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erfahren gesucht, bis sie endlich, da er sich die größte Mühe gab, meine Briefe zu sehen und zu erhaschen, mißtrauisch geworden. Er hatte sich indeß, nach seiner gewöhnlichen Weise, verliebt in sie gestellt, weil er glaubte, es sei der einzige Weg hinter die Geheimnisse der Mädchen zu kommen sc. Sie klärte mich über die Absicht auf, die er hatte, mir zu schaden sc.“ . . .

Was soll das? Knisterten so spät aus der schon erkalteten Asche der Neigung noch Funken der Eifersucht auf? Dies wohl nicht; die Erbitterung ge= gen Lenz schrieb sich wo anderwärts her, wie wir weiter sehen werden.

Von Fort Louis begab sich Lenz nach Landau, wie es scheint, ziemlich beruhigt. Die Natur stimmt ihn wieder und erweitert seine Seele; die Berge, die den Himmel tragen, Thäler voll Dörfern zu ihren Füßen, die dort zu schlafen scheinen, wie Jacob am Fuße seiner Himmelsleiter." Als er wieder zu längerem Aufenthalt nach Straßburg zurückkehrt, nimmt er dorthin eine gehobene, productive Stimmung mit. Nach seinem zweiten Stück der neue Menoza" schreibt er bald sein drittes und viertes; die Soldaten," deren schon gedacht wurde, und die Komödie : „die Freunde machen den Philosophen;" nebenbei auch Briefe über Werther, die aber verloren gegangen sind. Später wurde die Lage des Dichters, die in keiner Weise von Außen gestügt war, wieder bedrängter und sorgenvoller; innere Unruhe, ja sogar eine gewisse zerknirschte Stimmung traten zu äußerer Sorge hinzu. Er fühlt sich tief vereinsamt. Im August 1775 schreibt er an Her

der: „Ach so lange ausgeschlossen, unstät, einsam und unruhvoll! Den ausgestreckten Armen grauer Eltern, all meinen lieben Geschwistern entrissen, meinen edelften Freunden ein Räthsel, mir selbst ein Erempel der Gerichte Gottes, der nie ungerecht richtet, doch selbst wo er züchtigt, einen Heraufblick zu ihm erlaubt . . ." Er bedurfte starker Anregungen, um sich aus dieser traurigen Muthlosigkeit wieder zur Lust am Leben und Schaffen aufzufämpfen. In einem Briefe an Merc stehen die rührenden Worte: „Mir fehlt zum Dichten Muße und warme Luft und Glückseligkeit des Herzens, das bei mir tief auf den kalten Nesseln meines Schicksals halb im Schlamme versunken liegt und sich nur mit Verzweiflung emporarbeiten kann." Aus der Ferne zeigte sich ihm da ein erleuchteter Punct, es war Weimar, der neue Sammelplag der deutschen Literatur. Dort hin, wo Göthe Alles war, strebte jegt sein Sinn.

da ward ihm

Eben war Göthe beim Herzog eine Karte gebracht, auf der von Lenzens Hand die Worte standen: „Der lahme Kranich ist angekommen, er sucht, wo er seinen Fuß hinseße. Lenz." Göthe lachte, und der Herzog befahl sogleich, er solle geholt werden. Anfangs ging Alles gut. Sezte sich doch das Geniewesen auch nach Weimar hin fort, der Herzog selbst machte mit, und Wieland war schon wegen seiner Gutmüthigkeit bereit, solche Originale zu goutiren. Lenz lieferte wohl alle Tage, die Gott gab, regulièrement seinen dummen Streich, aber sein ganzes Wesen war so harmlos, so befangen, so liebevoll, daß man ihn gern gewähren ließ. „Lenz ist unter uns, wie ein

frankes Kind," schreibt Göthe an Merck, „wir wiegen und tänzeln ihn, und lassen ihm von Spielzeug, was er will." Bei Hofe wohl gelitten, war er oft den ganzen Tag oben beim Herzog, und gefiel sich selbst in den angenehmen Strudeln der kleinen Hofwelt; sein Herz aber blieb immer dasselbe und konnte seine Richtungen nicht ändern. Da nähert sich Lenz der Frau von Stein mit einem Male ist er für Göthe nicht mehr das „kranke Kind," sondern das kleine Ungeheuer." Er mag wirklich Eindruck auf sie gemacht haben; möglich auch, daß sie, die eine berechnende Natur war, in deren feinen, koketten Zügen auch Schlauheit sich spiegelt, einmal das Reizmittel der Eifersucht anwenden wollte, um Göthe's Leidenschaft höher auflodern zu machen. Genug, sie bestand darauf, auf dem Gute ihres Mannes mit Lenz englisch zu treiben. „D Sie haben eine Art zu peinigen," schreibt ihr Göthe, „wie das Schicksal; man kann sich nicht darüber beflagen, so wehe es thut. Lenz soll Sie sehen, und die zerstörte Seele soll in Ihrer Gegenwart die Balsamtropfen einschlürfen, um die ich Alles beneide... Er war ganz betroffen, da ich ihm sein Glück verkündigte, in Kochberg mit Ihnen zu sein, mit Ihnen zu gehen, Sie zu lehren! Und ich zwar von mir ist die Rede nicht, und warum sollte von mir die Rede sein... Ich schicke einen Shakespeare mit, genießen Sie rein der lieben Herbstzeit. Von mir hören Sie nun nichts weiter. Ich verbitte mir auch alle Nachricht von Ihnen oder Lenz." Fünf Wochen lasen die beiden den Shakespeare mit einander. Lenz ist entzückt von

