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nahmen demselben den höchsten Ausdruck und Beweis der Satansmacht. Das sechzehnte Jahrhundert hat daher mit besondrer Vorliebe den Hiob dramatisirt. Wir weisen unten solche „Joben-Spiele“ aus den Jahren 1522, 1546, 1547 (von Hans Sachs) und 1603 nach.*) Auch sonst erscheint im geistlichen Spiele der Reformationszeit (1571) Satan als Ankläger des ganzen Menschengeschlechts, nach Lucas 22, 31 und 1. Petri 5, 8, und Gott Vater, später auch die Dreifaltigkeit, als Richter. Satan ist im himmlischen Rathe der Berichterstatter über die Sünden der Menschen (Roskoff 1, 254). Nicht minder entsprach es den ältern allegorischen Moralitäten des 12. Jahrhunderts, daß Christus (der Reichsverweser der Paralipomena zu Faust) als Richter dramatischer, auf den Sündenfall gerichteter, also Faustischer Konflikte auftrat. **) Die Wette ist dem Buch Hiob entnommen und damit Faust's Rettung in Aussicht gestellt.

Die Alten (Euripides, Sophokles im „Ajar", Plautus) kannten gleich den Indern in Gesprächsform gebrachte Prologe, und das biblische oder legendarische Schauspiel des Mittelalters pflegte mit der Ankündigung durch einen Engel, dessen Stelle im weltlichen Schäferstücke, wie Amor in Tasso's Aminta, ein heidnischer Gott einnahm, oder mit einem geistlichen Vordialoge von Aposteln, Kirchenvätern und andern religiösen Personen zu beginnen. Die Kirche selbst nahm keinen Anstoß daran, Gott redend und handelnd einzuführen. Die Mysterienspiele erzählen von der Weltschöpfung. Gott Vater, im obern Himmelsraum, in weitem Gewande und mit langem weißen Barte, spricht: Ego sum alpha et omega, oder bei Hans Sachs: Ich hab' geschaffen alle Ding',

Die Erden sammt der Himmel Ring'.***)

Aneignung fremder Schätze entsteht ein Großes. Hab' ich nicht auch im Mephistopheles den Hiob und ein Shakespeare’sches Lied mir angeeignet?“ Vergl. Crabb Robinson's Diary 2, 433.

*) Bodinus, Dämonom. S. 369 und 370; Goedeke, Grundr. 1, S. 306 (Nr. 116), 315 (Nr. 222), 320 (Nr. 268a), 349 (Nr. 154).

**) Ebenda, S. 321 (Nr. 283), und Klein a. a. D. 6, 15. ***) Devrient, Geschichte der Schauspielkunst 1, 56 fgg., von den deutschen Mysterienspielen; Roskoff 1, 369; A. W. Schlegel, 1795 in den Horen 3, 56 fg. erörtert die Frage über die Zulässigkeit der dichterischen Darstellung Gottes, welche er verneint. Goethe's Prolog war damals noch nicht bekannt, nicht einmal gedichtet.

Das Mysterienspiel Adamo von Andreini (1617), aus welchem Milton Anregungen zu seinem geistlichen Epos schöpfte, läßt, wie Goethe's Prolog, Gott Vater im Beistande des Erzengels Michael mit Lucifer über menschliche Heilsangelegenheiten verhandeln, und das große Mirakelspiel vom Tode Ahab's von Cecchi (1559), mit Vorspiel und Intermedien, Gott Vater umgeben von der ganzen Engelschaar auftreten. Bei Goethe gehen dem Herrn die drei Erzengel vorauf, welche hier, ganz im Sinne der mittelalterlichen Natur- und Weltanschauung, der Bewegung der Himmel und der himmlischen Lichter" vorstehn und die Natur leiten. So fennt sie auch das „Aelteste Faustbuch" (S. 30). Wie im Buch Hiob mit den Kindern Gottes auch Satan dem Angesichte des Herrn nahen darf, so ist es den bösen Geistern überhaupt erlaubt, in der Versammlung der Engel zu erscheinen.*) Dies ist orthodore Lehre. Der Berliner Kirchenhistoriker Neander schreibt: „In der Religion des Kreuzes ist der Satan selbst ein Diener Gottes, er soll die Guten prüfen, bald im Fleische fizend bald im Geiste, daß sie an ihm verherrlichen die Herrlichkeit Gottes."

