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IV.

Die Einheit des richtigen Rechtes.

In der rechtsphilosophischen Literatur der neueren Zeit findet sich zuweilen eine etwas vulgäre Anlehnung an die Entwickelungslehre der Naturbeschreibung. Der hierbei unterliegende Unterschied von einem Rechte, wie es überliefert ist, und einem vollkommneren Rechte, zu dem jenes fortzubilden ist, kommt aber damit nicht zutreffend zum Ausdrucke. Der Gedanke der Entwickelung vermag mit Nutzen nur auf das Ganze der sozialen Geschichte in Eigenart Anwendung zu finden; nicht aber für eine technisch abgeschlossene Rechtsordnung, für deren richtende Erwägung er eine trügerische Analogie abgeben würde.

Er ist aber auch unzulänglich, um die hier gestellten Aufgaben auch nur in der Fragestellung aufzunehmen. Denn es ist ein Irrtum, wenn man die Scheidung von gesetztem und richtigem Rechte nur für die Frage der Fortbildung des gewordenen Rechtes zu benutzen gedenkt. Das ist blofs die eine Möglichkeit der Anwendung. Vor allem kommt es auch darauf an, die Einsicht des richtigen Rechtes bei der Ausführung des bürgerlichen Verkehrs, wie bei der öffentlichen Verwaltung, bei der juristischen Beratung und der gerichtlichen Aburteilung zu verwerten.

an,

Gerade in unseren Tagen schickt sich die Gesetzgebung auf das letztere ein besonderes und stärkeres Gewicht zu legen. Es kommt nicht nur darauf an, das Aufstellen oder das Bewahren gewisser positiver Einrichtungen zu erwägen, also dahin, ob sie als Normen im Ganzen berechtigt und haltbar seien; sondern auch ihre Anwendung im be

sonderen Falle. Und dieses wieder nach der Seite des Bestehens eines einzelnen Rechtsverhältnisses, oder nach derjenigen seines Ausführens in eigener Sachlage. So mag man das Eigentum, den Zins, die elterliche Gewalt als Institute eines gesetzten Rechtes kritisch aufnehmen und angreifen oder verteidigen: aber man kann auch nach ihrer innerlich berechtigten Verwirklichung in concreto fragen. Und zusehen: ob jemand mit sachlichem Grunde Eigentümer oder Schuldner oder Inhaber einer Familiengewalt werden. oder bleiben solle; oder auch prüfen: was für eine Ausübung eines bestimmten Eigentumes dem Nachbarn oder dritten gegenüber begründeter Weise gestattet sei; wie viel und in welcher Art der Schuldner nach innerlich gerechtem Urteile zu leisten habe; und ob nicht bei gewissem Tun des Vaters ein unzulässiges Betätigen seines Rechtes vorliege. Aber welche Verwendung man von dem Gedanken eines in der Sache kritisch begründeten Rechtes gegenüber einem, das nichts als positiv ist mache: Immer ist es ein und derselbe Begriff des richtigen Rechtes, mit wesentlich einheitlichen Merkmalen, der blofser gesetzter Norm gegenüber steht.

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Wir müssen einen Augenblick verweilen, um diesen wichtigen Satz in Kürze zu illustrieren. Er bereitet in der Sache zwar keine Schwierigkeit, ist aber in Gefahr, von der Fülle des Sprachgebrauches überwuchert zu werden.

Schon bei der politischen Betrachtung, die auf ein Setzen neuen Rechtes oder auf ein Besinnen über das eben Gewordene hinausläuft, zeigt sich eine grofse Mannigfaltigkeit der Ausdrücke für denselben einen Gedanken. Man redet von ausgleichender Gerechtigkeit, von billiger Zuteilung, von berechtigten Forderungen, moralischen Ver

bindlichkeiten, sozialer Ethik, oder beruft sich auf Gründe des Gemeinwohles, der öffentlichen Ordnung, der allgemeinen Sittlichkeit, der gesellschaftlichen Notwendigkeit, und anderes mehr. Aber alle Wendungen besagen das Gleiche: Sie bringen zum Ausdrucke, dafs der Inhalt des Rechtes ein richtiger sein soll.

Ganz besonders steigt die Zahl der Bezeichnungen des richtigen Rechtes bei dessen Eintreten in den Rechtsverkehr und in die Jurisdiktion. Ich erinnere an die Fülle der Worte, die den Römern bei der Rücksichtnahme auf das Gute und Gerechte zu Gebote standen: bonum et aequum; bona fides; aequitas; ius naturale s. naturalis ratio; boni mores s. mos; benevolentia; humanitas; pudor; pietas s. officium pietatis; iusta causa; arbitrium boni viri; iustitia; etc.

