ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

dies illa in ähnlicher Art zur Anwendung.*) Der „böse Geist" ist nicht nur die Gewissens unruhe, die Stimme von Gretchens eignem schlechten Gewissen, dann wäre es ein guter Geist, sondern der Teufel, der jenes schlechte Gewissen von dem Fehl zu dem Verbrechen treibt, von welchem wir im Stücke bald erfahren. **)

Faust's Theilnahme an der Walpurgisnacht fand Goethe schon als Tradition vor, wenn auch nicht in der Faustfabel selbst, so doch in Löwen's Walpurgisnacht (1756), einem der in seiner Jugend beliebten komischen Heldengedichte (s. Note zu V. 3762). Aber der= selbe Gedankengang, der Löwen dahin führte, Faust in der Herennacht auftreten zu lassen, hätte auch Goethe, ohne jenes Beispiel dazu bestimmt. Einmal gewährte ihm die Walpurgisnacht-Mythe, als höchster noch lebendiger Ausdruck unfrer alten heimischen Religion, an sich das größte Interesse; grade in der Zeit der Wiederaufnahme der Faust-Arbeit drängte ihm dieser Stoff sich auf. Die „Geisterreihen", womit „ahnende Völker den Brocken gekränzt“, nach seiner „Harzreise im Winter" von 1777, traten von Neuem ins Leben, zunächst 1797 in dem „Walpurgisnachtstraum“ als Satire auf die Anti-Xenisten, und 1799 als Ballade (später Kantate genannt). Dann erst, 1800, kam unsre Nacht hinzu. Derselbe Stoff lieh Goethe also Motive zu drei verschiednen Dichtungen. Die Verbindung aber jener Mythe mit der Faustlegende beruht auf innern, auf zwingenden Gründen. Wer sich Gott hingiebt, tritt damit in Gottes Reich, er will der Gemeinschaft der Seligen angehören. Wer sich dem Teufel verschreibt, sucht die entgegengesezte Gemeinschaft. Er wird schon auf Erden ein Bürger seines Reichs. Dies auch Faust durch den diabolischen Bund. Die Faustfabel läßt ihn daher schon bei Lebzeiten, obschon nur besuchsweise — das Faustbuch erklärt es ganz rationell als bloßen Gedanken zur Hölle reisen. Nachdem Goethe durch den Prolog das ganze Stück wie mit einer Kette an den Himmel geknüpft und Gott auf seinem Throne unter seinen Heerschaaren zur Anschauung gebracht, ergab sich der Gegensaß von selbst. Das Infernalische des Stücks forderte sein letztes Wort, seinen bildlichen Ausdruck in einer umfassenden

--

*) Mone, Schausp. des Mittelalters S. 153.

**) Meine frühere entgegengesetzte Auffassung habe ich als nicht haltbar erkannt; ich folge Marggraff (BL. f. lit. Unterh. 1859, Nr. 49 u. 1860, Nr. 12), Köftlin S. 64 u. A. m., während z. B. Dingelstedt unter dem bösen Geist nur Gretchens erwachtes Gewiffen, die Stimme ihres ahnungsvollen Innern versteht.

Darstellung. Der Teufel als Gottes Affe mußte in seiner eigensten Natur, in seinem Reiche, unter seinen Vasallen auf einem Herensabbath, als der vom Volksglauben gedichteten Travestie der göttlichen Ordnung und des christlichen Gottesdienstes zur Schau gelangen. Das nationale Lokal, das nationale Fest, die reitenden und tanzenden Heren, Alles war gegeben. Der Dichter brauchte nur zuzugreifen. Als daher Schiller, des Xenienkampfes müde, den Walpurgisnachtstraum nicht in den Musenalmanach auf 1798 aufnahm: so war Goethe flar, daß er in den Faust gehöre, als Theil oder Zubehör einer großen Walpurgisnachts-Dichtung. *)

Die hier von Mephistopheles gebrauchten Verführungskünste niedrigster Art verfangen nicht. Ein Faust mag für ein Gretchen, für eine Helena entbrennen. Vergebens flüchtet nach Valentin's unfreiwilliger Tödtung Mephisto ihn hieher in sein eigenstes Gebiet. Grade diese Welt des Nichtigen und Frivolen schärft Faust's Gewissen, und das Idol (V. 3833) führt ihn zu der verlassenen Geliebten zurück. Die Liebe läßt ihn die Schwierigkeiten überwinden, welche Mephistopheles ihrer Rettung entgegenstellt, und die ihr auch wirklich entgegenstehn. Der Blutbann (V. 3358), hier das Symbol der göttlichen Strafgewalt, der Gretchen verfallen und geweiht ist, lähmt Mephistopheles' Macht, des wahren Mörders der Mutter und Valentin's („Habe ich alle Macht im Himmel und auf Erden?“ S. 197), und wird nur durch Faust's Liebe durchbrochen. Gretchen konnte durch seine Menschenhand" gerettet werden. **)

*) Die ernsten Bedenken gegen diese Dichtung, welche Fr. Vischer besonders S. 54-60 seines Faustbuchs erhebt, vermag ich nicht zu theilen; sie sind vielleicht darauf zurückzuführen, daß der Verfasser das Ideal einer philosophischen und bürgerlichen Fausttragödie unbewußt in fich trägt, während Goethe, der innern Natur des Stoffs gemäß, eine Aristophanisch-phantastische Tragödie schuf. Dem phantastischen und dem satirischen Element des Faust, dem reinen Humor darin und der Freude am Bildlichen, auch wenn dies keine symbolische Bedeutung hat, weiter nichts als das Bild bezweckt, scheint mir Vischer nicht gerecht zu werden. In dem ursprünglichen bürgerlichen Drama wäre die Walpurgisnacht freilich eine Entstellung" gewesen, im ausgeführten Stücke mit seinen beiden Theilen ist sie ein integrirender Bestandtheil, ersetzt sie die Höllenfahrt.

[ocr errors]

**) R. Gottschall, D. Nationall. 1, 119, verkennt das dem Sinne des Mittelalters angepaßte Blutbann-Motiv. Die Worte des Mephistopheles: „er könne sich zwar gut mit der Polizei, doch schlecht mit dem Blutbann abfinden“, er

Die frühere Liebesscene in Marthens Garten Kavalier und Diener, jeder mit seiner Schönen, wie in der Komödie und im komischen Roman (Cervantes) fand in den Tänzen Faust's und Mephistopheles' mit der alten und der jungen Here ein burleskobscönes Gegenbild.

Das Intermezzo ist ein Zwischenspiel innerhalb der Walpurgisnacht, welche nach dessen Beendigung, dem ursprünglichen Plane zufolge, weiter fortgeführt werden sollte, also nur eine Einlage in die Blocksbergscene, kein integrirender Theil. Solche Einlagen kennt die dramatische Literatur der ältern und neuern Völker von den Satyrspielen des Aeschylos an bis zu den Mirakeln des Mittelalters, den Intermezzi des italiänischen und den entremeses des spanischen Thea= ters. Marktscenen, als Tummelplatz für Posse (Schimpfspiel), Satire und Polemik, wurden ebenso in die Mysterien eingelegt, wie der Jahrmarkt zur Zeit der Kirchenfeste und Messen seine Buden neben der Kirche aufschlug. Den ersten Anlaß gab wohl die Aufführung des Branisky'schen Singspiels (in 3 Aufzügen) „Oberon, König der Elfen“, nach Wieland's Gedicht, jedoch in der Manier der Zauberflöte. Goethe hatte es 1796 und 1797, mit der jungen Jagemann als Oberon, auf die Weimarische Bühne gebracht. Oberon und Titania find getrennt, aber das Stück schließt mit ihrer Vereinigung. Dazu Elfenchöre, fingend und tanzend, jedoch nicht Ariel und Puck. Da die beiden Xeniendichter überall im Reiche der Dichtung nach zu parodirenden Ge= stalten und Scenen suchten, Schiller schon zu Anfang 1796 „eine Komödie in Epigrammen" vorgeschlagen hatte (an Goethe, Nr. 152), so lag der Gedanke nahe, auch die Elfen Oberon's in dem Xenienstreit zu verwenden (an Schiller, Nr. 282 und 419) und sie, als jedenfalls nicht christliche Naturgeister und zugleich als den Heren verwandte Nachtschwärmer, auf dem Blocksberg einen Tanz zu Ehren ihres Herrscherpaares -wozu jenes Singspiel das Motiv hergab verführen zu lassen. Das Intermezzo enthält keine Handlung, es ist nur ein Elfentanz mit Zuschauern aus der deutschen Gelehrten-, Künstler- und Dichterwelt, die sich monologisch aussprechen.

Der ganze Blocksberg-Mythus hat den Charakter der Travestie. Wodan's Fahrt ist in eine teuflische wilde Jagd, Bertha und Holda

scheinen ihm zwar als ein guter Witz (sic!), aber als ein schlechtes dramatisches Motiv, indem diese Unterscheidung des Dichters rein willkürlich und aus der Luft gegriffen sei, was wir bestreiten müssen.

als Führerinnen des himmlischen Zuges find in Heren verwandelt (Grimm's Mythol. S. 881; Roskoff 1, S. 399-404). Das dortige Pandaemonium germanicum ist die Nachtseite der deutschen Welt, deshalb das gegebene Terrain für die Satire. So benutte es auch Immer= mann mit großem Humor in seiner Walpurgisnacht bei Tage (im Münchhausen), und selbst in Paris erblickte 1849 eine politisch-satirische Komödie „Die Walpurgisnacht" das Licht.*) Auch Goethe sendet die Gegner in Politik, Kunst, Literatur und Philosophie auf den Blocksberg und läßt das Insektenvolk der Xenien sie in dieser populären Hölle umschwärmen und peinigen. Jenes Volk bilden jedoch nicht die im antiken Metrum sich bewegenden klassischen Xenien, sondern die „Zahmen Xenien", die Goethe später und, wie uns scheint, glücklicher als hier mit Vorliebe kultivirte, um damit zum ersten Male wieder den Ton der ältern deutschen Spruchpoesie anzuschlagen. Dadurch sind die Verse dem Volksgeiste der Faustdichtung eng ver= wandt, wenn sie auch von dem Ton und Metrum der übrigen Scenen völlig abweichen. Die meisten sind ganz allgemein gehalten. Aber auch die allerpersönlichsten Beziehungen in Dichtungen dieser Art anzubringen, ist von je her ein Vorrecht der Dichter gewesen, und solche erscheinen hier wie in einigen Partien des Zweiten Theils gleich den Fröschen, Wespen, Vögeln der alten Komödie ganz an der Stelle. **) Im Allgemeinen hat das Intermezzo wenig Gunst gefunden. Vischer (S. 54) nennt es „satirischen Häckerling in einem ewigen Gedicht“. Man muß sich vielleicht sehr einlesen und das Ganze durch die Einbildungskraft sehr beleben, um Gefallen daran zu finden. Die Entstehung erklärt es, daß dem Intermezzo in einer bei dem Dichter auffälligen Weise Bildlichkeit mangelt. Daß Goethe nicht aus der anschauenden Phantasie dichtete, zeigt auch die große Nüchternheit und mangelhafte Versbildung einiger, jedoch nur weniger, Strophen. ***) Er schrieb selbst anläßlich solcher Gedichte an Schiller, wo ihm eine Anschauung fehle, werde er leicht ganz prosaisch (Nr. 153).

*) La nuit de Walpurgis. Comédie politique du temps présent. Paris 1849.

**) Klein 1. 125, 2. 6, 4. 3, 68, 725 ff., 5. 178, 6. 1, 422; Goedeke 1, 295; Burkhard, Renaiff. 407; v. Biedermann, Quellen 31; Hagen, Gesch. d. Theat. 12; Mone, Altd. Schausp. 17.

***) So sind zum Beispiel die Verse 3869-77 mit einer einzigen Ansnahme nur mit dem Hülfsverbum sein konstruirt.

In der Scene am Rabenstein hat man von je her unter der „itreuenden und weihenden Herenzunft" böse Geister verstanden, und als solche sind sie ohne Goethe's Widerspruch von Cornelius (Eckermann 1, 251: „Gespenster unter dem Galgen") und Delacroix dargestellt (Kunst und Alterth. VI. 2. 391). Indeß findet auch die Anficht Vertreter, daß es gute Geister, weihende Engel, die Schußengel Gretchens seien, da ja dem Mephistopheles in ihrer Nähe nicht wohl zu Muthe werde, und das Wort „Herenzunft" in seinem Munde das Gegentheil des wahren Sinnes bedeute. *) Mephistopheles spricht aber aus der Seele des Faust; seine Worte sollen nicht eignes Grausen, sondern das Bestreben ausdrücken, die Blicke seines Gefährten von dem Schauspiele abzuwenden. Es liegt die alte Vorstellung zu Grunde, daß die Geister der Hingerichteten, also böse Geister, eine dem Raben= stein gewidmete Körperschaft bilden, deren Einwilligung es zur Aufnahme eines neuen Ankömmlings bedürfe. Dies ist Bürger's „luftiges Gesindel". Spukgeschichten besagen, daß der Henker eine Hinrichtung am Vorabend beim Rabensteine anmeldet, worauf die Geisterzunft in der Nacht die nöthigen Anstalten trifft. Unterläßt der Henker diese Pflicht, so mißglückt sein Werk, der Strick zerreißt, das Schwert geht fehl (vergl. Roskoff 1, 158). Solche Geister „weihen“ hier das Hochgericht zur Exekution des nächsten Morgens.

Die leßte Scene (V. 4042) ist stets sehr bewundert worden. **) Ein englischer Recensent nennt sie unübertroffen in dem ganzen Ge= biete der Tragödie, ***) ganz ebenso Vischer (S. 192 u. 367): die Ge= schichte des Dramas habe ihr keine größere an die Seite zu stellen. Schopenhauer findet in Gretchens Ende das Musterbild einer durch die Verzweiflung an aller Rettung herbeigeführten Verneinung des Willens: „eine anschauliche und deutliche Vorstellung davon, wie mir sonst keine bekannt ist, hat der große Goethe in seinem unsterblichen Meisterwerke, dem Faust, gegeben" (Welt als Wille und Vorstellung 1, §. 68).

Auf das Wahnsinn-Motiv wurde Goethe durch den Hamlet

*) Augsb. Allg. Zeitung vom 15. August 1852, Nr. 228 (Schreiben aus München über Vogel's Gemälde) und Fr. Förster's Erinnerungen 1872. **) Gottschall a. a. D. 1, 122; Stahr, Frauengestalten 1, 109; Mertens über diese Scene u. s. w.

***) Unequalled, as it seems to us, in the whole range of tragedy (Ueber englische Faustübertragungen in The Cornbill Magazine 1872, p. 279-94). Goethe's Faust, L.

E

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »