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So gab die Meinung von einem in der Natur existierenden Volksgeiste der Rechtsbetrachtung in ihrem Innern eine einheitliche Methode; und schmolz sie gleichzeitig als dienendes Glied einer weiter schauenden Gesamtauffassung ein.

Und nun sank der romantische Glaube dahin. Der Dichtung zauberische Hülle ist zerflossen. Aber das damit gefallene Band erfuhr noch keine Erneuerung. Das Amt, das vordem die Volksseele ausfüllte, steht noch verwaist.

III.

Die in einer Rechtsgemeinschaft herrschenden
Anschauungen.

Eine überaus bekannte Redewendung. Vielleicht sogar die hier am meisten gebrauchte. Es wird kaum eine glossierte Ausgabe des bürgerlichen Gesetzbuches geben, worin sie sich nicht an einer der kritischen Stellen fände, durch welche der Gesetzgeber Anweisung gibt: dafs man selbst herausbringen solle, was in dieser Lage sachlich berechtigt ist. Dann wird gerne auf die im Volke herrschenden Anschauungen verwiesen.

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Formal ist diese Auskunft übel. Für Volk wird wohl besser Rechtsgemeinschaft überhaupt eingesetzt. Denn es haben wenige Wörter so viele schillernde Bedeutungen, wie das Wort Volk, das immer nur an dem jeweiligen Gegensatze festgestellt werden kann (z. B. Fürst, Regierung, Beamte, Gelehrte, Gebildete, Vermögende, Mittelstand, Adel, Militär etc.). Freilich bleibt bei der vorhin

vorgeschlagenen Auslegung die Schwierigkeit, dafs wohl nur ein Kreis von Urteilsfähigen gemeint ist. Das steigert sich bei der Frage nach dem Merkmal des herrschenden. Soll die Mehrheit entscheiden? Und welche? Und endlich: An welche Anschauungen ist denn gedacht? Die blofse Verweisung auf diejenigen sittlichen Charakters genügt nicht; denn die gehen ja auf gute Gesinnung und taugen nicht zur unmittelbaren Entscheidung einer Frage des richtigen Verhaltens. Für diese dreht es sich jedesmal um die Subsumtion eines Einzelfalles unter bestimmte Obersätze; die müssen, wenn eine formale Sicherheit in der hier gemeinten Aufgabe der Rechtsprechung sein soll, von abstraktem Charakter sein. Und Sätze dieser Art dürften sich in klarer Fassung bis heute unter den im Volke herrschenden Anschauungen schwerlich finden. Wie immer aber dieses sei:

Material ist die gegebene Auskunft ganz unannehmbar. Denn falls man wirklich eine Anschauung, wie die etwa vorschwebende, als tatsächlich bestehend festgestellt hätte: Mit welchem Grunde will man behaupten, dafs dieses dasfelbe sei, wie dasjenige, was in Wahrheit dem richtigen Inhalte eines Rechtes entspricht? Niemand wird bei der Frage, ob eine Krankheit ansteckend sei, und worin sonst ihr Wesen beruhe, oder bei dem Problem von der Natur der Kometen die im Volke herrschenden Anschauungen als unbedingt mafsgebliche Instanz anerkennen und ihr mit gebundenen Händen sich unterwerfen. Aber auch kein Jurist wird dies tun, wenn es sich um die zutreffende Bestimmung des Eigentumsbegriffes, der juristischen Personen, des strafrechtlichen Versuches, der Souveränität im Reiche handelt. Wie will man da in der viel

bedeutsameren Frage, ob ein Willensinhalt sachlich richtig sei, eine Resolution durch das Abzählen zufälliger Meinungen einzelner Volksgenossen als letzte Ausflucht beschwören!

Es wäre doch der gleiche grundsätzliche Fehler, den SOKRATES dem Kriton erledigend nachwies: Nicht also darum, o Bester, müssen wir uns viel bekümmern, was die Menge, sondern was der Kenner desjenigen, was gerecht ist und was ungerecht, und was die Wahrheit selbst sagen werde.