Von diesen Vorstellungen machen die Dichter, an welche sich Goethe zunächst anschloß, in verschiedener Weise Gebrauch, Dante zu Anfang des Convito, und besonders Milton und Klopstock, ebenso aber auch die Maler. Raphael stellt in der Kuppel der Kapelle Ghigi zu Rom (S. Maria del Popolo) ringsum die Planeten und die Firstern= himmel dar, aber bewacht und geleitet von herrlichen Engelsgestalten

*) Burkhard, Renaissance S. 406 ff.; Klein 6, 19 fgg., 4, 687. 187; Swedenborg, Der Himmel mit seinen Wundererscheinungen und die Hölle, Tübingen 1830, §. 52: „Michael, Gabriel und Raphael als Engelvereine, welche so von ihren Verrichtungen benannt werden"; Bodinus, Dämonom. S. 55: „Die Aemter der Engel“, S. 96, 129. Von diesen Erzengeln ist Michael bekannt als Vorsteher der Juden, Bekämpfer der Dämonen und Drachen (Ep. Judä 1, 9), Raphael als der Engel des Tobias und Gabriel als der der Maria, nach den Worten des ältesten Auslegers der Dantischen Gedichte Della Lana (3u V. 94, Gesang 32 des Paradieses): Quello angelo che ebbe l'ufficio di salutarla, quando Cristo s'incarnó." Eine ähnliche Botenstellung hat Gabriel auch im Islam, wo er den heiligen Geist selbst vertritt (Hasis, Hammer 1, 169, Note, und Goethe's Divan XII, 11). Die Erinnerungen, die in der kleinen Schrift von Bollmann Ueber den Prolog zu Faust von Goethe" (Berlin 1850) S. 7 gegen die Goethische Behandlung der Engel vorgebracht werden, beruhen auf Mißverständniß.

und von oben herab gesegnet durch Gott Vater. Dieser Tradition entsprechen Goethe's Engel, indem sie ein Schöpfungslied, ein weltliches „Lobe den Herrn, meine Seele", den Preis der Sonne, nach welcher der Tag des Herrn genannt wird, der Gestirne und Naturkräfte anstimmen und damit die kosmogonischen Tendenzen der Faust= dichtung in ihrer Sprache ankündigen. Das „Staubfressen“ (V. 92) bildet zu dem Grasfressen des Nebukadnezar (Daniel 4, 22) ein Seitenstück. Wie Mephisto am Schlusse im naiven Stile der geist= lichen Dramen der gläubigen Reformationszeit Gott Vater einen „großen Herrn“ nennt, so sprach der nicht minder gläubige Grieche Aristophanes von Zeus als dem alten Herrn". Der humoristische Ton des Prologs, die Humanisirung nicht nur des Teufels, sondern auch des Herrn selbst, der „so menschlich" spricht, *) giebt ihnen allein erst dramatisches Dasein. Ebenso zeugt die ihre reale Thätig= keit hervorhebende Behandlung der Engel von Goethe's überlegnem Kunstverstande, der ihn Klopstock's lyrische Rhetorik und dessen unplastische Darstellung vermeiden ließ. Daß Goethe nicht, gleich Milton, den von den Engeln angeschlagenen Ton weihevoller Erhabenheit festhielt, verdient nicht Tadel, sondern das höchste Lob, da nur so der ganz religiöse Stoff von den dogmatisch-moralischen Bestandtheilen befreit und für ein Spiel gestaltender Phantasie geeignet wurde. Hegel (Aesthetik 3, 369 ff.) bemerkt von dem dichterischen Gebrauch übersinnlicher Figuren äußerst treffend, daß grade, je mehr ihnen eine ernsthafte Eristenz zugeschrieben werde, desto eher der Anschein leerer Einbildung entstehe. Was Schiller an Klopstock's Himmels= lokal aussetzte (Ueber naive und sent. Dichtung), hat Goethe sowohl hier im Prolog als am Schlusse des Zweiten Theils vermieden, indem er „für die Anschauung bestimmte Formen" gab. Auch ist das Puppenspielartige, Burleske und die farcenartige Behandlung ein

*) Der Teufel rühmt die auch den Kirchenvätern bekannte humanitas Dei. Der Verfasser der in der vorigen Note zuletzt gedachten Schrift verlangt ftatt deffen (S. 26), der Teufel solle „das Gift seiner Teufelsnatur noch einmal recht mit Luft über die Worte des Herrn aus hauchen“, eine Auffassung, welche Gruppe (Geschichte der deutschen Poesie 1868, 4, 459) theilte. Auch Dingelstedt (S. 120 feiner Studie), der dem Herrn den Erdgeist substituirt, läßt Mephisto „mit einigen frechen Troßworten wider den Erdgeist und schadenfrohen Drohungen wider Fauft“, also in einer dem Goethischen Stücke fremden Tonart, abtreten.

zelner Scenen, besonders der Walpurgisnacht und der Herenküche nach Immermann's Worten in seinem Pater Brey, einer Entgegnung auf Pustkuchen's falsche Wanderjahre, grade das künstlerische Mittel, ,,den Gegenstand innerhalb der Grenzen des Schönen festzuhalten“.

