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an der Küste, sowie von Ansiedelungen auf den kleinen Felsinseln Psyra und Mochlos östlich der Bai von Mirabello eine Anschauung bekommen, die wir auf Milet übertragen dürfen. Als Hafen diente eine offene Bucht, vom Lande aus war ein Angriff nicht zu gewärtigen: so entbehrte man nicht, was man nicht brauchte.

Und Milet ist nicht die einzige kretische Kolonie jener Zeit; in langer Reihe ziehen sich gleichartige Spuren von Ephesos südlich die Küste entlang bis nach Kypros und Palästina, Kolonien, die nach dem. einmütigen Zeugnis der Funde sämtlich erst nach der Zerstörung der kretischen Paläste, nach 1400 gegründet sind. Weiter nördlich reichen die Spuren, soweit wir bisher wissen, nicht, während die Besetzung von Lykien mit in diese scheinbar systematische Kolonisation hineingehört, wenn wir es dem Herodot wenigstens glauben, dass die Lykier vor Alters aus. Kreta gekommen sind". Nehmen wir einmal die Hypothese an, dass es Achäer waren, die um 1400 Zentralkreta besetzten und dort die zerstörten Paläste zum Teil wieder bewohnten, so wäre es verständlich, in diesem Vorstoss nach Osten das Ausweichen der altkretischen Bevölkerung zu erkennen, die infolge von Uebervölkerung ohne nachhaltigen Widerstand den Eindringlingen Platz machte und sie z. T. nach sich zog. Dieses neue Kolonialreich ist erst dem folgenden Schube der griechischen Stämme in der ionischen Wanderung unterlegen. So tritt v. Salis mit Recht entschieden dafür ein, dass sich in Milet (und nicht bloss da) die Lücke schliesst, die für unser Wissen noch immer zwischen der mykenischen und archaisch-griechischen Kultur klafft und durch die Forschungen von Fimmen eher vergrössert als verkleinert ist. Die grossen Veränderungen im Inneren Kleinasiens, die sich im Vordringen der Karer, Lyder, Myser nachhaltig der Küste mitteilen, helfen die Zeit zu füllen, während der wir ein jahrhundertelanges Vegetieren der kretischen Ansiedelungen, ein langsames Ausleben ihrer Kultur in der Tat annehmen können. Geblieben sind sie: denn das Delphinion ist, wenn schon das kretische Milatos 1) denselben Gott, verehrte, nicht erst von den Ioniern gegründet. Die Einwohner müssen sich sowohl mit den Karern wie mit den Ioniern gut vertragen haben, denen beiden sie durch ihre Handelsbeziehungen wohl unentbehrlich waren.

Die Hellenen sind den Wegen, wie die Kreter sie gewiesen, allenthalben gefolgt. So folgt der Ostwanderung der Philister die teilweise Besetzung von Kypros durch Achäer, so der von Herodot erzählten Westwanderung die Besetzung Italiens und Siziliens, wenn auch geraume Zeit später; auch den Weg nach Kyrene werden die Kreter schon gekannt haben, wie die Kämpfe mit den Aegyptern und die Sage bei Herodot IV 151 zeigt. So haben Griechen, die sich offenbar nicht bloss auf Kreta mit den alten Bewohnern eingelebt hatten, im allmählichen Zuzug neben die kretischen offenen 1) Der Kult ist nicht unmittelbar bezeugt, aber nach Kret. Ap. S. 15 f. mit Sicherheit zu erschliessen.

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Flecken ihre Bergstädte gelegt. Der Burgenbau war, wie die Praxis im Mutterlande zeigt, dort eine altbewährte Kunst; und zwar zeigen die älteren Burgen fast alle einen übereinstimmenden Typus: der Burgberg ist mäßig hoch, wie die Aspis in Argos, wie Mykene, das Heraion und Athen erkennen lassen, doch höher als die flachen Hügel der vorgriechischen Siedlungen; erst Akrokorinth und die Kastelle von Argos und Orchomenos sind Beispiele der späteren Hochburg. Nicht alles Volk wird auf der Burg haben wohnen können; so bildet sich die Unterstadt, die wir deutlich in Athen (vgl. S. 19) erkennen können. Auch Argos, Tiryns, Mykene sind so angelegt, ebenso Megara, Aphidnai, Theben, Krisa u. a. m. Kommt das Meer irgendwo in Frage, so wohnt man nicht unmittelbar am Wasser 1), aus Furcht vor der infolge mangelnder Seepolizei blühenden Seeräuberei, die einen Hauptsitz in Karien gehabt hat; eine leidlich geschützte Bucht wie die von Phaleron bei Athen in nicht allzugrosser Entfernung gilt für genügend; erst später hat man die Vorzüge eines geschlossenen Hafens wie des Piräus schätzen gelernt.

Bei Milet lag die Sache insofern anders, als bereits eine Niederlassung bestand. Man brauchte nur den nicht weit gelegenen Kalabaktepe zu besetzen, um ganz in heimischer Weise leben und doch die Vorteile des Seeverkehrs geniessen zu können. Seeräubereien waren in dem Heimatlande dieses Handwerks nicht zu befürchten, da man entweder selbst beteiligt war oder sich wehren konnte. So hat das älteste griechische Milet sich neben die alte Siedelung unter Benutzung der Burg gelegt und nur den Markt in der Unterstadt am Atheneheiligtum 2) an dem Punkte gehabt, auf den noch heute die Feststrasse von Didyma her hinweist, ehe sie den Knick nach dem neuen Markt macht. Zwar lässt das erhaltene Stück Stadtmauer vermuten, dass sie nicht kreisförmig um die Akropolis lief, sondern als Sperrmauer die ganze Halbinsel abschloss, so wie es um 540 die Knidier gegen Harpagos haben machen wollen, und wie es nicht viel früher Miltiades auf dem Chersones nach

1) Die Hinunterverlegung ans Meer ist von Paus. 3. 2. 7 auf Kreta ausdrücklich unter König Alkamenes von Sparta kurz vor Ol. 1. 1 bezeugt.

2) Das Atheneheiligtum der kretischen Kolonie, das gleiche in Ephesos und Priene, Athene im homerischen Troia, ihre häufige Verehrung auf Kreta gerade als Polisuchos und in der singulären und altertümlichen Form der Muttergottheit (vgl. S. 17 Anm. 2), an die auch das alte Kultbild auf der Burg von Athen erinnert, vgl. Frickenhaus 4. M. 1908, S. 17 ff. legen den Gedanken nahe, hier ursprüngliche Eigenschaften der Göttin zu vermuten, deren Name mit den Mitteln der griechischen Sprache noch nicht erklärt ist und auch wohl nie erklärt werden wird. Die ungriechische Herkunft der Athene wird uns weiter noch beschäftigen. Wenn wir so gezwungen werden, unsere bisherige Vorstellung von der lanzenschwingenden, aus dem Haupte des Zeus geborenen Jungfrau erheblich zu reduzieren, so erfordert das eine gewisse Bereitwilligkeit, um das Trägheitsmoment des Traditionellen zu überwinden. Aber die Tatsachen sprechen zu deutlich und können eben aus der traditionellen Vorstellung heraus nicht erklärt werden.

Herodot VI 36 gemacht hat. Denn sie biegt an der Südostecke des Burghügels nach aussen um. Aber Altmilet, auch das griechische, ist nicht immer so gross gewesen, wie die erhaltenen archaischen Reste vermuten lassen. Bewohnt war zunächst nur der Streif von Kalabaktepe bis zur Theaterbucht, sodass schon die ganze Situation aufs deutlichste zeigt, wie die Löwenbucht erst in den reichsten Zeiten der Stadt hat als Hafen verwendet werden können. Aber nicht als einziger Hafen, dazu ist sie zu klein. Endlich zeigt die Benennung des Burghügels bei Strabo als Altmilet, dass dort nicht bloss ein Vorwerk gelegen hat, das man später aufgab, sondern dass dort das eigentliche Zentrum der alten ionischen Stadt zu suchen ist. Doch das Delphinion lag schon immer dort, wo es heute liegt, also ausserhalb der Stadt.

