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wohin er will. Dieser Wind ist der allerinwendigste, der verborgene, oberste, Gott gebildete, Gott-förmige Mensch. Der ist so gar über alle Verständniß; und alles, das die Vernunft mit ihren Werken er: langen [erreichen] kann, das übertrifft alle Sinne. Dieser inwendige Mensch fliegt zurück in seinen Ursprung, in seine Ungeschaffenheit, und da wird er ein Licht in dem Lichte. In diesem Lichte erlöschen gewissermaßen alle natürlichen Lichter, die einen Menschen je erleuchteten; die werden da alle eine Finsterniß. Gleichwie die klare Sonne, wenn sie scheinet, alle Lichter der Sterne verblendet, die da stehen so schön bey Nacht an dem Himmel: also, wenn das göttliche Licht scheinet in diesen Grund, da verdüstert und verblendet es alle geschaffenen Lichter, die je geschienen, und da wird es also, klar in dem Grunde, daß der Geist so überschwenglich wird, daß er hier entgegenscheinet recht als eine Finsterniß von Ueberschwenglichkeit des göttlichen Lichtes; denn er ist sich selbst und allen Creaturen unbegreiflich. Aller Creaturen Verständniß vers hält sich gegen dieses Licht, wie der Schwalben Augen sich verhalten gegen den Sonnenschein, und wenn du mit deinen kranken [schwachen] Augen sehen willst in das Rad der Sonne, da schiene die Sonne deinem Gesichte eine Finsterniß, von dem alles übertreffenden Licht und von Schwachheit deiner Augen. Davon spricht ein heidnischer König: Gott ist eine Finsterniß in der Seele nach allem Lichte, und man erkennet ihn mit Nichterkennen des Gemüthes. Es ist uns eine große Schande, daß dieß ein Heide und dazu ein König verstand. Womit gehen wir alle um?

Nun liest man bey dieser Kirchweihe [in dem Evangelium] von Zachäo, daß er gerne unsern Herrn gesehen hätte, aber an der Person zu kurz war. Was that er? Er kletterte auf einen dürren Feigenbaum. Also thut der Mensch; er begehrt zu sehen den, der dieß Wunder und Gestürme alles in ihm gemacht hat, aber dazu ist der Mensch zu kurz und zu klein. Was soll er da thun? Er soll aufklimmen auf den dürren Feigenbaum. Das ist, alles, wovon wir ge: sprochen haben, das ist ein Absterben der Sinnen und der Natur und zu leben dem inwendigen Menschen, auf welchem Gott wandelt, wie ihr wohl gehört habt. Es ist das die allermeiste Thorheit vor den Weisen der Welt, die je gehört ward; es dünket sie das eine Raserey zu seyn und zumal eine Albernheit und sie haben wohl etwa für hundert Mark Bücher und lesen fleißig darin, es dünket sie das aber doch recht eine Thorheit. Uber, Kinder, ich sage eud) in Wahrheit, das ist die Thorheit, die Gott auserkoren hat, wie unser Herr spricht: Vater, ich danke dir, daß du diese großen Dinge verborgen hast vor den Großen und Weisen der Welt und hast sie geoffenbaret den Kleinen.

Von diesem ward St. Hildegard geoffenbaret unter vielen minnig

lichen Dingen und steht also mit zwey kleinen Bildern in St. Hildegardens Buch gemalt, und sind auch in unserer Schwestern Refectorium zwey Bildlein. Das eine ist in ein blaues Kleid gewunden, und das hat an sich selbst keine Augen, sein Kleid aber ist allesammt voll Auger, und das bedeutet die heilige Furcht Gottes. Doch ist das nicht eine Furcht, die ihr Furcht heißt, sondern es ist ein emsiges, fleißiges Wahr nehmen seiner selbst an allen Stätten und Weisen, in Worten und Werken, und darum ist es ohne Antlig und ohne Augen, denn es vergißt ganz sich selbst, ob man es liebe oder hasse, lobe oder schelte. Dazu ist es auch ohne Hände, denn es stehet ledig aller Annehmlich keit in aller Weise, in rechter Gelassenheit.

Ein anderes Bild stehet bey diesem Bilde in einem bleichen Kleide mit aufgehobenen Händen, und stehen alle beyde baarfuß. Dieß Bild hat kein Haupt, sondern über diesem Bilde stehet die Gottheit in einem lautern klaren Golde. Es hat dasselbe kein förmliches Antlig, sondern es ist ein lauteres Gold, und bedeutet die unerkennbare Gottheit, und das Gold fließt auf das Bild an des Hauptes Statt, und ist also die Gottheit sein Haupt. Dieses Bild bedeutet die bloße, wahre Armuth des Geistes. Das Haupt dieses Bildes ist Gott selbst, und die Bleichheit der Kleider bedeutet Einfalt des Wandels und eine Unannehmlichkeit und ledige, lautere Gelassenheit. Diese Bilde steben alle beyde baarfuß, was da bedeutet, wie man lauterlich nachfolgen soll dem wahren Bilde unseres Herrn Jesu Christi. Das blaue Kleid bedeutet Unwandelbarkeit, daß man sich nicht heute übe und morgen das schlafen lasse, sondern daß hier seyn soll ein emsiges unwandelbares Verharren bis an das Ende, mit aufgereckten Händen bereit zu seyn allem göttlichen Willen, wirkend und leidend. *) Dieß ist zumal der dürre Feigenbaum, auf den alle Menschen kommen müssen, die Gott in der edelsten Weise sehen wollen, in Zeit und in Ewigkeit. Es sprach ja unser Herr zu Zachäus: Eile, und komm hernieder, du mußt herab, du sollst von allem diesem nicht einen Tropfen behalten; gehe ganz hernieder in dein lauteres Nichts und erkenne, daß du nichts kannst noch vermagst. Also muß ich kommen heute in dein Haus; das muß von Noth seyn. Wenn du aber auf den Feigenbaum gekommen bist und dir die ewige Wahrheit etwas eingeleuchtet hat, du hast sie aber nicht ganz in dir besessen, noch ist sie dir zu eigen geworden, weil du noch etwas Ankleblichkeit hast an die Natur, dann wirken die Natur und die Gnade Gottes noch mit einander, und du bist noch nicht zu rechter Gelassenheit gekommen. Wisset, was die

*) Diese Bilder sind wohl aus keinem andern Coder genommen, als aus dem kleineren, nun in der herzoglichen Bibliothek zu Wiesbaden befindlichen. Er kommt aus dem Kloster Eybingen, wo Hildegard lebte.

Natur wirket, das hat allewege etwas Flecken, und das ist dann nicht vollkommen und lauter. Diesen Menschen ruft aber Gott [vom Baume] herab, was da bedeutet ein ganzes Verläugnen und Abgehen der Natur, in aller Weise, worin sich der Mensch noch irgend mit Eigenschaft besigt. Heute muß ich von Noth seyn in deinem Hause, das ist das ewige Heute; heute ist Heil geschehen diesem Hause. Daß uns dieß allen geschehe, deß helfe uns Gott. Amen.

144. An der Kirchweihe.

Die andere Predigt.

Wie des Menschen Inwendigkeit werden könne ein reines lauteres Haus des Gebets. Von Kaufleuten, das ist, von den bösen Einfäller und Gebrechen, die ihr Gewerbe in diesem Tempel treiben, die dem Menschen zu großem Nußen und Verdienen Ur sache geben können. Was Gebet und Andacht sey. Auch von drey Stücken, mit denen man in das inwendige Reich kommen kann, das ist: wahrer Glaube, ein ver nünftiges Erkennen Gottes und inniges, andächtiges Gebet.

Domus mea domus orationis vocabitur. Matth. XXI. v. 13. *) Mein Haus wird genennet ein Haus des Gebetes.

Unser Herr hat uns selber allhier gelehrt, wie es dazu kommen soll,

daß unsere Inwendigkeit ein Haus werde des Gebetes; denn der Mensch ist eigentlich ein heiliger Tempel Gottes. Aber die Kaufleute müssen zuerst ausgetrieben werden, die Bilde und die Phantasieen und was Vergnügen an den Creaturen ist und eigener Wille, und auch soll er gewaschen seyn mit den Thränen und in der Liebe Gottes, daß der Tempel rein sey. Alle Tempel sind nicht davon heilig, daß sie Häuser sind, weder dieser Tempel noch [irgend einer] zu Rom noch sonst wo, sondern von Gott sind sie heilig. Dieser Tempel, die Seele, die ist der minnigliche Tempel Gottes, worinnen Gott in der Wahrheit wohnet, wenn alle Ungleichheit ausgetrieben ist und wegge räumet. Was für eine Wohnung kann aber Gott da haben, wo einer, ehe er einen Gedanken von Gott hat, oft an vierzig andere Dinge denkt? Darum wird auch hier berührt, wer die Kaufleute sind und wie sie sind. Die mit ihrem freyen Willen leben in Lust und Vergnügen der Creaturen, die sind alle Kaufleute. Daran ist kein Zweifel, welcher Mensch will, daß Gott in ihm wohne und wirke, der muß von Noth alle Mittel (jede Scheidewand zwischen Gott und sich selber] und alle Ungleichheit aus sich treiben, das ist, alle Liebe und alles Vergnügen der Creaturen, deren Gott nicht eine wahre Ursache ist. Wer nun spräche, daß zehn Mittel nicht schädlicher wären, denn eins, das ist, daß die Heimlichkeit [Vertraulichkeit] und Liebe und Freundschaft von zehn Menschen minder schaden sollte, denn eines

*) Serm. LXVII. 1498. f. 209; 1508. f. 167; 1521. f. 133; 1523. f. 116; 1543. f. 272; 1565 f 214; 1548. p. 438; 1552. p. 552; 1621. II. 240; Arndt p. 306. Nach der Pergamenthandschrift bearbeitet.

einzigen, das wäre eine Thorheit und da würde wohl ein Kind er: kennen, so daß dem nicht also sey, und daß eines leichter zu über: winden und auszutreiben sey, denn zehne. Aber besonders sollt ihr dieß wissen, daß zehn Gebrechen, die der Mensch für Gebrechen hält und wohl (als solche] erkennt, nicht so sorglich und ihm so schädlich sind, als ein einiges Gebrechen, das er nicht erkennen noch für Gebrechen halten will, und mit Frevel allewege darin bleibet. Es soll der Mensch haben eine demüthige Furcht, wegen seiner verborgenen Gebrechen; denn wenn er sich in Demuth legt vor die Barmherzigkeit Gottes und sich für gebrechenhaft hält, so ist ihm wohl gerathen. Welcher Mensch aber in einem Frevel stehet, mit einem Entschuldigen seiner selbst, dem wird nimmer Rath. Davor hütet euch, wie vor dem ewigen Tod. Dem sein Ding gar so recht dünket, wenn der den allerheiligsten Menschen fragte, der auf Erden ist, ob er so viel ge weinet hätte, als er sollte, er spräche nein, er spräche, er habe den tausendsten [Theil] Thränen nicht geweinet, er müsse damit erst be: ginnen. Wenn das bey heiligen Menschen also ist, so sehet euch vor. Da möchte man [aber] fragen, weil der gute Mensch dafür hält, daß er immer beginnen solle zu weinen, soll man denn allezeit weinen? Ja und nein. Es soll niemanden dünken, daß er je hinausgekommen sey [über die Gebrechen], wie klein sie auch seyen.

So nun der Tempel gereiniget ist und die Kaufleute ausgetrieben, wann sind denn die Kaufleute ausgetrieben? Sie sind es, wenn du ausgetrieben hast alle Dinge der Creaturen und alles Vergnügen an ihmen, also daß du sie mit deinem Willen und mit deiner ganzen Erlaubniß weder in dich aufnimmst noch behältst; wenn du also stehest, kommen dann diese bösen Kaufleute wieder hierein mit ihrem bösen Kram, sie müssen zuhand hinaus und davon. Beachte aber auch wohl, daß, so sie eine Weile da bleiben ohne deinen Willen und ohne deine Erlaubniß, so schadet es dir nichts. Wie lange es sey, so müssen sie doch zu derselben Thüre hinaus, wo sie herein gekommen sind; ja noch mehr, finden sie irgend etwas Böses und Unrath darin, hätten sie auch zwanzig Jahre darin gehaust, das müssen sie mit sich hinwegtragen, und reinigen diesen edlen Tempel *)

Nun weiter: Mein Hans das soll seyn ein edles Haus des Gebets. Zu dem Gebete gehört Andacht. Andacht aber, was ist das? Das ist devotio, das ist quasi se vovere deo, ein inwendiges Verbinden mit Gott, mit einer Bewegung [Neigung zu] der Ewigkeit. Wenn du

*) Die alten Drucke lassen hier eine ziemlich weite Ansführung folgen, die in der Perga menthandschrift nicht enthalten ist. Wir glauben in dieser Ausführung nichts anderes als ein späteres Einschiebsel erkennen zu können, und da uns in ihr kein neuer, nicht anderwärts schon bey Tauler vorkommender Gedanke begegnet, so haben wir sie nicht einmal unter den Text gestellt hier mittheilen wollen.

dich Gott also verbindest, also gelobest, so hast du Andacht, du senest, wo du seyest, oder welcherley gute Werke du thust. Es ist nicht noth, daß man allezeit jubilire und große Süßigkeit habe; das ist etwas Zufälliges. Das Wesen der Andacht liegt vielmehr in dem inwendigen Ergeben oder Vereinen oder Verbinden mit Gott und dieses Werk trifft sehr nahe. Da wird recht die Kaze [ein Belagerungswerkzeug] an die Mauer gedrängt, und bald, so kommt der Mensch in das Reich [Gottes] hinein, das in ihm ist, die Mauern [von Jericho] werden bald niedergeworfen werden.

Es schreibt Hilarius drey Stücke, mit denen man mag in das in: wendige Reich kommen. Das erste ist wahrer Glaube, das andere ein vernünftiges Erkennen Gottes, das dritte ein inniges, andächtiges Gebet. Was ist nun der Glaube? Sind denn nicht alle Christenleute gläubige Leute. Wisse, wie auf dem Kirchhof sind viele Todte, also sind auch in der heiligen Kirche viele und mancherley Menschen todt; sie scheinen lebendig, und sind in der Wahrheit todt. Was ist nun ein leben: diger Glaube? Das ist nichts anderes, denn eine lebendige Gunst zu Gott, zu alle dem, das göttlich ist. Ein Mensch höre oder sehe, was dem heiligen Glauben angehöret, es sey von der Gottheit oder von der Menschheit [unseres Herrn], oder von der Dreyfaltigkeit oder was es sonst sey: der Mensch findet [dann] in sich einen lebendigen Glauben, wenn ihm der weiset, daß Gott ist, und wenn ihm das innerlich klarer ist, als ihm alle Meister sagen könnten, weil er lebt und wohnt in dem inwendigen Reich, wo dieses Leben wahrlich ausquillt aus seinem eigenen Brunnen.

Andere Leute, deren leider viele sind, die hängen wohl an dem Leben [des Glaubens], aber es mag gar leicht eine Wolke seyn [die dasselbe bedeckt.] Wenn der Sonnenschein ein lebendiges Ding wäre, das sich bewegte, und nun eine Wolke darüber ginge, da verginge auch dieses Leben; ebenso kann durch die Wolke der Sünden gar leicht geschehen, daß sie jenes Leben zumal bedeckt und benimmt; denn es ist gar schwach. Kommt aber über die lebenden Leute eine Wolke der Sün den, wie ja alle Menschen gebrechlich sind, so dringet doch die Sonne, das Leben durch, und sie kommen schnelliglich wieder. Das Leben hat da gewurzelt, darum kommt es wieder, es dringet durch, es fliehet davon. Während jene andern [ab] fallen, so bleiben sie; wenn aber jene andern doch auch mitkommen, wenn sie hineinkommen, so finden sie da innen einen todten Hund liegen. Einen todten Hund! er stinket! trag ihn weg, er ist todt, einen leeren, kalten, todten Menschen [finden sie], dem schwer ist alles, das göttlich ist und Gott angehöret. Er könnte noch selig werden, wenn er am Leben doch noch hangen bliebe, wie wenig das auch wäre; er würde behalten, würde er innen gefunden;

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