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wie wir wissen, ein absolut richtiges Recht an; das zwar konkrete Bestimmungen enthalten, aber doch unabänderlichen und unbedingt gültigen Inhaltes sein sollte. Eine Rechtsfolge, die mit solchen absolut gültigen Sätzen im Einklange stände, vermöchte natürlich späterhin niemals unbegründet zu werden. Und so haben in der Tat die jener Lehre folgenden Kanonisten die gröfsten Schwierigkeiten gehabt, um Dispensationen und Privilegierungen seitens der Kirche wieder zu rechtfertigen. Sie müssen zwischen dem unbeweglichen ius naturale und abänderbaren Einzelvorschriften unterscheiden, quas lex aeterna non sancit, sed posteriorum diligentia ratione utilitatis invenit, non ad salutem principaliter obtinendam, sed ad eam tutius muniendam. Die letzteren stellen sich zwar, wie sie gelehrt werden, im allgemeinen auch als das Richtige dar; mögen aber bei besonderen Fällen in der Folge nicht mehr angebracht erscheinen und deshalb durch begnadigende Akte kompetenter Kirchenbehörden zum Richtigen gewandt werden. In diesem Sinne fährt Ivo VON CHARTRES also fort: In his, quibus observatis salus acquiritur, vel in quibus neglectis mors indubitata consequitur, nulla est admittenda dispensatio, sed ita sunt omnia mandata vel interdicta servanda, sicut sunt aeterna lege sancita. In his vero, quae propter rigorem disciplinae vel muniendam salutem posteriorum sanxit diligentia, si honesta vel utilis sequatur compensatio, potest praecedere auctoritate praesidentium diligenter deliberata dispensatio.

Nun ist die hier unterliegende Meinung von einem. unveränderlichen konkreten Rechtsinhalte fehlerhaft; wie im vorigen Abschnitte bewiesen wurde. Es gibt, nach früher gewähltem Ausdrucke, nur ein Naturrecht mit wechselndem

Inhalte:

keine besonderen Rechtsnormen mit einem absolut gültigen, sondern nur mit objektiv richtiger Anordnung. Der begriffliche Gegensatz des Richtigen und seines Widerpartes ist absolut feststehend, und die formale Methode seiner Betätigung von einer unbedingten Bedeutung: Aber der damit bearbeitete Stoff und die besonderen Ergebnisse seiner Bestimmung sind einem notwendigen Wechsel und unvermeidlicher Änderung unterworfen.

Hier also ist eine weitere Aufgabe für das Betätigen der Gnade gegeben. Sie hat alsdann ein damals sachlich begründetes und im Laufe der Zeit unrichtig gewordenes Ergebnis jetzt zu berichtigen, wiederum zu richtiger Rechtsfolge zu gestalten; und somit zu ihrem Teile es tunlichst zu verhüten, dafs Vernunft Unsinn werde.

Dabei ergeben sich zwei Möglichkeiten:

a) Es geschieht jenes hinterher, nachdem früher richtiges Recht unrichtig geworden ist. So in den Fällen. der Amnestie. Die Strafe ist die Berichtigung des Rechtsbruches, die zu jedem Rechtsunterstellten vorher sagt: Gib dir keine Mühe, die rechtliche Ordnung zu stören und zu durchqueren, - es wird doch alles wieder hergestellt; mag dieses Berichtigen in buchstäblicher Reparatur oder in einem Ersatze dafür bestehen. Nun ist in einem gewissen Falle die Berichtigung durch Strafe erfolgt; und es war sachlich wohl begründet, dafs es geschah: Jetzt aber hat es, infolge veränderter Umstände (z. B. der persönlichen Wandlung des Delinquenten, des Wechsels in politischen Verhältnissen) keinen rechten Sinn mehr, die Strafe weiterhin durchzuführen. Das früher Richtige ist unrichtig geworden; seine Korrektur erfolgt durch die Amnestie. und den Begnadigungsakt. Wobei man sich für jetzt

noch keine Schwierigkeit mit dem Zweifel machen darf, in welchem Beweisgange das dargelegt wird. Denn das wäre im voraus gefragt und mit einer geordneten Disposition nicht verträglich.

b) Die Begnadigung kann in der jetzt besprochenen Absicht auch schon vorher geschehen, ehe die Folgen des heute richtigen Rechtes ohne Rest in Vollzug gesetzt werden. Dann wird damit gerechnet, dafs das jetzt richtige Recht späterhin seine sachliche Begründetheit verlieren möchte. Zwar weifs man es nicht; doch ist die Möglichkeit aus bewegenden Gründen nicht aus den Augen zu verlieren. Und dann wird man sich scheuen, eine irreparable Rechtsfolge ohne die Gestattung eines späteren Besseren zu verwirklichen; oder auch (in einem anderen Tatbestande) es vermeiden, eine nachgesuchte Berechtigung jemandem gänzlich vorzuenthalten, während sich die Hoffnung hegen läfst, dafs er späterhin ihr entsprechend sich gut erweisen möchte.

