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darum schildert er Alexander mit der ganzen Gereiztheit eines Mannes, der für sich selbst schon das Geschick des Kallisthenes vorausahnen mochte.

Die von ihm für Alexander gebrauchten Ausdrücke sind ungefähr dieselben, die sonst für Caligula gebraucht zu werden pflegen. Seneca sagt einmal,') Caligula war dazu geboren, die Sitten freier Bürger in persische Knechtschaft zu verwandeln; wenn er dem Konsular Pompejus Pennus den Fuss zum Kusse hinhielt, so hiess das, den Staat mit Füssen treten, das war foede furioseque gehandelt.

Caligulas,,Wahnsinn" ist so wenig wie der Alexanders Unzurechnungsfähigkeit in unserm Sinne, sondern frevelhafte Selbstüberhebung, pois, so gut wie das angebliche Auftreten des Xerxes am Hellespont und ähnliches. Wahnsinnig ist nach den Begriffen eines römischen Aristokraten ein Princeps, der vor der altrömischen Tradition keinen Respekt zeigt, sondern rücksichtslos seine Anschauungen durchsetzen will, hatten doch auch manche bei Caesar von beginnendem Wahnsinn geredet.

Von Geistesstörung oder gar Umnachtung ist bei Caligula ebensowenig die Rede wie etwa bei Antiochos Epiphanes, mit dem der Kaiser überhaupt viele Ähnlichkeit zeigt. Auch Antiochos war ein Original, dessen Einfälle gelegentlich wunderlich genug aussahen und sogar den ehrbaren Polybios zu einem Witz veranlassten, dass nämlich der König richtiger uavns als iniqavis heissen würde. Daran, dass Antiochos ein bedeutender Herrscher gewesen ist, zweifelt kaum noch Jemand, am besten beweist es wohl das ängstliche Misstrauen, mit welchem Rom alle Schritte dieses Verrückten" überwachte. Wie Antiochos im Orient durch die Allüren der goldenen Jugend Roms oft genug Kopfschütteln erregte, so empörte Gains seine Zeitgenossen durch seine orientalischen Neigungen, und wie Antiochos vornehmlich durch seinen feindlichen Neffen Ptolemaios Euergetes II. in den Ruf der Verrücktheit kam, so Gaius durch die dem Claudius zu Liebe schreibenden Litteraten; je eifriger in diesen Kreisen über den närrischen Wüterich Caligula skandaliert wurde, um so eher konnte Claudius hoffen, das ihm so peinliche Gerede von seiner eigenen Narrheit verstummen zu sehen.

Gaius selbst hat es seinen Feinden leicht gemacht, sogenannte Beweise für seine Verrücktheit zu finden, durch seine Neigung zu drastischen und cynischen Bemerkungen. Wenn er eines Tages gesagt hat, er werde sein Lieblingspferd, Incitatus, nächstens zum Konsul ernennen, so mag sein Gedankengang gewesen sein, dass in Rom so mancher Esel zum Konsulat gelangt sei, warum also nicht auch einmal ein edles Ross. Dass solche Stallwitze ernst genommen wurden, dass ein später Schriftsteller ganz bieder erzählt, hätte Gaius nur länger gelebt, so wäre Inci

1) de benef. II 12. Beiträge z. alten Geschichte III 3.

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tatus wirklich zum Konsul ernannt worden, das ist sehr bezeichnend für das geistige Niveau unserer Tradition, aber es besagt nichts für den Geisteszustand des Kaisers. In ähnlicher Weise sind andere seiner Äusserungen entstellt überliefert, so wenn es heisst, er habe den Homer aus seinem Reiche verbannen wollen wie Platon aus seinem Idealstaat. Vermutlich hat Gaius einmal im Gespräch Platon beigepflichtet, dass die homerische Götterauffassung schädlich wirken müsse. Angeblich hat er auch die Bilder des Vergil und Livius aus den öffentlichen Bibliotheken entfernen wollen, wäre das wahr, so müsste man sich wundern, dass er nicht einfach den Befehl dazu erteilte. Es wird uns unter den Beispielen1) für seine neidische Gehässigkeit gegen jede Grösse als besonders belastend mitgeteilt, dass er behauptete, Livius sei ein wortreicher Schwätzer und ein äusserst nachlässiger Geschichtsschreiber, Vergil besitze weder Gelehrsamkeit, noch natürliches Dichtertalent.) Diese Urteile sind damals gewiss als arge Ketzerei betrachtet worden, aber sie waren in einer Zeit, wo jene beiden stark überschätzt wurden, sehr viel berechtigter, als die neuerdings von angesehenen Gelehrten über Vergil gefällten Verdikte, und in etwas höflicherer Form wird man heute, wenigstens was Livius betrifft, ziemlich allgemein der Meinung Caligulas beistimmen. Lässt es sich bestreiten, dass Livius viel Worte macht und nicht einmal die Ermahnungen des Augustus selber soweit befolgte, dass er sich um die alten in Rom befindlichen Urkunden kümmerte?

Ähnlich treffend urteilte Caligula über den Modeschriftsteller seiner eigenen Zeit, über Seneca. War das wirklich bloss Neid auf die professoria lingua dieses Mannes, wenn Gaius seine Sucht, um jeden Preis und immerfort geistreich zu schreiben, einer Bewirtung mit ungemischtem Wein verglich, oder Senecas Stil mit seinen kurzen, unverbundenen Sätzen dem Mörtel ohne Kalk? Gaius trachtete nach ganz anderen Kränzen in der Beredsamkeit als Seneca, ihm kam es auf die Praxis an, als Ankläger oder Verteidiger in Kriminalprozessen fand er vor Senatoren und Rittern sein Publikum, und nie sprach er besser, als wenn die Erregung ihn

1) Sueton, Cal. 34f. Damit ist es ein eigen Ding. Dass Gaius die Standbilder der grossen Männer aus republikanischer Zeit ohne weiteres zerschlagen liess, ist unglaublich, eher wird es sich hier um eine Versetzung von Statuen handeln, bei der auch Beschädigungen vorkommen mochten. Wenn Gaius einem Cincinnatus sein Haar nahm, so wird das entweder mit den Trauervorschriften für Drusillas Tod zusammen hängen, oder es kann jemand die Abkunft von Cincinnatus und deren Abzeichen usurpiert haben. Wenn es damals noch echte Cincinnati gegeben hätte, so müsste man auch sonst eine Spur von ihnen zu finden erwarten. Der seiner torques beraubte war D. Torquatus Silanus, ein Vetter des Kaisers. Weder sein Vater noch seine Brüder führten den Beinamen Torquatus, also wird auch D. kaum ein Recht darauf gehabt haben. Wenn Gaius ärgerlich war, dass der Sohn des Crassus sich Cn. Pompejus Magnus nannte, so ist das sehr begreiflich, denn darin lag eine Art Demonstration. Übrigens hat Gaius diese beiden zu Saliern gemacht und im Jahre 40 führen sie in einer Salier-Liste die Beinamen Torquatus und Magnus, also gehört die Aberkennung durch den Kaiser in dessen letzte Zeit; vgl. MOMMSEN, Hermes XXXVIII 125 ff.

2) Übrigens zitierte der Kaiser bei passender Gelegenheit den Vergil ebensogut wie den Homer.

packte. Nach der einen uns erhaltenen Probe verstehen wir es wohl, dass Josephus ihn als einen der ersten Redner seiner Zeit bezeichnet, selbst Tacitus erkennt seine Begabung an.') Sie war nicht an mühsame. Vorbereitung gebunden, sondern stand ihm, wie dem Diktator Caesar, jeden Augenblick zu Gebote, ohne weiteres war er imstande, einen wohlpräparierten Gegner zu entwaffnen. So wird Caligula wenig Ursache gehabt haben, Seneca zu beneiden, eher mag man annehmen, dass Senecas verletzte Schriftstellereitelkeit dazu beitrug, seine Schilderungen des Kaisers so boshaft zu gestalten. Es dauerte nicht zu lange, da war auch Seneca ausser Mode, und seit Quintilian wetteiferten die Fachleute darin, den Stil dieses litterarischen Abgottes der Neronischen Zeit gründlich zu tadeln.")

Seinen Kunstsinn bewies Gaius nach echt römischer Weise durch Ausplünderung anderer Städte zu Gunsten Roms. Die Thespier z. B. mussten ihm ihren berühmten Eros des Lysippos überlassen; aus Lanuvium hätte er gern die Freskobilder der Helena und Atalante entführt, wenn das nur angegangen wäre. Olympia sollte ihm, wie erwähnt, den Zeus des Pheidias liefern, das göttliche Haupt des Donnerers sollte dem des Gaius Platz machen, ein Gedanke würdig eines russischen Gouverneurs.") Im übrigen liebte der Kaiser den Prunk nach orientalischer Weise. Nach ihr kleidete er sich, bedeckte sich mit Armbändern, Perlenstickereien und Edelsteinen, mit asiatischem Raffinement machte er Toilette, und sein Sportleben, sein Tafelluxus verpflanzten orientalisches Hofleben mit all seiner eitlen Pracht nach Rom. In solchen Dingen mögen Agrippa und Antiochos seine Lehrmeister gewesen sein, in ernsteren schwerlich. Am meisten erregte sich der Stadtklatsch wohl über den Stallluxus, die Einrichtung des edlen Incitatus bildete eine unerschöpfliche Quelle interessanter Geschichten, die auch uns manchmal toll genug erscheinen und zu Zweifeln an der Zurechnungsfähigkeit des Kaisers führen könnten, wüssten wir nur nicht von vielen seiner Zeitgenossen, dass sie es keineswegs besser trieben.

Wenn z. B. Antonia, die vielgepriesene, ihre Lieblingsmuräne mit Goldschmuck versah, wie man es etwa in heiligen Teichen der syrischen Göttin that,') so ist das eigentlich noch viel thörichter als alle Leistungen Caligulas auf solchem Gebiet. Mancherlei scheint auf ihn von anderen übertragen zu sein, wenigstens dürfte die von ihm verschlungene köst

1) Tacitus, ann. 13, 3: etiam Gai Caesaris turbata mens vim dicendi non corrupit. Sueton, Cal. 53, Dio 59, 19, 7. Nach Suidas hätte Gaius eine rézvη éŋtogizý geschrieben.

2) Vgl. GERCKE, Senecastudien S. 135 f. 3) Pausanias IX 27, 3. Claudius schickte nach Rom. Plin. 35, 18. Jos. ant. XIX 7ff. nicht geraubt haben, sonst wurden wir wohl Angaben und diese 3 einzelnen.

4) Lukian, de dea Syra.

den Eros zurück, Nero holte ihn wieder Dio 60, 6, 8. Sehr viel kann Caligula mehr davon hören als die allgemeinen

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liche Perle wohl mit der berühmten der Kleopatra identisch sein. Hand in Hand mit der Schlemmerei ging die Wollust und Unzucht, und in allen diesen Dingen ist für Caligula eine Schamlosigkeit bezeichnend, gegen welche das Treiben das Antonius noch züchtig oder wenigstens decent genannt werden könnte. Es kam Gaius nicht darauf an, im Kreise der Zechbrüder dem Valerius Asiaticus oder anderen eine Rezension der eben genossenen Reize ihrer Gattinnen zu liefern, um von anderem zu schweigen.

Gefiel ihm im Theater eine Arie, so sang er mit, oder er zeigte den Schauspielern wohl gar, wie sie agieren müssten. So hoch er seine Herrscherwürde gestellt sehen wollte, er selber trat sie fortgesetzt in den tiefsten Schmutz, wie nur je einer der Gottkönige aus dem Seleukidenoder Ptolemaeerhause. Bei der Auswahl seines Umgangs kam es ihm genau so wenig wie dem Antonius darauf an, wess' Geistes Kinder er um sich versammelte, wenn sie ihn nur amüsierten wie Helikon oder Apelles, oder die Sterne der Cirkuswelt. Aber wehe dem armen Teufel, der zu ungelegener Zeit eine Grenze überschritt, die der Kaiser selber für gewöhnlich zu verwischen pflegte.

In solchen Dingen suchte Gaius Erholung von der aufreibenden Arbeit der Regierung. Dass er diese versäumt habe, wird ihm nicht zum Vorwurf gemacht, und in der That zeigt eine Betrachtung unserer so elenden Überlieferung, dass er rastlos thätig gewesen sein muss. Für ernste Erholung, wie Tiberius sie geliebt hatte, fand Caligula keine Zeit. mehr; er unterhielt sich wohl gelegentlich einmal mit dem damals in Rom beliebten Kyniker Demetrios, und wollte ihn, wenn auch vergeblich, durch ein Geldgeschenk beglücken,') aber das besagt nicht mehr als heutzutage ein Orden für loyale Künstler oder Professoren. Für Philosophie wird Gaius soviel Neigung gehabt haben wie Agrippina seine Schwester, die bestrebt war, ihren Sohn vor solcher Zeitvergeudung zu bewahren; wenn er gerade einen Kyniker mit seiner Aufmerksamkeit beehrte, so mag das daran gelegen haben, dass die sich meistens originell zu geben pflegten.

Offenbar hat Caligula von Natur ungewöhnlich gute Geistesanlagen gehabt, ohne eine grosse Begabung hätte er schwerlich seine Rolle am Hofe des Tiberius so geschickt durchführen können, Tiberius selber sprach sich ja auch sehr befriedigt über seine Fähigkeiten aus. Als Gaius nun aber, noch nicht 25 Jahre alt, plötzlich sich zum Herrn der Welt gemacht sah, da fehlte ihm die moralische Kraft, diesen unvermittelten Wechsel zu ertragen. Wo hätte er sie herbekommen sollen? Seine Jugend war nicht danach angethan, die ihm angeborenen Fehler zu beseitigen und gutes in ihm zu nähren. Dass er weicheren Empfindungen

1) Seneca, de benef. VII 11.

nicht verschlossen war, zeigt sein Verhältnis zu den toten Eltern, zu Drusilla, Caesonia und seiner Tochter, auch sonst werden uns hie und da Züge von einer gewissen Liebenswürdigkeit berichtet, so dem Agrippa gegenüber, aber sie verschwinden vor der Menge von Äusserungen des ätzenden Spottes oder brutalen Cynismus, dem nichts heilig war. Auch hierbei zeigt sich ein scharfer Geist, seine Bemerkungen und Vergleiche sind meist treffend genug, und gerade darum verletzten sie so empfindlich. Ein Silanus wurde den von Gaius ihm beigelegten Spitznamen „pecus aurea“ zeitlebens nicht los, Livia ist als Ulixes im Unterrock sehr treffend charakterisiert. Aber welche Roheit liegt in den bei seinen Todesbefehlen gefallenen Äusserungen!

Wer will sagen, wie dieser Kaiser sich entwickelt hätte, wenn er zu reiferen Jahren gekommen wäre. Begabte Menschen pflegen im Alter von etwa 25 Jahren am unliebenswürdigsten zu sein, der Verstand überwiegt dann meist stark das Gefühlsleben, und es fehlt die Rücksicht auf Institutionen wie auf Menschen; nie ist man härter in der Kritik, nie mehr geneigt, seine Theorien scharf zu verfechten. Die Achtung vor dem historisch gewordenen pflegt dann erst allmählich den Radikalismus zurückzudrängen. Gaius war 28 Jahre alt, als er starb, und das erklärt sehr vieles, vor allem seine Neigung zur Konsequenz bis zum Starrsinn.

Einer der wenigen modernen Gelehrten, die den Kaiser für nicht verrückt halten, BEULE,') sagt von ihm: ce dogme (das vom Gottkönigtum) une fois établi, compris, accepté, tout le règne de Caligula s'explique; rien ne sera d'un fou, tout sera d'un logicien, qui tire des deductions pratiques. Das ist vollkommen richtig. Gaius selbst pflegte zu sagen, seine beste Eigenschaft sei die Konsequenz,) adiatoɛia; im Denken hat er das bethätigt, wie im Handeln, und vor keiner Konsequenz schreckte er zurück. Mit vollem Bewusstsein hat er, sobald er sich frei fühlte, mit dem Augusteischen von Tiberius in der Hauptsache unverändert gelassenen System gebrochen, um auf Caesars Grundgedanken zurückzugreifen. Dass ihn dieser Weg über viele Leichen führte, hat ihn nicht gestört, so wenig wie Robespierre hat Gaius sich ein Gewissen daraus gemacht, die Gegner massenhaft hinzumorden. Sein Verhalten gegenüber den eines Mordplans beschuldigten Gardepräfekten zeigt, dass er gar nicht auf den Gedanken gekommen war, ein schlechter Regent zu sein: ich will gern sterben, wenn ihr mich des Todes würdig haltet," sagte er. War es ein Fehler, das bisher kanonisierte System des Augustus

1) Le sang de Germanicus p. 130. Auch SCHILLER, Rom. Kaiserzeit I 306, sagt mit Recht, dass Gaius nirgends Beweise von Geistesstörung gegeben habe.

2) Es ist völlig verkehrt, wenn Seneca die furiosa inconstantia zum Leitmotiv für Gaius' Handlungsweise macht, dial. XI 17, 5, aber gerade damit hat er das Urteil der späteren bestimmt, wie namentlich Dio fast auf jeder Seite zeigt.

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