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dass man die beiden bisher für die echten und rechten Brüder gehalten. Der germanischen Männer liebste Beschäftigung ist Jagd und kriegerisches Treiben jeder Art sowohl im eigentlichen Kriege, den Stamm gegen Stamm führt, als im selbsterwählten Raub- und Freibeuterzug in stammfremdes Land, das man als rechtloses „Ausland" empfindet; keine Spur deutet auf das Bewusstsein gemeinsamer nationaler Zusammengehörigkeit. Von frühester Kindheit an härtet man sich ab in allen Arten von Leibesübung, in der Ertragung von Mühen und Beschwerden. Und dies geschieht freiwillig und gern, gemäss der herrschenden Sitte. So wachsen die Jünglinge fern von Zwang oder gar „Disziplin", aber auch fern von jeder Verweichlichung zu jenen Hünengestalten heran, die seit den Tagen der Kimbern und Teutonen noch so oft den Schrecken der Südländer bilden sollten.

Der Ackerbau wird im allgemeinen nur lässig getrieben, und zwar in der Form des Raubbaues, so dass es die an rationelle Bodenwirtschaft gewöhnten Römer und Griechen bisweilen bedünken will, als wenn den Germanen eigentlich der Charakter des landbautreibenden Volkes fehle und nomadenhafte Züge in seinem Vordergrund stünden. Denn die Germanen sind vor allem Viehzüchter und dementsprechend Fleischesser im Gegensatz zu dem hauptsächlich von Zerealien lebenden Südländer; sie nähren sich in erster Reihe von dem Fleisch und der Milch ihres Viehs, kennen. aber auch die Zubereitung von Käse und schätzen das Fleisch des erlegten Wildes, der gefangenen Fische, hingegen nicht den Genuss des Weines, den das rauhe Land selbst noch nicht hervorbringt. Allen gemeinsam ist die Einfachheit der Lebensführung: Luxus und Geld sind unbekannte Dinge 1). Dennoch gibt es Wohlhabendere und Aermere infolge des schon stark differenzierten Privatbesitzes an Vieh. Dagegen existiert kein Sondereigentum in Bezug auf das Ackerland. Die Feldflur, die der Bebauung unterliegt oder die man vielleicht manchmal auch erst urbar macht, gehört allen Mannen gemeinsam, ihre Bewirtschaftung mit Hilfe des Hakenpfluges ist allerdings besonders den Frauen, Kindern und Greisen, das heisst den nicht oder noch nicht bezw. nicht mehr Waffenfähigen überlassen 2). Die Austeilung des Ackerlandes erfolgt alljährlich in den einzelnen lokalen Bezirken gleichmässig ohne Ansehn der Person; die zu

1) Ausschweifung herrscht einzig und allein im Trinken des stark alkoholhaltigen Met, worüber Caesar abgesehen von B. G. VI 28, 6 b (vgl. oben S. 73, Anm. 2) schweigt, Tacitus so überzeugend wahrheitsgetreu in der Germania Kap. 22 f. berichtet. Fast hat sein Schluss noch in unseren Tagen Gültigkeit si indulseris ebrietati suggerendo quantum concupiscunt, haud minus facile vitiis quam armis vincentur.

2) Tacitus' Germania Kap. 15, das hier sehr wohl zur Ergänzung von Caesars Bericht herangezogen werden kann, da dieser selbst schon die inertia der Mannen in Friedenszeit VI 23, 6 andeutet. Tacitus verschweigt den Römern den Fehler der Deutschen nicht: ipsi hebent, mira diversitate naturae, cum idem homines sic ament inertiam et oderint quietem. Eine ähnliche Abneigung der Männer gegen den Ackerbau findet sich laut Herodot V 6 übrigens bei den Thrakern.

sammen siedelnden Familien und Sippschaften erhalten einen bestimmten Anteil, den sie im nächsten Jahre mit einem anderen zu vertauschen haben.

