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ten Gemüthern, als elegische Sehnsucht, oft gleich weit in's reifere Alter hinein: so kann er doch nur in krankhaften, als herrschende Stimmung vorwalten, und nur die Befangenheit eines solchen von der Wirklichkeit den magischen Schimmer eines Feenmährchens verlangen. Diese Letztere bietet uns der wünschenswerthen Gaben so viele, und mahnt uns so nachdrücklich an eine ernstere Bestimmung, als die des Hinschwelgens in sinnlichem Behagen: dass ein gesunder Sinn weder jene Bestimmung verkennen, noch überhaupt lange anstehen kann, das Erträumte und Phantastische für das Wirkliche und Erreichbare hinzugeben.

Von edlerem Gehalt ist ein anderer Schmerz, welcher, der Zeit seiner Entstehung nach, sehr oft mit jenem ersterem zusammenfällt. Neben der Welt einer idealen Glückseligkeit baut sich nämlich das jugendliche Gemüth noch eine andere, eine ideale sittliche Welt auf, und der hehre Schimmer, in welchen es diese Letztere kleidet, ist der Reflex seiner Unschuld, seines arglosen Vertrauens, und der ungeschwächten Gluth seiner reinen Begeisterung für das Sittlichgute und Schöne. Liebe, Freundschaft und Vertrauen, in ewig frischer Kraft und Innigkeit fortblühend, sind die Genien dieser schönen Welt, in welcher jede Tugend gedeiht, jede den Preis ihres Strebens erringt, oder im Fall des Misslingens durch ein so hohes Selbstgefühl aufrecht gehalten wird, dass selbst das herbste Unglück für sie kein Unglück ist, weil eben dieses ihr den befriedigendsten Genuss ihres unerschütterlichen Werthes gibt. Aber nicht haltbarer ist der ideale Verklärungsschimmer, womit die jugendliche Phantasie diese ihre Schöpfung überströmt, als bei jener anderen. Mit jedem Schritt, welchen der Jüngling auf der Bahn der Lebenserfahrung vorwärts geht, sieht er ihn bleicher und zweideutiger werden. Liebe, Freundschaft,

hingebendes Vertrauen, und die Begeisterung für das Gute und Schöne, sind nicht so rein und nicht so allgemein anzutreffen, wie er es wähnte: und er muss wenigstens die Unbedingtheit seines Glaubens an ihre Herrschaft aufgeben, in welchem sein sittliches Gefühl sich so schön und so vollkommen befriedigt fand; er muss auf diesen Glauben selbst bei Denjenigen Verzicht leisten, bei welchen er ihn sich am liebsten retten möchte. Er sucht bei den Todten, was er bei den Lebenden nicht findet: aber indem er ihr Bild nicht mehr aus der Hand der Dichtkunst empfangen will, sondern es der Geschichte abfordert, sieht er sich gezwungen, immer mehrere von Denjenigen aufzugeben, welche ihm sonst seinen Glauben unbedingt zu rechtfertigen schienen. Er ist redlich genug, von sich selbst zu fordern, was er von Andern fordert; er will das Bild der höchsten und reinsten Tugend in sich selbst darstellen; er setzt es sich zur letzten Aufgabe seines Lebens, jedes Hinderniss zu überwinden, welches ihm bei dem Streben nach diesem Ziel entgegen treten könnte. Aber nicht äussere Hindernisse allein sind es, die er zu bekämpfen hat. Einen gefährlicheren Feind trägt er in seinem Busen, und wie entschlossen er ihn auch bekämpfe, wie muthig er mit ihm auch ringe: der Sieg wird ihm schwerer werden, als er wähnte, und, was schlimmer ist, dieser Sieg wird weit unvollkommner seyn, als er es

erwartete.

Auch dieser Schmerz ist elegisch; denn auch hier verbindet sich die Sehnsucht nach einer idealen Vollkommenheit mit der Trauer über einen unvollkommneren Zustand; allein er ist minder vergänglich, als jener andere Schmerz: denn er ruht auf Demjenigen, als auf seiner Grundlage, was das Unvergänglichste im Menschen ist, auf den Forderungen seiner sittlichen Natur. Mag eine ganz reine und vollkommne Tugend auch immerhin ein Ideal seyn: die

sittliche Kraft vermag es, zu diesem Ideale aufzustreben, ausschliessend dieses Ziel zu verfolgen, und jede eigensüchtige Leidenschaft ihm aufzuopfern. Darum führt in unverderbten Gemüthern solche Entzweiung selbst zu einem besonnenen, treuen Streben nach sittlichem Werthe: indem sie dieselben zu einem festen, strengen Anerkennen der Forderung hinlenkt, unbedingt nach der Annäherung zu einem Ziele zu streben, welches vollkommen zu erreichen der menschlichen Natur in ihrer gegenwärtigen Beschränkung nicht vergönnt ist.

