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mann angestellt, ohne Furcht vor Hannover, und auch der früher mishandelte greise Arndt ehrenvoll in sein Amt wieder eingesezt und damit öffentliches Unrecht öffentlich wieder gut gemacht. Die Altlutheraner kamen in eine erträgliche Stellung. Die schroffe Opposition der rheinischen katholischen Kirche verlor immer mehr ihr scheinbares Recht.

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,,Durch dies Alles schien das neue Ministerium ein ziemlich vorhaltendes Credit zu bekommen. Allein wäh= rend man noch über diese und ähnliche Erscheinungen in voller Freude war und den neuen Minister belobte, fing die Stimmung allmälig an sich zu ändern. Anfangs klagten die einen oder andern Parteien, welche ihr Parteiinteresse verlegt sahen. Aber immer mehr häuften sich von allen Seiten Klagen auf Klagen über Misgriffe allerlei Art. Selbst Freunde und Verehrer klagten stellenweise mit. Statt des erwarteten Fortschritts glaubte man immer mehr Rückschritte, reactionäre Tendenzen wahrzunehmen. Je mehr dann durch zum Theil wirkliche, aber doch weit mehr vermeintliche Misgriffe und Misreden zu den erstern rechne ich besonders das Schreiben des Ministers an Dr. Wegscheider in Halle zu seinem Jubiläum gereizt, die freilich längst vorhandenen Parteien in der Kirche und im Staate offen hervortraten und heftig gegeneinanderstießen, desto mehr hörte man von der rechten wie von der linken Seite, am Ende auch aus dem Centrum, Stimmen des Unmuths, der Unzufriedenheit, der Anklage. So außerhalb wie innerhalb Preußen erfuhr das Ministerium immermehr offene und verdeckte Angriffe. Von mur

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renden Anklagen in Schrift und Wort kam es bald ge= nug zu offenem thätlichen Widerstand. Die Eiferer der Freiheit und des unaufhaltsamen Fortschritts hielten für Pflicht, einem Ministerium, welches, wie man meinte, nichts Anderes im Sinne hatte, als die Sonne der Freiheit in Wissen und Glauben auszulöschen und die Nacht des romantischen Mittelalters zurückzuführen, auf Leben und Tod zu widerstehen. Man erlebte damals Selt= james. Dr. Marheineke z. B., unter Altenstein als theologisches Haupt der Hegel'schen Schule begünstigt, hatte zu seiner Zeit Schleiermacher wegen seiner freimüthigen Schrift über das liturgische Recht des Landesherrn als einen Ordnungsstörer angeklagt. Jetzt galt er auf einmal als ein Mann der Freiheit und der ge= rechten Opposition, der das Recht der freien Wissen= schaft und Kirche gegen die Regierung vertrete. Solche Irrungen in der Geschichte gab es damals mehre. Wie es denn geht, wenn das Vertrauen einmal entschwunden und gar die revolutionäre Bahn betreten ist, selbst die offenbar gerechtfertigtsten Verordnungen des Eichhorn'schen Ministeriums, die edelsten Werke des wahren Fortschritts, wie die Reichssynode, wurden verdächtigt und verlästert. Die thätige Lüge, die passive Leichtgläubigkeit und die gedankenlose Nachsprecherei Unholde, welche in solchen Zeiten nie fehlen wetteiferten, die Gemüther von Tag zu Tag immermehr gegeneinander zu ver=" heßen und zu erbittern. Um das Maß des Unheils voll zu machen, fiel je länger je mehr ein Theil der Anschuldigungen und Verkeßerungen des Ministers vor der öffentlichen Meinung auf den König selbst zurück,

welcher den unpopulären Mann gegen wiederholte Versuche von rechts und links, ihn zu stürzen, standhaft festhielt und schüßte. So wirrte sich der Gordische Knoten immer mehr ineinander, und indem in heilloser Berwirrung auch die festesten Bande und Grundlagen der Ordnung sich lösten, kam aus dem Abgrunde immer sichtbarer und mächtiger hervor jene finstere dämonische Schicksalsgewalt, welche die Katastrophe der Märztage unaufhaltsam herbeiführte. Da fiel mit dem gan= zen bisherigen Regiment auch das Ministerium Eichhorn rettungslos dahin, von den Meisten laut verwünscht und nur von Wenigen still betrauert. In ruhigern Zeiten versöhnt der Sturz des gehaßten Feindes die Gemüther; der Gestürzte findet Mitleiden, der Unglückliche gerechtere, mildere Beurtheilung. Aber die Zorntage der Revolution kennen keine Versöhnung, Milde und Gerechtigkeit. Daß in jenen Tagen aus Furcht vor der terroristischen Macht auch von den Besserwissenden und billiger Denkenden Niemand es wagte, sich des gestürzten Mannes, wenn auch nur entschuldigend, anzunehmen, ist begreiflich, aber traurig genug. Daß aber selbst Solche, denen Eichhorn wohlgethan und die sich früher zu ihm bekannt und ihm willig gedient hatten, nun undankbar und feige mit Schmachreden gegen ihn auftraten, dies ist zwar auch begreiflich, aber es ist und bleibt rein widerlich und empörend. So geschah es, daß der Mann, der als ein allgemein anerkannter Ehrenmann das Ministerium angetreten hatte, nach einigen Jahren als ein Mann allgemeiner Verwünschung davon abtrat und sein Name als ein dämonischer Fluch- und Schreck

