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rius freilich war kein Feigling und dennoch rechtfertigte er jeden seiner Schritte. Welch seltsame, unfreiwillige Unterwerfung des Lasters unter die Tugend! Weifst du, was ich glaube? Es liegt nur daran, weil die Sünde häfslich und die Tugend schön ist. Folglich ist ein ästhetisch fühlender Mensch tugendhaft. (Aus SIENKIEWICZ, Quo vadis?)

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Ich weifs nicht, ob diese Bestreitung ethischer Bedürfnisse aus dem Ästhetischen her auch heute von dem oder jenem aufgenommen werden möchte, ob wirklich der notwendige Gedanke von dem Primate der praktischen Vernunft vor der auf das Schöne gerichteten Urteilskraft manchem noch nicht deutlich wäre: Wir würden aber mit ihm darüber nicht rechten. Unsere Absicht geht auf das Festhalten der interessanten Beobachtung, dafs in allen sozialen Taten und menschlichen Satzungen sich Sinn und Sehnen nach dem Richtigen birgt; gleichviel, ob dieses Ziel mit verschiedener Meinung zuweilen umschrieben wird.

Dieser Zug nach einem richtigen Inhalte seiner Normen ist nun dem Rechte nichts Nebensächliches; so dafs er nach beliebigem Vorsatze bei dem einen Rechte da wäre und bei einem andern fehlen könnte, oder auch innerhalb einer rechtlichen Ordnung nach Gefallen befolgt oder abgelehnt zu werden vermöchte: sondern er ist mit dem Bestande des Rechtes selbst gegeben. JHERING hat das Wort gebraucht, dafs das Recht die Politik der Gewalt sei; auszuüben von dem weitsichtigen, durch die Erfahrung belehrten Machthaber: Stets durch sein eigenes Interesse geleitet, der hartherzigste, unverbesserlichste Egoist, aber Erfahrung an Erfahrung reihend, sammelt er sich einen Schatz von Lebensregeln, die alle darauf hinausgehen, ihn

über den rechten Weg, den er einzuschlagen hat, um von seiner Macht den grössten Nutzen zu ziehen, zu belehren. Wir stellen dem vielmehr den in der Überschrift schon angeführten Ausdruck gegenüber, dafs jede Rechtsnorm ihrem eigenen Sinne und Wesen nach ein Zwangsversuch zum Richtigen ist.

Das folgt mit Notwendigkeit aus dem Zwangscharakter der Rechtsordnung. Das Recht will nach seinem geschichtlichen Auftreten die von ihm Beherrschten sich autokratisch unterstellen. Wer ihm untertan ist, unter welchen Bedingungen dieser in den Verband eintreten mag oder es ihm gestattet wird, aus solchem auszuscheiden, das bestimmt das Recht selbst. Es ist dieser selbstherrliche Anspruch des Geltens, mit dem es überall im sozialen Leben erscheint.

Aber das Recht stöfst auch mit diesem Geltungsanspruche auf grundsätzliche Anzweiflung und radikale Gegnerschaft; und mufs sich die skeptische Frage nach dem Rechte der von ihm beanspruchten Zwangsgewalt gefallen lassen. Und da ergiebt nun die rechtsphilosophische Untersuchung, dafs die Anwendung des Rechtszwanges als solchen, unangesehen des aufzunehmenden Inhaltes, deshalb allgemein begründet erscheint: weil das Recht die. notwendige Bedingung ist, um das soziale Leben der Menschen gesetzmäfsig auszugestalten (Wirtschaft und Recht § 96).

Aus dieser Deduktion folgt unausweichlich der allgemeine Sinn jedes Rechtsinhaltes in der vorhin genannten Richtung. Wenn das Recht keine andere Daseinsberechtigung besitzt, als die Bedingung für eine gesetzmäfsig geartete Gesellschaft zu sein, so würde es sich selbst in

einem nicht aufhebbaren Widerspruche ertöten, wenn es grundsätzlich von der ihm ehern vorgeschriebenen Richtung für seinen Willensinhalt abweichen möchte. So kann es nicht anders sein, als dafs jede rechtliche Anordnung, sofern sie, eben als rechtliche, ihrem Grundgedanken erfolgreich entspricht, in die Gesetzmässigkeit des Wollens, in den Zug nach dem Richtigen sich einfügt.

Diesen notwendigen Grundzug teilt das Recht schliefslich mit allen Daten des Bewusstseins. In jeder Wahrnehmung, die man als Erfassen einer Erscheinung feststellt, liegt bereits die Richtung des Gedankens auf das Ganze der Erkenntnis. Denn die blofse Wahrnehmung für sich gibt noch kein Wissen. Indem man aber wissen und sagen will - so konkret gefafst, wie möglich wie ein Gegenstand ist, so liegt in diesem Sein das Streben nach Wahrheit; liegt der Gedanke, dafs jene Einzelheit in der Einheit der Natur erfafst wird, was die festgestellte Wahrnehmung zu einem Versuche der Erkenntnis des Richtigen stempelt.

