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Wenn aber das die bösen Engel sehen, haben sie dessen so wunderlichen Haß, daß die Menschen in ihre Stätte kommen sollen, und richten auf [erheben] alle ihre Bosheit, und bringen den Menschen in die allergräulichste Anfechtung, dergleichen kaum je erdacht war, wo von die, die der Welt und dem Feinde dienen, nie hörten noch wußten, und [in] dieser Weisen [gar] viele, daß sie sie gerne herabzögen. Wenn sie dem armen Menschen so nahe anliegen, daß ihn ganz dünkt, es wolle ihm an seine Sinne und an sein Leben gehen, so kommen dann die Gewaltigen, die Principatus, und vertreiben sie; so hat dann der Mensch den Sieg behalten. Wenn sie einmal überwunden werden, so kommen sie nimmer wieder zu dem Menschen, ihn anzufechten; denn sie sind zu hoffärtig dazu, und sie erschrecken vor diesem gewaltigen Volke. Dann kommen die Herrschaften, Dominationes, und wirken in den Menschen, daß die Menschen so vernünftig werden und so weise, daß sie die Schalkheit der Feinde wohl erkennen, wie St. Paulus spricht, daß weder die Feinde noch die Welt noch das Fleisch noch keine Creatur an ihm etwas gewinnen könnte. Darnach kommt die dritte Hierarchie, die wirket und siehet in den allerinnersten Menschhen, in den Gott gebildeten, Gott-förmigen Menschen.

Der erste Chor von denen sind die Thronen, der andere die Che rubim und der dritte die Seraphim. Die Thronen wirken in den innersten Grund, daß der Mensch recht wird wie ein königlicher Thron, worinnen Gott luftet zu wohnen und zu herrschen, und urtheilt und lohnet und wirkt alle seine Werke in ihm und außer ihm. Diese Menschen werden in ihrem Grunde so unbeweglich und in einen [solchen] göttlichen Frieden gesezt, daß sie weder Liebe noch Leid, weder Hartes noch Weiches entsegen mag, wie St. Paulus sprach: Weder Tod noch Leben 2. Hundert Tode möchten diese Menschen nicht bewegen noch entsetzen. Ebenso wie einem sterbenden Menschen, wenn dem alle Ehre oder alle Schmach dargebracht würde, - das alles zumal gleich wäre, denn er wäre in ein Anderes gekehrt: also ist diesem inwendigen Grunde. Der ist in Gott gekehrt und ist also ein starker Thron Gottes, daß ihn nichts entseßen mag, weder Liebe noch Leid, denn er bleibt in seinem wesentlichen Frieden, der Gottes Stätte ist, wie David spricht von diesem Frieden: In pace factus est locus ejus. Diesen Frieden, liebes Kind, behalte und behüte, daß dir den Niemand nehme, daß Gottes Stätte nicht zerstört werde. Schweig und leide und meide und bleibe in Ruhe. Ruhe und vertraue und bleibe bey dir selber, nehme dein selbst wahr, laufe nicht viel aus, laß dein Rauschen, dein Treiben und Verwirren seyn, und nimm deines Herrn wahr in dem Grunde, wo er siht in seinem Thron gewaltig und herrlich, daß er [jener Grund] nicht gestört und dieser Friede nicht gemindert werde.

Wenn nun der Mensch in diesem Frieden steht, so kommen die Cherubim mit ihrer Klarheit, und erleuchten diesen Grund mit ihrem Gott-farbigen *) Licht, wie mit einem schnellen Blick. Von diesem Blicke werden die Menschen so gar durchleuchtet, und wird ihr Grund so lichtfarbig, wäre es noth zu thun, sie würden wohl allen Menschen Unterscheid die [klarste Erkenntniß] geben. Das Erleuchten geschieht in einem Augenblick, je schneller, je wahrer, edler und sicherer.

Darnach kommen die brennenden Seraphim mit ihrer flammenden Liebe und entzünden den Grund, und das auch in einem Augenblick, daß des Menschen Liebe so groß wird und so weit, daß die Liebe alle Dinge in sich schließt; ihm ist, als ob er alle Dinge und alle Menschen entzünden wollte, und das ist in ihm augenblicklich und schnell, und ihm ist dabey, als ob er selber verbrennen wolle. Das wird geboren in dem innersten Grunde des verklärten Menschen; doch leuchtet es auch heraus fürbaß in die zween Stände des Menschen, den vernünftigen und den auswendigen, daß diese Menschen so göttlich und geordnet und so gar gelassen werden, tugendlich und friedlich und still, daß man nimmer keine Unordnung gewahr wird in Worten noch in Werken. Diese Menschen halten sich selber zumal für nichts und nehmen sich alles dessen so wenig an, als ob es in einem gewirkt wäre, der über tausend Meilen fern wäre. Alles, was Gott in ihnen wirkt oder wirken mag, alles dessen stehen sie ledig, ohne alle Annehmlichkeit; denn sie halten von nichts mehr, denn von ihrem lautern Nichts und seßen sich unter alle Menschen. Diese [Leute] sind wohl die Himmel, in denen der Vater wohnet, wie das Evangelium spricht: Ihre Engel sehen an meines Vaters Antlig in dem Himmel. Daß wir alle dazu kommen mögen, deß helfe uns Gott. Amen.

133. Auf Allerheiligen Tag.

Die erste Predigt.

Eine gar nüßliche Auslegung des Evangelii von den acht Seligkeiten. Wie der Mensch zu den Graden oder Stufen dieser feligreichen Tugenden kommen oder sich selbst darin erkennen kann. Wie wir die Heiligen ehren sollen, und von ihrer unterschiedlichen Würdigkeit im ewigen Vaterlande.

Videns Jesus turbas, ascendit in montem, et secuti sunt eum discipuli etc. Matth. V. v. 1—13. **)

Uls Jesus die Schaaren sah, ging er auf das Gebirge, und ihm folgete eine große Schaar, und er that auf seinen Mund und sprach: Selig sind die Armen des Geistes, und sprach zuerst von acht Seligkeiten. Das Gebirge, auf das Jesus ging, das war seine eigene Selig

*) So die Pergamenthandschrift. Die alten Drucke haben dafür: „gottförmig.“ **) Serm. LXXXIII. 1498. f. 253; 1508. f. 201; 1521. f. 158; 1523. f. 138; 1543. f. 255; 1565. f. 200; 1548. p. 410; 1552. p. 522; 1621. II. 177; Arndt p. 363. Nach der Pergamenthandschrift bearbeitet.

Tauler's Predigten, III. Band.

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keit und sein Wesen, da er eins ist mit seinem Vater. Es folgte ihm aber eine große Schaar, und das ist die Schaar der lieben Heiligen, deren Tag man heute begehet. Die sind ihm alle gefolget, ein jeglicher nach seinem Ruf, wie ihm Gott gerufen hat. Diesem sollen wir [auch] nachfolgen, also daß ein Jeglicher vor allen Dingen seines Rufes wahr: nehmen soll, welches [immer] sein Ruf sey, darin ihm Gott gerufen hat, und daß wir] dem folgen.

Nun sollen wir diese großen Heiligen mit allem Fleiß ehren. Was ist nun die meiste Ehre, die wir den Heiligen thun können? Das ist es, daß man in lediger Abgeschiedenheit mit ihnen einsinke in den edlen Grund, darin sie sich verloren haben und darin ihre oberste Seligkeit ist. Darein versinke du mit ihnen, du kannst ihnen keine größere Ehre bringen, noch Lieberes thun.

Nun nehmen wir [fassen wir ins Auge] die Schaar der Heiligen, wie die ihm auf das Gebirge gefolgt sind, ein jeglicher, wie er ge zogen ist. Zum ersten sind ihm nachgegangen die heiligen Väter der alten Ehe [Testament] in quellender [sehnsüchtiger] Begehrung, und glaubten, daß er kommen würde. Diese waren mit Gott in heiliger Liebe und Hoffnung besessen, und waren nicht von außen, sondern von innen ledig und bloß alles dessen, das Gott nicht war. In großer Liebe theilten sie, was sie hatten, mit dem erwählten Volk, und war all ihr Fleiß immer, daß dem Menschen nichts gebräche, von dem diese Geburt [die Geburt des Herrn] geschehen sollte. Sie waren ohne alle Eigenschaft ihres Leibes, alle zu dienen zu dieser Geburt, von welchem Geschlechte er sollte geboren werden. Deren, die da folgten, von denen liest man heute, daß ihrer von jeglichem Geschlechte wären zwölf tausend verzeichnet, der Geschlechte aber waren eilf, die ihm folgten. Das war wohl eine große Schaar, die ihm folgte, andere aber, deren waren zahllos viele.

Darnach kam die andere Schaar; das waren die heiligen Apostel. Die kamen nach der Geburt unseres Herrn, und die waren zu einem viel höheren Weg gerufen von unserm Herrn und zu viel größerer Vollkommenheit. Diese ließen [gaben sich auch] nicht allein von innen, sondern auch von außen in der Besigung, in wahrer Armuth Leibes und Geistes, und das in dem höchsten Grade, den man erfolgen [erreichen] mag.

Darnach die heiligen Martyrer, und deren waren allzumal eine große Schaar, die ihm folgten; die ließen nicht allein alle Dinge, sondern sie ließen auch das Leben, wie das über sie kam und wie es Gott wollte und durch wen.

Darnach folgte ihm eine große Schaar der heiligen Beichtiger [Be kenner], die sind ihrem Ruf in mancher Weise gefolget. Die einen haben Gott allein gelebt in Abgeschiedenheit, und haben der Wahrheit

von innen wahrgenommen in einem Stillschweigen und Hören, was Gott, das ewige Wort, in ihnen spräche, und solche flohen in die Wälder, in die Höhlen. Andere aber in die heiligen Orden, wo man die hält; solche haben in der heiligen Christenheit gelebt mit Predigen und mit Schreiben und mit Beichtehören, mit Lehren und mit Strafen, alles in einem bereiten Willen, wie sie Gott haben wollte, in wahrer Gelassenheit ihrer selbst und alles dessen, was Gott nicht war.

Darnach folgete ihm die selige Schaar der reinen, keuschen, an Leib und an Gemüth unbefleckten Jungfrauen. O, wie ein schönes, wonnigliches Ding das ist, in dem Leibe unberührt gefunden zu werden, wie ein Engel! Wem Gott die Ehre gönnte, daß er in dem Kleide gefunden wird, was er selber und seine werthe Mutter so über alle Zierde trugen, einen solchen Menschen sollte vor Freude [hierüber] Niemand in dieser Zeit betrüben mögen; kein Leid und kein Schade sollte ihm zu Herzen gehen, so lange er nur den Schaß behalten hat. Wer aber diesen behalten soll in seinem rechten Adel, der muß streiten und leiden, und sein Herz manche Wunde empfangen von den Sinnen und der Unart der Natur, der Welt und der Feinde. Wisse, liebes Kind, daß ein jeglicher Anstoß der Anfechtung allewege neue Lauterkeit gebiert, wenn man seiner selbst darin wahrnähme, und das ist dann der Lohn. O, Kinder, wer dieses Lohns in dieser Geburt Acht hätte!

Darnach kommt die Schaar der gemeinen Menschen, die in und mit den Dingen zugehen. Die werden auch behalten durch den Glauben und das Gebet der Gottes-Freunde; sie müssen aber in dem Fegfeuer geläutert werden, sonst können sie nicht kommen in das Reich des Vaters. Wie nun heute der Tag ist der lauteren Seelen, also wird morgen seyn der Tag der unlautern Seelen, daß sie geläutert werden. Wir müssen in dem Fegfeuer mehr leiden, mehr Pein, um ein irdisches Vergnügen und eine tägliche Sünde, denn aller Martyrer Pein zu Haufen wäre, deren Tag heute ist. Dieß muß von Noth seyn, um das mindeste Widerstehen, da wir Gott widerstanden haben m Sünden und seinem Ruf ausblieben und uns vermittelten [etwo as die Mitte sezten zwischen Gott und uns].

Nun, dieses sind die Schaaren, die Christo nachgingen, auf den Berg seiner Seligkeit. Da that er seinen göttlichen Mund auf und sprach von acht Seligkeiten. Von jeglicher reden wir ein wenig. Er sprach zuerst: Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Reich Gottes ist ihr. Diese Tugend ist die erste, weil sie ein Haupt ist und ein Anfang aller Vollkommenheit. Kinder, kehret es hin oder her, der Grund des Menschen muß bloß, ledig, frey und arm seyn und unbekümmert, soll Gott eigentlich darin wirken; er muß aller Eigenschaft ledig seyn, so mag und muß er Gott eigen seyn.

Nun kann man diese Armuth nehmen und halten in viererley Weise. Die ersten sind die Armen wider ihren Willen. Von den selben Armen soll Niemand kein Ding schwer urtheilen, denn unser Herr übersicht ihr Gebrechen desto gnädiger um ihrer Armuth willen.

Von der andern Armuth spricht St. Thomas, daß man sie so viel lieben und sie sich [in so weit] zu eigen machen solle, als der Mensch in sich fühlt und erkennet, daß sie ihm eine Hülfe ist und eine Förderniß zu der Freyheit und Ledigkeit seines Gemüthes. Manches Menschen Gemüth ist lauterer und lediger, wenn er die Nothdurft hat, als wenn er sie alle Tage suchen müßte. Wer die Nothdurft hat mit Urlaub und sie gebraucht mit Dankbarkeit, der ist lediger, denn der sie suchen muß. Findet aber der Mensch, daß er damit besessen wäre oder in Unordnung käme, und er nicht die Tugend damit übte, wie Milde, Mäßigkeit, Demuth, ledige Lauterkeit, so wäre ihm noth, daß er es zumal aufgäbe, und arm würde mit den äußerlich Armen.

Die dritte Weise der Armuth wäre die, daß dem Menschen Gott so innerlich lieb wäre, daß ihn kein Ding hindern könnte, sondern sie ihm allesammt eine Förderniß wären, wie St. Paulus sprach: Dem Guten sind alle Dinge eine Hülfe. Ein solcher Mensch bleibt unbe rührt von alle dem, das nicht lauter bloß Gott ist; von allen den Dingen, die ihn berühren in seinem Grunde, bleibt er arm, ledig und frey. Diese mögen mit St. Paulus sprechen: Wir sind, wie die, die nichts haben und doch alle Dinge besigen. Diese können ein Königreich besigen ohne Schaden ihres inwendigen Menschen.

Die vierte Weise dieser lauteren Armuth: ist aus Liebe arm seyn, auswendig und inwendig, um dem minniglichen Vorbild unseres Herrn Jesu Christi, seiner lauteren bloßen Armuth nachzufolgen aus rechter, wahrer Liebe, unbekümmert und unbehangen seyn inwendig und auswendig, und allein haben einen bloßen, lauteren, unmittelichen [unbehinderten] Wiederfluß und Wiedergang des Gemüthes, ohne Unterlaß in seinen Ursprung und in seinen Anfang, so daß der Ausfall nicht also schnell geschehen kann, der Grund werde es denn gewahr, und er kehre schnell wie der ein. Kinder, das ist die allerlauterste Armuth; denn der allerhöchste Adel der Armuth hängt daran, daß der Wiederfluß ledig, frey und ungehindert ist, so daß diese Armen um so seliger sind nun [jezt] und in der Ewigkeit.

Nun zum andern. Selig sind die Sanftmüthigen, sie sollen das Erdreich besigen. Hier tritt man einen Grad näher in die Seligkeit, denn mit der wahren Armuth löset man die Hindernisse ab, aber mit dieser Sanftmuth gehet man näher in den Grund, und treibt aus alle Bitter: keit und allen Zorn und Unwahrheit; denn es steht geschrieben: Dem Reinen sind alle Dinge rein, und dem Sanftmüthigen ist kein Ding bitter. Das kommt aus dem guten, lautern Grunde, daß dem Guten

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