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PLATON gefordert hat. Sie mögen (nach NATORPS Bearbeitung) den individualen Tugenden parallel von geläuterter Ethik ausgeführt werden: Wahrheit, als fester Wille, das Richtige zu erkennen, Tapferkeit, im unentwegten Entschlusse, es zur Tat zu machen, Reinheit, alles von blofs eigenem Interesse von sich und anderen abzutun, und zusammenfassend Gerechtigkeit, um alle jene in Gedanken und Entschlüssen dritten gegenüber stetig zu bewähren.

Danach darf man nicht darüber streiten, ob die Gerechtigkeit ein sittlicher oder ein rechtlicher Begriff sei. Es kommt auf die Richtung des Gedankens an, in welcher man den Begriff einbringt: Soll es eine Tugend dessen sein, der das Recht setzt und führt, so ist es der sittlichen Lehre angehörig; bedeutet es dagegen den objektiven Inhalt von gewissen Normen, so ist die Frage des richtigen Rechtes aufgeworfen. Im ersten Falle steht die Person des Gesetzgebers und des Richters in Betracht, und sie werden als Menschen genommen und geprüft; es steht ihre lautere Gesinnung und die Reinheit ihres Charakters zur Erwägung, es ist ihr Denken und Wollen, das richtig, das gut und vollkommen sein soll, und so gehört iustitia als constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi zur Aufgabe der sittlichen Lehre. Doch es kann bei der rechtlichen Betrachtung auch von der Person des Gesetzgebers abgesehen werden: Was als rechtliche Norm gilt, vermag in seinem eigenen Inhalte aufgenommen und erwogen zu werden und auf den, der es geschaffen, kommt es als Menschen jetzt gar nicht an; alsdann gelangt man zu der zweiten Frage: Ist der Inhalt dieses Rechtes auch berechtigt? Hier handelt

es sich auch um eine Frage der Gerechtigkeit, aber um eine Aufgabe des richtigen Rechtes.

Und dies fordert, wie wir ausführten, eine eigene Methode der Bearbeitung für sich. Es ist auch hier nicht möglich, aus deduzierten Tugenden des Gesetzgebers her zugleich den richtigen Inhalt eines zu setzenden Rechtes abzuleiten. Aber es bedarf das richtige Recht allerdings, so lautet unser Lehrsatz, zu seiner vollkommenen Verwirklichung der sittlichen Lehre. Es mufs sich mit ihr vereinen und gemeinsam den Kampf gegen das Unrichtige aufnehmen.

Es ist zuzugeben, dafs sich im ersten Anlaufe mehr Argumente ad hominem einstellen: Weil der rechtliche Zwang allein unmöglich Ordnung und Frieden unter den Menschen aufrecht erhalten kann, und er sich auf den Einflufs auch der sittlichen Lehre verlassen müsse; und anderer Betrachtungen mehr. Aber es liegt auch die Notwendigkeit der gesagten Vereinigung im Wesen des Rechtes selbst gegeben. Da dieses im letzten Grunde ein Zwangsversuch zum Richtigen ist, so mufs es folgerichtig die Unterstützung der Lehre annehmen, welche in ihrem Ziele die Bereinigung der wollenden Gedanken von Unrichtigem hat.

Sagt man also zusammenfassend, dafs es in der sozialen Frage noch etwas Höheres gebe, denn blofs richtiges Recht, so kann der Satz ruhig stehen bleiben. Die Beschränkung auf das Aufsuchen des Gerechten genügt allerdings nicht, weder für den, der das Recht setzen soll, noch auch für alle, die ihm unterstehen: Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung.

Es war eine verfehlte Hoffnung mancher Politiker und Parteien, durch den Erlafs einer richtigen Rechtsverfassung

allein die sozialen Schäden zu bessern und einen guten Zustand der Gesellschaft herbeizuführen. Denn der Rechtsstaat ist zwar eine notwendige Bedingung hierzu; für sich allein aber ohnmächtig, das gewünschte Ziel zu erreichen. Besser und zutreffender hiefs es längst vordem, in des Sachsenspiegels Vorrede:

Ich enkan di lûte machen nicht

vornunftig algemeyne,

Al lêre ich sie des rechtes phlicht,
mir enhelfe got der reyne.

2. Die sittliche Lehre bedarf zu ihrer Verwirklichung des richtigen Rechtes.

Wie wir wissen, so vereinzelt die ethische Betrachtung in sich den von ihr Angeredeten. Ihre Forderung ist von einer wechselseitigen Leistung anderer gänzlich unabhängig; sie will die Vervollkommnung der Gesinnung ohne alle Rücksicht darauf, ob dritte in gleicher Weise bereit sind, die sittliche Pflicht der Läuterung ihrer Gedanken auf sich zu nehmen. Aber aller Inhalt menschlichen Wollens, wie ihn die Sittenlehre ergreifen mag, geht in weiterer Richtung auf das Verhältnis zu den Mitmenschen und auf das rechte Zusammenleben mit ihnen. So ist das Anleiten und Festigen des Willens zum Guten ein in sich abgeschlossenes Verfahren. Sollen jedoch seine Ergebnisse sich betätigen, so mufs in einer zweiten Lehrart auch festgestellt werden, was richtige Norm des äufseren Verhaltens ist; auf welche das Wollen des Richtigen nun Anwendung findet.

Bei dem einzelnen vollziehen sich diese Erwägungen regelmäfsig ungetrennt. Es sind nicht viele, die erkenntniskritisch es durchschauen, dafs sie in ihrem wollenden. Bewusstsein gleichzeitig neben einander zwei in

der Sache getrennte Methoden vollziehen. Sagt einer beispielsweise: Das bin ich mir selbst schuldig, in bestimmter Frage so zu tun oder zu lassen, so steckt darin zweierlei: Einmal wird erwogen, was in dieser Lage das Richtige ist, oder dafs vielleicht ein anderer etwas Unrichtiges beansprucht; und zweitens wird festgestellt, dafs das hier Richtige auch wirklich gewollt, das Unrichtige nicht anerkannt werden soll. Jenes ist eine Abwägung aus dem rechten Stande der Gemeinschaft her, und das letztere bedeutet den Entschlufs, beim Wollen des Guten auch fest zu bleiben und sich in der Reinheit desselben durch schwächende und ablenkende Einflüsse nicht beirren zu lassen. Immer aber sind es zwei verschiedene Methoden, in denen auf der einen Seite der Inhalt des richtigen Verhaltens und auf der anderen der gesicherte Entschlufs zum Richtigen gewonnen wird.

Nun ist aber zwischen diesen beiden Methoden folgender Unterschied: Die auf das erste gerichtete kann eine zur praktischen Ausführung geeignete Norm von sich aus liefern. Denn sie giebt an, wie man sich richtiger Weise äufserlich verhalten soll. Und wenn es, nach den vorhin gemachten Ausführungen, in seiner Begrenzung auch halbe Arbeit bleibt, so ist doch sicher, dafs das Ergebnis dieser ersten Erwägung zum unmittelbaren Verwirklichen für sich geeignet ist.

Dagegen gibt das Resultat der zweiten Lehrart, die auf Beschaffen guter Gesinnung abzielt, keine Möglichkeit einer unvermittelten praktischen Anwendung. Sie will den festen Willen herstellen, das Richtige zu tun: Was aber dieses Richtige sei, das wird durch die andere Methode der Untersuchung erst angegeben. So ist die sittliche Lehre

in Gefahr, je schärfer sie ihre Eigentümlichkeit der Veredelung des inneren Menschen aufnimmt, zwischen Himmel und Erde schweben zu bleiben. Ihre Arbeit vervollkommnet erst das mit der Methode für richtiges Verhalten festgelegte Ergebnis; aber sie kann auch ohne dieses gar nicht zu einer wirklichen praktischen Durchführung gelangen.

Nun ist es ihr jedoch nicht gestattet, bei einem verneinenden Abschlusse sich kühl zu beruhigen: Die sittliche Lehre mufs, ihrem Grundgedanken nach, die mögliche Vereinigung mit der Methode des richtigen Rechtes anstreben. Es ist eine schlüssige Forderung aus ihrem Wesen her, dafs sie das Rechtsgesetz als den Stoff ihrer Verwirklichung nehme, von dem sich beweisen läfst, wie es, das Recht mit seinem Zwange, die notwendige Bedingung zu sozialer Gesetzmässigkeit überhaupt, zu richtiger Ausgestaltung des Gemeinschaftslebens der Menschen ist; und dafs sie mit den konkreten Folgerungen aus den Grundsätzen des richtigen Rechtes sich verschmelzend vereine und diesem, dem in sich kalten, trockenen Gebote des Gerechten den frischen Strom der Hingebung eines guten Wollens, des unwandelbaren Entschlusses zum Richtigen zuführe. Sie mufs es, will sie nicht dem eigenen Gebote unbedingten Strebens zum Guten abwendig werden; und ein anderes Gebiet, als das Verhalten nach Normen des richtigen Rechtes findet sie, die sittliche Lehre, zu ihrer Verwirklichung nicht.

In diesem Sinne mag man wohl das Wort zustimmend aufnehmen: Darum ist's not, untertan zu sein, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen.

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