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einander Brüder. Dieser Religion des Menschengeschlechts weihte er sein Leben, bereit, es willig hinzugeben, wenn sie Menschenreligion würde. Denn sie betreffe den primitiven Charakter unseres Geschlechts, dessen ursprüngliche und Endbestimmung. Der Menschheit Schwächen werden in ihr Hebel einer edleren Kraft, jedes drückende Uebel auch menschlicher Bosheit ein Reiz zu dessen Ueberwindung". Man kann dies Alles ganz hübsch finden und wird doch gestehen müssen, daß es das Prinzip des Christenthums nicht scharf und gründlich genug trifft. Herder ist in dieser Beziehung offenbar noch ganz das Kind seiner Zeit mit ihrem pelagianischen Optimismus, dem der Erust des Bewußtseins der Sünde und damit auch der Erlösung fehlte. Kant steht in dieser Beziehung höher. Mit dem Begriff des ‚radikalen Bösen“ hat er auf einen Cardinalpunkt des christlichen Bewußtseins erstmals wieder aufmerksam gemacht, und daher dann auch die religiöse Idee in den Cardinaldogmen der Versöhnung und Rechtfertigung in neuer Weise zu würdigen gewußt. Daß Herder sich gerade über diese Particen der Kant'schen Religionsphilosophie als über leere Phantasterei und Romandichtungen" ereifern konnte,*) ist nur ein Zeichen davon, daß Herder ein besserer Schüler von Rousseau und Leibniz, als von Paulus und Johannes gewesen ist, so sehr er auch die ästhetische Schönheit des 4. Evangeliums zu würdigen wußte.

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Es hängt damit zusammen, daß Herder überhaupt das positive Verständniß für die Bedeutung der Lehre, des Theologumenon, des Dogmas in der Religion und Kirche nicht klar gewinnen konnte. Wohl ist ja allerdings die scharfe Unterscheidung von Religion und Lehrmeinung, die er mit Leffing gemein hat, ein großer Fortschritt gewesen, der es erst ermöglicht hat, aus den Erscheinungen der Religion auf deren inneres Wesen im menschlichen Gemüth zurückzugehen. Allein damit, daß man sich aus den dogmatischen Vermittelungen nur einfach auf die Unmittelbarkeit des religiösen Bewußtseins, Gefühls, innerer Stimmung u. dgl. zurückzieht, damit ist doch eben das positive Begreifen der Dogmen und also der objektiven, historisch gegebenen Religion noch keineswegs abgethan oder auch nur von der Stelle gebracht. Wenn Herder fragt: „Was sollen Lehr*) Vgl. meinen Auffah über Herder und Kant in Jahrb. f. prot, Theol. 1875, IV. S. 670 ff.

meinungen bei der Religion? Religion ist eine Sache des Gemüths, des innersten Bewußtseins; was kann diese Gemüthsverfassung mit Lehrmeinungen zu thun haben? Das sind Säße, für und gegen welche disputirt werden kann und soll! Religion will aber kein Disputiren; willkürliche Lehrmeinungen sind das Grab der Religion!". so antworten wir auf all' das mit der einen Frage: Woher kommen dann doch bei jeder (ausgebildeteren) Religion thatsächlich diese „Lehrmeinungen" d. h. Dogmen? woher das lebhafte Interesse für sie und der leidenschaftliche Eifer um ihre Wahrheit? Dies ist offenbar mit jener bloßen Negation noch nicht erklärt. Erklären soll ja aber alle Wissenschaft, nicht negiren! So gewiß also auch in jener Scheidung zwischen Religion und Religionslehre gegenüber der dogmatischen Vereinerleiung beider ein wichtiger Fortschritt lag, so gewiß steht doch andererseits die bloße Scheidung noch weit zurück hinter dem Ziel der spekulativen Religionswissenschaft, welches fein anderes sein kann als: aus der Religion die Religionslehre in ihrer geschichtlichen und wesentlichen Nothwendigkeit zu begreifen. Eben dies war ja auch schon durch Herder's eigenes Prinzip, auf die geschichtlichen Ursprünge als die Erklärungsgründe des Wirklichen zurückzugehen, gefordert. Aber freilich, um die Consequenzen dieses Prinzips auf dem schwierigsten Gebiet der Dogmen zu ziehen, dazu bedurfte es noch einer doppelten Vorarbeit: der schärferen kritischen Analyse des geschichtlichen Materials und der tieferen philosophischen Analyse des religiösen Bewußtseins. Herder steht zwar auf der Schwelle der spekulativen Religionsphilosophie, aber noch nicht innerhalb derselben.

