Vergißt man des Mittages Schwüle Im Kreise sich liebender Freunde Gelagert auf schwellendem Grün, Verzeiht man dem fluchenden Feinde Und låßet in Frieden ihn ́ ziehn. Wenn såuselnde Weste uns kühlen, Kein Lauscher, kein Horcher uns stört, Dann wird unter Wonnegefühlen Der Becher der Freude geleert. Und drückt eine reizende Schöne Uns traulich im Dunkel die Hand ; Kein Dichter beschreibet die Szene; Sie ist mit dem Himmel verwandt. Willkommen, o Abend voll Milde! Du schenkst den Ermüdeten Ruh, Versehest in Edens Gefilde, Und lächelst uns Seligkeit zu. 12. Lied der Näherinnen. (Barnack, I. No.34,) Ich bin ein Nähermädchen Und habe frohen Sinn, Um Tisch bei Scheer' und Fädchen Geht sanft das Leben hin. Hier stört uns kein Getümmel, Und wenn vom schwarzen Himmel Uns wird bei Hemd' und Tüchern Nie lang die liebe Zeit; Ein Mädchen kommt bei Büchern Es gehen die Geschäfte, Und schlägt die Feierstunde So geht's hinaus zum Spiel, Wir tanzen in der Runde Im fröhlichen Gewühl. Ein Theil spielt Zeck und Greifen, Ein andrer blinde Kuh, Hier wirft man mit dem Reifen, Dort geht's dem Gårtchen zu. So eilt uns Nähermädchen, Die Zeit so fröhlich hin, Und Alles bringt Gewinn. Und wenn die Glocke låutet, 13. Die verwandelte Weberin.` (Bei Zarnack I. No. 35.) Ein Mädchen war im Morgenland Was nur von fern ihr Auge sah, Auch webte sie das schönste Zeug, Und wer es sah, der staunte sehr, Als ob das Bild die Sache wår' Und Seel' und Athem drin. Einst saß sie so am Näherahm, Und als die Schaar von Schwestern kam, Sprach sie voll Eitelkeit: ,,Die Fee Zerod' in ihrem Sinn, Dünkt sich die beste Weberin ,,Auf Erden weit und breit." Doch mancher kommt zu Glück und Ehr, Und niemand weiß, wohin? woher? Zum Wettkampf fordr' ich sie heraus! Und kaum gesagt, so trat in's Haus Sie sprach:,,ich reis als Weberin, ,,Und denk, daß ich die Beste bin; ,,Du meinst es auch zu seyn. ,,Wohl auf, mein Kind, die Wette gilt, ,,Wir beide weben flugs ein Bild ,,Der Leinwand künstlich ein. ,,Dies sey ein Paradieses Raum ,,Voll Früchte der Erkenntnißbaum, ,,Woran die Schlange nagt, ,,Und wer verliert, der sey fortan ,,Von der, die in dem Kampf gewann, „Die Dienerin und Magd.“ Das Mädchen geht die Wette ein, Und webt den Baum so schön und fein, Die Frucht so zart und roth, Daß schier die Frau von Neid entbrannt, Das Weberschiff in ihrer Hand, Das Mägdlein schlågt zu Tod. Ich bin die Fee," so ruft sie aus, „Die du gefordert haft heraus! ,,Verwandelt sey sofort! ,,Als Spinne kreuch hinan die Wand, ,,Und ziehe da von Land zu Land 14. Lied der Spinnerin. (Bei Zarnack I. No. 37. a). Rädchen, Rädchen, gehe, gehe! Wenn auf meinem Gartenbeete Unser Lehrer, der uns Stunde Giebt in Erd' und Himmelskunde, Weiß, was Mond und Sterne sind, Und der sagt, wir alle drehten Uns mit Schlössern, Dörfern, Städten Um die Sonne, wie ein Wind. Freilich wohl von solchen Dingen O da muß man immer schweben, Immer fliegen, immer weben, Daß die Stäubchen drehn und wehn, Immer nach des Tänzchens Weise Zirkeln rechts und links im Kreise, Und da gilt kein Stillestehn. |