Der erste Monolog Faust's, übereinstimmend mit dem Anfange bei Marlowe, Schink und im Puppenspiel, ist eine dramatische Einführung; denn er erponirt die innere Zwiespältigkeit des Helden, woraus der ganze Inhalt des Stücks sich entwickelt. Die Himmelskräfte (V. 96) gehörten zur mittelalterlichen Vorstellung von der Weltregierung durch Engel, deren jeder einen Himmel bewegt. Diese Theorie, welche sich auf Aristotelische Lehren von den Intelligenzen und den intelligibeln Geistern stüßte, wurde durch einen Rechtsspruch der Pariser Sorbonne als religionsfeindlich verurtheilt.*)

Der Erdgeist, nicht nur der Geist der Natur dieser Erde, sondern auch der Geschichte, wie der Erdgeist in Goethe's Requiem auf den Fürsten Ligne, der Geist des „Thatensturms", verschwindet nach seinem einmaligen Erscheinen völlig aus dem Stücke. Da nun unter dem „erhabenen Geiste“ der Scene Wald und Höhle (V. 2861 fgg.) und unter dem unendlichen Geiste" der prosaischen Scene nur dieser Erdgeist angerufen sein kann, beide Scenen aber der Zeit vor 1797 angehören: so ist die Folgerung nicht abzuweisen, nach dem ersten Entwurfe habe dieser Geist dem Faust wieder erscheinen und fich unter ihnen ein dauerndes Verhältniß entwickeln sollen. Des Geistes Vermittlung hatte Faust den diabolischen Genossen ver= schafft, während der Prolog dem Herrn selbst dieses Geschäft überträgt. Weiße hob zuerst die hierin liegende Abweichung von dem frühern Entwurfe hervor. Von Neueren hat Kuno Fischer diesen Punkt eindringend erörtert. Seinen Schlüssen, so weit sie die Rolle des Mephistopheles betreffen, vermag ich jedoch nicht beizutreten, nämlich, daß dieser ursprünglich von Goethe nicht als Höllengeist, als Satan, sondern als ein nur mitunter die Rolle des Teufels parodirend spielender Elementargeist" (Fischer S. 168) aufgefaßt, mithin aus der Volkssage überhaupt der Teufel weggelassen gewesen sei (S. 170). Aber die Here sagt doch klar: „Sinn und Verstand verlier' ich schier, seh ich den Junker Satan wieder hier“, und dieser selbst: Uns hat er in die Finsterniß gebracht" ist dies nicht die Hölle? - und von Faust sprechend: „Und hätt er sich auch nicht

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*) Bodinus, Dämonom. S. 11 und 205.

Goethe's Fauft, I.

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dem Teufel übergeben" könnte er dies, wenn er sich nur als Kobold, als irdischen Dämon wüßte? Das erste Fragment, dem vorstehende Stellen entnommen sind, enthält durchweg die flare Bezeichnung des Mephisto als Teufel, und schon in ihm fand Schelling die Principien der Teufelei". Mephisto's Charakter ist in seinen einzelnen, allerdings auch den der Selbstpersiflage ent= haltenden Zügen ganz derselbe im Fragment und im fertigen ersten Theile. Liest man das erstere heute, so empfindet man hinsichtlich dieses Charakters keinen Unterschied. Nur die dramatische Einführung ist verändert worden, die Motivirung. Der Teufel stand auch in der Figur des Mephistopheles traditionell so fest, daß Goethe, ohne unverständlich zu werden und den Gegenstand merklich zu verkürzen, fie gar nicht anders geben durfte. Dadurch aber, daß der Teufel Gott selbst gegenübergestellt, damit der radikalste Gegensaß zur Anschauung gebracht und Faust vom Teufel mit Gottes Zulassung versucht wird, erhielt das Ganze erst die dem Gegenstande entsprechende Weite. Die Konsequenzen hat Fischer zuerst in vollem Umfange gezogen. Was die beiden an die frühere Bedeutung des Erdgeistes im Stücke erinnernden Stellen betrifft, so konnte Goethe sie, der Aenderung unerachtet, stehn lassen; jezt wird der der Gottheit le= bendiges Kleid" wirkende Geist zu einem auch in Sachen Faust's mitwirkenden Organe Gottes. Sind nach dem neuen Plane wiederholte Beschwörungen des Erdgeistes ausgeschlossen, so ist die Be= deutung seines Auftretens zwar erheblich verringert, aber ganz ohne fortwirkende Kraft, wie Fischer annimmt (S. 200), scheint es mir nicht: die Beschwörung des Geistes, als erste des Stücks, bereitet vor auf die spätre des Mephistopheles, tritt als gescheiterte in Gegensat zu dieser gelungenen und motivirt den Selbstmordsversuch am Oster= morgen. Effektvoll stimmt sie gleich am Eingange das Gemüth auf den höheren Ton des Werks.

Wagner ist schon nach der Sage und nach den Faustbüchern (hier mit dem Vornamen Christoph) Faust's Schüler, Begleiter und Erbe; auch er wird zum Zauberer, der mit seinem Teufel Auerhahn (Urian) Faust abgeschwächt wiederholt; auch an ihn knüpft sich eine besondre Zauberliteratur (j. Dünger 1, 31 fgg.).

Der Ostergesang*) leistet hier für Faust, was der gute Engel

*) Vergl. wegen der alten Passionsspiele von der Grablegung und Auferstehung Chrifti Goedcke 1, 92 fgg. sowie Wilken (s. Literatur).

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