Und was noch näher liegt: In jeder sittlichen Lehre und aller religiösen Betrachtung steckt als wesentlich immer der Wunsch, das Richtige zu lehren und zu empfinden. Und das künstlerische Gestalten liefse sich hier endlich in gleichem Sinne anführen. Überall ist bei dem nicht endenden Wechsel der einzelnen Anweisungen, der verschiedenen Auffassungen und Bestrebungen dieser eine Gedanke stets in formaler Gleichheit und Allgemeingültigkeit zu beobachten. So ergibt sich für den immanenten Gedanken alles Rechtes eine Parallele zu jenen anderen Geistesphänomenen; wenngleich die Begründung in eigenem Beweisgange ausgeführt werden musste.

Hiernach lässt sich das Verhältnis des positiven und des richtigen Rechtes auch dahin wiedergeben: Alles gesetzte Recht ist ein Versuch, richtiges Recht

zu sein.

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Vielleicht möchte hier einer einwenden, dafs diese so bestimmte Absicht doch wohl auch einmal fehlen könnte; dafs es Machthaber und Staatszustände gegeben habe, bei denen man eine Befolgung des genannten Gedankens nicht gut zu finden im stande sein würde. Aber ein persönlicher Mifsbrauch hebt den in der Sache notwendig gelegenen Zielpunkt keineswegs auf. Wenn Quacksalber und schwindelhafte Heilkünstler das Vertrauen anderer betrügerisch ausbeuteten, so ändert dies nichts daran, dafs in der Berufung auf ihre Wissenschaft und Kunst in objektivem Betrachte das Ziel einer richtigen Erkenntnis doch wieder gelegen war. So mag es wohl auch einmal geschehen, dafs unbeschämte Beutegier oder cynische Despotie, sei es eines Tyrannen oder eines Volkshaufens, das Instrument des Rechtes für sich in blofs subjektiver Weise ausnutzten: Aber das hebt den objektiv auf das Richtige hinleitenden Gedanken der rechtlichen Ordnung selbst nicht auf.

Das geschieht auch nicht durch die Möglichkeit, dass einmal ein Recht den richtigen Inhalt in seinen Normen irriger Weise so ganz verfehlt, dafs sich das wesentlich. innewohnende Streben nach richtiger Regelung kaum noch erkennen läfst. Auch bei dem einzelnen Menschen kann die geistige Umnachtung so stark werden, die Vergleichungsfähigkeit mit den Bewusstseinsinhalten anderer Menschen. (das Merkmal der Zurechnungsfähigkeit) sich so sehr verlieren, dafs es schwer fällt, in solchem verstumpften

Wesen den Menschen wieder zu sehen; und doch bleibt als charakteristisches Merkmal der Menschheit die Vernunft und die Fähigkeit des Objektivierens bestehen. Entsprechend mufs auch trotz der Möglichkeit roher und vielleicht vertierter sozialer Zustände der Zug zum Richtigen als notwendiges Kriterium von menschlichem Gemeinschaftsleben festgehalten werden. Es können dem gegenüber wohl Einzelerscheinungen in der Geschichte als zurückgebliebene und unentwickelte beobachtet werden; aber niemals sind sie im stande, das Streben der rechtlichen Ordnung im Fortschreiten zum Richtigen als allgemeingültiges Merkmal alles Rechtsinhaltes zu streichen. Denn dieses folgt aus der einheitlichen Aufgabe, unter der das Anwenden der rechtlichen Zwangsordnung allein eine Daseinsberechtigung in Anspruch nehmen darf.

Freilich ist es nur das Streben in der genannten Richtung als solches, das als Grundzug des Rechtsinhaltes notwendig ist: Ob es überall glückt, das steht dahin. Eine rechtliche Ordnung kann den rechten Weg verfehlen. Es vermag ihr zu begegnen, dafs sie in ihren Anordnungen den unvermeidlichen Grundgedanken verschleiert; sie irrt sich dann selbst über ihr Endziel, von dessen richtiger Erfassung später noch die Rede sein soll. Und es kehrt hundertfältig wieder, dafs sie in ihren besonderen Normen dem Gesetze des richtigen Wollens nicht nachkommt. Dieser leidige Zwiespalt zwischen dem festen Ziele und dem nur kärglich erreichten Standpunkte bedarf noch eines näheren Wortes.

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