ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

als zehn verschiednen Ausgaben und erlangte allgemeine Gunst. Theobald Höck nennt 1601 in seinem Schönen Blumenfeld" den Faust neben dem Fortunat unter den beliebtesten Lesebüchern. *)

[ocr errors]

Eine englische Uebersetzung folgte dem Spies'schen Faustbuche auf dem Fuße. Denn schon 1590 konnte der Dichter Marlowe eine solche zu seiner Schauertragödie Doctor Faustus benußen. Dieselbe endigt wie die Sage mit Faust's Untergang, indem er von Teufeln zerrissen wird. Der Teufel, den Faust beschwört, heißt auch hier Mephostophiles. Sein Famulus Wagner fehlt nicht. Marlowe, deffen Faust eine Reihe von Auflagen erlebte, hatte somit diesen Stoff seinem größern Zeitgenossen Shakespeare vorweggenommen, der nun zwar die verwandte Gestalt des Hamlet aus Faust's Wittenberg hervorgehen ließ, jedoch Faust und Mephostophiles nur gelegentlich in den Lustigen Weibern von Windsor erwähnt. **) Aber die innere Verwandtschaft des Faust-Dramas mit dem Shakespeare'schen Geiste hat schon Lessing (Literaturbrief 17) erkannt. Der Marlowe'sche Faust ist mehrfach, von Wilh. Müller, A. Böttger, v. d. Velde, ins Deutsche übersett, auch in England neu bearbeitet worden (von Riedl 1874 und Wagner 1877). Mehrere Hauptmotive, der unbefriedigte Wissensdurst, die Erscheinung der Helena u. a. m. find wuchtig und glänzend behandelt, so daß man diesen Faust mit dem Klinger'schen und Goethi= schen wohl in Parallele stellen kann.***) Der Skeptiker Beyle zieht ihn in seinen Promenades dans Rome dem Goethischen sogar vor. Nach Crabb Robinson's Erinnerungen bewunderte Goethe selbst Marlowe's Stück sehr. †) Aus diesem war in der zweiten Hälfte des

*) Kap. V:

Darfst du den Rollwagen lesen,

Die Gartengesellschaft und ihr Wesen,

Das Nachtbüchlein voll Posen [Possen],

Und den Wendt umb Mut, wirst drob nit verdrossen,
Den Fortunatum eben,

Den Faustum auch darneben.

"

**) II. 1, IV. 5, und I. 1. Bardolph: „Fort wie drei deutsche Teufel, drei Doktor Faustusse." Pistol: Was willst du, Mephistophilus!" So in der Tieck'schen Uebertragung, die den Namen unhistorisch dem neuern Gebrauch akkomodirte, während im Originale steht: How now, Mephostophilus!

***) Eine Vergleichung dieser drei Tragödien unternahm Amédée Pichot in der Rev. des deux mondes März 1833. p. 237-253.

†) Diary II, p. 434.

fiebzehnten Jahrhunderts das deutsche Volksschauspiel Faust hervor= gegangen. Im Simplicissimus wird ein solches erwähnt. Man fennt jedoch nicht die Tragödie von Doktor Faust, welche der Theaterunternehmer Di Scio 1703 auf dem Berliner Rathhause, noch die Fauststücke, welche Stranitzky zu Wien (1715) mit Hanswurst und die berühmte Ackermann'sche Truppe in den Vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts spielte.*) Weiter hatten die Sage seit etwa 1660 die Marionettentheater verbreitet. Das auf ihnen dargestellte, früher nur handschriftlich vorhandne, skurril-grausenhafte, heroischkomische Puppenspiel Doktor Faust mit der lustigen Figur des Kaspar oder Kasperl, in neurer Zeit in verschiedener Gestalt als literarische Kuriosität gedruckt, **) hat neben den Faustbüchern die unmittel= barste Anregung für unsre Tragödie gegeben, da Goethe den Stoff wahrscheinlich zuerst in dieser volksthümlichen Bearbeitung auf den Frankfurter Mejjen kennen lernte.

Im Laufe dieser Zeit, vom Ende des funfzehnten Jahrhunderts, in welchem der historische Faust zwischen 1480 und 1490 geboren sein wird, bis zur Mitte des vorigen, nahm die in den angedeuteten Formen fortlebende, wie in Deutschland aber auch in den Niederlanden. (Jost Faust, nach Faust's Sohne Justus), in Frankreich, in England, in Dänemark, in Polen verbreitete Faustsage, als ein Mittelpunkt des Wunder- und Teufelsglaubens und der magischen, alchymistischen und vor Allem der auf die Entdeckung des Steins der Weisen gerichteten Studien, die noch sonst lebendigen Zaubersagen der Vorzeit in sich auf. In ihrem Kern beruht sie auf der Theophilussage der anatolischen Kirche, welche schon Hroswitha von Gandersheim dramatisch bearbeitet hatte, indem diese Sage zuerst auf christlichem Boden (Theophilus war um 538 Geistlicher in Cilicien) die Verschreibung der Seele an den Teufel einführte, den Theophilus Leßterem nach altpersischem Ritual huldigen, ihn aber schließlich durch die Panhagia Maria gerettet werden läßt, wie dies der Goethische Faust am Ende des Zweiten Theils ähnlich erfährt. Das Bündniß mit

*) Hagen, Geschichte des Theaters in Preußen S. 219, Note; Sommer in der Encyklopädie von Ersch und Gruber 1, 42, S. 93 fgg. u. W. Creizenach 6. 82 fgg.

**) Leipzig 1850. Schon vorher von v. Below (1832) und von Simrock (1846) und später von D. Schade (1856) und Engel (1874).

dem Teufel bildete sich in der dualistischen Weltanschauung der orientalischen Christen als ein Gegenstück zu dem Bunde, den Gott nach der Bibel mit Moses und andern Auserwählten geschlossen, naturgemäß aus (Roskoff 1, 201, Note 9). Das frühe Mittelalter erwähnt auch der Bündnisse des Teufels mit dem Diener des Proterius und mit Anthemios. Die Theophilussage war aber die bekannteste. In den Bearbeitungen derselben im dreizehnten Jahrhundert kam die Verschreibung mit Blut hinzu, welche der Faustsage unentbehrlich ist. *) Calderon's El magico prodigioso, die spanische Tragödie, welche, auf der Legende des seiner Zeit als Magier berühmten Antiochischen Heiligen Cyprian beruhend, den Sieg religiöser Mystik über die Magie darstellt und deshalb vielfach mit Faust verglichen wird, diese kennt gleichfalls die Verschreibung an den Teufel mit Blut.

Im Allgemeinen liegen die Wurzeln der Zaubersagen des Faust jedoch viel tiefer, und keinem Werke mehr als Grimm's deutscher Mythologie ist die Einsicht zu verdanken, daß die alte nordische Religion, Mythe und Dichtung (Edda) sich, wenn auch in verkümmerter oder verwandelter Gestalt, in die Faustsage gerettet hat. Bei der Deutung des Faust ist es daher nothwendig, diese mythologische Grundlage stets im Auge zu behalten. Die Dichtung selbst kann erst zu ihrem vollständigen Rechte gelangen, seitdem die modernen Disciplinen der vergleichenden Mythologie und der vergleichenden Religionswissenschaft mehr und mehr angebaut werden. Denn die ganze Faustsage und Dichtung ist aus dem ungeschlichteten Widerstreit heidnischen und christlichen Glaubens, aus dem Konflikte verschiedner Götterordnungen und damit verschiedner menschlicher Weltanschauungen hervorgegangen. Goethe liebte es, grade derartige Wendepunkte historischer Entwicklung dichterisch zu behandeln, wie die Balladen die Braut von Korinth, die erste Walpurgisnacht und der Paria zeigen. Angeregt durch die Creuzer'sche Symbolik uud Mythologie,

*) Sowohl in dem Gedichte des Brun von Schönbecke 1276 als bei dem gleichzeitigen Rutebeuf, Le miracle de Théophile, wo die Stelle lautet: de son sanc les escrit. S. Ettmüller, Theophilus, der Faust des MittelAlters. Schauspiel aus dem 14. Jahrhundert. 1849 (aber auch schon 1798 bei Nicolai erschienen), und Goedeke, Grundr. 1, 106 fg. Die beste Monographie über Theophilus: Sommer, De Theophili cum Diabolo foedere. Berolini 1844.

kontrastirte und parallelisirte er auch im Zweiten Theile des Faust, was im Ersten mehr unbewußt geschehen war, heidnische und christliche Mythen mit Klarstem Bewußtsein und mit voller Intention. Die Peripherie der ganzen Faustsage ist dadurch ins Unendliche hinausgerückt, ebenso nach der Seite der Ideen als der mythischen und historischen Grundlagen. Erinnerungen an Wodan tauchen verwandelt auf, wie in der Legende vom ewigen Juden. Ihm ist das achtbeinige Wunderroß als Symbol göttlicher Allgegenwart beigege= ben. Roskoff (2, 5) weist darauf hin, wie „der weite Mantel, in welchem der Gott, nach einer von Grimm angeführten Sage bei Saxo, einen Schüßling faßt und durch die Lüfte führt, in der Faustsage demselben Zwecke" dient. Ebenso durchsprengt in den vier Haimonsfindern das dem Bucephalus der Alexandersage verwandte Zauberpferd Bayart das Luftreich. Was Odin vermochte, vermag auch Karl der Große. Der Amadis kennt den Zaubermantel, Ariost's Orlando das Vogelpferd, den Hippogryph. Auch Meister Klingsohr fuhr mit Heinrich von Ofterdingen unter seinem Mantel, wie Mephistopheles mit Faust, in einer Nacht von Siebenbürgen zum Wirth Heinrich Hellgref in Eisenach.