Bis zur Zerstörung hat diese gewaltig an Umfang zugenommen. Man wird den grossen Vorteil, den die Löwenbucht zumal als Schlechtwetterhafen bot, allmählich erkannt haben; zum mindesten eine Vorstadt nach Art des Athenischen Piräus können wir dort vermuten. Dann kam die Zerstörung und mit ihr die Aufgabe, die Stadt neu zu gründen. Da zeigt sich nun gerade im Gegensatz zu Athen die Natur des unternehmenden Ioniers. Auch Athen ist zerstört und zwar zu einer Zeit, als es bereits eine Flotte besass, und nichts hätte wohl näher gelegen, als die Stadt nach dem Piräus zu verlegen, der in der Höhe von Munychia eine verteidigungsfähige Burg besass und Athen erst zu einer richtigen Seestadt gemacht hätte. Ich weiss nicht, ob man so etwas damals gedacht hat; E. Meyer nimmt es, wie ich nachträglich sehe, an. Aber es wäre undenkbar gewesen, dass die gottesfürchtigste Stadt von Hellas die Götter der Heimat so im Stich liess. Mag diese Erwägung auch noch so unpolitisch. klingen, für das Athen der Perserkriege war sie ausschlaggebend; und noch zu Nikias' Zeiten würde man sich nicht anders entschieden haben. In Milet hat man anders gedacht. Eine Stadt, die so ausschliesslich auf das Wasser angewiesen war wie Milet, musste sich den Hafen, der in Kriegszeiten leicht zu sperren war, sichern. Und so wanderte der Markt an den Kai der Löwenbucht, so richtete sich das ganze neue Stadtbild nach einem neuen Zentrum. Eine kürzere Mauer schnitt die Halbinsel ab 1), und die alte Burg mit ihren Tempelruinen liess man liegen.

So ist das Delphinion in den Mittelpunkt der Stadt gerückt, nachdem es Jahrhunderte lang ausserhalb gelegen hatte. Eine fast unnötige Bestätigung ist es, dass das südwestlich benachbarte Asklepieion, das wie viele Heilorte des Altertums im Freien 2) angelegt war, noch in römischer Zeit

1) Die erhaltene Mauer ist hellenistisch. - 2) Vgl. nicht bloss Epidauros, sondern vor allem die beiden Asklepien des kretischen Gortyn, im Süden das Seebad von Leben, im Norden der Luftkurort auf der Höhe, der in der Grenzbeschreibung gegen Knosos C. Β. 5016. 6 genannt ist: κήπὶ τὴν πύλαν τὴν ἐπὶ [τὸ ν] 'Ασκλαπιὸν ayovaav. Mit dem Tor ist vermutlich die Stadt Arkades gemeint.

das Vor der Stadt genannt wird 1).

Ich kehre nun endlich zum Delphinion zurück, dessen Lage fern von der alten Ansiedelung und dem damaligen Hafen wohl nicht mit dem Schlagwort Delphinsgott wird erklärt werden können. Noch weniger wird das möglich sein, wenn man die athenischen Verhältnisse zum Vergleich heranzieht, dessen Delphinion südöstlich der Burg ganz am Rande, wenn nicht ausserhalb der Themistokleischen Stadt, erst recht also ausserhalb der Pisistratischen Stadt gelegen hat.

II.

Unabhängig von diesen Tatsachen, die durch keine Interpretation aus der Welt geschafft werden können, lässt die Beschaffenheit des Temenos Schlüsse auf die Eigenart des Gottes zu, die zwar an Zuverlässigkeit mit den Ergebnissen der Grabung nicht wetteifern können, denen aber trotzdem innere Wahrscheinlichkeit nicht fehlt, wenn ich nur den Leser bitten darf, den folgenden Gedankengängen ohne Vorurteil zu folgen.

Das Heiligtum hat keinen Tempel2).

Die Frage, was das Fehlen eines Tempels für den betreffenden Gott bedeute, kann vollständig nur an der Hand einer Entstehungsgeschichte des Tempels überhaupt beantwortet werden; ich muss mich hier auf Andeutungen beschränken 3). Bereits E. Reisch weist in seinem Vortrag: Entstehung und Wandel griechischer Göttergestalten darauf hin, dass der Tempel ein Götterbild voraussetzt, so dass wir aus dem Vorhandensein eines Agalma zum Mindesten auf das Vorhandensein einer Kapelle, aus dem Fehlen eines solchen Raumes auf Bildlosigkeit des Kultes schliessen können. Diese letztere Art der Verehrung ist ehemals allgemein verbreitet gewesen und hat sich in einer bestimmten Gruppe göttlicher Wesen auch in Hellas dauernd gehalten.

Das typische Bild der mykenischen Ansiedelung hat sich von dem einer griechischen Stadt wesentlich dadurch unterschieden, dass im griechischen Stadtbild der eine oder andere Tempel kaum weniger in die Augen fiel, als in einem deutschen Dorfe die Kirche, während für die

1) Wenn das milesische Asklepieion bis in die Zeit vor der Zerstörung zurückreicht, so hat Asklepios einen älteren Inhaber verdrängt, vgl. S. 24 Anm. 1.

