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daß ich Hände und Füße hatte. Und jest, da ich sehe, wie viel Unrecht mir die Herren der Regel in ihrem Loch angethan haben, wie viel freie Seelen noch d'rinnen sich krümmen, so wäre mir mein Herz geborsten, wenn ich ihnen nicht Fehde angekündigt hätte, und nicht täglich suchte, ihre Thürme zusammenzuschlagen.

„Shakespeare's Theater ist ein schöner Raritätenkaften, in dem die Geschichte der Welt vor unseren Augen an dem unsichtbaren Faden der Zeit vorbeiwallt. Seine Pläne sind, nach dem gemeinen Styl zu reden, keine Pläne, aber seine Stücke drehen sich alle um den geheimen Punct, in dem das Eigenthümliche unseres Ichs, die prätendirte Freiheit unseres Wollens mit dem nothwendigen Gang des Ganzen zusammenstößt. Er wetteiferte mit dem Prometheus, bildete ihm Zug vor Zug seine Menschen nach, nur in kolossalischer Größe: darin liegt es, daß wir unsere Brüder in ihnen verkennen ; und dann belebte er sie mit dem Hauch seines Geistes er redet aus Allen und man erkennt ihre Verwandtschaft. Was edle Philosophen von der Welt gesagt haben, gilt auch von ihm; das was wir bös nennen, ist nur die andere Seite vom Guten, die so nothwendig zu seiner Eristenz und in's Ganze gehört, als zona torrida brennen und Lappland einfrieren muß, daß es einen gemäßigten Himmelsstrich gebe. Er führt uns durch die ganze Welt, aber wir verzärtelte unerfahrene Menschen schreien bei jeder fremden Heuschrecke, die uns begegnet: Herr, er will uns fressen!

,,Auf, meine Herren! trompeten Sie mir alle edlen Seelen aus dem Elysium des sogenannten guten Ge

schmacks, wo sie schlaftrunken in langweiliger Dämmerung halb sind, halb nicht sind, Leidenschaften im Herzen und fein Mark in den Knochen haben; und weil sie nicht müde genug zu ruhen und doch zu faul sind, um thätig zu sein, ihr Schattenleben zwischen Myrthen- und Lorbeerbüschen verschlendern und vergähnen."

Fürwahr, der echte Sturm und Drang! Nun ging die wilde verwegene Jagd in der Literatur los und Göthe war es selbst, der aufmunternd in die Fanfare stieß! Shakespeare war für diese jüngeren Heißsporne weniger ein Studium, wie für Herder, er war für sie eine Losung, ein Feldgeschrei. Aber die gewaltsame Rückkehr zur Natur hatte selbst etwas Unnatürliches, das reflectirte Zurückstreben zur Ursprünglichkeit war schon im Keime ungesund. Jene Kräfte, die der vom Hause aus empfindsamen Zeit fehlten, konnten nicht durch forcirte Mittel erzwungen werden; was man für ein Anspannen und Strecken der Muskeln hielt, war nur eine Ueberreizung der Nerven. Die Productionen der Stürmer und Dränger," besonders ihre dramatischen Versuche, haben etwas Uebernächtiges, Kraftberauschtes, aber nicht eigentlich Kräftiges; statt der reinen Blume des Weins ist etwas in ihnen, das fast an den Fuselgeruch gebrannter Wasser mahnt. Die heißstrebenden Jugendgenossen Göthe's, die zum Theil von ihm angefeuert, mit ihm in die Bahn traten, aber an seiner Seite sich abhezten und erschöpften, waren nicht berufen, jene Ziele zu erreichen, die damals schon, freilich erst in ahnungsvoller Ferne, vor ihm standen

Sie haben die Seitenpfade, die er gelegentlich einschlug, zum Hauptwege gemacht, und sich auf diesen verirrt und verlaufen indeß er, von günstigeren Mächten, von besseren Sternen geleitet, unermüdet, und immer ruhigeren, festeren Schritts, zu seiner Höhe hinanstieg.

Die interessantesten jener Jugendgenoffen, die an Göthe in der Straßburger Zeit herantreten, sind unbedingt Lenz und Klinger; wir wollen sie jegt einzeln betrachten.

