ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

jenes Streben gewonnen werden soll, dieses selbst ihr jetzt weiter so wichtig nicht mehr seyn kann.

Auch über die Beschränkung seiner sinnlichen Natur kann der Mensch mit sich selbst zerfallen; und diese Richtung seines Strebens, die ich oben mit einem allgemeineren Ausdruck als Streben nach äusseren Lebenszwecken, im Gegensatz zu den sittlichen Zwecken, bezeichnet habe, ist es, die mir noch näher in's Auge zu fassen übrig bleibt.

Schon Friedrich Wähner, gewiss Einer von den gediegensten Kritikern Deutschlands, hat bemerkt, dass keineswegs der Drang das Unfassbare zu erfassen, in Faust der einzige Hebel seiner chaotischen Gährung sey. „Das sinnliche Princip", sagt er, „ist in Faust von allem Anfang so übermächtig, als das geistige. Er stürzt sich nicht erst in Folge seines schwankenlosen Erkenntnisstriebes in alle Taumel des Genusses: er trägt vielmehr die tiefwühlenden Stacheln desselben (des Dranges nach Genuss) ursprünglich in der tobenden Brust; denn nachdem er damit angefangen, die Unzulänglichkeit seines Wissens bitter, aber auch in Vergleichung mit Andern hochmüthig zu beklagen, fügt er abspringend, aber doch in einem Athem hinzu:

Auch hab' ich weder Geld noch Gut,
Noch Ehr' und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben,

Und gleich darauf entwickelt er seinen Zustand vollständig also:

Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,

Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält in derber Liebeslust

Sich an die Welt, mit klammernden Organen,
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefildeu hoher Ahnen.

„Nach dem deutlichen Sinn dieser Stellen", fährt Friedrich Wähner fort, fühlt sich Faust gleich von

vorne herein, durch die reichste, grossmüthigste Ausstattung der Natur in einer unbegränzten Sympathie mit dem All der Kräfte und Genüsse, und geht ihr zufolge darauf aus, getrieben von den Furien des obern und des untern Begehrens, das Ganze, das Pandämonium der Welt, in seine erobernde Gewalt zu bringen *).»

Erlauben Sie mir hierüber zuerst eine Bemerkung im Allgemeinen.

Es gibt Natureo, und grösstentheils sind es die reichsten und am grossmüthigsten ausgestatteten, in welchen — um dem angeführten Kunstrichter eisen Ausdruck abzo borgen eine so unbegränzte Sympathie zu dem All der Genüsse liegt, dass ihr ganzes Wesen in dem Streben nach Genuss rein aufgeht. Eine so unbedingte Tendenz zum Genuss würde ihnen, den Bedingungen des wicklichen Lebens gegenüber, keine andere, als eine phantastische Existenz gestatten, oder, um es mit einem andern Ausdruck zu sagen, ihre Entwicklung würde eine unmögliche seyn, wenn hier nicht zwei Dinge vermittelnd und ausgleichend einträten: einmal, dass, wie sie immer und überall geniessen wollen, und verlangen, dass ihnea Al. les zum Genusse werde, sie bei der reichen Ausstattung › die ihren zu Theil geworden, und bei einem höheren Masse geistiger Empfänglichkeit, Vielseitigkeit und Gewandtheit, den Genuss in Allem zu finden, und sich ihn überall zu schaffen wissen; nicht in Gegenständen sianlichen Begehrens allein, sondern auch in geistiger und praktischer Thätigkeit: wobei sie dean freilich die ihrer Genussgier zusagende Seite eines solchen Strebens zu nächst, und meistens allein im Auge behalten; davn, dass, wenn es dem Menschen nicht möglich ist, auch *) In der Anzeige von Schubarths: Zur Beurthei lung Goethe's. Wiener Jahrbücher der Litera tur. XVIII. Band.

nur den tausendsten Theil der bei seiner Beschränkung erreichbaren Erkenntniss in seine Macht zu bringen, es ihm unter günstigen Bedingungen wohl erlaubt ist, Alles, was das Leben dem Drang nach Genuss zu bieten vermag, mindestens bis auf einen gewissen Grad zu er schöpfen. Bis auf den Grad dieser Möglichkeit bedürfen denn aber jene Naturen, deren eigentlichstes Lebensprincip der Drang nach Genuss in der bezeichneten Potenz ist, die Gunst der Umstände auch wirklich, weng sie sich glücklich entwickeln, und im Leben sich gefallen sollen da sie für jede Anstrengung den reichen, nahen, und sicheren Lohn, und von jedem Vergnügen: die üppigste Blüthe verlangen; immer im vollen Strome schwimmen wollea; und im Augenblick der Sätti gung und der erschöpften Kraft zum Geniessen, steis nach einer frischen Anregung, und nach einem gesteigerteo, oder wechselndem Reitze verlangen. Wenn bei einem minder heftigen, und minder urbedingtem Drang nach Lebensgenuss durch die Freude an einem partiellen Glück eire sich selbst beschränkerde Befriedigung herbeigeführt, und die diese oft durch die vorhergegangene Ent behrung selbst vecmittelt wird: so ist bei jener höchsten Potenz der Genussgier an eine solche Ausgleichung durchaus nicht zu denken. Hier streut jede Entbehrung, jede Beschränkung, jede versagte Gunst des Glückes un verwüstliche Keime des Zerwürfnisses mit dem Leben, und des inperen Grolles aus, dessen Empörung fort und fort anwächst, und mit jeder andern Veranlassung zum Unmuth sich verschwister: während die ungestümme Gierde nach Genuss immer mächtiger anschwillt, bis sie zuletzt jenen Grad erreicht, auf welchem sie, so zu sagen, sich selbst wieder vernichtet, indem sie in Allem, was sie erreichen, oder was ihr geboten werden kann, weiter keine Befriedigung zu finden vermag.