2) Im Gegensatz dazu erwähnt Pausanias 1. 19. 1 im Delphinion zu Athen einen ναός. Da er aber daneben nur ein ἄγαλμα Απόλλωνος Πυθίου kennt, während wir aus Hesych ἐν Πυθίῳ χέσαι hören: Πεισίστρατος ᾠκοδόμει τὸν ἐν Πυθίῳ ναόν, 30 möchte ich beide Tempel für identisch halten und den Neubau mit der Gründung des Pythions durch Peisistratos in Verbindung bringen. Vgl. Judeich 344. 4, der die Pausaniasstelle unrichtig verwertet.

3) Man darf nach den Andeutungen Ath. Mitt. 1908 hoffen, dass uns die Arbeiten von Frickenhaus über Tiryns und den argivischen Herakult in diesen jetzt oft diskutierten Fragen fördern werden. Ich kann hier nur skizzieren, was sich mir im Laufe mündlicher und schriftlicher Diskussion ergeben hat.

Epoche vor der grossen Wanderung ein grosses Gotteshaus überhaupt noch nicht nachgewiesen ist. Daran ist nicht etwa der schlechte Erhaltungszustand schuld, da auch Tempel, deren vergängliches Material fast ganz verschwunden ist, wie etwa der des diktäischen Zeus, haben nachgewiesen werden können. Der Schluss ist nicht zu umgehen, dass entweder Räume zu gottesdienstlichen Zwecken gedient haben, deren Bestimmung wir bisher verkennen, oder dass man überhaupt keine geschlossenen Räume dazu benutzt hat; wahrscheinlich war beides der Fall. Das letztere ist altindogermanische Sitte; so sagt Tacitus Germ. 9 ausdrücklich, dass die Germanen weder Götterbilder noch Tempel kennten. Von den Kelten bezeugt es u. a. schol. Lucan. 33 ed. Usener 1), und dass die Italiker es ursprünglich nicht anders gehalten haben, beweist nicht bloss die gestaltlose Begrifflichkeit der altrömischen Götter, sondern auch die zahlreichen Gründungsgeschichten der Tempel, die sich so und so oft an heilige Haine

anschliessen.

Dem entspricht es vollkommen, dass wir in dem Griechenland vor der Wanderung auch von Götterbildern so gut wie nichts hören. Denn der Paladionraub in der Ilias ist junge Zutat, die nackte weibliche Göttin, die uns das Bleiidol aus Troia ebenso wie das Goldblech aus Mykene zeigen, sicher kleinasiatischer Import; und auch die Schlangendame von Knosos ist, falls wirklich eine Göttin, nicht für Griechen gemacht. Noch erheblich später begnügen sich die letzteren mit formlosen, fetischartigen Symbolen und primitiven Schnitzbildern, als bereits die Poesie dank ihrer Ueberlegenheit über das technische Unvermögen der Bildschnitzer eher und vollkommener einen Ausdruck für die neuen Göttermenschen gefunden hat, als die Plastik.

Einen Versuch, dem Gott ein Haus zu geben, treffen wir auf Kreta an, wenn wenigstens die von Evans gefundene und wieder aufgebaute Hauskapelle Anspruch auf Realität machen darf, was ich keinen Grund sehe zu bezweifeln, zumal da die Hauskapelle des Palastes uns einen Ausblick eröffnet, die Entstehung des griechischen Monumentaltempels zu begreifen. Denn setzen wir einmal voraus, die Hauskapelle, die in der Geschlossenheit des kretischen Vielzimmerhauses zu keinem Monumentalbau erwachsen konnte, sei etwa in das grosse Megaron von Tiryns übertragen, so bedurfte es nur des kleinen Schrittes, den ganzen Raum2) für den Kultus zu beanspruchen, und der mit den übrigen Gemächern nicht im

1) Tac. Germ. 9 ceterum nec cohibere parietibus deos neque in ullam humani oris speciem adsimulare ex magnitudine caelestium arbitrantur: lucos ac nemora consecrant deorumque nominibus appellant secretum illud, quod sola reverentia vident. Schol. Lucan. 33 U. zu Lucan. I 453 von den Druiden: sine templis colebant deos in silvis, vgl. P. W. V 1730.

2) Man denkt unwillkürlich an die römische aedes, die eigentlich „Zimmer" bedeutet. Nicht viel anders ist vaòs „Wohnung“ zu verstehen. Der jüdische Tempel ist aus einem Zelt hervorgegangen.

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