A. Reinhold Lenz.

Dieser merkwürdige Jüngling, so recht ein „frag= mentarisches Genie," um einen Ausdruck des Aesthetikers Vischer zu gebrauchen, hatte die traurigsten Schicksale im Leben wie in der Literaturgeschichte. Die Deutschen, die in Allem gründlich sind, sind es auch im Vergessen

und dieses Geschick, der zweite Tod der Hingeschiedenen, hat Lenz in vollstem Maße betroffen. Ja, es hätte sich jede Spur seiner Existenz und seiner Werke verloren, wenn nicht für ihn ein so wichtiger Gedenkmann dagewesen wäre, wie Göthe, der ihm in der That auch in „Dichtung und Wahrheit," da wo er von seinem Straßburger Aufenthalt spricht, ein Denkmal gesezt. Freilich ist es nur wie ein Denkstein an einer ungepflegten Stelle in einem weitläufigen Park, wo Nesseln und wildes Gesträuch leicht herüberwachsen können. Einige Nesseln hat sogar Göthe selbst um jenen kleinen Denkstein gesäet. Die Darstellung seines Charakters ist nicht eben liebevoll, sie will vielmehr den

Eindruck absichtlicher Schonung machen; Göthe giebt sich die Miene, als ob er von Lenz manches Schlimme sagen könnte, es aber aus Rücksicht verschweige. Später hat erst Franz Horn wieder in seiner „Poesie und Beredtsamkeit der Deutschen" des Dichters in Ehren gedacht, und bald darauf gab Ludw. Tie d eine Sammlung der Schriften von J. M. R. Lenz (1828) heraus. Dort ruhen sie freilich wie Juwelen, zerbrochenes Spielzeug, alte Spigen und Kleiderreste Alles durcheinander in einer dumpfigen Truhe; die Zusammenstellung ist nachlässig, es fehlt durchaus an Ordnung und Gruppirung; wichtige und interessante Productionen fehlen, während ein Stück, das Klinger angehört, „das_leidende Weib" unter den Lenz'schen Dramen erscheint. Unter den Literaturhistorikern beurtheilt besonders Gervinus unseren Dichter mit der ganzen starren Fühllosigkeit moralisirender Härte, die oft sein Urtheil kennzeichnet; er läßt bei weitem nicht so viel an Lenz gelten, als Göthe selbst, der sich freilich so ganz auf das psychische Naturgeheimniß der Poesie verstand, in das nun der kalte, catonische Censorblick eines Gervinus wohl kaum tiefer eingedrungen ist. Jüngst hat D. F. Gruppe in einem sorgsam geschriebenen Buche über Lenz höchst schägbare Ergänzungen zur Tieck'schen Ausgabe geliefert, und die psychologischen Bezüge von Lenzens Dichtungen in sehr dankenswerther und scharffinniger Weise aufzuklären gesucht; seine Darstellung fällt aber wieder in das Extrem unfritischer Apologetik, die in Lob und Rechtfertigung gleichfalls kein Maß und feine Unterscheidung zu finden weiß.

Reinhold Lenz (geb. 1750) war der Sohn eines Pastors in Liefland. 1768 finden wir ihn mit seinem Bruder Christian auf der Universität von Königsberg, und schon im nächsten Jahre läßt er daselbst ein längeres Gedicht die Landplagen" drucken. Seltsame Wahl des Stoffs, in sechs Gesängen nacheinander Krieg, Hungersnoth, Pest, Feuer, Wassernoth, Erdbeben vorzuführen! Die schildernde Manier ist die Klopstock's, aber ins Grelle und Düftere gezogen. In Berlin besuchte er Ramler und Nicolai, und suchte für eine Sammlung Gedichte und eine Uebersegung von Pope's Essay on Criticism einen Verleger, doch ohne Erfolg. 1770 taucht er in Straßburg auf; dort lernt er Göthe kennen, und tritt bald im Leben wie im Dichten als ein unglücklicher Phaëton an die Seite dieser glänzenden Phöbusgestalt. Göthe giebt aus dieser Zeit des Straßburger Aufenthaltes ein sorgsam gezeichnetes Bild von dem Aeußeren unseres Dichters. „Er war klein, aber nett von Gestalt; ein allerliebstes Köpfchen, dessen zierlicher Form niedliche, etwas abgestumpfte Züge vollkommen entsprachen; die Augen blau, die Haare blond, kurz ein Persönchen, wie mir unter den nordischen Jünglingen von Zeit zu Zeit eines begegnet ist. Er hatte einen sanften, gleichsam vorsichtigen Schritt, eine angenehme, nicht ganz fließende Sprache, und ein Betragen, das zwischen Zurückhaltung und Schüchternheit sich bewegend, einem jungen Manne gar wohl anstand.“ Mit diesen sanften Wertherzügen vereinigt aber Lenz ein unglückliches, vulkanisch arbeitendes Herz. Man kennt," fährt Göthe fort, indem

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