3. Jakobi.

Jakobi's Bedeutung besteht in der scharfsinnigen Polemik gegen die Einseitigkeit des subjektiven Idealismus und abstrakten Rationalismus und in der Betonung der unmittelbaren Erfahrung als der lezten Quelle der realen Erkenntniß; aber seine Schwäche war, daß er in dem Gegensatz zwischen Erfahrung und Wissenschaft, zwischen unmittelbarem Wahrnehmen und vermitteltem Denken hängen blieb, ihre nothwendige Zusammengehörigkeit als der beiden Pole unserer Erkenntniß übersah und die Wissenschaft durchweg, besonders aber in

ihren obersten Stufen, als Geisteswissenschaft und Philosophie, auf eine sehr unwissenschaftliche Weise hinter das unmittelbare individuelle Empfinden zurückstellte.

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Eigentlicher Philosoph ist Jakobi nur in der Polemik gegen andere philosophische Standpunkte, nicht in seinen positiven Behauptungen. Seine Kritik namentlich des Kant‍schen subjektiven Idealismus ist noch heute unwiderlegt, so sehr auch der heutige Neukantianismus sie vornehm ignoriren mag oder vielleicht auch nicht kennt. Es ist das Verdienst Jakobi's, daß er zuerst den Widerspruch in der Kant'schen Lehre nachgewiesen hat, dessen Lösung das Motiv der Fortentwicklung der deutschen Philosophie aus dem Kriticismus Kant's geworden ist".") Er zeigte, wie die Kant‍sche Erkenntnißtheorie chamäleonsartig zwischen Empirismus und Idealismus schillere, wie sie äußere Dinge an sich als Ursache unserer Sinnesempfindungen einerseits vorausseße und andererseits doch wieder aufhebe, zu bloßen Produkten unserer subjektiven Denkthätigkeit nach der Categorie der Ursache mache, die nur für Erscheinungen Geltung habe, womit auch die Ursächlichkeit des Dinges an sich zu einer blos subjektiven Bestimmung unseres eigenen Selbst werde. So zeigt er, daß Kant's halber Idealismus nothwendig weiterführe zu dem ganzen Idealismus Fichte's. Aber auch diesem weist er scharfsinnig seinen Grundfehler nach: da in einem und demselben Bewußtseinsakt wir zugleich unseres Ich und des Gegenstandes bewußt werden und beide Seiten sich gegenseitig bedingen, so kann unmöglich das Ich real und der Gegenstand bloße unwirkliche Erscheinung am Ich und durch dasselbe sein; ist „ohne Du kein Jch", so muß man nothwendig entweder auch die Realität des Du anerkennen oder auch die Frrealität des Ich zugeben. Will aber der subjektive Idealismus die theoretisch aufgehobene Realität · durch praktische Postulate wieder herstellen, so sieht Jakobi hierin. (und mit vollem Recht) einen unerträglichen Selbstwiderspruch der Vernunft: Giebt es eine objektive Regeneration unserer praktischen Ideen durch ein lückenbüßendes Postulat? Die Ideen von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit haben ja nicht einmal Anspruch auf den Rang einer bloßen Hypothese! Und dennoch fordert das Kant'sche System einen Vernunftglauben an sie, dennoch soll der Mensch handeln,

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*) Harms a. a. D. S. 94. Vgl. meinen Auffaß über Jakobi in d. Jahrb. f. prot. Theol. 1876, IV.

als gäbe es eine Zukunft, einen Gott, der das Gute belohnt! Wird der Mensch es können, sobald er nur im Geringsten zur philosophischen Selbsterkenntniß gelangt ist und alle diese Voraussetzungen als subjektive Fiktionen betrachten. lernt, denen jede objektive Realität mangelt? Nur Aberglaube macht einen Traum zur Wahrheit, die Vernunft liebt keine Täuschung; so gewiß sie vernünftig ist, kann sie nichts Undenkbares denken lernen. Die Größe des Bedürfniffes hebt nicht die Unmöglichkeit auf, gewissen Ideen objektive Existenz zu verleihen, sobald die Subjektivität derselben außer allen Zweifel gesezt ist. Welches schaffende Vermögen könnte in der Vernunft wohnen, wider ihre eigenen Geseze Gott, Freiheit und Unsterblichkeit zur mehr als idealen Wahrheit zu erheben, wenn sie auch noch so dringend diese Wirklichkeit postulirt? Der Mensch steht nach Kant in einem ewigen Widerspruch zwischen seinen praktischen Postulaten und seinem Vernunftgebrauch: er kann nicht gelangen zum Erkennen jener großen Aufgabe alles Philosophirens, einer Religion und Freiheit, nicht zum Glauben derselben, sondern besit an ihnen ein blos problematisches, für etwaigen Gebrauch nüßliches Ideenmagazin". Er zeigt dann ferner noch, daß die Kant'schen Postulate nicht einmal ein praktisches Recht haben vom Standpunkt der puritanischen Moral Kant's aus, sofern sie wesentlich darauf beruhen, daß die vorne abgewiesene Sinnlichkeit nachträglich doch noch zu ihrem Rechte kommen soll.

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Nicht blos dem Kant'schen Idealismus, sondern aller Philosophie überhaupt stellt nun Jakobi das unmittelbare Wissen der Erfahrung, der Wahrnehmung des inneren und äußeren Sinnes als einzige Quelle der Wahrheitserkenntniß entgegen. Aller Erweis sezt immer schon ein Erwiesenes voraus, dessen Prinzipium Offenbarung ist", d. h. ein Wissen, welches ohne alle Vermittelung des Denkens unmittel= bar seinen Gegenstand dem Bewußtsein offenbart. Eine solche unmittelbare Erkenntniß ist nur die „Wahrnehmung", welche direkt Dasein enthüllt, die wirkliche Wahrheit des Seienden uns erkennen läßt, nicht blos „Erscheinungen", hinter welchen kein Sein oder doch ein unerkennbares Sein, ein X verborgen wäre, die also eigentlich bloßer Schein der Wahrheit wären. In dieser realistischen Reaktion gegen den subjektiven Jdealismus liegt das Recht dieses Standpunkts; derselbe unterscheidet sich überdies von dem früheren Sensualismus wesentlich dadurch, daß er die Erfahrung nicht wie dieser auf die

äußere Sinneswahrnehmung beschränkt, sondern neben dieser als zweite ebenso reelle Wahrheitsquelle die Wahrnehmung des inneren Sinnes, des Vernunftgefühls, des Glaubens, sofern er übersinnliche Erfahrung ist, behauptet. Wie der Mensch die Sinnenwelt durch seine körperlichen Sinne wahrnimmt, so die übersinnliche Welt durch seinen Vernunftsinn. Der Verstand dagegen ist das Vermögen der Begriffe oder der formalen Verarbeitung, Ordnung und Systematisirung des im Sinn gegebenen Erkenntnißstoffs. Begriffe erzeugen nie Erkenntniß, sie gestalten sie nur. Und freilich auch dies kaum so, daß dadurch ein wirklicher Vortheil für die Erkenntniß gewonnen würde. Jakobi kann sich die Denkthätigkeit des Verstandes nur als leere Abstraktion denken, die nicht sowohl auf ein ordnendes Gestalten, als vielmehr auf ein „Vertilgen, Vernichten und gänzliches Wegräumen des Wirklichen und Mannigfaltigen" abziele und daher bei konsequenter Durchführung in philosophischer Systembildung auf „Nihilismus“ hinauslaufe. Nur eine Naturwissenschaft giebt er zu, da die Natur das Gebiet des Nothwendigen und Geseßmäßigen ist, welches auch allein Gegenstand der Wissenschaft werden könne. Aber um so niederer taṛirt er dafür auch diese Wissenschaft der „blinden mechanischen Nothwendigkeit;" das Wissen von den Gesehen der Natur erscheint ihm als „eine andere Form der Unwissenheit, ein Wissen von Nichtwissenswerthem, ein Spiel mit leeren Zahlen, womit die Zeit vertrieben, nicht wahrhaft erfüllt werde". Dies ist von seinem Standpunkt aus sehr begreiflich, da ihm die Natur nur das schlechthin Ideelose, Geistwidrige ist, in welchem der menschliche Geist nur sein reines Gegentheil, die Unvernunft, sehen könne.

Während also unser Wissen, unser begriffliches und begreifendes Denken es mit der nicht wissenswerthen, vernunft- und geistlosen Natur allein zu thun haben soll, kann dagegen nach Jakobi das allein Wissenswerthe, die Welt des Geistes, des Ueberfinnlichen und Freien nie Gegenstand des begrifflichen Wissens werden. Seine Realität zwar steht uns so fest wie die der Außenwelt, da sie uns in der Wahrnehmung des inneren Sinnes oder Vernunftgefühls gegeben ist. Aber diese Realität ebenso wie die der äußern Sinne denkend zu begreifen, zum Gegenstand der ordnenden und systematisirenden Wissenschaft zu machen, hält Jakobi für unmöglich. Er ist unerschöpflich in Redensarten über dies unmittelbare Offenbarsein und Nicht

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