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Der Begriff der Methode ist demjenigen der Einzelheit entgegengesetzt. Eine Methode ist ein Verfahren, welches auf das Ganze gerichtet ist. Sie ist der Inbegriff von Regeln, nach denen in grundsätzlicher Weise ein gewisser Stoff des Erkennens oder des Wollens im Sinne seiner einheitlichen Einsicht bestimmt und gerichtet wird. Ohne solche feste Lehrart würden wir nur ein Gewirr von Einzelheiten haben. Da aber alles darauf ankommt, die Einzelheiten in rechte Ordnung zu setzen, worin ihre gesetzmäfsige Erfassung eben besteht, - so erhellt, dafs der Gedanke einer methodischen Einsicht gleich demjenigen ist: Jede Besonderheit als Glied eines unbedingten Ganzen zu bestimmen. Wenn das Wort Methode gelegentlich auch für ein Verfahren gebraucht wird, das auf ein technisch begrenztes Ziel gerichtet ist, so möge in Erinnerung bleiben, dafs das immer nur eine vorläufige Einschränkung sein darf. Da nämlich der bedingte Gegenstand einer technisch beschränkten Arbeit wieder nur eine Einzelheit ist, so mufs auch das besondere Verfahren seiner Bearbeitung seine Rechtfertigung davon beziehen, dafs es in die unbedingt geltende Methode, als eine auf das Ganze gerichtete Lehrart, sich harmonisch einfügt.

Der Fehler des Naturrechtes lag darin, dafs es eine absolute Geltung nicht nur für die Methode, sondern zugleich auch für den danach bearbeiteten Stoff behauptete. Konkrete Rechtssätze positiven Inhaltes haben ihre grundsätzliche Eigenart darin, dafs sie einen Inhalt besonderen Stoffes tragen. Es ist diese Eigenart, durch welche sie sich von methodischen Grundsätzen unterscheiden. Jenen ist die verarbeitete Einzelheit des empirischen

Materiales begrifflich wesentlich; die letztgenannten Grundsätze charakterisieren sich durch das Fehlen solcher Einzelheiten. Daher gibt es für die Rechtsbetrachtung eine allgemeingültige Lehrart, aber keine konkreten Rechtssätze eines unbedingt geltenden Inhaltes.

Der Gegensatz von Methode nach Grundsätzen und von Einzelheiten des Stoffes ist mithin nicht zu verwechseln mit der Unterscheidung von abstrakten Lehren und von konkreten Sachlagen. Jene nennt man dann wohl auch mit einem laxen Sprachgebrauche Theorien. So findet sich beispielsweise: Dafs die Entscheidung über Freihandel oder Schutzzoll nicht nach abstrakten Theorien, sondern nach den besonderen für jedes Land vorliegenden Bedingungen gefällt werden müsse. Oder man fafst die Einrichtung, dafs der dingliche Rechtszustand eines Grundstückes in einem öffentlichen Buche beurkundet werden soll, als ein Prinzip auf, und streitet wohl darüber, ob der Gesetzgeber hieraus weitere Folgerungen, etwa für die Rechtsstellung des Mieters ziehen solle oder nicht. Das römische Recht gründete die Frage der gesetzlichen Schadensersatzpflicht, wie man sagt, auf das Prinzip der Verschuldung. Und es gibt eine Gemeinde-, Markt-, Gildeund andere Theorien in der Geschichte der deutschen Städte.

Bei solchen Erörterungen handelt es sich um Unterscheidungen innerhalb der Ergebnisse von bearbeiteten Einzelheiten. Es fragt sich hierbei, ob diese in einer Formel, die mit konkretem Stoffe gefüllt ist, erschöpfend zusammengefafst sind oder nicht.

Dagegen haben wir es bei unserer jetzigen Untersuchung mit einem ganz anderen Gegensatze zu tun. Hier,

kommt es auf ein allgemeingültiges Verfahren als solches an; welches als ein eigener Gegenstand gedanklicher Betrachtung genommen werden soll; und bei dem von jedem besonderen Inhalte damit erst zu bearbeitender Einzelheiten überhaupt abzusehen ist.

Hiermit bekommen wir erst in Wahrheit ein allgemeingültiges Rechtsmafs. Es ist die Methode, welche nur das formale Verfahren an sich gibt, im Sinne einer unbedingten Gesetzmässigkeit zu erforschen. Denn nur unter dieser Voraussetzung ist es überhaupt möglich, irgend welche richtige Bestimmung von Einzelheiten zu haben.

Es ist zuzugeben, dafs auch die Einsicht in die allgemeingültige Gesetzmäfsigkeit des Rechtes sich ändern und Fortschritte machen kann. Und die Erfahrung erzählt von mancherlei Verschiedenheit der Meinungen über die unbedingt geltende Methode richtigen Rechtsinhaltes. Jedoch der Sinn, in welchem man die gesetzmäfsige Lehrart aufsucht, ist der, etwas Absolutes zu finden. Nicht ihr Besitz ist von unbedingter Gültigkeit; aber der Anspruch ihrer Geltung ist es. Und wir behalten mithin die Aufgabe: Das unbedingt Gültige, welches alle gesetzmäfsige Einzellehre erst möglich macht, im Sinne einer formalen Methode festzulegen.

So schreckt uns nicht die unvermeidliche Bedingtheit alles Wollens und aller Einsicht. Des geschichtlich gegebenen Stoffes gilt es Herr zu werden; den niemals endenden Wechsel, der für sich ein wildes Getriebe blofs sein würde, ordnend zu meistern. Wohl darf dies Beherrschen kein ertötendes Verhärten sein. Soweit ein besonderer Stoff in Frage steht, ist sein Bewältigen in immer besserer

Art wohl möglich. Und niemals abgeschlossen, noch unwandelbar gültig. Aber das Verfahren des Ordnens ist es, das wir als eine Methode von unbedingter Gültigkeit suchen. Sie wird von dem veränderlichen Stoffe geschichtlicher Einzelheiten gar nicht berührt; denn sie, die Lehrart als solche, trägt schlechterdings nichts von ihm in sich.

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Vierter Abschnitt.

Richtiges Recht und Gnade.

I.

Die Gnade im Rechte.

Ein Reisender fand beim Antritte der Rückfahrt die von ihm dafür gelöste Fahrkarte in seiner Tasche nicht vor. Er nahm eine neue einfache Karte; und gab bei sich jene verloren. Nach längerer Zeit entdeckte er in einer Seitentasche seines Überziehers die alte Rückfahrkarte; und fragte nun bei der Bahnverwaltung an, ob er nicht etwas ersetzt bekomme? Diese antwortete: Der Reisende hätte nach den bestehenden Vorschriften damals den Vorfall gleich melden, auch die neu gelöste Karte dabei zurückbehalten müssen. Er habe also nach dem Gesetze keinen Anspruch. Aber aus besonderem Entgegenkommen solle er den Preis der zweiten Fahrkarte vergütet erhalten.

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War das ein Akt der Gnade oder die Befolgung von richtigem Rechte?

Wie verhalten sich die beiden Begriffe zu einander? Inwiefern verbleibt jedem von ihnen in seiner Eigenart noch eine besondere Daseinsberechtigung?

Das Institut der Begnadigung wird gewöhnlich mit dem Strafrechte in enge Verbindung gebracht, bei dessen

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