Wenn aber der Schmerz, von welchem ich eben geredet habe, auf solche Weise seine Versöhnung in sich selbst findet: so ist es nicht eben so mit einem andern, weit herberen, von welchem ich jetzt reden will. Nicht selten fällt er in der Jugendblüthe des Lebens mit jenem Letztgeschilderten, der Zeit nach, zusammen: allein seine volle Reife gewinnt er erst im männlichen, oft auch erst im späteren Alter, wenn eine ernstere und strengere Betrachtung des Lebens ihm den Boden bereitet hat, und ihm so zu sagen sich zu verdichten erlaubt. Dieser Schmerz ist nicht elegisch, sondern tragisch; keine ideale Ansicht des Lebens liegt ihm zum Grunde, sondern eine rein prosaische Auffassung der Wirklichkeit. Er ist daher, an sich selbst, so lange er nämlich kein versöhnendes Ziel gefunden hat, nicht poetisch: sondern vielmehr der Gegensatz aller Poesie des Lebens. Wenn Tausende seine Tiefe nicht kennen lernen, und sie kaum auch nur zu ahnen vermögen, weil er in ihrem beschränkten Sinn und in ihrem seichten Gemüth keinen Boden findet, in welchem er Wurzel schlagen könnte, oder weil sie glücklich genug durch Dasjenige gegen ihn geschützt sind, was ihn allein ferne halten kann, durch die Kraft des Glaubens: so gibt es doch nicht einen Einzigen unsers Geschlechts, der gänzlich davon unberührt bliebe. Denn auch die ent

schiedenste geistige Flachheit findet sich wohl irgend einmal veranlasst, nach der Bedeutung des Lebens zu fragen, so wie die stolzeste Zuversicht auf Kraft und Einsicht, beider Unzulänglichkeit anzuerkennen; und wie fest und unzerbrechlich an sich selbst die Stütze auch sey, welche der religiöse Glaube uns bietet: nicht in jedem Augenblick fühlt die Schwäche der menschlichen Natur sich stark genug, um mit gleicher Kraft sich daran aufrecht zu erhalten; überall aber ergreift die Idee eines Unendlichen unsern Geist wie unser Gemüth mit so übermächtiger Gewalt, dass wir, wenn wir immer den Blick darauf hinkehren, es auf keine Weise vermeiden können, im Verhältniss zu demselben die enge Begränzung unserer Natur, und die Nichtigkeit aller menschlichen Kraft gewahr zu werden. Als nichtig nämlich erscheint jede Kraft, welche ihres Zieles, oder ihres Erfolges überhaupt nicht sicher ist, oder die zu Demjenigen, was sie zu erreichen strebt, ausser allem Verhältnisse steht. Auf diese Schranken aber stösst die menschliche Kraft überall, nach welcher Richtung sie sich immer zu äussern strebe. Denn in so fern dieses Streben auf Erkenntniss gerichtet ist, zeigt sich das Feld derselben als ein unermessliches, auf welchem auch die höchste geistige Kraft nur für wenige schwankende und unsichere Tritte ausreicht. Welchen Werth überhaupt dürfen wir unserm Erkennen beilegen, wenn kein Gegenstand desselben als ein Abgeschlossenes, sondern nur im Zusammenhang mit tausend, uns theils ganz unbekannten, theils unberechenbaren Einflüssen, und als Glied eines Ganzen besteht, das wir als ein Unendliches nicht zu fassen, und dessen allgemeinste Gesetze wir kaum zu ahnen vermögen. Wird nun durch diese Schranken unbedingt jede Sicherheit des Erkennens, mit dieser aber zugleich jeder unbedingte Werth desselben aufgehoben: so erscheint sein bedingter Werth, hinsicht

lich Desjenigen nämlich, was wir bei der gegenwärtigen Beschränkung unsrer intellectuellen Kräfte bedürfen, und zu erreichen vermögen, um Weniges genügender und erfreulicher. Denn selbst innerhalb dieser Gränzen überführt uns jeder Schritt von der Mangelhaftigkeit und Unzulänglichkeit unsers Vermögens; hängt sich an jede Bejahung die Verneinung, an jeden Grund ein Widerspruch, und an jeden Gran Wahrheit ein Centnergewicht von Zweifel und Irrthum; beginnt jede Forschung damit, die Unstatthaftigkeit früherer Forschungen nachzuweisen, und endet jede damit, das gleiche Schicksal zu erfahren: während aberwitzige Anmassung darum nicht minder fortfährt, für ihre eignen Resultate Untrüglichkeit bei einem Streben in Anspruch zu nehmen, als dessen Höhepunkt die umfassendste Einsicht zu allen Zeiten eben nur die Ueberzeugung von der Trüglichkeit und Unverlässlichkeit aller menschlichen Erkenntniss zu bezeichnen wusste.

Auffallender noch zeigt sich die Nichtigkeit alles Strebens menschlicher Kraft, und drückender wird das Gefühl dieser Nichtigkeit dort, wo jenes Streben auf die Erreichung materieller Zwecke gerichtet ist. Keineswegs aber sind es hier die schnellen Wechselfälle von Glück und Unglück, der jähe Sturz der Höchsten und Besten vom Gipfel der Macht in den Abgrund des Elends; das strenge Verhängniss, welches ganze Geschlechter und oft ganze Völker in die Folgen einer einzigen Schuld oder eines einzigen Irrthums verwickelt; nicht der zerstörende Fall blühender Reiche, noch grosse, durch scheinbar geringfügige Ursachen in ein Nichts zerfliessende Entwürfe ; mit einem Wort, es ist nicht sowohl der tragische Prunk und Pomp des Lebens, wodurch jenes Gefühl in uns hervorgerufen wird: als die ganz einfache, auch in dem beschränktesten Lebenskreise sich uns aufdrängende Wahrnehmung, dass wir auch hier überall nur nach dem un

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