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Mensch fallen kann: indem ihm in dem Begriff von der Würde innerer Natur zugleich die Idee einer sittlichen Weliregierung, in dieser aber jede sichere Bedeutung des Lebens, jeder freudige Muth zu wirken und zu schaffen, zu geniessen und zu leiden untergeht, und sich ihm Alles in eine reine Verneinung auflöst. Mit dieser fürchterlichen Leere eines allgemeinen Verneinens steht Faust da, obne jedes Ziel eines kräftigen Strebens, indem, was die verachtete Kraft erreichen kann, kaum ein solches genannt werden mag: während die auf's Höchste gesteigerte Gierde nach Genuss sich, wie sein Streben nach Erkenntniss, überschlägt, und nur noch im wildesten Taumel sich betäuben kann. Nichts bleibt ihm übrig als der leidenschaftliche Groll seines Zerwürfnisses, der fortwäbread in ihm wächst, weil er, nachdem er alles für ihn Erreichbare vernichtet hat, mit wilder Hast nach einem Unerreichbaren verlangt, und sich dabei immer auf's neue in das Gefühl seiner Obamacht zurückgeworfen sieht. Auf dem höchsten Punkt dieser inneren Gährung zerreisst er zuletzt mit übermüthigem Hohn je: des Band, welches ibn noch an die Menschheit knüpft, und vernichtet mit der höchsten Willkür der Empörung sein moralisches Dasein, nachdem er Alles vernichtet hat, wodurch dieses, als ein solches, bedingt wird.

Dritter Brief.

Es war mir seh erfreulich, vereh er Freund, aus Ihrem Schreiben zu ersehen, dass Sie meiner Ansicht über Faust's Charakter und Gemüthslage beistimmen, und ebenfalls der Meinung sind, dass man bei Betrachtung derselben den Accent nicht auf sein Streben, als ein positives, sondern vielmehr auf die entschieden. ste Vernichtung jedes positivea Strebens; nicht auf die Bejahung, sondern auf das unbedingte Hinstreben zur Verneinung, legen müsse: und dass der Schöpfung des Dichters, die man so oft ein Riesenwerk genannt hat, diese Benennung nicht wegen Darstellung einer titanischen, über die Gränzen der Menschheit hinausstrebenden Kraft über welche hinaus weder die strebende Kraft, noch die Darstellung einen festen Boden haben können: sondern wegen des Umfangs und der Tiefe der Darstellung des Zerstörens und Vernichtens von Allem, innerhalb jener Gräozen selbst Liegenden, zukomme. Noch erfreulicher war es mir in de: Aeusserung: „Sie glaubten nur in solcher Ansicht einen f.. sten Gesichtspunct für die Auffassung des Gedichtes, als eines organischen Ganzen im Allgemeinen, und ins besondere für die zweite Hälfte desselben zu finden." Sie im vorhinein mit mir auf einem und demselben Wege zu treffen. Ich bin in der That gespannt darauf, ob wir uns beide hier so vollständig zusammenfinden, wie ich es nach jener Andeutung Ihres Schreibens

mit Recht voraussetzen darf. Ihr Nächstes wird mich darüber hinreichend belehren. Inzwischen will ich fortfahren, Ihnen meine Ansicht von dem Organismus des ganzen Gedichtes, und zunächst in's Besondere von der zweiten Hälfte desselben, so kurz darzulegen, als es mir möglich seyn wird.

Vergönnen Sie mir dabei noch einmahl auf die bereits in meinem letzten Schreiben erwähnte Anzeige in den Wiener Jahrbüchern zurückzukommen.

„Später," in der zweiten Hälfte des Gedichtes nämlich sagt der achtenswerthe Kunstrichter, welcher in jenen Blättern sich ausspricht, wo das Verneinen, wegen des freien Spielraumes in der Sphäre des Zauhers mehr und mehr dem Bejahen Platz machen sollte, wird Faust matter, tritt überhaupt zu viel zurück, verloren in den Gegenständen um ihn und für ihn. Er sollte in den neuen wunderbaren Verhältnissen, so scheint es, durch die Gewähr eines ausserordentlichen Einflusses, Knoten auf Knoten schürzen und lösen, und in einer zaubertollen Welt die Ausschweifungen einer sich selbst überstürzenden Kraft an dem künstlich gesponnenem Faden der Poesie zugleich abentheuerlich und natürlich, phantastisch und wahr darstellen; so dass man selbst aus den wildesten Zerrbildern auf die Gestalt des Inneren zurück schliessen könnte. Vielleicht mangelte dem Dichter zu diesem Behufe die nöthige Bekanntschaft mit den Labyrinthen metaphysischer, religiöser und sittlicher Nachforschungen, oder ihm widerstand bei seinem Hange zum Geraden und Einfachen eine so problematische Durchführung, zu der eine Art poetischer Casuistik gehört."

Ich lasse den Werth beider letzterer Vermuthungen des geschätzten Kunstrichters dahin gestellt seyn; Sie könnten leicht beide das Wahre treffen. Gewiss

ist es, dass die von ihm angedeutete Behandlung eine der Sage durchaus entsprechende ist. Hier schürzt sich Knoten auf Knoten; hier drängt sich Leidenschaft auf Leidenschaft; und eine abentheuerliche Ausschweifung folgt in einer zaubertollen Welt auf die andere. Aber der Faust des Gedichtes ist nicht der Faust der Sage. Dieser hat noch Leidenschaften: nicht so jener; dieser hat sich dem Teufel verschrieben, um schrankenlos jede ausschweifende Begierde, jeden abentheuerlichen Einfall des Uebermuths zu befriedigen: jener hofft von seiner Verbindung mit Mephistopheles nichts für die Erweiterung der Schranken, die ihm so verhasst sind; in diesem ist, wenn er auch alles Ergriffene wieder wegwirft, oder fahren lässt in seiner Unersättlichkeit, Alles ein positives Begehren: in jenem strebt Alles der Verneinung zu.

Auch unter diesen Umständen konnte der Dichter der Sage folgen, und dabei jene Behandlungsweise wählen, von welcher oben die Rede war; denn um die Begierde der Leidenschaft aufs neue zu wecken, und Faust in den wildesten Strudel derselhen hineinzureissen, genügten Mephistopheles Zweck und Einfluss als Teufel, wenn der blosse Trank aus der Hexenküche dazu nicht hinreichend war. Wenn jedoch der Dichter auf jene Weise verfuhr, und dabei seinem Werke die psychologische Consequenz, und jene innere Nothwendigkeit nicht fehlen sollten, die keinem ächten Kunstwerk fehlen dürfen: so blieb ihm nichts übrig, als das Verneinen, das er bereits in der ersten Hälfte seines Gedichtes auf die höchste Spitze getrieben hatte, jetzt in einer fortlaufenden Reihe von Scenen mit immer gesteigerter Leidenschaftlichkeit bis zur endlichen Katastrophe sich wiederholen zu lassen. Was aber Goethe sehr richtig über Byron's Manfred bemerkt hatte, dass die

Gluth einer gränzenlosen reichen Verzweiflung am Ende stig werde," *) begegnete daan ihm selbst bei seinem Gedichte; und dieses konnte vas dann mit keinem tragischen, sondern nur mit einem höchst widerlichem Eindrock erfüllea. Und um so wenige, aber vermochte das Gefühl des Lesers eine solche Darstellung zu ertragen, da einerseits dasjenige, was ich dem tragischen Schmerz des Lebens genannt habe, und was den Grundzug von Faust's Zerfallenheit ausmacht, darum, weil es bei die sen durch die Leidenschaftlichkeit seiner Natur zur Abnormität vod zur stechendsten Pein wird, an sich selbst keine Chimäre ist, und daher in der Brust jedes Lesers die tiefsien Anklänge hervorruft: andrerseits aber der in Letzterem aufgeregte Schmecz, so wie der Dichter sein Werk angelegt hatte, durch keine Hindeuinng auf dasjenige, was denselben zu versöhnen vermag, gemildert werden konnte.

Dennoch war die Verneinung durch die erste Hälfte des Gedichtes ein für die zweite Hälfte desselben uobediagt Gegebenes. Wena der Dichter sie in dieser nicht weiter treiben konnte, als er sie in jener getrieben hatte, und wenn das Gefühl des Lesers einen gesteigerten, oder selbst den auf der gleichen Höhe sich haltenden Ausdruck ihrer Leidenschaftlichkeit nicht weiter zu ertragen ver mochte: so lief jener Gefahr mit seinem Werke dann auf einer andern Seite zu scheitern. Entkleidet von je nem tärschendem Anschein von Kraft, welcher die Gährung der Leidenschaft ihr verleiht, ist die Verpeinung jederzeit unpoetisch; sie ist Abspannung, Schwäche, Unkraft; das Element der Poesie ist aber überall ein Bejahendes und Schaffendes. Um poetisch brauchbar zu seyn, musste also die Verneinung selbst scheinbar bejahend

*, Kunst und Alterthum. B. 2. Heft 2.

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