2. Eine jede Erwägung, die es mit dem Durchführen des Rechtes zu tun hat, mufs sich aber auch sagen, dafs die Möglichkeit eines Irrtumes über das Richtige dem Institut der Gnade ein weiteres Feld begründeter Anwendung eröffnet. Bei aller Mühewaltung in gutem Wollen ist es ja niemals ausgeschlossen, dafs etwas als richtig Angenommenes sich hinterher nur als Produkt einer nicht genügenden Aufklärung über das Richtige erweist. Es kann die Meinung über das Ziel des richtigen Rechtes sein, oder über dessen grundsätzliche Methode und deren Anwendung im fraglichen Falle, welche sich dann als verfehlt erkennen läfst und das Streben nach sachlich richtigem Rechtsergebnisse in Irrtum führte. Und dann läfst

eine spätere bessere Einsicht das Eingreifen einer Begnadigung wohl veranlafst erscheinen.

Ja es ist nicht ausgeschlossen, dafs dieses auch ohne gänzlich ausfüllenden Beweis der Unrichtigkeit damaliger Ansicht blofs durch die Möglichkeit genügend begründet wird, dafs vordem das Richtige nicht getroffen gewesen sei. Darin kann schliesslich die Berechtigung einer Amnestie aus konkretem anderen Anlasse her liegen; bei der Feier eines Gedenktages, wegen eines national erfreuenden Erlebnisses, und anderem. Hier ist es das Bekenntnis, dafs alles Suchen und Streben nach dem Richtigen doch immer nur ein Versuch sein mag, dessen Gelingen in menschlich Erreichbarem liegt. Es ist die Nachgabe, dass auch das beste Wollen und die gröfste Kraft des Menschen beim Ringen nach dem Rechten versagen kann: Auch bei dem Bemühen, richtiges Recht zu finden und zu bewähren. Wenn wir aber von dem Gedanken des Menschenwerkes und seiner unvermeidlichen Unvollkommenheit nicht loskommen, so mufs es begreiflich sein, der nachlassenden Gnade Spielraum zu gewähren.

Statt der Zufügung des Übels, im öffentlichen oder im bürgerlichen Rechte, mag die Unsicherheit, ob man mit jenem auch wirklich das Richtige getroffen habe, den des Nachteils Willensmächtigen lieber des Zustandes teilhaftig werden, den eine versunkene Zeit nach des Dichters Wort einmal eingebüfst: Da aus der ehernen Welt fliehend die Liebe entschwand.

V.

Die Barmherzigkeit rühmt sich wider das Gericht.

Die Gnade darf niemals auf etwas Unrichtiges abgestellt werden. Sie hat immer das Ziel vor Augen zu halten, das jeweils richtige Recht zu finden und möglichst zum Durchbruche zu bringen. In welchen verschiedenen Arten der Anwendung dies geschehen kann, haben die seitherigen Ausführungen zu zeigen unternommen. Es ergab sich:

Gnade

wegen Unsicherheit zur Berichtigung

des gesetzten Rechtes

des richtigen Rechtes.

Wir wollen nun die durchgreifende Eigentümlichkeit herausschälen, welche den Akten der Gnade gegenüber sonstigen Handlungen, die auf richtiges Recht abzielen, überall innewohnt.

Dieses Merkmal besteht darin, dafs der Inhaber der Gnadenmacht, in den vom Gesetze eingeräumten Grenzen, zwar das Recht hat, durch Ausüben der Begnadigung richtige Normen zu betätigen, dafs aber eine rechtliche Pflicht dazu nicht besteht. Es ist keine Verbindlichkeit nach rechtlicher Satzung, wohl aber eine Pflicht nach sittlicher Lehre.

Wenn das Gesetzbuch sagt, dafs ein bestimmter Rechtsfall von dem Richter nach Treu und Glauben oder in Erwägung eines wichtigen Grundes oder in einer sonstigen Wendung der Sprache nach den Grundsätzen des richtigen Rechtes entschieden werden soll, so ist das selbst wieder eine Anordnung des gesetzten Rechtes. Mithin besteht

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