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schaaren, dem heiligen Gott selbst dieses „Ungeheuer," diese Spottgeburt aus Dreck und Feuer" der alten Dichtung, nach einer verfehlten Analogie aus dem Buche Hiob, dem Helden als wohlthätiges Geistesferment zugesellt werden lässt. Dass diese der alten Dichtung untergeschobene Pseudoïdee des Prologs, nebst dem ganzen zweiten Theil, als die natürliche Entfaltung der ursprünglichen Conception anerkannt wird, und zwar bei stetigem Wachsthum der Zuversicht bis auf den heutigen Tag, so dass dieser Goethische Faust bei den jüngeren Auslegern geradezu als Normaltypus des „wahren und ganzen Menschen," ja der Menschheit in allgemeiner Geltung steht diess ist wohl das stärkste Beispiel der Gewaltherrschaft, die die Autorität des Genies über die Vorstellungen seiner Landsgenossen zu üben vermag. Bei den Ausländern nämlich wird ihm eine solche nie gelingen, wie denn erst vor einigen Jahren der Versuch, diesen „Typus der vollen Menschlichkeit" durch die Faustaufführungen den Engländern plausibel zu machen, gründlich missglückt ist. Wir kommen bei der Beleuchtung der Liebesscenen darauf zurück. Nichtsdestoweniger dürfen ja müssen wir die der alten Dichtung angehörige erste Beschwörungsscene ihrem Inhalte nach zu den mit der Idee der Dichtung in unmittelbarem Zusammenhange stehenden Scenen. zählen.

2.

Die Geisterbeschwörungen.

Der Faustsage entsprechend hätte die Beschwörung des bösen Geistes selbst, als vollbewusster Frevel, als gewollter Abfall von Gott, die Handlung eröffnen müssen; diese unverhüllte Entgegensetzung widerstrebte dem Dichter schon umdeswillen, weil er die Personification des Bösen in der überlieferten Gestalt seinem modernen Vorstellungskreise nicht einbilden konnte. Es trat ihm deshalb der ethische Gesichtspunkt gegen den naturphilosophischen und ästhetischen von Anfang an dergestalt zurück, dass zwar der Versuch Fausts, sich die verborgenen Kräfte der Natur zugänglich und dienstbar zu machen, nicht etwa als ein sittlich indifferenter sich darstellt, vielmehr von dem Helden ausdrücklich als hochgefährliche Vermessenheit erkannt wird fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel" dass aber die sittlichen Voraussetzungen und Consequenzen dieser Magie erst mittelbar und hinterher, aus dem Verlaufe der Handlung ins Bewusstsein des Handelnden fallen. Diess wäre an und für sich und abgesehen von den psychologisch geradezu unmöglichen Widersprüchen einiger späteren Zuthaten, mit der Idee der Faustsage

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umsoweniger unverträglich, als die versuchenden Mächte sich überhaupt nicht als das einführen was sie sind sondern verlarvt und verkleidet; aber die Schwierigkeit der Exposition der Faustidee wurde infolge dessen erhöht, weil sich dem Dichter, in dessen Begriffswelt sich das Böse zumeist nur negativ (als Geist der Verneinung) darstellte, der Irrthum einer der Natur als solcher anhaftenden constitutiven Verkehrtheit nahelegte, entsprechend der Insinuation des Mephistopheles, dass „Alles, was entsteht, werth ist, dass es zu Grunde geht"; anstatt dass er sich von der Einsicht hätte leiten lassen, die er im zweiten Theil, und zwar nicht im pfäffisch naturscheuen Sinne des Kanzlers, dem Mephistopheles in den Mund legt:

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Natur sei, wie sie sei, 's ist Ehrenpunkt: der Teufel war dabei!

Das in der intelligenten Creatur aufgekommene Böse nämlich war die Veranlassung zur Schöpfung der materiellen Natur gegen die zerstörende Macht des verderbten creatürlichen Willens. Die nichtintelligente Creatur nimmt an dieser Macht insofern Antheil als jener göttliche Fluch über diese Macht sie mitbetroffen, als sie jenen Fluch mitzutragen und zu dulden und ihre Erlösung davon auch nur von dem guten Willen der intelligenten Creatur zu erwarten hat, wie diess Goethes intuitiver Erkenntniss nicht entging, wenn er irgendwo das Geständniss ablegt: dass ihm zuweilen Nachts, wenn er allein in freier Natur dastehe, die Natur wie ein nach Erlösung schmachtender Geist vorkomme.

Wenn hiernach Fausts Geisterbannung auf das „Enthüllen" der, auf gewöhnlichem Wege unerkennbaren Kräfte der Natur" und zwar zuvörderst in

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ihrer kosmischen Totalität, in der „Alles sich zum Ganzen webt", gerichtet erscheint, so so bestätigt er hierbei doch sofort, dass sein Wissensdrang“ nicht auf das blosse Anschauen, sondern aufs leibhaftige Erfassen, aufs Erleben oder, in die Sprache der Magie übersetzt, auf das Bannen dieser Kräfte geht; während alle bloss theoretische und als solche unvollendete Erkenntniss nur eine Verbildlichung ihres Gegenstandes, eine blosse Spiegelung ohne effektive Mittheilung des Wesens und insofern noch unbefriedigend ist. Diese Verbildlichung geschieht, wie in unserer Scene, durch eine Bezeichnung des Gegenstandes, durch Gestaltung und Bindung seines Begriffs als Figur, im Spiegel des Geistes. solchem Zeichen" haftet sodann in der magischen Praxis der Gegenstand dergestalt, dass das blosse Anschauen des Zeichens den Gegenstand selbst zur Anschauung bringt. Diese Bezeichnung und die durch den Anblick des Zeichens bewirkte Veranschaulichung des Objekts sind insofern magischer Art, als sie nicht äusserlich, auf mechanischem, sondern innerlich auf geistig dynamischem Wege d. h. durch Imagination entstehen und wirksam werden. Da dieser Vorgang, bei dem es zur wirklichen Anschauung kommt, und nicht beim „trocknen Sinnen" d. i. beim discursiven Erkennen*) bleibt, nach dem, was früher von dem Wesen der Imagination gesagt worden ist, die Erregung des Willens zur nothwendigen Voraussetzung hat, so begreift es sich, wie schon das blosse „Schauspiel" des Makrokosmus eine Lebens

*) Dieses wird von Goethe persiflirt, indem er sagt, dass Adam doch wohl durch einen blossen vernünftigen Discurs hätte propagiren können.

steigerung des schauenden Subjekts zur Folge haben

muss:

Ha, welche Wonne fliesst in diesem Blick
Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
Ich fühle junges, heilges Lebensglück
Neuglühend mir durch Nerv und Adern rinnen.
War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb,
Die mir das innre Toben stillen,

Das arme Herz mit Freude füllen

Und mit geheimnissvollem Trieb

Die Kräfte der Natur rings um mich her enthüllen?
Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!

Ich schau in diesen reinen Zügen

Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.

Allein eben diese die Egoität erregende Steigerung des Lebens entzündet die Begierde ohne sie zu befriedigen; denn um eine solche entzündete Begierde (nach Oeffnung der geheimen Werkstatt der Natur) handelt es sich, nicht um reinen Wissensdrang"; weshalb der ästhetische Anstoss an dem „ekelhaften“ Fassenwollen der Brüste der Natur nur die Unfähigkeit der Ausleger nicht eine Geschmacksverirrung des Dichters verräth.

Faust richtet deshalb diese Begierde auf Imagination einer ihm näher liegenden Sphäre, auf Imagination der irdischen Natur, auf die Citirung des

Geistes der Erde." Ein Weiteres nämlich als eben die irdische Natur soll nach der ursprünglichen Vorstellung des Dichters dieser Geist offenbar nicht personificiren, und es ist fruchtlose Mühe der Interpreten, das besondere Wesen dieses „Erdgeistes" zu eruiren, ihn mit dem Archäus der Orphiker, dem Spiritus mundi, dem mundus elementaris und was dessen mehr ist, in Einklang zu bringen, gleichwie es willkürlich ist, den Makrokomus unseres Faust mit dem der Kabbalisten in Parallele zu setzen. Die Versuchung freilich zu solchen Ausdeutungen wird immer wieder

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