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ein Verhältnis, das über die Summierung von einzelnen Menschen hinausginge und einen eigenen Gegenstand der Untersuchung darböte, gar nicht geliefert. Ein Zusammenleben, welches sich als ein Verhältnis mit Gegenständlichkeit darstellen soll, kann ohne die Bedingung einer Verständigung und Normierung des Verhaltens zu einander nicht gedacht werden; und ohne solche hat der Gedanke von einem selbständig bestehenden sozialen Lebensverhältnisse keinen fafsbaren Sinn.

Ganz vag bleibt endlich die von manchen Autoren versuchte Bezugnahme auf die Wechselwirkung von Menschen auf einander. Auch hierdurch wird ein besonderes Objekt wissenschaftlicher Forschung nicht geliefert, wie es in der Aufgabe der Sozialwissenschaft gefordert wird. Eine Wechselwirkung findet überall in der Natur statt; ist also ungeeignet, das kategoriale Merkmal speziell der gesellschaftlichen Frage abzugeben. Wollte man dem dadurch abhelfen, dafs auf eine Wechselwirkung angespielt würde, welche gewisse Menschen mit einander verbindet, so befindet man sich gerade am Beginne des hier schon zurückgelegten Gedankenganges: Denn nun fragt es sich, unter welcher allgemeingültigen Bedingung eine so gemeinte Verbindung möglich sei; was auf das Moment der äufseren Regel notwendig hinleitet.

Es gibt also keine sozialen Lebensverhältnisse, die nicht unter der Bedingung von Normen des Verhaltens liegen. Wir fragen hier, in der sozialen Forschung, nach den Beziehungen, welche durch Verbindung bestehen. Es sind nicht mehr die einzelnen Menschen als solche, oder ihr besonderes Schaffen und Handeln für sich, wodurch unser Gegenstand bezeichnet würde; es sind die gegenseitigen

Verhältnisse, die in ihrem Inbegriffe das Zusammenleben als besonderes Objekt ausmachen, und welche den äusseren Regeln nicht gegenüber sich befinden, sondern durch diese erst geschaffen werden, ohne sie nicht sind.

Und dieses darf nicht zeitlich verstanden werden; als eine Meinung über geschichtliches Werden. Wir betrachten das Verhältnis der gedanklichen Elemente in unseren Begriffen von Gegenständen; und nicht ein wirkliches Geschehen im Leben der letzteren. Würde man also auf die eine Seite die isoliert gedachten Menschen stellen und auf jenen Part die unter äufseren Regeln Verbundenen, so könnte es zwischen jenem getrennten und diesem gesellschaftlichen Dasein eine Zwischenstufe nicht geben. Das ist nicht als eine Behauptung von entwickelungsgeschichtlichem Sinne gemeint, sondern als ein systematisch begründeter Satz: Der Gegensatz von Einzelwesen und von sozialem Leben, als einem äufserlich geregelten Zusammenwirken ist ausschliefsend; und er kann sich in jedem einzelnen Augenblicke der Betrachtung von historischen Schicksalen der Menschen einsetzen.

IV.

Brauch und Sitte.

Aber ist es denn notwendig, dafs die sozialen Beziehungen gerade unter der Bedingung von rechtlichen Satzungen stehen? Kann es nicht geregelte Verhältnisse geben, die durch Brauch und Sitte und sonstige konventionale Normen ihre Leitung empfangen, so dafs sich der

Begriff eines Lebensverhältnisses zwar nicht als eine ungeregelte Beziehung, aber doch als eine konventional geregelte halten läfst?

Das ist nicht zu bestreiten. Um es jedoch in seiner Tragweite richtig würdigen zu können, ist nötig, an folgendes sich zu erinnern.

Die Konventionalregeln stellen ihrem Sinne nach Einladungen zu einem gewissen äusseren Verhalten dar, die in ihrem Geltungsanspruche auf die Annahme durch den Angeredeten gestellt sind. Es sind äufsere Regeln, die es mit der Bildung rechter Gesinnung nicht zu tun haben; und sie wollen gelten, wenn der Unterstellte will und entbehren des selbstherrlichen Zwanges, welcher der rechtlichen Satzung eignet. Ihre Ausbildung geht regelmässig in enger begrenzten und in bestimmt ausgezeichneten Kreisen der Bevölkerung vor sich; in denen sie dann im tatsächlichen Wirken nicht selten auf den einzelnen einen ungemein heftigen Druck ausüben; der mit dem wahren Sinne ihres Geltungsanspruches in ziemlichem Widerstreite zu stehen vermag. Bei der begrifflichen Scheidung von den rechtlichen Normen kommt es selbstverständlich nur auf die formale Art des Geltungsanspruches an.

Daraus folgt, dass ein konventional geregeltes Verhalten der Garantie der Dauerhaftigkeit entbehrt. Dem eigenen Sinne nach ist ein so normiertes Verhältnis immer nur von Augenblick zu Augenblick neu hergestellt; und nur in uneigentlichem Sinne vermag von einer konventionalen Gemeinschaft gesprochen zu werden. Es ist mithin ein recht flatternder Stoff, welcher hier von der rechtlichen Regelung erfafst wird.

Denn dieses gibt jetzt den Ausschlag. Die rechtliche Ordnung besitzt die Eigenschaft des selbstherrlichen Geltens. Sie bestimmt ihr sachliches Gebiet selbst; und ebenso den Kreis derer, die ihr unterstellt sein sollen. Sie ist eine Zwangsregelung und bedeutet eine besonders geartete Gewalt. Freilich gilt ein Recht nicht, weil eine Gewalt da ist: Das wäre ja ein blofser natürlicher Zustand; aber auch nicht nur, weil die Gesinnung der Unterworfenen seine Befolgung erwirkt: Dies würde die Betrachtung einer sittlichen Aufgabe sein; sondern es besteht das Gelten eines Rechtes darin, dafs eine solche Gewalt da ist, welcher die formale Eigenschaft zukommt, dafs sie ihrem Sinne nach unverletzbar ist.

Wenn also dem Rechte in dieser Richtung der Untersuchung die autokratische Herrschaft zukommt, und es diejenige soziale Regelung ist, welche selbstherrlich gilt und deshalb die Gesamtheit des sozialen Lebens. unter sich zu haben vermag, so folgt daraus, dafs die als Einladung nur auftretenden konventionalen Sätze auch nur einen von dem Rechte ihnen angewiesenen und belassenen Platz einnehmen können.

Dann schweigt vielleicht die juridische Satzung und verzichtet auf besonders eingreifenden Ausspruch. Aber indem sie das tut, so liegt hierin gerade eine bestimmte Art von rechtlicher Regelung. Die beiden Normengruppen, die des Rechtes und der konventionalen Regeln, stehen nicht in ebenmässiger Gleichberechtigung neben einander, sondern sind von verschiedenem Range, gemessen an der Stärke des Geltungsanspruches. Das Recht vermag wohl nach dem Sinne seines Geltens die Konven

tionalregel zu begrenzen und ihr Raum zu nehmen oder zu belassen, nicht aber umgekehrt; wobei man selbstredend festhalten mufs: dafs nicht an den Erfolg im einzelnen Falle gedacht ist, sondern an die allgemeingültige Richtung ihres jeweilig grundsätzlichen Wollens.

Wenn nun die rechtliche Satzung den konventionalen Regeln eine Angelegenheit überläfst, so geschieht dieses notwendiger Weise in der Unterstellung, dafs der Inhalt der letzteren mit den Grundsätzen des richtigen Rechtes übereinstimmt.

Auch dieser Satz will nicht eine generell gefafste Beobachtung des historischen Geschehens sein, sondern eine Besinnung auf den systematischen Gedanken, welcher im Sinne der gesetzmäfsigen Einsicht eine unerlässliche Bedingung ist und die Bahn zu einer unbedingt einheitlichen Erfassung ermöglicht. Auf welchem Wege sich also ein gewisser Brauch gebildet hat, durch was für besondere Motive ein bestimmtes Recht veranlafst worden ist, sich zurückzuziehen und der freien Sitte das Feld zu überlassen, das steht hier nicht in Frage. Jenes ist eine konkrete Erwägung für sich; welche auch durch relative Verallgemeinerung des material Wahrgenommenen den Rang einer allgemeingültigen Erkenntnis nicht zu gewinnen vermag. Denn indem sie einen besonderen empirischen Stoff in sich als wesentlich aufnimmt, kann sie durch Generalisation diesen Stoff nur in bedingter Weise weiten und aufblasen; damit aber nicht zu der Einheit der formalen Gesetzmäfsigkeit und ihrer notwendigen Bedingungen gelangen, welche der wissenschaftlichen Erkenntnis des einzelnen bestimmend zum Grunde liegt.

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