Wenn Sie einen Blick auf die alte Sage werfen: so wird der Unterschied zwischen dem Faust derselben, und jenem des Dichters in der fraglichen Beziehung vollkommen klar werden. Der Faust der Sage hat noch Leidenschaften, und er weis recht gut, wofür er sich dem Teufel verschrieben hat. Vier und zwanzig Jahre muss ihm dieser zu Diensten sein, und jede seiner Leidenschaften, jede Laune seines Uebermuthes befriedigen. Er muss ihm Geld schaffen, Speisen herbeibringen, und Witze machen helfen, womit er besonders die junge Welt amüsirt. Prächtige Gärten, Musik, wilde Thiere zaubert er um sich herum. Die schöne Helena von Griechenland wird sein Weib, und er zeugt mit ihr einen Sohn, Justus Faust, einen Succubus. Der Teufel muss vor seinem Wagen her das Strassenpflaster aufreissen, und hinter demselben es augenblicklich wieder herstellen etc. etc. Mit einem Worte, in dem Faust der Sage findet sich das Streben nach Genuss mit der unbedingtesten Bestimmtheit ausgesprochen: indem er sich selbst aufopfert, um durch die Verbindung mit einem mächtigeren Wesen eine Zeitlang jede Begierde mit schrankenloser Willkür ersättigen zu können.

Anders ist es mit dem Faust des Gedichtes. Bei ihm hat das unbefriedigt gebliebene Verlangen nach Genuss sich zwar ebenfalls zur heftigsten Gierde gesteigert: aber indem er seinen Unmuth darüber auch hier gegen die menschliche Natur, als durch ihre Beschränkung jedes befriedigenden Grusses unfähig, gewendet hat, hat er, die Möglichkeit jeder Befriedigung läugnend, diese von vorne herein aufgehoben. Weniger materiell in seinem Streben nach Genuss, und umfassenderen Geistes, als der Faust der Sage, will er die höchsten geistigen und sinnlichen Genüsse, und alle Widersprüche, in welchen Lust und Schmerz sich begegnen, in Eines zusammen

.

fassen; und sieht sich dadurch wie durch den unbeding ten Groll gegen jede Beschränkung, mit seinem Drang nach Genuss in's Unbestimmte getrieben. Er hat keine Leidenschaften, denn er hat für diese keine bestimmten Objecte mehr; er hat, wie die erschöpfte Kraft der Genussgier, nur noch den Drang einer immerwährenden heftigen Aufregung übrig; und weis bei seiner Verbindung mit Mephistopheles sich für jene Gierde nichts zu bedingen, als einen fortwährenden Taumel, der eben die wahre Verneinung alles Genusses ist.

Du hörest ja, von Freud ist nicht die Rede,

Dem Taumel weih' ich mich, dem schmerzlichen Genuss,
Verliebten Hass, erquickendem Verdruss.

Mein Busen der von dem Wissensdrang geheilt ist,
Soll keinem Schmerzen künftig sich verschliessen,
Und was der ganzen Menschheit zugetheilt ist,
Will ich in meinem inneren Selbst geniessen.
Mit meinem Geist das Höchst' und Tiefste greifen,
Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen häufen,
Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,
Und, wie sie selbst, am End' auch so zerscheitern.

Lassen sie mich nun, was ich bisher über Faust's Charakter und Gemüthslage bemerkt habe, in wenige Worte zusammenfassen.

Hochmuth und Genussgier sind die beiden Pole seines Wesens, und beide erzeugen nothwendig die Keime einer unheilbaren Entzweiung in ihm dieser, indem er an die Schranken der menschlichen Erkenntnisskraft; jene, indem sie an die Schranken einer dürftigen und niedrigen Lage stösst. Mit wildem Ungestümm, mit feindseliger Verachtung wendet sich sein Unmuth gegen die menschliche Natur, und sein Groll findet allein noch darin Erleichterung, sie herabzuziehen, und in den Staub zu treten; der unseligste Irrthum, in welchen der

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »