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b) Grundsatz des Teilnehmens.

Es hatte sich eine Ehefrau mit Grund von ihrem Manne getrennt und weigerte die Rückkehr wegen dessen verwerflichen Lebenswandels. Sie gebar ein Kind. Über dieses stand dem Vater die elterliche Gewalt zu; und er forderte es von der Mutter heraus. Aber indem er von dem Neugeborenen die Fürsorge der Mutter (BGB. 1634) schuldhaft ferne hielt, so lag nach unserem zweiten Grundsatze des Teilnehmens ein Missbrauch der elterlichen Gewalt dem Kinde gegenüber vor. Die Mutter konnte mithin nicht die Herausgabe an sich weigern; aber das Vormundschaftsgericht veranlassen, die die pflichtmäfsigen Schritte zur Vermeidung des Mifsbrauches und zur rechten Fürsorge für das Kind (nach BGB. 1666) vorzunehmen.

IV.

Wenn es tunlich ist.

Die Bezugnahme auf das Tunliche eines Vorgehens, als des richtigen Tuns und Verhaltens, findet sich im bürgerlichen Gesetzbuche in doppelter Anwendung.

Einmal soll das Vormundschafts- und das Nachlafsgericht vor gewissen Entscheidungen bestimmte Personen hören, wenn dies tunlich ist. So nach BGB. 1673, 1690, 1826, 1827; 1996, 2216, 2227, 2260, 2360, 2368. Hier handelt es sich um möglichst vollständiges Beschaffen des gerade nötigen Materiales. Ob es tunlich ist, wird also davon abhängen, welchen Wert diese Vervollständigung für den fraglichen technischen Zweck besitzt. Das ein

zusetzende Mittel mufs nicht gröfsere Opfer verlangen, als gerade mit ihm Vorteile erreicht werden können. In einigen besonderen Fällen hat das Gesetzbuch auch mit anderen Worten eine konkrete Anweisung erteilt: Wenn die Anhörung möglich ist ohne Zeitverlust und ohne erhebliche Kosten (1308); ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnismässige Kosten (1673, 1847, 1862, 2200). Vgl. auch BGB. 1726, 1735, 1746. Und ganz im Übergange zu technisch abschliefsender Formulierung: BGB.1990, über den Fall, da die Anordnung der Nachlafsverwaltung oder die Eröffnung des Nachlafskonkurses wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich ist. Danach gehören diese Fälle nicht eigentlich zu den hier zu lösenden Fragen.

Zum andern kommt unser Ausdruck bei der Ausubung von Schuldverhältnissen und von dinglichen Rechten vor: Ein anderer, der durch die Ausübung vielleicht in Nachteil kommt, soll Gelegenheit erhalten, seinerseits Schritte zu tun. Es soll nicht rücksichtslos und ohne Bedenken der Interessen des Beteiligten vorgegangen werden. Dieser soll in die Lage versetzt werden, sich der Nächste bleiben zu können, indem er nicht übergangen und in Unkenntnis gehalten wird, und ihm trotzdem Verpflichtungen aufgebürdet werden, oder er in gewisser Weise nun sich ausgeschlossen findet. Bei einem solchen drohenden Verluste kann es sich um Schuldverhältnisse, wie um. dingliche Rechte handeln.

In manchen Fällen dieser Art wählt unser Gesetz den

Weg der technisch geformten Regel. Man vergleiche namentlich: BGB. 545, 1042. In anderem Zusammenhange aber verweist es auf richtiges Recht. Es soll dann eine

Stammler

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Anzeige oder Androhung eines zu erwartenden Vorgehens erfolgen, wenn es sachlich begründet ist.

Der Geschäftsführer ohne Auftrag hat die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen (BGB. 681). In den übrigen Fällen einer danach erforderten Anzeige oder Androhung wählt das Gesetzbuch den Weg: erst die Pflicht zum Mitteilen aufzustellen, und dann hinzuzufügen, dafs die Benachrichtigung unterbleiben darf, wenn sie untunlich ist. Die Fälle sind: BGB. 303, 374, 384 (HGB. 373), 1128, 1166, 1218, 1220, 1234, 1237, 1241, 1285.

Damit wird erneut auf die rechte Methode hingewiesen, nach welcher ein richtiges Ausführen der fraglichen Rechtsverhältnisse zu erledigen ist. Es handelt sich in dieser Gruppe von Fällen darum, dem andern eine Gelegenheit zu bereiten, dafs er für sich nun sorgen kann. In der gedanklichen Sondergemeinschaft, in die wir die Beteiligten vorbildlich einbringen, fordern die Grundsätze des richtigen Ausführens, dafs für jenes Beschaffen der genannten Gelegenheit der Handelnde die Mühewaltung, der dadurch Begünstigte die Kosten übernehme. Denn da es sich um sachlich richtiges Verhalten handelt, so ist die einseitige Rücksichtslosigkeit und Unbekümmertheit ferne zu halten, also ihr entgegen das Nötige auch positiv zu tun; und da auf der anderen Seite die Anzeige nur den Vermögensvorteil des Benachrichtigten im Auge haben kann, so ist eine nötige finanzielle Aufwendung von ihm gerechter Weise zu tragen. So sagt in dem bekannten Fragmente vom Gläubigerverzug ULPIANUS nicht unzutreffend: Effundere autem non statim potest, priusquam testando denuntiet emptori, ut aut tollat vinum

aut sciat futurum, ut vinum effunderetur

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commodius

est autem conduci vasa aut vendere vinum bona fide: id est quantum sine ipsius incommodo fieri potest operam dare, ut quam minime detrimento sit ea res emptori (D. XVIII 6, 1, 3).

Und es wird die Anzeige oder Androhung dann untunlich sein, wenn sie mehr Aufwand und Kosten verursachen würde, als dem dadurch Begünstigten es wert sein kann; was unter Festhaltung des eben verfolgten Gedankenganges mit den einzusetzenden Zahlen sich objektiv ausrechnen läfst.

Nun fragt es sich aber: Sind jene zwölf Fälle des bürgerlichen Gesetzbuches die einzigen, da diese rücksichtsvolle Benachrichtigung stattzufinden hat? Das ist zu verneinen. Sie sind aus der allgemeinen und grundlegenden Vorschrift des Ausführens nach Treu und Glauben zu ergänzen. In jenen Fällen macht das Gesetz selbst darauf aufmerksam, dafs zu einem richtigen Ausführen auch die Übernahme der Mühe einer Anzeige gehören kann; in anderen Sachlagen schweigt es und unterstellt solches daher für das Recht der Schuldverhältnisse der oben von uns erörterten Norm, die ein grundsätzlich richtiges Leisten fordert.

Es ist alsdann folgendermassen vorzugehen: Nach der oben vorgetragenen Lehre von Treu und Glauben (wofür übrigens vereinzelt im BGB. 1288 der Ausdruck tunlich angewandt wird) ist zunächst festzustellen, ob nach sachlich begründeter Leistungspflicht auch die Mühe einer Anzeige an den gedanklichen Sondergemeinschafter an sich aufzunehmen wäre. Wir hatten oben Beispiele dafür in der Notwendigkeit, den Vater vom schlechten Betragen

seines in die Lehre gegebenen Sohnes, den Arbeiter von der Gefährlichkeit der zu bedienenden Tiere oder Maschinen zu unterrichten.

Ich füge noch hinzu: Eine Schiffahrtsgesellschaft hatte einen Dampfer, ein Fuhrwerksbesitzer einen Wagen zu stellen; durch widrigen Zufall wurde das den Schuldnern unmöglich; aber sie versäumten es, die Besteller zu benachrichtigen. Mit Grund mufs man sagen, dafs sie nach Treu und Glauben den Verpflichtungen aus dem Vertrage nicht nachgekommen sind. Sie haben nicht den andern Teil als einen Sondergemeinschafter so behandelt, dafs dieser sich noch der Nächste bleiben konnte; sondern nur auf sich selbst und ihre augenblickliche subjektive Lage gesehen. So erwächst in entsprechenden Fällen bei schuldloser Unmöglichkeit der Leistung dem dadurch befreiten. Schuldner an sich die Verpflichtung zu unverzüglicher Anzeige an den andern Teil.

Bei einem Mietvertrage war der Anfangstermin davon abhängig gemacht, dafs die Wohnung von dem jetzigen Inhaber in bestimmter kurzer Frist geräumt wurde. Der letztere zog nach drei Tagen aus. Der Vermieter rührte sich nicht; und meinte später, dafs es Sache des Mieters gewesen sei, sich danach umzutun, dafs also das Mietgeld fällig sei. Mit Unrecht; aus der gleichen Erwägung, wie in den zuvor berichteten Streitsachen.

Wenn nun nach dieser Erwägung von Treu und Glauben eine Anzeigepflicht an sich besteht, so versteht sich ihre Durchführung doch unter der weiteren Mafsgabe, dafs sie tunlich sei: dafs nicht Vernunft Unsinn, Wohltat Plage werde. Es ist nun überall die gleiche Betrachtung und Berechnung einzusetzen, wie sie oben für die zwölf

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