Eine entsprechende Menge verschiedener Ausdrücke zeigt die heutige Rechtssprache, und so auch das bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich. Aber während es für das römische Recht kaum gelingen will, in der Auswahl der verwendeten Worte eine jeweilige Gemeinsamkeit zu finden, diese vielmehr in den erhaltenen Fragmenten der juristischen Schriften nach willkürlicher Abwechselung für den gemeinsamen Oberbegriff des sachlich begründeten Rechtes aufzutreten scheinen, ist dieses in unserer neuen Gesetzgebung anders. Die Zahl der Wendungen, welche auf richtiges Recht verweisen, ist zwar gleichfalls eine grofse; aber sie werden gruppenweise in einer Übereinstimmung gebraucht, die jeweils nur wenig mit Ausnahmen durchlöchert ist.

Dieser Sprachgebrauch hat es namentlich mit folgenden Bezeichnungen zu tun: Treu und Glauben für das Aus

führen der schuldnerischen Leistungen; während im Familienrechte dafür entsprechend Vermeidung eines Mifsbrauches gesetzt wird. Angemessen zumeist bei quantitativer Bestimmung, besonders der Herabsetzung einer zu zahlenden Summe, oder bei Fristbestimmungen, zuweilen aber auch für die Qualität von Leistungen.

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Tunlich bei der Pflicht zu einer Anzeige, Androhung, Anhörung. Wichtiger Grund bei berechtigter Auflösung von Rechtsverhältnissen; verständige Würdigung des Falles für Anfechtung einer irrigen Willenserklärung. Interessant: Billigkeit oder Bestimmung nach billigem Ermessen, regelmäfsig da verwendet, wo es sich um das Ziehen einer Grenze zwischen zwei Streitteilen handelt, die durch ein für beide ganz unbestimmtes Gebiet zu legen ist, z. B. Teilung der Auslobungssumme unter zwei Erfüllende; Ausführung einer Gemeinschaft; Grenzstreit; Auseinandersetzen von zwei Dienstbarkeiten, die das dienende Grundstück nicht zusammen tragen kann; Bestimmung einer unbestimmt gebliebenen Vertragsleistung u. a. m. Während also Treu und Glauben eine berechtigte Änderung einer an sich feststehenden Leistung begründen kann (angewandt auch bei der Auslegung von Verträgen und bei der unzulässigen Verhinderung des Eintrittes einer Bedingung oder eines Erfolges), so hat man es bei Billigkeit mit einer Abgrenzung zu tun, für welche in dem streitigen Umfange überall noch kein Anhalt gegeben ist. Dazu haben die beiden zuletzt genannten Ausdrücke wieder das gemeinsam, dafs sie auf das Ausführen bestehender Rechtsverhältnisse abzielen (ausser BGB. 829). Wo es sich um das Begründen von solchen nach Grundsätzen des richtigen Rechtes handelt, gebrauchen unsere Gesetze, an Stelle

der seither genannten Wendungen, vielmehr sittliche Pflicht, oder sagen, dafs etwas nicht gegen die guten Sitten sein dürfe.

Ich kann nicht behaupten, dafs diese gruppenmässige Scheidung des Sprachgebrauches den Redaktoren deutlich gewesen ist; es scheint sogar, dafs das Gegenteil anzunehmen ist, und der Sprachgebrauch mehr ohne Bewufstheit gewirkt hat. Jedenfalls ist es aber seither nicht zum Bewusstsein gebracht worden, dafs alle mannigfaltigen Ausdrücke sich in der Sache auf einen einheitlichen Begriff zurückziehen: auf den des richtigen Rechtes.

Das liegt notwendig in dem Sinne der Rechtsbestimmungen, deren wichtigste Vertreter soeben angeführt wurden. Denn wir müssen fragen: Auf welche methodische Art des Urteilens verweisen die einzelnen Ausdrücke, die wir nannten? Und dann gibt es in jedem jener Fälle keine andere Antwort, als dafs der Bürger, der Berater, der Richter zusehen und bestimmen sollen, welche Norm die richtige Anweisung für die streitige Frage gebe.

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Dafs das Gesetz hierbei verschiedene sprachliche Wendungen einführt, erklärt sich nun hinlänglich daraus, dafs es damit in die Klassifizierung der möglichen Zweifelspunkte schon eingetreten ist. Aber sie alle bleiben einzelne Bewährungen eines einheitlichen Grundgedankens, der in formaler Allgemeinheit sie umfasst. Was wäre denn die Folge, wenn man sich dieser notwendigen Synthesis verschliefsen möchte? Wenn der Bedienstete einseitig kündigen darf, sobald ein wichtiger Grund vorliegt, so kann das doch nichts anderes heifsen, als: sobald nach gerechter und guter Bestimmung das Ende des Dienstverhältnisses sich rechtfertigt; falls der Mieter nach Treu und Glauben die Mietsache zurückzugeben hat, so wird wiederkehren,

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