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durch die Klarheit und Bestimmtheit des Leffing'schen Geistes erhalten, sproßt und grünt es wieder in ihrem Schooße in der Göthe'schen Lyrik und Jugendprosa, wie mit pflanzengleicher Lebensfrische; alte Sprachformen werden wieder lebendig, interessante Idiotismen, vor denen Schulmeister erschrecken würden, kommen besonders in sprichwörtlichen Wendungen zur Geltung. Auch sprachlich, oder mit Herder zu reden, in idiotistischer Beziehung ist und bleibt Göthe der deutscheste Dichter.

Doch zurück zu unserem Fragmentisten. Wie, fragt er nun, soll das Genie in Deutschland erweckt werden? Durch bloßes Tadeln und Schulmeistern, wie es die zeitherigen Kunstrichter gethan, gewiß nicht; bloßer Tadel macht kleinmüthig, beständige Klagen endlich verdroffsen, und ewige Vorschriften matt und gezwungen, Oder etwa dadurch, daß man auf philosophischem Wege das Genie, den Originalgeist, die Erfindung zergliedere, in seine Ingredienzien auflöse und bis auf den feinsten Grund zu dringen suche? Aber zur Erweckung des Genies trägt dies Zergliedern auch nichts bei - und je mehr Seelenkräfte der Philosoph herzählt, die zum Genie gehören, je mehr Ingredienzien er in diesem Salböl der Geister antrifft, desto eher kann man zweifeln, ob ihm nicht eine davon entging. So bleibt nur noch ein Weg übrig, es ist die Betrachtung der Werke Anderer, um durch sie aufzumuntern, und so die eigenen schlummernden Kräfte wach zu rufen. Hier schon betritt Herder den Boden, auf dem er sein ganzes Leben über das Außerordentlichste leistete. Er wurde der Mentor auf der Weltreise des deutschen Genius, der

bisher kleinbürgerlich immer zu Hause geblieben war; um ee von der Alleiuherrschaft des einen Musters, der lateinisch-französischen, in Leder gebundenen Classicität ganz zu befreien, schüttete er aus dem Füllhorn aller Zeiten eine Welt von Mustern vor ihn hin, nicht damit er die fertigen Productionen nachahme, sondern den Proceß des poetischen Producirens in allen seinen tausendfachen Varietäten studire. Herder äußert sich da ganz im Sinne Young's, wenn er sagt: „Raube den Fremden nicht das Erfundene, sondern die Kunst zu erfinden, zu erdichten und einzukleiden!" Leider fand er, daß die deutsche Poesie noch immer viel zu sehr den philologischen Schulcharakter habe und den Nachgeschmack der Verseübungen an den lateinischen Schulen nicht verleugne; latinisirende und gräcisirende Versemacher aus Ramler's Schule trieben in der That damals auf allen Abhängen des deutschen Parnasses das formale Reim- und Oden-Handwerk auf's Eifrigste fort. Wie kleinlich mußte Herder, bei aller Höflichkeit, die er gegen die Schöffen und Altbürger der Literatur beachtete, die Parallelisirung der deutschen Dichter mit den Griechen und Römern finden! Hatten doch diese mit Puder und Schulstaub bedeckten Classicitäten ebenso wenig etwas Antikes, als die Potentaten des 18. Jahrhunderts, denen man, um sie monumentfähig zu_machen, im Marmor die Hosen auszog und einen Lorbeerfranz auffegte! Da nenne man so gern Bodmer und Klopstock unseren Homer, Gleim unsern Anakreon, Geßner unsern Theokrit, den Grenadier unsern Tyrtäus, Gerstenberg einen Alciphron, die Karsch unsere Sap

pho, den Dithyrambensänger Willamow unseren Pindar! Können wir wohl überhaupt in unserer Zeit einen Homer oder einen Dithyrambensänger haben? Klopstock ist vielleicht eher virgilianisch als homerisch; befingt vielleicht als ein heiliger Virgil die Gegenstände des Orients. Und deutsche Dithyramben - sind sie nicht ein Unding ohne Bacchus, ohne dionysische Festfeier, ohne Tanz und orgiastischen Schwung? Sind nicht Geßners Hirten lauter Schäferlarven, keine Gesichter? Die Süßigkeit des griechischen Idylls ist noch ein klarer Wassertrank aus dem pierischen Quell der Musen; der Trank des deutschen dagegen ist verzuckert! So= bald man die Alten lobt, anbetet und knechtisch nachahmt, weil sie Alte sind; sobald man von ihnen ab borgt, oder sie bestiehlt, weil man alsdann eine neue Antike, oder ein Moderner nach altem Geschmack wird, so ist die Nachahmung unleidlich. Mehr noch als den hellenistischen Anstrich, den man eigentlich nur affectirt, habe die ganze neuere deutsche Geistesbildung in der That eine lateinische Gestalt. Von den Wiederherstellern der Wissenschaften, den Humanisten, wurde Allem römische Form gegeben, und unter der Herrschaft der lateinischen Sprache verlor die unsere ihre alte Stärke. Erst Luther hat sie wieder, einem schlafenden Riesen gleich aufgeweckt und losgebunden und durch seine Reformation eine ganze Nation zu selbständigem Denfen und Gefühl erhoben. Auf denn und in jene Furche weiter gesäet, die seine gewaltige Pflugschar gezogen! Hinweg vor Allem mit den Römlingen in der Dichtung, den steifen, gelehrten Schulpoeten! Ist es

wohl ein so großer Ruhm, wenn es heißt: dieser Dichter singt wie Horaz; jener Redner spricht wie Cicero; dieser philosophische Dichter ist ein anderer Lucrez; dieser Geschichtsschreiber ist ein zweiter Livius? Das aber ist ein großer, ein seltener, ein beneidenswerther Ruhm, wenn es heißen kann: so hätten Horaz, Cicero, Lucrez, Livius geschrieben, wenn sie auf dieser Stufe der Cultur, zu der Zeit, zu diesen Zwecken, für die Denkart dieses Volks, in dieser Sprache geschrieben hätten.

Die Gedanken, die Herder in diesen Fragmenten entwickelt, wurden in seinen folgenden Schriften nur weiter ausgeführt; es waren perennirende Pflanzen, die jahraus jahrein neue Blüthen trieben. Aber Alles, was er noch ferner schrieb, blieb fragmentarisch; eben weil ihm, wie Hamann, alles Vereinzelte für verwerflich galt, weil er immer eine ganze Ernte von Anschauungen und Ideen auf einmal hinschütten wollte, so wurde er niemals fertig. Eigentlich fing er immer dasselbe Buch wieder von Neuem zu schreiben an, und blieb dann in der Mitte stehen, oft schon im Anfang. Er baute in seinen vielen Werken eine ganze Stadt auf, großartig und imponirend, aber es ist eine Stadt aus lauter Thorhallen und Propyläen, wo die einen hinter den andern stehen, ohne daß man zu Straßen und Wohngebäuden gelangt.

Nach diesem längeren Umweg, nach dieser literarischen Spazierfahrt lenken wir wieder auf unser nächs

stes Ziel, das Drama, ein, indem wir Herder's und der ganzen Epoche Verhalten zu Shakespeare bes leuchten. Die Perückengögen waren gestürzt dafür wurde die hohe Gestalt des großen Briten das neue Idol der Zeit. Gleich dem geharnischten Geist des greisen Dänenkönigs trat jezt Shakespeare's Schatten an die Sturm- und Dranggenossen heran, als ob er sie auffordern würde, ihn zu rächen, weil er so lange vergessen und ungeehrt in seinem Grabe gelegen. Doch diese, wie Hamlet, verträumten die Zeit unthätig in seiner Bewunderung, klagten, daß die Literatur aus

den Fugen sei, und sie gerade kommen mußten, sie wieder einzurichten, auch stellten sie sich toll an, wie der Dänenprinz, ja oft so toll, daß es über alle Verstellung hinausging, und füllten mit ihren Bizarrerien die geseglose Bühne. Und Alles das im Namen Shakespeare's, der nun als die höchste Autorität der Regellosen galt! Schon Gerstenberg, der Dichter des „Ugolino" und der Ueberseger der „Braut“ von Beaumont und Fletcher hatte unter der Aegide dieses Namens die heilige Lade des Aristotelischen Gesezes angetastet, und dies gleichzeitig mit der Dramaturgie, welche noch die Poetik des griechischen Weisen an Unfehlbarkeit neben die Elemente des Euklides stellte. Die antiken Einheiten werden von Gerstenberg mehr als Mangel wie als Vorzug betrachtet, und aus einer naiven und beschränkten, an die herkömmliche Unbeweglichkeit des Chors gebundenen Technik des Drama's erflärt. „Hätte Aristoteles," so heißt es da ferner, „freie Hand gehabt, seine Theatergesege aus der Natur des

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