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Beiträge zur Stadtgeschichte von Milet und Athen.

Von W. Aly.

Als ich vor 3 Jahren das damals bekannte Material für den Kult des Gottes Delphinios durcharbeitete, um ein Verständnis für das Delphidion der kretischen Hauptstadt Knosos 1) zu gewinnen, konnte ich nur die Hoffnung aussprechen, dass das wiedererstehende Milet manches erklären werde, was damals noch dunkel oder unbewiesen hatte bleiben müssen. Die z. T. wenig verständnisvolle Aufnahme meiner damaligen Arbeit in der Kritik veranlasst mich, noch einmal auf jenen Gott zurückzukommen und die Zustände in Milet, wie sie sich allmählich dank der Arbeiten der Berliner Museumsverwaltung so klar gestalten, zu besprechen, ohne jene erste Arbeit, deren Resultate angefochten werden, vorauszusetzen.

Unmittelbar veranlasst wurde ich durch die Aeusserungen von Malten), der den Delphinios nun einmal von den Delphinen nicht trennen kann, verbunden mit dem jüngsten lebendigen Bericht über Milet, den A. v. Salis in den Neuen Jahrbüchern 1910 S. 103 ff. gegeben hat. Letzterer bezeichnet S. 105 den Apollon Delphinios von Milet als Hafengott, und ich musste nach einem Blick auf die Karte beschämt gestehen, dass das milesische Delphinion allerdings im Mittelpunkt der Stadt unmittelbar am Hafen, der sog. Löwenbucht, liegt, sodass es für sicher gelten kann, dass jeder unbefangene Fremdling, der Milet besuchte, den Gott für den Herrn der Delphine und Schützer der Seefahrt gehalten hat. Dass Griechen einmal diese naheliegende Identifikation vollzogen haben, war überdies bekannt, da der delphische Hymnus auf Apollon sie bereits für das Ende des 7. Jh. voraussetzt. Wenn Malten seinen Respekt vor einem so beträchtlichen Alter äussert, auch das Pythion von Gortyn ist so alt, so wäre vor Schliemann nichts dagegen zu erwidern gewesen. Seit wir aber wissen, dass die griechische Geschichte fast ein Jahrtausend älter ist, und dass Milet nach Ausweis der Scherben bereits um 1200 bestanden haben muss, ist es voreilig, aus Ansichten des 7. Jh. Rückschlüsse auf den Ausgang der mykenischen

1) Der kretische Apollonkult, Leipzig 1908 S. 13 ff.

2) Berliner philologische Wochenschr., 1910 nr. 11, Sp. 331.

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XI 1.

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Epoche zu machen. Es wäre ebenso berechtigt, christliche Dogmen des 17. Jh. in das 12 zurückzuversetzen. Nun halten sich religiöse Ueberzeugungen.allerdings mit wunderbarer Festigkeit; manche alt-heidnische Anschauung scheint unausrottbar zu sein. Wie also die Milesier selbst in späteter Zeit von ihrem Gotte gedacht haben, das lässt allerdings Rückschlüsse zu. Ich gebe, um dies festzustellen, zuerst eine Beschreibung des Heiligtums, soweit wir Bescheid wissen; in zweiter Linie interessiert uns seine Lage in Beziehung zu Altmilet, das sich mit der hellenistischen Stadt höchstens teilweise gedeckt hat.

Versetzen wir uns in die Zeit kurz, ehe der Mäander mit seinen lehmigen Fluten den ganzen Golf von Milet zu einer sumpfigen, fieberverseuchten Ebene gestaltete, so lag Milet 1) auf einer nach Nordosten vorspringenden hügligen Halbinsel, die nicht nur an ihrer Wurzel 3 grosse offene Buchten schuf, sondern vor allem durch eine enge von Norden einschneidende Bucht fast in zwei Teile zerschnitten wurde, den zwar kleinen, aber ausgezeichneten Hafen der Stadt, den wir nach den zwei hellenistischen Wappenlöwen am Eingang die Löwenbucht zu nennen pflegen. Mit ca. 300 m Länge und 150 m Breite erreicht er allerdings nicht einmal Athens Miniaturhafen Munychia mit ca. 350 200 m; eine deutliche Vorstellung seiner Grösse gibt vielleicht die reizvolle Bucht von Porto Fino unweit Genua, die ungefähr die gleichen Masse hat. Dafür führte aber die Löwenbucht bis in das Herz der Stadt; denn unmittelbar am Südwestkai lag der ältere, hellenistische Markt, an der Südspitze das als Archiv dienende Delphinion, dessen Lage und Benutzung schon für seine zentrale Bedeutung spricht.

Das Heiligtum war ein Temenos von 50×61 m Grösse; innerhalb der ringsum laufenden Säulenhallen befand sich ein freier Platz von ehemals 30×47, später 34×47 m Areal, auf dem sich kein Tempel, wie man erwarten sollte, befunden hat. Dagegen fand sich in der Mitte, ein wenig in der Achse des Ganzen nach Ost-Süd-Ost verschoben, ein rundes Fundament, das man anfangs für die Reste eines Riesendreifusses hielt, wie ein solcher in der Westecke des Hafens tatsächlich gestanden hat. Doch heisst es im 5. Vorbericht S. 12: Ferner ergab sich, dass die frühere Annahme,

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1) Die beiden im gleichen Maßstab gehaltenen Skizzen werden das im Text Gesagte veranschaulichen. Sie enthalten nur das zu diesem Zwecke Erforderliche. Milet ist wiedergegeben nach der Wilskischen Karte, verbunden mit den Skizzen in Wiegands sechstem Bericht Berlin 1908, S. 5 und Taf. III. Das schraffierte Gebiet innerhalb des jetzigen Mäanderlaufes bezeichnet vermutungsweise die frühere Ausdehnung des Meeres; die ältere Stadtmauer ist verlängert, wie sie m. E. gelaufen sein dürfte.

Für Athen (S. 21) ist die Kiepertsche Karte, nr. 14 der formae orbis antiqui zugrunde gelegt. Nur der Deutlichkeit halber sind die im einzelnen ganz hypothetischen Demengrenzen angedeutet, wie sie im Text angenommen sind. Manches Fragezeichen musste der Deutlichkeit zuliebe fortbleiben.

auf dem kreisrunden Fundament in der Mitte des Delphinions habe ein grosser Dreifuss gestanden, irrtümlich ist. Dieses Fundament ist nämlich nicht, wie dann gefordert werden müsste, gleichmässig durchgeschichtet, sondern es ist nur ein Ringfundament, sodass angenommen werden muss, dass ein regelrechter, innen zugänglicher Rundbau, den wir in seinem Oberbau nicht kennen, auf dem Ring gestanden hat. Die Annahme, dass es sich um einen vollen Kernbau handelte, war dadurch mit veranlasst worden, dass der Ring über dem Fundament einer älteren Exedra errichtet ist, die jedoch nur halbkreisförmig war." Soweit der vorläufige Bericht, der freilich mehr die Neugier reizt als unsern Wissensdurst befriedigt.

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Hat der Oberbau wirklich existiert, so ist er, da sich keine Spur davon gefunden hat, von Holz gewesen. Als Gebäude kann er mit der Tholos von Epidauros, derjenigen von Delphi und dem von Pomtow entdeckten Rundbau ebendort verglichen werden und kann die gleiche musikalische Bestimmung gehabt haben. Man hat vielfach die Deutung, die H. Thiersch diesen Rundbauten gegeben hat, abgelehnt; und doch ist es merkwürdig, gerade in dem Heiligtum wieder einen Rundbau von fast 10 m Durchmesser anzutreffen, zu dem die bekannte milesische Sängergilde in einem ganz besonderen Verhältnis stand1). Ein Kulttempel kann es

1) Vgl. jedoch die mindestens ebenso wahrscheinliche Vermutung, die S. 25 in anderem Zusammenhang begründet werden wird.

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keinesfalls gewesen sein, zumal da sich in einer älteren Epoche etwas anderes dort befunden hatte. Westlich vor dem Rundbau befindet sich in der Achse des Temenos der grosse Altar und zwischen beiden zwei Exedren, endlich seitwärts drei kleinere Altäre, darunter einer für Zeus Soter, einer für Artemis, vor dem grossen Altar ein solcher für Hekate1) und östlich des Rundbaues ein rundes tiefes Marmorgefäss von 2 m Durchmesser, fast ebensoviel Rätsel wie Gegenstände.

Heben wir das Wesentliche heraus, so haben wir einen ummauerten Bezirk mit Altar vor uns, in den später ein Rundbau hineingebaut ist. Für das Alter der Anlage ist entscheidend, dass die Ausgräber den grossen Altar sowie den der Hekate dem 6. Jh. zuweisen. Falls diese Stücke also nicht aus einem älteren Heiligtum dorthin übertragen sind, was mir recht unwahrscheinlich vorkommt, ist das Heiligtum älter, als die Zerstörung der Stadt von 494. Ueber die Lage von Altmilet lehren uns aber die Funde, dass sich in spätmykenischer Zeit die Ansiedlung nicht am Delphinion, sondern an der nach Nordwesten geöffneten sog. Theater-Bucht befunden hat, da ungefähr, wo später das Atheneheiligtum lag. Südwestlich davon liegt in einer Entfernung von ca. 1 km die alte Akropolis, die im wesentlichen erst in griechisch-archaischer Zeit besiedelt gewesen zu sein scheint. Später hat dann eine völlige Verschiebung des Zentrums der Stadt nach der Löwenbucht hin stattgefunden. Wir zweifeln nicht, dass nur die Zerstörung von 494 eine so starke Veränderung des Stadtbildes und des ganzen Stadtplanes hervorgerufen haben kann, wenn auch die Tendenz dazu schon vorher vorhanden gewesen sein mag. Damit ist zunächst ein fester Punkt gewonnen. Weiter führt folgende Beobachtung: Die vorpersische Siedelung war zunächst unbefestigt, dann ward die Akropolis auf dem Kalabaktepe geschaffen; sie war zuerst kretisch 2), dann ionisch. Es liegt nahe, die unbefestigte Stadt, die etwas mehr als ein Fischerdorf gewesen sein dürfte, mit der kretischen Siedelung, die Akropolis mit dem ionischen Milet zu identifizieren, da sich die Muster nachweisen lassen, die die Kolonisten jedesmal aus ihrer Heimat mitgebracht haben.

Zunächst ist oft mit dem Ausdrucke der Verwunderung betont, dass die kretischen Städte, soweit sie altminoisch sind, keine Spur von Befestigung zeigen. Man hat wohl im Knosos von Bastionen gesprochen, ohne indes ernst zu nehmende Festungswerke gefunden zu haben. Nun liegen diese Städte oder Paläste mitten im Lande, Milet am Meere; aber auch von kleinen Seestädten haben wir durch die Entdeckung von Gurnia

1) Hekate ist die Herrin Kariens, vgl. Roscher Lex. der Mythol. I. 2, 1885, wo sie eine Menge altoriginaler Kulte hat. Man könnte ja auch so konstruieren: Hekate nach Hesiod Theog. 439 Göttin des Fischfangs, gestellt zum Delphinsgott. Aber der Delphin ist gerade der Fisch, den man nicht fängt, weil er zu nichts nütze ist, daher seine Heiligkeit!

2) Vgl. das kretische Milatos.

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