Mit dem Flurwechsel ist bei der vorhandenen grossen Masse Landes nicht notwendig Hauswechsel verbunden. Aber andererseits nehmen die Germanen keinen Anstand, wenn das Weideland abgegrast, der Acker erschöpft ist, dem ja noch keine Düngung aufhilft, ihre Hütten abzubrechen und mit Weib und Kind, mit ihrem Vieh, mit Sack und Pack, auf die Wagen verladen, hinzuziehen, wohin es ihnen gerade gut scheint, zu neuer vorübergehender Niederlassung. Eine Art Völkerwanderung ist so hier von jeher in Permanenz gewesen 1).

Dabei sind die Mittel, die aus den Erträgnissen des Landbaues gewonnen werden, naturgemäss für Hoch und Niedrig dieselben, entsprechend der gleichmässigen Verteilung der Feldflur. Für Hoch und Niedrig: Keineswegs herrscht Gleichheit unter den Stammesgenossen, sondern es gibt Ungleichheit, Ungleichheit der Mittel, die man gewinnt aus dem verschieden gestalteten Privatbesitz von Vieh, Ungleichheit in den Mitteln des Intellekts und der körperlichen Stärke und Gewandtheit des Kriegers, den Grundbedingungen der menschlichen Natur entsprechend, indem eins unter den einfachen Verhältnissen der Vorzeit bis zu einem gewissen Grade das andere bedingt 2). Denn freier Wettbewerb aller Kräfte aller Volksgenossen vermag sich im Kriegs- und Raubzug zu betätigen, und dem, der sich auszeichnet, materiellen und ideellen Vorteil zu gewinnen. Materiellen Vorteil: grösseren Besitz von Vieh und überlegenen Waffen; ideellen Vorteil: Achtung und Ansehn unter den Seinen, das ihn zum Ersten seines Gaues oder seiner Landschaft, zum mit Amtshoheit ausgestatteten Gauvorsteher, ja schliesslich zu einem der ersten Männer seines ganzen Stammes erheben kann! Wen so das Glück und besondere Verhältnisse begünstigen, der vermag vielleicht sogar zu der Stellung eines Königs seines Stammes zu gelangen, zumal wenn er aus einer von jeher sich auszeichnenden und damit überragend „vornehmen“ Familie stammt, wie es denn bisweilen Geschlechter gibt, die sich königlichen Ansehens erfreuen, ohne die Königsgewalt allerdings selbst auszuüben.

Denn der Stammesverband selbst ist in der Regel ganz lose und die Zusammengehörigkeit des Ganzen tritt nur in Kriegszeiten in äussere Erscheinung. Wenn es gilt, einen Verteidigungs- oder einen Angriffskrieg von Stammeswegen zu führen, werden geeignete, mithin die bewährtesten und angesehensten Männer gewählt, um den Feldzug zu leiten. Sie erhalten gleichzeitig Gewalt über Leben und Tod, weil keine andere Befehlsgewalt im Kriege denkbar ist als die unbedingte. Aber im Frieden zerfällt gewöhnlich wieder das Ganze in die vielen kleinen Partikelchen 1) Universalgeschichtlich nicht ohne Interesse, da es der sogenannten grossen „Völkerwanderung" einen weiten und tiefen historischen Hintergrund gibt. 2) Vgl. die näheren Ausführungen oben S. 70 f.

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XI 1.

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der lokalen Verbände der Gaue und Landschaften und keine gemeinsame Oberbehörde des Stammes existiert mehr. Dafür sprechen die Männer, die in den einzelnen Bezirken durch Vornehmheit ihres Geschlechtes und persönliches Ansehn als die ersten gelten, unter den Ihren Recht und suchen die Streitigkeiten, an denen es unter so ungezügelten und leidenschaftlichen Naturen nicht fehlt, zu schlichten. Sie sind es auch, die als Beauftragte ihrer Volksgenossen alljährlich den Akt der Ackerverteilung vornehmen. So stellen diese Ersten die einzige lokale Behörde, den Gauvorstand, dar in ganz freiheitlichem Sinne, ohnehin ihrerseits an Sitte und Herkommen gebunden, weit entfernt von allem dem absoluteren „Häuptlingswesen" anderer Naturvölker, einzig- und eigenartig auch in diesem Hinblicke.