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dem Verkehr mit der „geistreichsten und liebenswürdigften Dame," und geht nur ungern wieder nach Weimar zurück.

Göthe konnte diese literarischen Unterhaltungen mit Frau von Stein Lenzen nie verzeihen. Da bricht denn auch bei dem Besuche in Sesenheim der Groll wieder durch, als Göthe auf all' die Pläge und in die Lauben, wo er einst mit Friederiken gesessen, sich Lenzen an seiner Stelle denken soll. Wohl keine seiner früheren Geliebten hätte er jegt dem armen Jungen gegönnt.

Dem saß aber noch ein schlimmerer Widerhaken tief in der Brust, und die schönen Tage in Kochberg waren nur Trost und Erholung für eine brennendere Liebespein, die jezt in wilder Heftigkeit wieder erwachte. Adelaide von Waldner, die er schon im Elsaß kennen gelernt, jezt Hofdame der Herzogin Louise, feffelte sein Herz mit bannender Gewalt; um sein Elend zu vollenden, ist sie die Braut eines Anderen, der sie nicht verdient, ohne Sinn und Nerven für Schönheit und Güte. Die Flamme dieser Leidenschaft, ausbrennend, verzehrend und sinnverwirrend, wie keine, warf den glühendsten Refler in die Lyrik Lenzen's, wie denn Gruppe mehrere seiner schönsten Gedichte mit großer Wahrscheinlichkeit auf Adelaide v. Waldner bezieht. Der ganze Gemüthszustand des Dichters in dieser Epoche mit seiner ausschweifenden Fieberglut spiegelt sich aber in der dramatischen Phantasie: „der Engländer" ab, die ein Jahr nach dem furzen Weimarer Aufenthalt des Dichters (1777) erschien. Die Stimmungen Lenzens gränzen schon zuweilen an Wahnsinn;

Bayer: Von Gottsched bis Schiller. II.

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wenigstens ist die dumpfe Schwüle da, die ihm meist vorangeht. Auch der Quell der Beruhigung, der ihm sonst bei Lavater floß, versiegt. „Du bist der Einzige," schreibt er an ihn, „dem ich diese Art meiner Existenz flagen kann, und nicht einmal darin finde ich Trost. Eine gänzliche Taubheit meiner Nerven, die nur, wenn ich arbeite, mich alle Stacheln des Schmerzes fühlen lassen... Gieb mir mehr wirkliche Schmerzen, damit mich die imaginären nicht unterkriegen! O Schmerzen, Mann Gottes, nicht Trost ist mein Bedürfniß. Diese Taubheit allein kann ich nicht ertragen."

In dieser Stimmung fonnte leicht eine Explosion des Affects erfolgen, die schlimmer war, als die „dummen Streiche" Lenzens von ehedem. Was es für ein gewaltsamer Vorfall war, wegen dessen Lenz den herzoglichen Befehl erhielt, Weimar auf der Stelle zu verlassen, ist unbekannt. Er, dem man bisher so viel verziehen, muß jezt etwas absolut Unverzeihliches begangen haben, so daß sein weiteres Verbleiben verwirkt, keine Unterhandlung möglich war. In gewissen Dingen bleibt ein jeder Hof doch ein Hof. Der Aufschub eines Tages war Alles, was er durch Herder's Verwendung erlangte.

Was kann es gewesen sein, was unseren Tantalus auf immer aus dem Kreise der Olympier von Weimar hinausstieß? Göthe nennt es kurzweg eine „Eselei“; die sonst so geschwägigen Annalen von Weimar schweigen darüber. Wahrscheinlich war es eine Scene, die ihn die Liebesverrücktheit spielen ließ, eine sublime Narrheit der Art, wie er sie in seinen Stücken nicht selten vorführt, und an der sich der Hof von Weimar

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