Damit ist nicht ausgesprochen, dafs die Ergebnisse der theoretischen Rechtslehre nicht auch volkstümlich sein sollen. Nur ist das etwas, was sie werden sollen: Es ist nicht damit zu beginnen oder gar der Gang des Beweises darauf zu gründen. Schliefslich sollen ja alle sich nach jenen Ergebnissen richten. Und wenngleich die Erkenntnis des Richtigen und die Möglichkeit seines Beweises den Gliedern einer Gemeinschaft der Zahl und der Art nach in erwünschter Vollständigkeit nicht mitgeteilt werden kann, obschon hier eine gewisse Resignation nicht minder als unvermeidlich zuzugeben ist, wie es in Sachen der Naturerkenntnis oder der schaffenden Kunst immer wieder erlebt wird: So ist das Ziel, an der Einsicht in richtiges Recht möglichst viele möglichst gut teilnehmen zu lassen, als rechte Forderung aufzunehmen. Das aber ist es auch allein, was als begründetes Verlangen nach einem volkstümlichen Rechte dem Inhalte nach sich halten läfst.

Es ist der richtige Inhalt in sicherem Beweise festzustellen; und dann tunlichst zu verbreiten; und in seiner Methode die Allgemeinheit, soviel als möglich, zu befestigen. Aber die Entscheidung selbst, ob ein Willensinhalt richtig

sei, darf nicht von irgendwie zusammengerafften Anschauungen, auch wenn sie herrschend wären, einfach hergenommen werden: sondern allein aus einer gefesteten Methode des richtigen Rechtes.

IV.

Die Klassenmoral.

Zu den festen Inventarstücken der Anhänger des sozialen Materialismus gehört der Hinweis, dafs die Ansichten darüber, was gut und was gerecht sei, von wirtschaftlichen Unterlagen abhängig seien; und deshalb nach Klassen der Bevölkerung, die als ökonomische Phänomene auftreten, sich verschieden ausbilden. Solche bestimmte Ansichten werden von jenen in einem weiten Sprachgebrauche mit dem Namen der Ideen belegt, mögen sie auch ganz konkreten und empirisch bedingten Inhalt haben.

Dadurch wird von vorneherein ein gefährlicher Zwiespalt in der Ausdrucksweise herbeigeführt, auf den man achten mufs, will man den andern in seiner Lehre recht verstehen. Von uns ist, im Gegensatze zu jenen, die Terminologie festgehalten worden, mit dem Ausdrucke der Idee nur den Gedanken von dem vollkommenen Ganzen einer Einsicht zu bezeichnen. Während alles Erkennen und alles Wollen an ein begrenztes Material und an ein bedingtes Werden gebunden ist, so kann man dem Inhalte des erkennenden und des wollenden Bewusstseins die Eigenschaft eines objektiv gültigen nur beschaffen, weil die Idee von dem unbedingten Ganzen für den Inhalt der Wahrnehmungen, wie der Zwecke logisch vorausgesetzt

wird; wodurch es möglich ist, jedem besonderen Bewufstseinsinhalte seine Stelle und sein Verhältnis zu den übrigen gesetzmäfsig zu bestimmen. Denn nur diese ideale Voraussetzung einer vollständigen Einheit der Erscheinungen und der Ziele verhindert es, dafs die Einzelheiten in einem unbegreiflichen Wirrwarr durcheinander laufen; und sie ermöglicht es, dieselben nach festen Grundsätzen zu einem geschlossenen Systeme zusammenzufügen. So würden wir in unserer Untersuchung den Begriff von der Richtigkeit eines Rechtsinhaltes überhaupt eine Idee nennen; dagegen nicht etwa den Satz, dafs der Vater die elterliche Gewalt über sein Kind nicht mifsbrauchen dürfe, oder gar die Feststellung, dafs ein Mifsbrauch in einem besonderen Falle stattgefunden hat. Soviel über die Verschiedenheit des Sprachgebrauches.

Aber diese Verschiedenheit würde vielleicht nicht sein, wenn nicht eine solche im unterliegenden Gedanken bestände. Wir unterscheiden 1. den bedingten Stoff, beispielsweise von Meinungen und Bestrebungen über rechtliche Einrichtungen, die sein oder nicht sein sollten; und 2. die allgemeingültige Methode, in welcher dieser Willensinhalt nach der Idee des Richtigen bestimmt werden Wenn nun die Lehrer der materialistischen Geschichtsauffassung das eben unter 1. Genannte mit dem Worte Ideen bezeichnen, so kommt es wohl nur daher, dafs sie auf das zweite nicht genügend acht geben.

soll.

Und dann stellt sich auch wohl das Mifsverständnis ein, als ob mit der Idee des Richtigen und der nach ihr vorgenommenen Bestimmung des bedingt erwachsenden Stoffes selbst wieder ein solcher bewirkter und wirkender Stoff gemeint wäre. Das trifft die hier durchzuführende

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