Diese ausserordentliche persönliche Freiheit des Einzelnen ist ein grosser Vorzug, aber auch ein grosser Nachteil für die Allgemeinheit. Denn da die Mannen im Frieden, wenn sie nicht der Jagd obliegen, dem Müssiggang und dem Trunke fröhnen, so bricht ihr Ueberschuss an Kraft und Tatendurst mit elementarer Gewalt nur allzu häufig hervor; Streit und Zank, Blutvergiessen und Mord drohen Zerrüttung aller inneren Verhältnisse 1). Deswegen hat man sich ein eigentümliches Sicherheitsventil nach aussen hin geschaffen, das wiederum ganz einzigartig dasteht. Es werden Freibeuterzüge in die umliegenden stammfremden Gebiete nicht nur erlaubt, sondern direkt gewünscht und gerühmt!

Auch die Art ihrer Veranstaltung ist sehr bezeichnend: Einer von den Ersten seiner Gegend tritt in der Volksversammlung auf und erklärt sich bereit, die Expedition zu führen, wer ihm Gefolgschaft leisten wolle, möge es öffentlich bekennen. Je nach dem Ansehn, das der Führer geniesst und das mehr oder weniger Aussicht auf Erfolg gewährleistet, bildet sich nun eine grössere oder kleinere Gefolgschaft, die sich seinem Befehle unterstellt und mit ihm auf Raub auszieht. Die öffentliche Erklärung ist bindend, wehe dem, der sich die Sache noch einmal anders überlegen will, ihn trifft die gleiche Schmach wie den Deserteur und Verräter und weist ihn ausserhalb von Treu und Glauben! Der Grundsatz, Ein Mann, ein Wort", an dem nicht zu rühren noch zu deuteln, ist urdeutsch. Darum ergreift doppelt der Gedanke daran, wie tausendfach er in der Zeiten Folge geschichtlich wirksam ward.

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Hiermit schliesst das, was uns an Caesars Bericht heute interessierte. Wir sind überzeugt, dass er wert war, in eine neue, richtigere Beleuchtung gerückt zu werden. Vieles, was geschichtlich fruchtbar gemacht werden kann, liesse sich anknüpfen und wird hoffentlich von anderen Händen daran angeschlossen werden.

Leipzig.

1) Cf. Tacitus' Germania Kap. 22: crebrae, ut inter vinolentos, rixae raro conviciis, saepius clade et vulneribus transiguntur.

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Das Alter der servianischen Mauer in Rom.

Von P. Graffunder.

Il muro di Servio è edificato, siccome è ben noto, con massi di tufa alti sempre due piedi romani", in diesen Satz hat Lanciani, der beste Kenner jener altrömischen Befestigung, sein Urteil zusammengefasst über die Maße, nach denen das Werk gebaut ist'). Darauf fussend hat O. Richter) zu erweisen versucht, dass die servianische Mauer kaum noch in das 4. Jhd. v. Chr. gerückt werden könne; sie sei als völliger Neubau erst nach dem Gallierbrande errichtet worden. Der König Servius habe wohl nur einen Erdwall um die Stadt gezogen. Noch schroffer sprach Pinza sich dafür aus 3). Nur Nissen 1) ist bei der alten Meinung geblieben. Andrerseits hat Delbrück") die Vermutung ausgesprochen, dass die innere Wallmauer 379 v. Chr. erbaut sei, die äussere später, vielleicht am Anfange des 3. Jhds. v. Chr.

Der Satz Lancianis, von dem diese Streitfrage zuerst ausging, ist insofern richtig, als der grösste Teil der Mauer in der Tat jenes Maß aufweist. Aber wird der Satz so verallgemeinert, dass man ihn auf das gesamte Werk ausdehnt, so kann er nur den wahren Sachverhalt verdunkeln. Schon Jordan hat beobachtet, dass die Messungen von Lanciani nicht immer zuverlässig seien, da seine eigenen Messungen in der Regel weniger ergaben (53-56 cm); er sprach auch schon die Vermutung aus, dass in einigen Ruinen der Fuss von 0,275 m die Norm abgegeben habe"). Die Einheitlichkeit des Baus, die man nach Lancianis Worten erwarten müsste, ist in Wirklichkeit nicht vorhanden. Vor der Entdeckung der Ruinen am Bahnhof dachte niemand daran, die Quaderhöhe von 59-60 cm als allein herrschend zu betrachten, sondern die geringeren Maße galten als die gewöhnlichen. Jordans Vermutung habe ich bei meinen Messungen bestätigt gefunden. Denn an nicht wenigen Stellen liegen in der servianischen Mauer Quadern, die eine Höhe von etwa 55-56 cm haben, also nach dem altitalischen Fuss geschnitten sind. Da diese Tatsache von grosser Bedeutung ist für die Bestimmung der Zeit, in der das Werk zuerst errichtet wurde, sollen hier zunächst diejenigen Stellen der Mauer betrachtet werden, an denen das oskische Maß auftritt.

1) Bull. municipale 1876, 37; Annal. del Inst. 1871, 56.

2) Topographie 1901, 43; Beiträge 1903, 15. 3) Monum. ant. 1905, 752. 4) Ital. Landeskunde2 1902 II, 1, 63. — 5) Der Apollotempel a. d. Marsfeld 1903, 16. 6) Topogr. I, 1, 273 Anm. 36 a.

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Der römische Fuss, gleichwertig dem solonischen Fusse, ist von Nissen nach Messungen in Pompeii zu 0,296 m angesetzt worden 1). Die sicherste Bestimmung hat erst Lehmann-Haupt gegeben, indem er als Ursprung auch dieses Maßes die gemeine babylonische Elle oder Doppelelle nachwies 2). Es kann nicht Zufall sein, dass die wahrscheinlichste Länge dieser Doppelelle (992,33 mm) mit dem Sekundenpendel jener Breiten (992,35 mm) übereinstimmt 3). Die Handbreite dieser Doppelelle ist das Urmaß, aus dessen Kubus alle antiken Gewichte entsprungen sind (99,23 mm). Der römische Fuss beträgt das Dreifache dieser Handbreite, also 297,7 mm. Durch eine Betrachtung der Stadien hat Lehmann-Haupt dann diesen Ansatz noch mehr gesichert ). Die servianische Mauer bestätigt ihn, da in ihr die Quaderhöhe von nicht ganz 60 em hunderte von Malen vorkommt. Eine Minderung hat das Maß in Rom also nicht erfahren.

Den altitalischen oder oskischen Fuss hat ebenfalls zuerst Nissen 5) bestimmt auf 0,2751323, und Mau) und Hultsch) stimmten ihm bei. Auch dieser Fuss hat seinen Ursprung im Orient. Er ist Zweidrittel der babylonisch-phönikischen Elle von mindestens 0,4125 m, die ihrerseits 25 Finger der Doppelelle von 992,33 enthält; danach beträgt der Fuss 275,7 mm). Ob aus dem Maßstab von Ushak (555 mm) überhaupt ein Fuss von 277,5 mm abgeleitet werden darf), ist zweifelhaft; schwerlich aber ist derselbe mit dem oskischen Fusse identisch. Auf diese Unterschiede ist im folgenden nicht Rücksicht genommen; denn das ist nicht von Belang, da die Quadern der servianischen Mauer ziemlich roh behauen sind. Vielmehr sind der Berechnung die Längen von 275 und 296 mm zugrunde gelegt, damit eine Vergleichung mit Nissens Tabellen leichter möglich ist.

Die Frage, wann der solonische Fuss in Rom eingeführt wurde, ist noch nicht mit voller Sicherheit entschieden. Dörpfeld 10) meint, dass es um 268 v. Chr. geschehen sei zugleich mit der Aufnahme des neuen Pfundes von 327,45 g, weil einerseits der Kubus des euböisch-attischen Talentes (26,196 kg) zur Seite den Fuss von 297,7 mm hat, andrerseits das Pfund von 327,45 g gerade 80 mal in jenem Talente enthalten ist. Aber auch das altrömische Pfund von 272,75 g steht ja in geradem und bequemem Verhältnis zu jenem Talente (196) "). Da nun das römische Hohlmaß auf dem alten Pfunde von 272,75 g beruht 12) und das qua

1) Pompej. Forsch. S. 86; vgl. Dörpfeld, Athen. Mitteil. 1885, 290.

2) Zeitschr. f. Ethnologie 1889, 300.

3) A. a. O. S. 320; Actes d. 8me congrès des Oriental. II, 1893, 197; Klio, I 1902, 394.

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