre Fülle entläßt, wie nach segensreichem Gewitter, das in üppigem Umfangen die lechzende Natur wieder erquickt.“

Es hat aber etwas Bedenkliches an sich, dieses Poetifiren über die Poesie; mehr Werth als solch' eine unbestimmte Ausdehnung des Gemüths hat die Concentration auf einen bestimmten Stoff, den man mit gestaltender Kraft zu erfassen vermag. Diese Kraft fehlte Müller, da er sich an die Gestalt des Faust heranwagte, deren Schatten ahnungsvoll und alle Fibern erregend durch den Kreis der Stürmer und Dränger hindurchschritt. Er wußte, wie er sagt, noch nicht, daß Lessing und Göthe beide an einem Faust" arbeiteten, als ihm der seinige zum Niederschreiben interessant wurde. Faust war ihm seit seiner Kindheit einer seiner Lieblingshelden,,,weil er ihn gleich für einen großen Menschen nahm; einen Menschen, der alle seine Kraft gefühlt, gefühlt den Zügel, den Glück und Schicksal ihm anhielt, den er gern zerbrechen wollt'; der Muth genug gehabt, sich in Liebe an einen Teufel zu hängen, der ihm offen und vertraulich entgegentritt." Es gibt Momente im Leben, so fährt Müller fort,,,wo das Herz sich selbst überspringt, wo der herrlichste, beste Mensch, troß Gerechtigkeit und Gesetzen, absolut über sich selbst begehrt. Von dieser Seite griff ich meinen Faust!"

Verweilen wir einen Augenblick bei den einleitenden Scenen. Die Handlung beginnt in der Ruine einer verfallenen, mit Schutt überwachsenen gothischen Kirche. In mitternächtiger Stunde haben sich da die Teufel versammelt, eigentlich ein Convent von diabolisirten Originalgenie's. Lucifer spricht

mit Hohn und Verachtung über die Kraftlosigkeit und Entnervung des Menschengeschlechtes; es lohne sich der Mühe nicht mehr, den Teufel unter diesen,,vermatschten Weltkindern“ zu spielen, die,,nicht 'mal volle Kraft zum Sündigen übrig haben," sich mit diesen,,Dampfseelen“ zu hunzen, die weder für Himmel noch Hölle geschaffen sind. ,,Wären es noch starke Kerl', die uns mit ihren Tugenden zu schaffen machten, oder ganze Schufte, angefüllt vom Wirbel in die Zehe herab von Mordsucht und Gift der Hölle!" So ist aber auch das Böse da oben schlaff und mittelmäßig, wie alles andere! Die Berichte Mogols des Goldteufels, Cacal's des Wollustteufels, ja sogar Atoli's und Babillo's, des Literatur- und Malerteufels bestätigen diese pessimistische Ansicht Lucifers.,,Keinen einzigen großen Kerl zu finden! Seht ihr, wohin das gekommen ist! Ein Generalbankerott!" Schon will er sein Scepter zerbrechen und mit eins seiner Höllenherrschaft über die Welt entsagen, da tritt Mephistopheles auf, das Höllengenie, der verspricht ihm einen ,,festen, ausgebackenen Kerl", einen wirklich großen Mann zu stellen. Das ist Doctor Faust.

Wir finden ihn in seiner Studirstube, in tiefes Nachsinnen versunken. Der erste Monolog desselben enthält gleichsam schon die Quintessenz der Fauststimmung; das drangvolle Ungenügen des Menschengeistes in seinen höchsten Ansprüchen und Forderungen ist hier stark und ergreifend ausgedrückt.

[ocr errors]

Da müßt' es endlich hinkommen! Alles oder gar nichts! .. Lieber aller Bequemlichkeit beraubt, nur die Kraft das auszu. führen, was ich nahe meinem Herzen trage, die Belebung dieser aufkeimenden Ideen, was ich mir in süßen Stunden erschaffe und das doch unter Menschenohumacht dahinsterben muß wie ein Traum im Erwachen. Daß ich mich so hoch droben fühle und doch nicht sagen soll: Du bist alles, was Du sein kannst! Hier, hier steckt meine Qual. . . . Mit wie viel Neigungen wir in die Welt

treten! Und die meisten, zu was Ende? Sie liegen von ferne erblickt wie die Kinder der Hoffnung, kaum in's Leben gerückt; find verklungene Instrumente, die weder begriffen noch gebraucht werden; Schwerter, die in ihrer Scheide verrosten. Warum so grenzenlos an Gefühl dies fünfsinnige Wesen? so eingeengt die Kraft des Vollbringens ? Trägt oft der Abend auf goldenen Wolken meine Phantasie empor, was kann, was vermag ich nicht da! wie bin ich der Meister in allen Künsten, wie spanne, fühl' ich mich hoch droben, fühl' in meinem Busen aufwachen all' die Götter, die diese Welt in ruhmvollem Lose wie Beute unter sich vertheilen! Der Maler, Dichter, Musicus, Denker, alles was Hyperion's Strahlen lebendiger küffen und was von Prometheus' Fackel fich Wärme stiehlt: möcht's auch sein und darf nicht; übermann' es ganz unter mich in der Seele, und bin doch nur Kind, wenn ich körperliche Ausführung beginne; fühle den Gott in meinen Adern flammen, der unter des Menschen Muskeln zagt. Für was den Reiz ohne Stillung? O, fie müssen noch alle hervor, all' die Götter, die in mir verftuminen, hervorgehen hundertzüngig, ihr Dasein in die Welt zu verkünden! Ausblühen will ich in alle Ranken und Knospen! So voll, voll! Es regt sich wie Meeresfturm über meiner Seele, verschlingt mich noch ganz und ganz. Wie dann? Soll' ich's wagen, danach zu tasten? Es ragt über mir und bildet sich in den Wolken ein Colossus, der das Haupt über den Mond streckt. Ich muß, muß hinan! Du Abgott, in dem sich mein Inneres spiegelt! Wie ruft's? Geschicklichkeit, Geisteskraft, Ehre, Nuhm, Wissen, Vollbringen, Gewalt, Reichthum, alles, den Gott dieser Welt zu spielen

Soweit der Anfang der Dichtung.

den Gott!

