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einer schwebenden Untersuchung durch den Inhaber der Regierungsgewalt kann eine verhältnismässig prinzipielle Leugnung blofs von dem Standpunkte einer bedingungslosen Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung, als einem Rechtssatze a priori, erhalten. Da aber das letztere nicht zu begründen möglich ist, so ist nicht einzusehen, weshalb nicht auch einmal das Niederschlagen eines Strafverfahrens in einem besonderen Falle ein sachlich besseres Ergebnis zu erzielen vermöchte, als es der Spruch Ferdinands I. tut: Fiat justitia, et pereat mundus!

In den Rechtsgebieten aufserhalb des Strafrechtes wird auch heute nicht darauf bestanden, dafs die Gnade gerade ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil korrigieren müsse. Die nach unserem geltenden Rechte zulässigen Anwendungen kommen unterschiedslos in Frage, sobald nur die irgendwie eingetretenen Folgen von gesetztem Rechte in sachlich bessernder Weise zu berichtigen ein Anlafs ist.

Ein hübscher Rechtsfall aus den Responsen des PAPINIAN (D. XXIX 2, 86 pr.) sei eingeschaltet: Pannonius Avitus cum in Cilicia procuraret heres institutus ante vita decesserat, quam heredem se institutum cognosceret. quia bonorum possessionem, quam procurator eius petierat, heredes Aviti ratam habere non potuerant, ex persona defuncti restitutionem in integrum implorabant, quae stricto iure non competit, quia intra diem aditionis Avitus obisset. divum tamen Pium contra constituisse Maecianus libro quaestionum refert, in eo qui legationis causa Romae erat et filium, qui matris delatam possessionem absens amiserat, sine respectu eius distinctionis restitutionem locum habere. quod et hic humanitatis gratia optinendum est.

Die Erteilung der in integrum restitutio gegen eingetretene nachteilige Folgen des gesetzten Rechtes war, wie oben bemerkt, ein Akt der Gnade. Sie war in der prätorischen Rechtsprechung erwachsen und hatte sich dann in positiven Grenzen als Institut des römischen Rechtes befestigt. Die Grenzen waren laesio und iusta causa: Nur wenn beide Unterlagen vorhanden waren, sollte die Erwägung der Gnade in Frage kommen. Nun zeigt der Hauptfall unserer Stelle, wie zwar beide Tatsachen gegeben sein können, sie aber nicht in einer und derselben Person zusammentreffen. Der verstorbene Avitus hätte eine iusta causa durch seine Abwesenheit in Staatsgeschäften gehabt; aber da die Frist zur Genehmigung bei seinem Tode noch lief, so war für ihn noch gar kein Rechtsnachteil eingetreten. Seine Erben dagegen haben einen solchen erlitten; weil für sie keine bonorum possessio erbeten war, SO können sie eine solche auch nicht genehmigen. Aber andererseits ist bei ihnen ein rechtfertigender Grund, wie der Erblasser in seiner entschuldigten Abwesenheit ihn besafs, nicht gegeben. Für die blofs technische Rechtsbetrachtung war die Sache damit erledigt; die begnadigende Restitution war nicht zulässig.

PAPINIAN entscheidet anders. Er führt ein Simile an; das freilich im Texte uns unsicher überliefert wird. Aber in seinem Sinne ist es nicht undeutlich. Nur das ist fraglich, worin der übereinstimmende Gesichtspunkt der Beurteilung gelegen, welches die übergeordnete Norm für die gleichmässige Entscheidung ist? Der Auslegungsversuche sind viele. MAREZOLL erkennt eine Ähnlichkeit der Fälle nur darin, dass in beiden nicht ex persona defuncti die Restitution erteilt wird; dagegen solle die Entscheidung

PAPINIANS auf den von ihm erzählten besonderen Fall beschränkt bleiben, welche Einschränkung er merkwürdigerweise durch den Hinweis auf die mafsgeblich gewesene humanitas begründen will. VANGEROW nimmt als Merkmal des durchschlagenden Obersatzes die absentia rei publicae an; WINDSCHEID erweitert es zu einer billig erscheinenden Hilfe für die Erben eines zur Erbschaft Berufenen.

In diesen und vielen sonstigen Versuchen war es ein formulierter Gesetzesparagraph, den man aus der Entscheidung des ANTONINUS PIUS und dem Gutachten des PAPINIAN erhalten wollte. Die Aussprüche waren ja mit gesetzlicher Kraft begabt worden; und das Bedürfnis jener Jurisprudenz ging auf technisch geformte Sätze. Es ist nicht zweifelhaft, dass die ursprüngliche Erkenntnis, wie die innere Bedeutung der Leistungen der klassischen römischen Juristen leiden musste. Es war das Seitenstück zum Pegasus im Joche.

