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Schauplatz der Noahgeschichte (die Landschaft Urartu in Armenien) ist also ungefähr derselbe, wie beim babylonischen Erzähler. Auch J meint die gleiche Gegend, vgl. v. II, 2. Der babylonische Bericht nennt den Namen des höchsten Gipfels des Berglandes: Nişir. Als Sintflutberg gilt heutzutage der Gebel Gudi in der Ararat - Gegend. Sieben Tage sitzt die Arche auf, wie im babylonischen Berichte.

Zu 14. Nach 1 Mos 8, 6 scheint es fast, als ob es eine Quelle gegeben hätte, die nur vom Raben erzählte. Die Aussendung des Raben stört den Zusammenhang1. Das,,flog hin und wieder" heißt vielleicht: er flog wiederholt aus und kam wiederholt zurück, bis sich das Wasser verlaufen hatte; dann blieb der Rabe aus. Das würde zu der Rolle des Raben im Keilschriftbericht stimmen Z. 154f. Es bleiben dann drei Vogelaussendungen.

Der Erzähler des babylonischen Berichts hat die Reihenfolge: Taube, Schwalbe, Rabe. Der biblische Erzähler hat die sinnvollere: Rabe, Schwalbe (an ihre Stelle ist die erste Taubenaussendung getreten), Taube. Mit dem Bringen des Ölblatts ist der Höhepunkt erreicht. Das erneute Aussenden der Taube, die nicht wiederkommt, 8, 12, stört den Sinn. Die Taube als Haustier kommt in jedem Falle wieder. Sowohl der biblische Erzähler wie der babylonische in der uns vorliegenden Rezension haben das kosmische Motiv nicht mehr verstanden. Die Taube2 bringt das Ölblatt vom Lebensbaum, der auf dem Gipfel des Weltberges, neben dem Todesbaum, dem Baume des Erkennens, steht, s. S. 250 vgl. 192 ff.

Wenn die letzte Taubenaussendung wegfällt, dann fallen auch für die Zeitberechnung die zweiten sieben Tage weg. Die Flut dauert 40 Tage (Plejadenzeit, Not- und Karenzzeit, s. S. 62). Wir würden nach der orientalischen Kalendersymbolik nun einen Termin, der die Befreiung bringt, erwarten, drei Tage oder zehn Tage3. Winckler F. III, 401 rechnet die zehn Tage heraus: der Rabe wird am 41. Tage ausgesendet 8, 7. Er kommt nicht zurück. Nun folgt die Aussendung der Schwalbe (Taube), da der Rabe keine Botschaft bringt. Sie wird gewiß sehr bald, am Abend oder am nächsten Morgen gedacht sein, jedenfalls am folgenden, also 42. Tag. Nun wartet Noah sieben Tage (8, 10,,andre" sieben Tage,

1) Wellhausen, Komposition S. 15, vgl. Winckler F. III, 95f.

2) Gunkel hat also recht, wenn er Genesis1 60 mythologische Spuren bei der Taube sucht. Nach Plutarch, de sol. anim. 13 findet sich die Taube auch im Deukalion-Mythus.

3) Die zehn Tage liegen als Motiv vor bei der Ansetzung des iom kippor als des Befreiungstages am 10. Tage nach Neujahr, das als Gerichtszeit gilt, s. BNT 70 f. Ferner Apk 2, 10!

„andre" fällt nach dem oben Gesagten weg). Am 49. Tage sendet er die Taube aus, am 50. bringt sie das Ölblatt1.

Zu 16. Berosus: Xisuthros küßte die Erde, errichtete einen Altar und opferte den Göttern2. Ausführlicher im Keilschriftbericht:,,Die Götter rochen den Geruch, die Götter rochen den Wohlgeruch, sie sammeln sich wie Fliegen um den Opferer." J sagt 8, 21: „Jahve roch den angenehmen Duft!" Daß das hier nur noch eine Form des Ausdruckes im Sinne von „Gott hatte Wohlgefallen" ist, zeigt Am 5, 21; Lev 26, 31. Drastischer I Sa 26, 19f. (David spricht zu Saul): ,,Hat Jahve dich gegen mich erregt, so mag er Opferduft zu riechen bekommen." Ez 8, 17 vom heidnischen Kult in Jerusalem: „Fürwahr, sie lassen ihren [Opfer-]Gestank zu meiner Nase emporsteigen." Ebenfalls aus der Opfervorstellung erklärt sich der „,Wohlgeruch Christi“ 2 Ko 2, 15, vgl. Phil 4, 18. Die rabbinische Theologie spricht von drei Gott angenehmen Gerüchen (Geruch des Opfers, des Gebets, der tugendhaften Handlungen, der letztere sei der lieblichste), Jalkut Rubeni 30. Eine andre Bilderrede vom „,Geruch" gibt die Vorstellung vom Lebenskraut, das man riecht, s. oben S. 199. Und selbst wenn es wirklich anthropomorphisch zu verstehen wäre (im selben Sinne wie 6, 6 die Reue und Bekümmernis Gottes), wie weit wäre das entfernt von der satirischen Schilderung der babylonischen Erzählung.

Zu 17. Zu dem Beschluß Gottes bei J vgl. den babylonischen Bericht Z. 180 ff. Die Worte 8, 22 werden übersetzt, indem man 'od liest:,,fortan, alle Tage der Erde .... sollen nicht aufhören." Die syntaktische Verbindung verlangt die Lesung Pad,bis" Sept.: πάσας τὰς ἡμέρας τῆς γῆς. Bis [vollendet sind] alle Tage der Erde, soll nicht aufhören Säen und Ernten, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und

1) Die 50 hat die gleiche kalendarische Bedeutung wie die 50 zwischen Passah und Pfingsten, die ja auf Grund der Ereignisse im Leben Jesu auch die christlichen Feste Ostern und Pfingsten trennt. Die Einteilung in 40 (Himmelfahrt) + 10 ist vielleicht dem Kalendermotiv zuliebe zurechtgerückt. Die Himmelfahrt fiel in Wirklichkeit nicht auf den 40. Tag, sondern auf den 42. Tag, also auf einen Sabbat, was vielleicht der ,,Sabbatweg" AG 1, 12 andeutet: Jesus erschien am Osterabend, also am Beginn des auf die Auferstehung folgenden Tages zum ersten Male seinen Jüngern Lc 24, 29. 36, dann ließ er sich sehen 40 Tage lang" AG 1, 3; der Abschied würde also auf den 42. Tag fallen, also auf unsern Sonnabend vor Exaudi. s. Lichtenstein in Saat auf Hoffnung 1906, S. 118 ff. 2) Vgl. auch die indische Sage S. 236 f.

3) Winckler korrigiert: 12.

Nacht." Das entspricht der Weltzeitalter-Lehre. Wenn die Tage der Erde vollendet sind, kommt die Feuerflut, vgl. 2 P 3, 6f.:,,die damalige Welt ging durch Wasserflut zugrunde .. die jetzigen Himmel aber und die Erde sind fürs Feuer aufgespart."

Zu 18. Zur Segnung der Geretteten vgl. den babylonischen Bericht Z. 200 ff. 9, 2 ff. werden die Tiere als Nahrung gestattet, wie bisher die Vegetabilien. Das Schlachten und Töten ist erlaubt. Die Tiere waren ja in den Sündenfall und in das Flutgericht hineingezogen, s. S. 241 Anm. 1. Jetzt beginnt das, was Paulus Rö 8, 19 ff. das Seufzen der Kreatur nennt, die nun ebenfalls auf Erlösung wartet. Nur der Genuß des Fleisches im Blut ist 9, 4 (P) verboten. Für solches Tierblut will Gott den Menschen zur Rechenschaft ziehen. Der Sinn von 9, 5 ist: Menschenblut will Gott an jedem Lebewesen rächen (auch das Tier, das den Menschen tötet, ist bekanntlich dem Tode verfallen). Wenn der Mensch den Menschen tötet, so fordert Gott noch mehr, er fordert vom Mörder das Leben (die Seele, nepheš) des Bruders 1. 9, 6 fügt hierzu einen spruchartigen Rechtssatz und eine theologische Begründung: der Mensch, nach dem Bilde Gottes geschaffen, steht höher als das Tier.

Zu 19. Der Bogen, der natürlich auch im Sinne des biblischen Erzählers bereits vorhanden war, soll für die Menschen das Erinnerungszeichen sein. 9, 16: „Dann wird der Bogen in den Wolken stehen und ihr sollt ihn schen zu gedenken des Bündnisses.“ Die Übergabe eines Zeichens finden wir im Babylonischen bei Belehnungen. Vgl. z. B. die Symbolübergabe bei der Belehnungsurkunde Merodachbaladans, s. Abb. zu Jes 39, I (Frucht?, im germanischen Recht wird eine Ähre übergeben).

Was bedeutet der Bogen? Wellhausen, Prolegomena 327 schließt aus dem Worte ķešet (sonst Bogen zum Schießen), daß der Kriegsbogen dadurch symbolisiert wird, den der pfeilschießende Gott beiseitestellt, zum Zeichen seines abgelegten Zornes; auch die Araber fassen die Iris als Kriegsbogen Gottes auf: Kuzah schießt Pfeile von seinem Bogen und hängt ihn dann in den Wolken auf. Bei den Indern heißt der Regenbogen Indrayudha, Indras Waffe", als der Bogen, von dem er Blitzpfeile gegen die aufrührerischen Asuras schleudert.

1) Die Entwirrung des Textes, die diesen Sinn herstellt, gibt Winckler F. III, 402 f.

2) So mit Winckler zu lesen. Josephus scheint noch so gelesen zu haben. Ant. I, 3, 8: Zum Zeichen meiner Huld soll euch der Bogen dienen." Gott bedarf der Erinnerung nicht.

Als babylonisches Material sei folgendes angeführt:

1. Im babylonischen Sintflutbericht 164 ff. hebt Ištar einen mit Nim bezeichneten Gegenstand empor, den Anu auf ihren Wunsch gemacht hat, und schwört, sie werde sich dieser Tage bis in ferne Zukunft erinnern. 2. Im babylonischen Schöpfungsepos (V. Tafel?) wird von der Verwendung der Waffen geredet, mit denen Marduk die Tiâmat besiegt hat1: Das Netz, das er gemacht hatte, sahen die Götter [seine Väter], sie sahen den Bogen, daß er kunstvoll [gefertigt war],

und das Werk, das er vollendet hatte, priesen sie ...

Es erhob Anu in der Versammlung der Götter

den Bogen pries (?) er: „er ist ....“

[Die Namen] des Bogens nannte er folgendermaßen: ,,Langholz“ ist der eine, der andre ...

sein dritter Name „Bogenstern am Himmel

Er setzte fest seinen Platz (?).

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Danach würde der „Bogen“ kešet nichts mit dem Regenbogen zu schaffen haben. Ķešet ist eine Waffe, und der Bogen des Schützen, der an den Enden dünn ist, stimmt in der Tat nicht zum Regenbogen. Da der Bogen am Himmel steht, so müssen wir ein astrales Motiv suchen. Und in der Tat paßt die Sichel des Neumondes ausgezeichnet in den Zusammenhang. Bocklen hat 1. c. 123 ff. die Erklärung sehr wahrscheinlich gemacht. Jes 27, 1 (S. 179) erscheint übrigens der Neumond, der den Sieg über die finstere Macht verkündigt, als Sichelschwert in Jahves Hand2. Der Bogen des Neumonds, der jubelnd begrüßt wird (Hilal!), ist das Erinnerungszeichen an den Bund Gottes mit Noah.

Aber auch die Tradition, die den Bogen als Regenbogen auffaßt, wird recht behalten. Der ursprüngliche Sinn mag auf einen göttlichen Kriegsbogen weisen, aber wohl schon der Redaktor des vorliegenden Textes hat an den Regenbogen gedacht. Auch die spätjüdische Auffassung sieht in dem Regenbogen den göttlichen Tröster. Merkwürdigerweise erscheint er so in der slavischen Sintflutsage (Hanusch, Slawische Märchen, S. 234): der Herrscher des Alls sah vom Fenster des Himmels Krieg und Mord auf Erden. Da ließ er 20 Tage und Nächte die Erde durch Wasser und Wind vernichten. Nur ein Greisenpaar war übriggeblieben. Ihnen sandte er den Regenbogen als Tröster (Liuxmine), der ihnen riet, über der Erde Gebeine (Steine) zu springen. So entstanden neue Menschenpaare, die Ureltern der lithauischen Geschlechter.