Der leitende Grundton, so voll und kräftig er da angeschlagen ist, wird leider in dem weiteren Verlaufe nicht festge= halten; der Dichter läßt seinen Gegenstand bald von der Höhe der Idee in das Treiben gemeiner Alltäglichkeit hinabsinken. Faust ist bei den Studenten ein populärer Professor, aber bei Juden und Handwerkern ein verrufener Schuldenmacher, zudem ein Spieler kurz ein ächtes, verlumptes Genie. Die Ränte

[ocr errors]

eines halbgelehrten Charlatans, der eben so beschränkt als niederträchtig ist, bringen Faust auf das Aeußerste; es fragt sich aber, ob dies schon Grund genug sei, sich dem Teufel zu übergeben? Um Mitternacht, im dunklen Wald am Kreuzweg, macht er seine Beschwörungen, wie Lewes sagt,,,mit einem Apparat wie Kaspar in der Wolfsschlucht." Die Scene mit den fieben Teufeln, die nach einander aus der Erde aufsteigen, erinnnert an das Puppenspiel und an Lessing; der siebente Geist ist endlich Mephistopheles. Es bringt dem Ungenügsamen, nicht zu Ersättigenden eine neue Welt aus der Tiefe herauf. „Blick' in mein Aug', was siehst du darin? Eine neue Schöpfung, bisher dir alles fremd. Wo deine Sonne dir aufsteigt und niedersinkt, findest du nichts dergleichen; denn ich schließ' in meinem Blicke wie in einem Reif die Welt!" Faust sinkt in magischen Schlummer und gibt Mephistopheles Gelegenheit, in einem seltsamen Monolog feine eigentlichen Absichten zu offenbaren : „Auf Mephistopheles! Erfülle, was du dir so lang entwarfst führ' aus den süßen Wunsch, ein Geschöpf_habhaft zu werden nach deiner Neigung, anzuschließen an dein Herz mit diamantenen Ketten! Zu dunkel, zu dunkel alles drunten! Muß mir was aus der Oberwelt herabgreifen. Ach süßer Gedanke! Und doch... wehe! mich durchschneidet's fiebenfach wie des Nächers Schwert. Dann! dann! wenn ich, ganz Teufel, wieder zerstören muß, was ich jetzt aufgebaut, gezüchtigt bin das mit Lust zu quälen, was ich jetzt liebe. . . . Will nicht daran gedenken, ehe die Wonneminuten dahin sind!“

[ocr errors]

Ein Teufel, der liebt, der ausdrücklich sagt, daß „verschlossene Liebe“ seine eigentliche Pein sei, ist doch eine der seltsamsten Phantasiegeburten, welche die Sturm- und Drangperiode erzeugt hat. Er erinnert in bedenklicher Weise an Bertram in der Oper,,Robert der Teufel", der aus purer Vaterliebe seinen Sohn zur Hölle führen möchte.

Einen ungleich reineren und erfreulicheren Eindruck, als dieses Faustfragment, macht auf uns Müllers Hauptdichtung, „Golo und Genoveva.“

In diesem Schauspiel gibt uns der Dichter nicht eine dramatisch concentrirte Handlung, sondern ein farbenreiches Bild in kleineren Bildern, die buntcolorirte Welt des Mittelalters in ihrer ganzen Breite, die sich eigenthümlich um den Legendenstoff gruppirt. Es athmet aus dieser Dichtung eine Freude an der Vielgestaltigkeit des Lebens, nicht minder frisch und anregend, wie im Göß von Berlichingen." Man fühlt es förmlich, wie in jenen beiden bedeutendsten Schauspielen der Sturm- und Drangperiode die dramatische Muse wieder in's Freie geführt wird, nachdem sie sich so lange nur in geschlossenen Räumen bewegt hat. Dies war ein wesentlicher Fortschritt, wenn auch nicht in der Kunstform, so doch in der sinnlichen Belebung des Drama's. Lessing verstand sich auf die dramatische Dekonomie, wie kein Dichter vor und nach ihm. Aber es war dies ein etwas knapp zugemessener, beinahe schon knickeriger Haushalt: Müller erging sich dagegen gleich dem jungen Goethe in einer fröhlichen Verschwendung, vergeudete aber freilich dabei sein dramatisches Vermögen.

Der Dichter hat uns in der „Genoveva" eine Doppelgeschichte vorgeführt, wie Goethe in seinem Göz neben den Erlebnissen und Schicksalen des wackeren schwäbischen Ritters den Roman von Weislingen und Adelheid einhergehen ließ. Beinahe ebenso tritt bei Müller an die Seite des legendarischen Vorganges von Golo und Genoveva die düstere Geschichte von Mathilde von Wallrod; sie bildet mit dem unheimlichen Helldunkel sinnbestrickender Affekte den wirksamsten Gegensat zu der Glorie, die sich immer reiner und lichter um das Haupt der Heldin webt.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »