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Insbesondere sind die Wandelgestirne am Tierkreis in ihren Konstellationen die Offenbarer des göttlichen Willens, deshalb heißt der siebenstufige Turm von Borsippa, der wie alle Stufentürme die Planetenbahnen vorstellt, E-ur-imin-an-ki,,,Tempel der sieben Befehlsübermittler Himmels und der Erde". Der Tierkreis ist das Buch der Offenbarung Gottes, die Erscheinungen des Fixsternhimmels sind gewissermaßen der an den Rand geschriebene Kommentar 2.

So erscheint uns die Religion Babyloniens wesentlich als Astralreligion. Die Vervielfältigung des Ideogramms für „Gott" ergibt das Ideogramm für „Stern“3. Die Göttersymbole sind die gleichen, die uns als Sternbilder-Symbole erscheinen. Das Volk betet die Sterne an, die Meinung ist jedoch die, daß sich die eine göttliche Macht in den Stellungen der Gestirne offenbart. Der Lokalkult einer Astral - Gottheit wird damit begründet, daß der entsprechende Kultort irgendwie als dem kosmischen Orte entsprechend gedacht wird, an dem das betreffende Gestirn die göttliche Macht offenbart. Man muß sich vorstellen, daß

was es überall gibt von Tieren. Und im Wechsel von Tag und Nacht, und in dem, was Gott vom Himmel schickt an Nahrung und womit er die Erde nach ihrem Tode belebt und auch den Umschlag der Winde.“ Dazu vgl. Sure 16, 16: „,.. denn durch die Sterne werden sie geleitet.“ (Winckler MVAG 1901, 360). Aus der jüdischen Literatur sei zitiert Moed katon 28a: „Langes Leben, Kinder und Nahrung hängt nicht vom Verdienst, sondern von den Gestirnen ab."

1) Es ist merkwürdig: die Beobachtung des Laufes der Planeten hat die altorientalische Weltanschauung geschaffen; die erneute Beobachtung der Planetenbahn durch Kopernikus hat die moderne Weltanschauung begründet.

2) Die Fixsterne und Fixsternbilder kommentieren die mit den Planeten am Tierkreis zusammenhängenden Mythen. So entsprechen Kastor und Pollux, sodann Lanzen- und Bogenstern (großer und kleiner Hund) den Zwillingen (Lanze Mondmotiv, Bogen Sonnenmotiv, z. B. bei Saul und Jonathan, Cyrus und Kambyses, Ajax und Teukros), Auf- und Untergang des Orion entsprechen dem Tammuz-Mythus, die Orion-Motive entsprechen insbesondere den Motiven des Frühlingsmythus, die sieben Plejaden, die nach vierzigtägigem Verschwinden mit dem Stier aufgehen, illustrieren den Mythus vom besiegten Winter bei Sonnenrechnung, ebenso die fünf Hyaden bei Mondrechnung. Diese Dinge können hier nur angedeutet werden. Die Bezichungen des Fixsternhimmels hat Ed. Stucken betont. Andrerseits ist es der Fehler der Arbeiten Stuckens, daß die Fixstern-Beziehungen einseitig und ohne Zusammenhang mit den Planeten herangezogen worden sind.

3) Das Gottesdeterminativ selbst ist vielleicht ein Abbild des Nordpols des Himmels, der als Sitz des summus deus göttliche Verchrung genoß und der von ihm ausgehenden Himmelsrichtungen; zu dieser Vermutung H. Zimmerns s. meine Monotheist. Strömungen S. 19.

jeder Kultort die gesamte Lehre kennt. Der Lokalgott gilt in seinem Gebiet als summus deus, als Repräsentant der gesamten in der gestirnten Welt offenbarten göttlichen Macht.

Urkundliche Belege für die Lehre von der Offenbarung der Geschicke.

1. Die Omina1, insbesondere das astrologische Werk,,Als der Gott Bel", das auf die älteste babylonische Zeit zurückgeht. 2. Die Annalen der ältesten uns bekannten nordbabylonischen Könige Sargon und Naramsin, die uns in Form von Omina überliefert sind. Bei jedem Ereignis ist die Erscheinung am gestirnten Himmel angegeben, unter der die betreffende Tat ausgeführt wurde. 3. Die Bezeichnung der Planeten als ,,Befehlsübermittler Himmels und der Erde" und als ,,Dolmetscher" und ,,Ratgeber" s. S. 9. 11. 17. 45.

4. Berosus (Marduk-Priester um 275 v. Chr.), „,der den Bel interpretiert hat", sagt, daß alles durch den Lauf der Gestirne geschehe (Seneca), s. S. 63 f.

5. Die tupšîmâte: ,,Tafeln der Schicksale" 2, die das „,Gewölbe“ (pulukku) 3 von Himmel und Erde festsetzen und auf denen,, Befehle der Götter",,,das Leben der Menschen" geschrieben sind. Nebo trägt sie,,,der Schreiber des Alls", auch Bel,,,der Vater der Götter" als Herr des Tierkreises. In den Mythen vom Kampf gegen den Drachen und von der Welterneuerung erhält sie der Sieger und Demiurg als Lohn. Im Epos vom Kampfe Marduks besaß sie Kingu, der Partner Tiâmats nach der Fesselung Mummus; Tiâmat übergibt sie ihm mit den Worten: „,,Dein Befehl werde nicht geändert, fest stehe der Ausspruch deines Mundes“. Mit dem Besitz der Tafeln ist das Recht der Schicksalsbestimmung (šîmâta šâmu) verbunden. Die Schicksalstafeln stellen eine konkrete Ausprägung für die Offenbarung aus dem Urozean, dem Sitz der Weisheit, bez. von der Offenbarung aus der gestirnten Welt

1) Text veröffentlicht von Craig, Astrological Texts XIII (nicht allenthalben zuverlässig).

2) Als Singular zu fassen? Nach Analogie der biblischen Gesetztafeln könnte man geneigt sein, an zwei Tafeln zu denken. Aber auch sieben Tafeln sind denkbar, vgl. das Buch mit sieben versiegelten Abteilungen Apk 5 (s. mein Babylonisches im N. T. S. 17) und die sieben Tafeln in den Dionysiaca des Nonnus, deren jede den Namen eines der sieben Planeten trägt.

3) IR 51, Nr. 1, 24b und V R 66, 14ff.b (Antiochos Soter). Jensen, Kosm. 162 (vgl. aber 505f.),,Kreis", Zimmern,,Grenzkreis" - ? Das Wort ist im Arabischen als astronomischer Terminus für „Globus" erhalten.

dar. Die Tafeln sind die Weltteile, die Gestirne und Konstellationen bilden die Schrift.

6. Die Sage von Enmeduranki1, dem siebenten Urkönig, dem gleich andern Urkönigen für die Heroenzeit dieselbe Offenbarungsweisheit zugesprochen wird, die ursprünglich nur den Göttern zukommt: „Dem Enmeduranki, dem König von Sippar, dem Liebling des Anu, Bel und Ea.... haben Šamaš und Adad das Geheimnis Anus, Bels und Eas, die Tafel der Götter, die takaltu (,,Schreibtafel"?) des Geheimnisses von Himmel [und Erde], den Zedernstab, den Liebling der großen Götter, in die Hand gegeben. Er selbst aber, als er solches empfangen (?) hatte, lehrte (?) es seinem] Sohn". Für die Richtigkeit dieser Ergänzung spricht der Schluß des Weltschöpfungsepos: „die fünfzig (Ehren)namen (des Marduk, der die Schicksalstafeln bekommen hat) sollen bewahrt werden, und der Erste" soll sie lehren, der Weise und Gelehrte sollen sie miteinander überdenken, es soll sie überliefern der Vater, sie seinem Sohn lehren, dem Hirten und Hüter (?) das Ohr öffnen“.

7. Berosus, der von einer mehrfachen Offenbarung der göttlichen Weisheit in verschiedenen Weltzeitaltern weiß, erzählt in seinem babylonischen Sintflutbericht, Kronos habe dem Xisuthros geboten, mit Schriftzeichen alle Dinge nach Anfang, Mitte und Ende einzugraben (der babylonische Priester Berosus kann nur an Keilschrifttafeln denken) und in Sippar zu deponieren. Nach der Sintfiut seien seine Kinder und Angehörigen nach Babylon gegangen, hätten die Schriften aus Sippar entnommen und auf Befehl des Xisuthros unter den Menschen verbreitet. Es kann kaum zweifelhaft erscheinen, daß im Sinne des Sagenkreises zu diesen Schriften die Tafeln des Urkönigs Xisuthros wie die des Urkönigs Enmeduranki gehörten3.

8. Indirekt gehören hierher: Die Tafel, auf der die Gebote über Opfer, Gebet, Freundschaft niedergeschrieben sind'; die „Tafel der guten Werke", in die nach IV R 11, 18 Einträge gemacht werden; die

1) Text und Übersetzung bei H. Zimmern, Beiträge zur Kenntnis der babyl. Religion S. 116 ff., vgl. KAT 537 f.

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2) Die gleiche Grundanschauung im Zend Avesta (d. h. „Überlieferung des Wissens"!). Nach Vendidàd VI war Yima erkoren, die himmlische Wahrheit auf Erden zu wahren. Die eigentliche Lehre sei dann Zarathustra vorbehalten gewesen (man beachte, daß Yima im Avesta auch König der Toten ist, wie Nebo, Hermes etc., s. folgende Anmerkung). Die Religion Zarathustras ist aus der Gestirnreligion erwachsen (Magier!), wie schon der erste Hymnus im Opferbuch Yasna verrät: „Ich opfere den Sternen, den Gestirnen des hl. Geistes, dem Tištrya (Sirius), dem Mond, der den Samen des Stieres besitzt, der strahlenden Sonne mit eilenden Rossen, dem Auge des Ormuzd etc.“

3) Enmeduranki entspricht Ea der Urwelt, bez. Nebo, dem Verkünder des göttlichen Willens in der Astrallehre (ägyptisch Anubis, Lehrer, Prophet und heiliger Schreiber, Dolmetscher der Götter, Begründer des Kultus; phönizisch nach Sanchuniathon Taut als Dolmetscher des Himmels, griechisch Hermes als Erfinder der Astronomie und Schreibkunst etc.).

+) K 3364 CT XIII, 29f.

,,Tafeln der Sünden“, die in den Ritualtafeln zerbrochen und ins Wasser geworfen werden; s. hierzu mein BNT Kap. V: Buch des Lebens.

Alle diese Tafeln und Bücher, die uns später in den Sibyllinen wieder begegnen, sind die irdischen Entsprechungen des himmlischen astralen Schicksalsbuches.

IX. Die irdischen Abbilder der himmlischen Welt. Die babylonische Lehre ruht, wie aus den früheren Ausführungen hervorgeht, auf der Vorstellung von einer prästabilierten Harmonie: Himmelsbild gleich Weltenbild.

In Wirklichkeit ist natürlich das Irdische an den Himmel versetzt. Aber die Theorie denkt es sich umgekehrt: das Vorbild ist am Himmel; s. S. 50 und vgl. Himmelf. Jes 7, 10 (Hennecke, Neut. Apokr. 298): „So wie droben, ist es auch auf der Erde, denn das Abbild dessen, was in dem Firmament ist, ist hier auf Erden.“ Darum schildert auch der babylonische Schöpfungsbericht zuerst die Erschaffung der kosmischen Heiligtümer und dann erst die der irdischen. Das chinesische Weltbild zeigt die gleiche Grundlage. Die Erde ist Abbild des Himmels. Besonders deutlich tritt es in der Geomantie hervor, die durch die Lehre des Tschu-fu-tse (12. Jahrh. n. Chr.) neu belebt wurde und bis heute wirksam ist, und deren Hauptgrundsatz lautet: Alles was auf Erden ist, hat im Himmel sein Vorbild', vgl. v. Orelli, Rel. Gesch. 85 f. Die ägyptische Vorstellung geht scheinbar vom Irdischen aus; die himmlische Welt ist Spiegelbild Ägyptens. Aber auch hier ist die Theorie die umgekehrte. Der Gegensatz der platonischen und aristotelischen Anschauung beruht schließlich auf dem gleichen Unterschied: nomina ante rem oder nomina in re? Die aristotelische Anschauung ist die richtigere, die platonische ist die idealistische.

1. Die Länder.

Im Adapa-Mythus gibt Ea dem Urmenschen,,einen weiten Sinn, zu offenbaren die Gestaltungen des Landes", und in der OannesSage lehrt Oannes den Menschen das Vermessen des Landes.

Wie in der Zeit der Kalender, so spiegelt im Raum die Geographie das Himmelsbild wieder. Jedes Land ist ein Mikrokosmos. Die Veränderungen der politischen (historischen) Geographie ändern an dem Grundsatze nichts, denn die natürliche Einteilung kommt immer wieder zu ihrem Recht. Gelegentlich wird auch die Lehre der Politik zu Hilfe gekommen sein und wird bei Eroberungen die gottgewollte Zusammengehörigkeit mit Hilfe des Himmelsbildes nachgewiesen haben 2.

1) Der Grundsatz taucht im 4. Jahrhundert v. Chr. auf; damals machten sich indische Einflüsse geltend. Beim Hausbau muß der grüne Drache und der weiße Tiger (Herbst- und Westpunkt, Frühlings- und Ostpunkt, s. de Groot, Rel. Syst. in China 982 ff.) richtig liegen und die fünf Elemente (S. 17. Anm. 1; 58, Anm. 2) müssen richtig verteilt sein.

2) Winckler KAT3 158, 176ff. F. III, 360 ff. Geschichte Israels II, 289f.

Wenn die Bibel das Israel-Juda gehörige Land (,,vom nahal Miṣraim bis zum Paß von Hamath") als gelobtes Land" ansieht, so liegt auch hier nur eine religiöse Vertiefung des altorientalischen Grundsatzes vor: jede Eroberung, jede politische Zusammenfassung von Landesteilen, jede Reichsgründung ist gottgewollt, sie geschieht nach Grundsätzen, die in der himmlischen Welt vorgezeichnet sind1. Die religiöse Vertiefung vollzieht sich auch hier auf Grund der einzigartigen religiösen Erfahrung: ,,der uns aus Ägyptenland geführt hat",,,in das Land, das er den Vätern versprochen hat." Eine religiöse Persönlichkeit wie Amos kann sich vorstellen, daß auch bei andern Volkswanderungen und Eroberungen die gleiche göttliche Hand im Spiele ist:,,Seid ihr mir nicht wie die Kuschiten? spricht Jahwe; habe ich nicht Israel aus Ägypten geführt, wie die Philister von Kaphtor und die Aramäer aus Kir?"

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Abb. 21: Templum (Weltmittelpunkt) aus Ilios. 2. oder 3. vorchristliches Jahrtausend?.

Als Mikrokosmos hat jedes Land einen Weltberg (vgl. S. 53) als Sitz der Gottheit und des Paradieses, einen Weltmittelpunkt (Nabel), s. Abb. 21, einen heiligen Fluß, der dem himmlischen Flußlauf (Milchstraße?) entspricht 3, einen Eingang zur Unter

1) Spuren einer kosmischen Einteilung des Landes zeigen die hebräischen Bezeichnungen jamin, kedem, x (Sam'al ist das Gebiet von Sendschirli im 'Amk, also der nördliche Teil des Westlandes Amurrû); Süden ist rechts, Norden links nach babylonischer Kibla. Namen wie Kirjat Arba, Kirjat Sepher, Beerseba, Gilgal haben kosmischen Sinn, s. BNT 63. Für das Verständnis der Vätergeschichten (Umdeutung der Örtlichkeiten bei J und E auf Nord- und Süd-Kanaan) ist die Erkenntnis von grundlegender Wichtigkeit, s. Winckler F. III, 264.

2) Vgl. hierzu Kap. III unter Etrusker.

3) Abana und Parphar bei Damaskus 2 Kg 5, 12, Choaspes in Persien, ,,aus dem nur die Könige trinken", Nil, Euphrat, Ganges, Achelous bei Jeremias, A. Test. 2. Aufl.

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