name durch ganz Deutschland ging. Die erschreckte Einbildungskraft und der aufgeregte Lügengeist sahen ihn Nachts umgehen zu geheimen reactionären Zusammenkünften, dort und hier, wo er nicht war, während er in wahrster Wirklichkeit sich in das stillste, selbst ökonomisch beschränkte Privatleben zurückzog, wohin er nichts mitnahm als den Schmerz über die Zertrümmerung seiner edelsten Werke und sein gutes Gewissen mit dem Zeugnisse, das Gute, ja das Veste gewollt und ange= strebt zu haben. In der That ein räthselhaftes und zugleich tragisches Geschick, welches vielleicht von dem nur tragischen Geschick des Königs übertroffen wird.“

So wenig einsichtig urtheilte Lücke, Schleiermacher's Schüler und Eichhorn's Verehrer, in den,,Göttingischen gelehrten Anzeigen" (Jahrgang 1849, Stück 93, 94, 95 und 96) über das Ministerium Eichhorn. Veranlassung dazu gab ihm eine Schrift, die thatsäch= liche Wahrheiten genug enthielt, um ihn eines Bessern zu belehren, und überdies auf die großen Schwierigkei= cen und Hemmungen hinwies, welche in dem Verhältnisse zum Könige und zu den übrigen Ministerien lagen. In ähnlicher Weise urtheilten auch andere Männer hoher Bildung, und unter diesen fast alle persönlichen Freunde Eichhorn's. Der verewigte Minister von Bodelschwingh, ein christlich gesinnter Mann, konnte nicht begreifen, wie Eichhorn, der als geschickter Diplomat so Großes geleistet und Schleiermacher's Busenfreund gewesen, als Minister der geistlichen Angelegenheiten sich zur Förderung,,pietistischer" Richtungen hergeben könne, und fragte mich einmal alles Ernstes, ob ich ihn für ehrlich

halte? Er schien an eine unbedingte Abhängigkeit von dem Minister von Thiele zu denken, und so erklärte sich auch der General von After Eichhorn's unerwartete Richtung. -Ein beim deutschen Volke in großem Ansehen stehender Geschichtschreiber, der keiner Partei angehört, am wenigsten der liberalistischen und ultrarationalistischen, sondern furcht- und rücksichtslos Allen, besonders auch den Fürsten und ihren Dienern, Ministern und Gelehrten, die Geschichte in ihrer Wahrheit vorgehalten hat, sagte mir:,,Ihr Minister hat in dem geistigen Leben der Nation mehr aufgeregt, als er bewältigen kann.“ Wenn ein Mann dieses Gewichtes, ein Geschichtschreiber, der sich in der Beurtheilung socialer Zustände und historischer Personen nur von Wahrheitsliebe und sittlichem Interesse leiten läßt, so vorurtheilsvoll und einseitig über einen Minister urtheilt, dessen ganzes Streben in der Wirklichkeit dahin ging, Das, was die vorhergegangenen Zeiten aufgeregt und verwirrt hatten, zu beschwichtigen und in eine gesetzliche Ordnung zu bringen: was soll man dann erst von Leuten schwachen Urtheils erwarten? Ist es zu verwundern, wenn ähnliche und noch viel schlimmere Urtheile die öffentliche Meinung beherrschten und die Gemüther mit Haß erfüllten? Es war die bekannte moralische Influenza des bösen Gerüchts, für welche schwache Menschen zu allen Zeiten Empfänglichkeit haben, die aber jetzt auch die Starken, die Männer festen und gesunden Urtheils, ergriff und sich unterwarf. — Alle diese Herren übersahen die allgemeinen kirchlichen und politischen Verhältnisse des preußischen Staats, unter welchen Eichhorn das Ministerium

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