Die Urteile in dem angeführten Fragmente der Quellen betätigen vielmehr, dafs nach dortiger Auffassung auch die positiven Grenzen des Gnadenrechtes einer Restitution der Prüfung nach sachlicher Richtigkeit unterliegen sollen. Als oberste Norm wird nur die innere Begründetheit aus dem Wesen der Rechtsordnung her genommen, die PAPINIAN hier mit humanitas anführt. Ihre Verwertung geschah mit der genialen Intuition der juristischen Klassiker, deren Ergebnisse uns noch weiterhin eindringlich beschäftigen werden.

So eignet sich die einzelne Schlufsfolgerung, die aus dem Gedanken eines richtigen Rechtes für den besonderen Rechtsfall gezogen wurde, mit den Merkmalen des zufällig gewordenen Tatbestandes schlecht zu einer festen

Rechtsregel, die nun blofs technisch zu behandeln wäre. Dagegen sind die Grenzen der Zulässigkeit einer Berücksichtigung frei zu findenden richtigen Rechtes allerdings positiver Art; und ob darin ANTONINUS PIUS und PAPINIAN die gesetzten Normen zutreffend aufgefasst hatten, ob also hier die lex lata in so weiter Weise jenes freie Finden gestattete, dafür müssen wir ihnen die Verantwortung überlassen. Endlich aber: Wie das gelieferte sachliche Resultat methodisch abzuleiten und mit überzeugenden Gründen zu begleiten und zu rechtfertigen wäre, das haben jene wieder uns als unsere Aufgabe stehen gelassen.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird im bürgerlichen Rechte der Neuzeit gar nicht und im gerichtlichen Verfahren nur in vereinzelter Weise angewandt. Aber in bunter Mannigfaltigkeit findet sich in gleicher Grundrichtung ein Eingreifen von Gnadenakten in Dispensationen, Legitimationen, Namensänderungen, privilegierenden Verleihungen, nach manchen Rechten in Moratorien und Indulten. Und in bestimmten Zusammenhängen kehrt auch die Frage nach einem Gutmachen übler Folgen der geschehenen Versäumnis wieder.

Auch unser Rechtsfall an der Spitze des Abschnittes. zählt hierher; es ist richtiges Recht, durch freiwilligen Akt des gegenüberstehenden Kontrahenten verwirklicht. Und dieses findet seine Analogie in zahlreichen Tatbeständen, da ein sachlich begründetes Recht nach den positiv befristenden Satzungen nicht rechtzeitig geltend gemacht worden ist; in einem neuerlichen Falle in seltsamer Weise mit unterlassener pünktlicher Abhebung des Gewinnes aus dem grofsen Lose geschehen. Umgekehrt ist für bedingte oder nicht zur Ausführung gelangte Rechtsgeschäfte die

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oberste Verwaltungsbehörde ermächtigt worden, einen von dem aufnehmenden Notar bereits verwendeten Stempel bei unterbliebener Geschäftsausführung zu erstatten, — die Verfügung sagt aus Billigkeitsgründen: Es ist richtiges Recht, das alsdann durch einen Akt der Gnade ausgeführt wird.

Indessen wird es an der Zeit sein, von historischen Einzelheiten uns zu der Gesamtbetrachtung wieder zurückzuwenden.

IV.

Vom Rechte, das mit uns geboren ist.

Wir haben nun zwei Aufgaben der Gnade im Rechte kennen gelernt: Begnadigung wegen Unsicherheit bei der Begründung einer Rechtsfolge, die nach gesetztem. Rech te einzutreten hat; und Gnade zur Berichtigung blofs gesetzten Rechtes. Diesen fügt sich eine

eines

weitere

doppelte Anwendung abschliefsend an: Gnade wegen Unsicherheit oder zur Berichtigung von Folgen eines richtigen Rechtes.

1. Das an letzter Stelle Angeführte

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Berichtigung

des Richtigen scheint ein Paralogismus zu sein. Es ist aber keiner. Die Rechtfertigung dieses Gedankens liegt in dem notwendigen Wechsel des richtigen Rechtsinhaltes

begründet.

Was vor einiger Zeit eine völlig berechtigte Folge war, das kann bei der Veränderlichkeit des zu richtenden Stoffes in späteren Tagen nicht mehr richtig sein. Hier gilt es, den Fehler des Naturrechtes zu vermeiden.

Dieses nahm,

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