Gilt übrigens der Regenbogen als Himmelsbrücke? Wir fanden diese Himmelsbrücke in der japanischen Kosmologie S. 153. In der Edda bewacht Heimdal die mythische Brücke, auf der die Asen zum Himmel emporsteigen, und die bei der Götterdämmerung abgebrochen wird. Und in den deutschen Märchen werden die Seelen von den Schutzengeln über den Regenbogen in den Himmel geführt. Daß diese Himmelsbrücke orientalischen Ursprungs ist, beweist die Auffassung als Stiege (natürlich mit den sieben farbigen Stufen). Der Regenbogen mit seinen sieben Farben entspricht“ (vgl. S. 8 f. dem Tierkreis mit den gleichen sieben Planeten - Farben, auf dessen Stufen die Astralgötter zum Himmel Anus emporsteigen, s. S. 14 f.

1) KT 123.

2) Apk. 14, 14 ff. wird sie zur Sichel der Gerichtsernte.

Die kosmischen und astralen Motive
der Sintfluterzählung.

Der biblische Erzähler nimmt offenbar an, daß die Sintflut einem historischen Ereignis der Urzeit entspricht, einem „Ereignis, das das älteste und großartigste gewesen ist, das jemals. die Menschheit betroffen hat". Auch die babylonische Überlieferung mit ihrer Unterscheidung von Königen vor oder nach der Flut (S. 64. 220) scheint ein historisches Ereignis im Auge zu haben. Die babylonische Sintfluterzählung lehnt dabei ihre Schilderung an Naturereignisse an, die bei Sturmfluten im Euphratlande von Zeit zu Zeit zu beobachten sind 2.

Aber die Darstellung läßt kosmische und astrale Motive anklingen. Die Weltzeitalterlehre rechnet mit einer Sintflut und mit einer Feuerflut im Laufe der Äonen, die den gesamten Kosmos umfaßt. Wenn die Präzession des Frühlingspunktes durch die Wasserregion des Kreislaufs geht, tritt die Sintflut ein, wenn die Präzession durch die Feuerregion des Kreislaufs geht, tritt Feuerflut ein, s. S. 63 f3.

Der babylonische Bericht denkt an die kosmische Flut. Die Götter flüchten sich bis zum Anu-Himmel Z. 115 und kauern an den kamâti des Anu-Himmels. Also die tupuķâti, die sieben Planetenhimmel (vgl. S. 15) sind überschwemmt. Ut-napištim heißt hasisatra wie Adapa (= Marduk als Heros, s. S. 97); er ist der neue Adapa", der Bringer des neuen Zeitalters.

Aber auch der biblische Erzähler kennt die kosmische Flut. Er läßt den Naturmythus und die Weltzeitalterlehre anklingen; sie bilden gleichsam den,,wissenschaftlichen" Hintergrund (s. S. 74. 160) für seinen Flutbericht. Wir weisen auf folgende Punkte:

1) Riem, Die Sintflut. Eine ethnographisch-naturwissenschaftliche Untersuchung, Stuttgart, Kielmann 1906. Mit den Mitteln historischer Kritik wird man die Tatsache nicht feststellen können. Bei der Beurteilung der biblischen Geschichte werden andere Instanzen die Entscheidung für oder wider herbeiführen, s. S. 74 f.

2) Auf solche Zyklone bezieht sich wohl auch die Redeweise der historischen Inschriften, die eine vernichtende Zerstörung gleich einer Flut" (abûbu) den Feinden ankündigt.

3) Die biblische Auffassung protestiert gegen das eherne Geschick der Äonen-Lehre. Es soll keine Sintflut wieder kommen, 1 Mos 9, 15; vgl. Jes 54, 9:,,Ich habe geschworen, daß die Wasser Noahs die Erde nicht nochmals überfluten werden." Vgl. aber zu 2 Pt 3,6f. S. 247, BNT 116.

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