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haltung bieten, wenn er ihn nicht selbst agiren lässt. Denn wahrlich nicht in der Gesellschaft dieser Saufbrüder, nein, einzig in der magischen Aktion liegt der Reiz für Faust. „Und wenns der Teufel ernstlich meint, so sind es wahrlich keine Spässe", heisst es in einem Fragment. Unser Held soll sich hier zum Eingange seiner Weltfahrt vorerst eine kleine Unterhaltung machen, einerlei ob sie besonders geeignet ist, seinen Geschmack an der Schwarzkunst neu zu beleben. Letzteres erwartet Mephistopheles selbst nicht; aber damit Faust losgebunden frei, erfahre was das Leben sei", muss er nothwendig selbst agiren. Damit, dass diese Aktion in die Hände des Mephistopheles gelegt wird, verliert sie nicht nur für die Entwicklung der Haupthandlung, sondern auch für das Charakterbild Fausts ihre Bedeutung. In gleicher Verkennung seiner ursprünglichen Conception liess Goethe später seinen Helden auch in der unmittelbar dahinter gestellten wichtigeren Scene Hexenküche" mit den Worten auftreten :

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Mir widersteht das tolle Zauberwesen.

Dieser höchst unfaustische Dégoût steht mit der Haupthandlung, wie sie vorhergeht und nachfolgt, im Widerspruch. Es ist klar, dass ein gegen das Zauberwesen so empfindlich gewordener, humanistisch rationalistischer Faust auch in Auerbachs Keller nicht mehr als Akteur, sondern nur als stummer, in Wahrheit dummer, weil müssiger Zuschauer zu gebrauchen war. Aber die Scene selbst verlor damit ihre Bedeutung für die Haupthandlung.

Halten wir uns also an die ursprüngliche, nicht in ein Fastnachtsspiel, sondern in das „Weltdrama" Faust gedichtete Scene, so versteht es sich von selbst, dass die Zauberkünste, die Faust hier vor den Stu

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denten aufführt, von Mephistopheles inspirirt und secundirt sind. Die ganze Kameradschaft beider hat ja nur den Sinn, dass Faust, mit der Beschwörung und Verschreibung in den magischen Kreis eingetreten, als zur Praxis zugelassen, angeleitet und ausgerüstet vorgestellt werden soll. Aber Faust selbst tritt in Aktion und zwar, wenn auch nicht con amore, so doch con animo d. h. nicht ohne inneren Antheil; denn ohne diesen fehlt ja der dramatische Nerv. Das passt freilich nicht zu dem Knecht Gottes," dem "guten Menschen" des Prologs, der sich in seinem. dunklen Drange des rechten Weges wohl bewusst ist, noch zu dem sublimen Streber der modernen Einbildung; aber es passt um so besser zu dem Faust der alten Dichtung und zwar zu dem Faust der Liebestragödie nicht minder als zu dem Faust, der's „im Dunkeln sucht“, sei's mit seinen Beschwörungen, sei's mit dem Verjüngungstranke, sei's auf dem Blocksberg. Denn durch alle diese Scenen geht als rother Faden der die Intimation der Natur ertrotzende Uebermuth, geht der Geist der in Niedertracht umschlagenden Hoffart. Derselbe Teufel, der diess Völkchen" in Auerbachs Keller „am Kragen" fasst, hält auch unseren Helden fest und führt ihn durch dick und dünn. Dass diesem selbst, weil er eben kein gemeiner Zechbruder ist, dabei nicht ganz cannibalisch wohl" sein kann als wie fünfhundert Säuen", *) versteht sich

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*) Damit erhält nicht nur der im Bauchleben sich gefallende niederträchtige Naturdienst seinen drastischen Ausdruck, sondern es wird auch die eigentliche Intention des Mephistopheles bei der Einführung Fausts in dieses leicht" zu lebende Leben deutlich; nur dass die Lust unseres Helden sich nicht in dieser gemeinen wüsten, sondern erst in ästhetischer Sphäre entzündet. Zuerst soll er den groben Brocken verschlucken sehen, um hernach an den feinen anzubeissen.

von selbst, ändert aber nichts an der Sache, so wenig wie dass er beim Tanz mit der Hexe ja bei der Verführung Gretchens nicht mit ganzer Seele sein kann; vielmehr sehen wir diesen innerlichen Zwiespalt seiner Seele durch alle Scenen, wenn auch in sehr verschiedener Proportion, hindurchgehen. Der Schwerpunkt der Hybris dieses Goethischen Fausts liegt aber in der Geschlechtssphäre: der Missbrauch des Zeugungstriebs überwuchert die Handlung; Erkenntnisstrieb und Reproductionstrieb werden nur nebenher, nur pro coloranda causa traktirt. Diese Einsicht muss man festhalten, wenn ein Verständniss der auch in dieser Hinsicht fragmentarisch gebliebenen Dichtung gewonnen werden soll. Denn das Faustthema, wie es die Sage bietet, erstreckt sich über den ganzen Menschen, der freilich nichts mit dem „ächt menschlichen Menschen", jenem Normalstreber der modernen Auffassung gemein hat. Dass man diese specifisch einseitige Entfaltung der Faustidee in Goethes Werk nicht genügend beachtet, war und ist gerade der hartnäckig verfolgte, vom Dichter durch seine spätere Arbeit verschuldete Abweg der gesammten modernen Faustauslegung.

Die Einfügung des Walpurgisnachtstraums" ist gleichwie die Einführung Nicolais auf dem Blocksberge nur ein leidiges Zeugniss für den Leichtsinn, mit dem der Dichter an seinem grössten. Werke gewirthschaftet hat. Einer weiteren Begründung dieses Urtheils bedarf es umsoweniger als es von den verschiedensten Standpunkten aus längst zur Genüge ausgeführt worden ́ist.

9.

Die dreifache Einleitung zur Tragödie.

Der Dichter führt uns, ehe wir in den aus SO verschiedenen Zeiten und Stimmungen erwachsenen Kunstbau seines "Faust" eintreten, durch drei Vorhallen. Eine „Zueignung“, ein „Vorspiel auf dem Theater" und ein „Prolog im Himmel" sollen uns auf die „Tragödie" vorbereiten; sie stehen aber mit ihr in keinem inneren Zusammenhange. Der, wie schon Falk bemerkt hat, die Stelle der Ouvertüre zur Oper vertretende „Prolog im Himmel", erhebt zwar den Anspruch darauf, aber mit Unrecht; denn obwohl er, gleich dem „Vorspiel auf dem Theater", ein Programm aufstellt, so kommt dieses doch nicht zur Durchführung.

Vischer bezeichnet das Vorspiel auf dem Theater als humoristischen Entschuldigungsbrief" Goethes ; aber auch die beiden Prologe sind nichts als Versuche des Dichters, das incommensurable Durcheinander der „Tragödie“ sich selbst und dem Leser plausibel zu machen. In beiden ist kaum noch eine verlorene Spur des alten Faust zu finden. Die den abgeschiedenen Jugendfreunden gewidmete „Zueignung“ bekennt diess offen, indem sie, gleich dem „Dichter“

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nur

im Vorspiel, den Verlust der Jugend und deren Genossen beklagt. Im Seelenaustausche mit einem Lenz, Merck und Anderen war die echte alte Fauststimmung*) von ihm durchlebt worden, in ihnen hatten ,die folgenden Gesänge" geistverwandte Wiederklänge" erweckt. Wären es damals schon „schwankende, vom Zauberhauch umwitterte Gestalten" gewesen, nur ein aus Dunst und Nebel" aufgestiegener Wahn", dem er jetzt sein Herz nicht mehr geneigt" fühlt wie sollten sie jetzt noch der „unbekannten Menge" verständlich werden? Wie sollte jenes verschwundene verschwundene ernste Geisterreich" wieder zu Wirklichkeiten" werden? . . . . Und so schwebt" denn das „lispelnde Lied" nur „in unbestimmten Tönen, der Aeolsharfe gleich" eine sentimentale, der alten Faustdichtung fremde Betrachtung! Das Vorspiel auf dem Theater" wiederholt sie in humoristischer Form. Was zur Conception seines Faust gehörte, kann der Dichter freilich nicht vergessen:

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Ich hatte nichts und doch genug,

Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
Gieb ungebändigt jene Triebe,

Das tiefe schmerzenvolle Glück,

Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,

Gieb meine Jugend mir zurück!

Die lustige Person" aber will es ihn vergessen machen:

*) Dass diese Stimmung zur Zeit der Entstehung des Gedichts in Goethes Umgebung den Ton angab, verräth uns mit gewohnter Naivität eine briefliche Aeusserung seiner Mutter an J. G. Zimmermann vom 16. Februar 1776: „Noch eins, es ist wieder aus dem Refier des Doctor Fausts etwas in der Welt erschienen, ist gedruckt zu haben und heisst Stella." (Mitgetheilt in der Allg. Ztg. v. 5. Juni 1891. Beilage No. 128.)

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