Findet man schon in Firdufi's Schah-Nameh eine Art Faustsage der Urwelt, in der Geschichte vom Tyrannen Sohak und dem bösen Geist Jblis, so ist der wahre Prototyp des Bundes von Faust und Mephistopheles das Verhältniß der germanischen Götter Odin und Loki.*) Mephistopheles selbst ist lahm, weil Vulkan, weil Loki, der Volant der Eddasage, hinkte; andrerseits kommt in ihm die Figur des alten deutschen Hausgeistes als eine Abschwächung seiner diabolischen Natur zur Geltung. Die Kobolde betreiben mythologisches Weinbohren, zauberhaftes Schlagen des Weins aus der Spule, Ziehen der Milch aus der Spindel. Die ganze Scene in Auerbach's Keller bewegt sich in Wiederholungen alter Ruprechtscherze und der Künste des deutschen Kobolds. Diesem wird die Lust beigelegt, die Menschen durch Vorspiegelungen und Sinnestäuschungen auf einander zu heßen, doch ohne daß sie dabei Schaden nehmen. Ganz ebenso verfährt Mephistopheles dort; er sagt zwar den Gesellen: „Und merkt euch, wie der Teufel spaße“, es ist aber mehr ein Spaß der Heinzel

* Pfleiderer, Religion nach ihrer Geschichte S. 44, und Hauff, Deutsche Bierteljahrsschrift 1868, 2, 43 fgg.: Ueber die Religion der alten Deutschen." Ethé, Studien S. 260.

männer als des Satans; denn ein Spaß des Leztern könnte nicht so harmlos enden, und so gewinnen in Mephisto die semitischen Teufelselemente durch die des Kobolds eine mildere Legirung, einen humoristischen Zusatz, der die menschliche Personificirung des Teufels sehr erleichtert. *) Er ist nicht nur Spiritus, sondern auch Lar familiaris, Schwager auf du und du (V. 2230).

Die alten Götter drängten aus der christlichen Hölle, wohin die Kirche fie sammt und sonders verbannt hatte, immer wieder auf die Oberwelt zurück, zwar nicht mehr in alter Herrlichkeit, sondern verwandelt und verdorben, als Zaubergestalten und nächtlicher Herenspuk, und die Herenprozesse und Herenverbrennungen find Symptome des fortdauernden Kampfes der christlichen Kirche gegen die unausrottbaren Wahnvorstellungen. Nicht in dem Gegensatz gegen das ethisch Gute bestand das Böse, sondern in dem Abfall von dem christlichen Kultus, in der Hingabe an die dunkeln Mächte. Dazu gehörte das Versprechen, dem Teufel dienen zu wollen, **) gegen das Wort der Schrift: Nolo vos socios fieri daemoniorum (An die Korinther 10), weshalb auch Dante (Canto XX des Inferno) Zauberer und Heren in die Hölle sendet. So nimmt Faust eine Stelle ein in der von Dante bis Byron, über Vondel und Milton reichenden Satansliteratur. Das Zeitalter der Reformation fand im Norden Europa's, besonders in Deutschland die auf altheidnischen Erinnerungen beruhenden Vorstellungen, welche in Italien nie den gleichen Einfluß gewonnen hatten und mit dem wiedererwachten antiken Geiste längst geschwunden waren, ***) noch lebendig vor. Die Faustsage, welche gleich der Karlssage und der dem Faustischen Geiste des Mittelalters ganz entsprechenden Alexandersage diese Erinnerungen in sich aufnahm, gewann jetzt eine dergestalt erhöhte nationale Bedeutung, daß sie, wie schon oft bemerkt worden ist, die folgenden Jahrhunderte in Sage und Dichtung mit einer Ausschließlichkeit beherrschte, wie die früheren Jahrhunderte nur je die Siegfriedsage. †) Sonst ist es mißlich, in

*) Grimm, Mythologie S. 1025. Altteutsche Blätter 1, S. 289. Teutsche Sagen 1, S. 109 ff. Vischer bemerkt mit Recht (S. 258): „Goethe hat den groß genialen Gedanken gehabt, einen humoristischen Teufel zu dichten." **) Bodinus, Dämonomania S. 281.

***) Burkhard, die Kultur der Renaissance in Italien. 1860, S. 547–50. †) „Fauft ist im Wesentlichen nichts als eine höhere Potenz des Siegfried.“ F. B. im Arch. f. d. Stud. d. n. Sprachen 12, 473 fgg.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »