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hinabgerissen; diess wird uns durch den trostlosen Seelenzustand der Gefallenen vor Augen gerückt. In dem alten Text geht die Domscene der Valentinsscene sogar voraus, so dass von ihr aus ein noch unheimlicheres Licht auf diese fällt. Aber auch in der neuen Folge beider Scenen erkennen wir die magische Verschlingung der Schuld Fausts mit dem zeitlichen Geschicke Gretchens. Der böse Geist hinter Gretchen" enthüllt uns, wie es in ihr aussieht, erklärt uns, wie die dämonische Infektion, zur Geisteszerrüttung gesteigert, sie zum Kindesmorde treibt. Ohne dieses, ohne den dämonischen Einfluss bleibt die ausgesuchte Grausamkeit, die auf Gretchens Scheitel gehäuft ist, und damit der hochtragische Ausgang unseres Liebeshandels, einschliesslich der Kerkerscene, unverstanden. Folgen wir jedoch unserem Helden zunächst auf den Brocken!

6.

Die Walpurgisnacht.

Sofern die landläufige Auffassung in Goethes Faust nicht nur den nie versiechenden Quell ächter Lebensweisheit, die Schatzkammer der Weltklugheit ja das Evangelium des „echt Menschlichen" zu haben wähnt, sondern auch „die Räthsel der Dichtung" als eines einheitlichen Kunstwerkes im Sinne der Streberidee mit entschiedener Sicherheit löst" (Selbstzeugnis Düntzers), sind wir verlangend zu hören was ihr, im Zusammenhange der bis hierhin verfolgten Handlung, die Walpurgisnacht") bedeute. Da darf es uns denn nicht wundern, den tollsten Widersprüchen zu begegnen. Als Naivster geht wieder Düntzer voran: „Der Dichter wollte uns", so werden wir belehrt, „in der Blocksbergsscene die leeren nichtigen Genüsse sinnbildlich andeuten, in welche Mephistopheles nach der Verführung Gretchens den. Faust zu versenken sucht, aber vergeblich, da diesem

* Sie fällt auf den 1. Mai, den Tag der Heiligsprechung der Walpurgis, die der Tradition zufolge die Unzuchtsgeister durch ein Wunder gebannt. Daher die Birkenreiser vor den Hausthüren, weil die Heilige ein dürres Reis zum Grünen gebracht, in Erweisung ihrer Reinheit.

selbst im tollsten Sinnenrausche, im wildesten Getümmel das geliebte, freventlich verführte Mädchen vor die Seele tritt, er sich von unbezwinglicher Unruhe zu diesem zurückgetrieben fühlt. Der Rausch des Sinnenlebens vermag diesen, dem in Gretchens Herzen der reichste Schatz der Liebe sich eröffnet hat, nicht zu erfreuen; freilich kann ihm, der allen edelsten Gefühlen Hohn gesprochen hat, der Besitz der Geliebten nicht zu Theil werden, vielmehr muss er dieses reine Gefäss ganz zerstören, aber in der Liebe selbst hat er die Macht gefunden, die ihn immer sicherer über das Gemeine hinwegheben wird.“ Wer alles das im selben Topf zu Einem Brei zusammenkochen kann, der ist Meister in der Kunst und erhaben über die „abgeschmackte" Sudelköcherei der Hexenküche! Mit ihm ist nicht weiter zu rechten, ihm ist Mephistopheles zum Hanswurst geworden, der seinen alten Tric, Faust mit „leeren sinnlichen Genüssen zu langweilen, unermüdlich wiederholt, und Faust selbst zum moralischen Kautschukmann, der, wie tief er auch fallen mag, nicht nur mit unversehrter Haut wieder aufsteht, sondern obendrein noch, unbeschadet dessen, dass er allen edelsten Gefühlen Hohn spricht", einen himmlischen Kraftzuwachs davonträgt!

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Noch Stärkeres muthet uns Köstlin zu: die Walpurgisnacht, versichert er uns, ist „ein nothwendiges Zwischenelement", das nichtsdestoweniger bloss ausfüllender Natur sein soll." Sodann heisst es wörtlich: „Die Lage ist die: Faust muss aus Gretchens Stadt fliehen, weil er Valentin getödtet hat, er sieht sich gedrungen Gretchen zunächst ihrem Schicksal zu überlassen, von dessen schrecklichem Ausgange er nichts ahnt (!). Dem Mephistopheles

andererseits ist wie überhaupt Alles (!) so auch die Angelegenheit mit Gretchen längst entleidet, er will Faust zu Neuem führen, zerstreuen; er reist daher mit ihm weiter, und zwar zunächst an den Harz zum Hexenfest, weil er, der sonst Faust als maître de plaisir dienen muss, nun auch einmal etwas für sich haben und geniessen will und zudem hoffen kann, uninteressant () werde auch für Faust diese Reise. nicht sein, da dieser von jeher mit dem Zauber- und Geisterwesen so eifrig sich beschäftigt hat. Zu etwas wirklich Neuem bringt er aber Faust sofort nicht und will es auch nicht sogleich, weil (!) Faust doch immer noch zu Gretchen zurückstrebt, sie zwar nothgedrungen verlassen, aber nicht vergessen hat; auch aus diesem Grund bot sich ein Besuch der Walpurgisnacht, ein kurzer Abstecher zu dieser schnell vorübergehenden Festlichkeit als das Passendste (!) für diese Stelle des Gedichtes dar. Sie machen die Hexennacht mit; Mephistopheles veranlasst Faust dabei allerdings zu einer augenblicklichen untreuen, freilich unter den vorliegenden Umständen sehr nahe liegenden (!) Zerstreuung durch die schöne junge Hexe, die er ihm zum Tanze zuführt, aber diese Untreue rächt sich sogleich durch den Ekel, der Faust nach kurzem Scherz (!) von seiner Tänzerin wieder trennt, und durch das Schreckbild einer Enthaupteten, das ihm die Hinrichtung der verlassenen Geliebten voraus andeutet und jedenfalls seine Gedanken entschieden (!) zu ihr zurückwendet . . . die speciellere Gestaltung der Walpurgisnacht ist von dem Dichter nach dem Gesichtspunkt entworfen, dass Mephistopheles theils zu eigenem Vergnügen einen Abstecher (!) in eine ihm heimathliche Region und Gesellschaft machen, theils Faust eine romantische (!) Zerstreu

ung bieten will durch Anschauung der Geister- und Hexenwelt beim Blocksbergsfest. Von diesem Gesichtspunkt aus wurde die Behandlung natürlich und mit Recht wenigstens vorherrschend (!) heiterer Natur." Trotz alledem adoptirt er die Bemerkung Weisses: „Nach dem allgemeinen metaphysischen Anlauf, den das Werk an seinem Anfange genommen, würde der Liebeshandel mit Gretchen als ein zu partikuläres Ereigniss erschienen sein; man würde eine grossartigere und umfassendere Schilderung der geistigen Region, in die Faust durch sein magisches Treiben und durch sein Bündniss mit Mephistopheles eingetreten ist, vermisst haben, wenn der Dichter nicht durch diese Scene den einfachen Gang des häuslich bürgerlichen Trauerspiels unterbrochen hätte." Damit sei „sowohl die Walpurgisnacht selbst als ihre Stellung gerade an diesem Punkt der Entwicklung nicht nur dramatisch sondern allgemein ästhetisch entschieden gerechtfertigt" und dazu kommt noch, dass Faust eben jetzt ganz passend in das sinnlich wirre und doch trostlos öde Getreibe des Hexensabbaths versetzt wird: in dieser Welt tritt dem gefallenen Faust das Gegenbild seines eigenen Innern, wie es jetzt ist, sinnlich und doch verstört, lüstern und doch freudelos, vor sich selbst Ekel und Grauen empfindend, mit schlagender Wahrheit entgegen."

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Ist es möglich, die völlige Zerfahrenheit und Selbstaufhebung dieser modernen Faustinterpretation in grelleres Licht zu rücken? „Ausflug in den Harz zur romantischen Zerstreuung"! Da sieht man doch endlich einmal „die Frage nach dem ächt und rein Menschlichen", nach den „Thaten und Leiden, Freuden und Schmerzen der nach voller menschheitsgemässer

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