Borrede des Herzoglichen Consistorii zu Rostock. Gnade und Friede von Gott und dem Vater unsers Herrn Jesu Chrifti. S ie evangelische Kirche rechnet unter die großen Vor: züge, mit welchen sie von Gott begnadiget worden, billig auch den reichen Schaß von erbaulichen Lie: dern, zu welchem gleich beym Anfang der gesegneten Re: formation der sel, Lutherus und seine rechtschaffenen Gehül: fen und Freunde den Grund geleget haben, der aber von Zeit zu Zeit durch geistreiche Männer dergestalt vermehrer worden, daß die Wahl beinahe schwer fällt, welche Ge sånge, außer den ältesten Liedern unserer Kirchen, man aus der großen Menge der übrigen nach und nach, sonderlich in den neuern Zeiten hinzugekommenen erbaulichen Auffäße vor andern aussuchen und in einem Handbuch der christli chen Gemeinde zum öffentlichen und Privat: Gottesdienst in die Hände geben soll. Wenn aber die geistlichen Lieder einen gesegneten Zweck wirklich erreichen sollen; so muß dabei eine gedoppelte Bedingnng zum voraus geseßetwer den: deren eine von der Beschaffenheit solcher Lieder selbst abhänget, die andere aber von dem Betragen dessen, der fich ihrer bedienet. Der Geist Gottes selbst giebt uns hierin die genaueste Vorschrift, und erkläret beide Bedin gungen gungen auf eine sehr nachdrückliche Weise, Coloff. 3, v.16. Bergl. Ephef. 5, v. 19. Wir können uns hier nicht in eine ausführliche Erklärung dieser Schriftstellen einlassen; sondern wir wollen nur den Sinn des Apostels, den nach unserm Bedünken ein jeder, sonderlich der die Grund: sprache verstehet, leicht darin finden kann, kürzlich und auf eine jedermann faßliche Weise ausdrücken. Die erste Bedingung stehet in der ersten Hälfte' der Stelle an die Colosser, und sie kömmt kurz darauf an, daß die Gesänge, deren Gebrauch einen wahren Se: gen in Absicht auf das Christenthum schaffen sollen, ihrem Inhalte nach aus dem Worte Gottes genoms men, und demselben vollkommen gemäß, und folglich nach ihrer ganzen Einrichtung zur wahren Erbauung bequem seyn müssen. Die andere Bedingung, die zum voraus gesetzet 1 wird, und die von dem Verhalten desjenigen abhan: get, der sich solcher Lieder bedienet, sehen wir theils aus der Verbindung solcher Worte mit der vorherge: henden Rede. Wir können alles zusammen kürzlich folgendergestalt umschreiben: „Das Singen der Chris ,,sten muß geschehen in sanfter und gesammleter Stille ,,des Herzens, mit Aufmerksamkeit und Gegenwart der „Gedanken, und Ehrfurcht vor den Augen des maje: ,,stätischen Gottes. Der Endzweck aber muß seyn, „daß das Absingen eines geistlichen Liedes ein Mittel ,,werden möge, zur Hervorbringung, Erhaltung und ,,Befestigung des göttlichen Friedens, oder der geseg ,,neten Stille der Seelen, da das Herz in dem Glau ,,ben des Sohnes Gottes sich der Gnade des versöhn: ,,ten Vaters im Himmel versichert hält, an seiner Herrs „lichkeit sich weidet, in seiner Liebe und Vorsorge_ru: ,,het, einen ewigen Ueberfluß des Heils und der Se „ligkeit aus seinen Händen in stiller Hoffnung entges X2 "gen ,,gen siehet, und dadurch die wüthenden Affecten, die nehme nehme Weise in die Sinne fallenden göttlichen Wahrheiten seinen sanften Einfluß der Seele mitzutheilen, und die göttlichen Triebe der Demuth und Beugung vor Gott, des Glaubens und Vertrauens zu Gott, = der Verherrlichung Gottes und Jesu Christi, der Dankbarkeit, der Liebe gegen Gott und Menschen, und aller übrigen christlichen Tugenden in den Herzen rege zu machen. Gesegnet ist derjenige, der schon zum voraus in einer solchen Sammlung und Fassung des Her: zens; und in der angezeigten Absicht, die geistlichen Lier der zur Hand nimmt: niemalen wird es ihm an Regungen des Geistes fehlen, die sich aus einem erbaulichen Liede seiner Seelen eindrücken. Jedoch auch derjenige hat Nuhen und Segen von seinem Singen, der wenigstens Hunter dem Gesange selbst, durch das Angenehme der Poesie und der Tonkunst einigermaßen zu sich selbst kommt, auf Et die Sache, die er singet, seine Gedanken zu richten, und i, auf den Eindruck, den sie in seinem Herzen macht, Ach: tung zu geben, und die Spuren und Fußstapfen der nahen Gnadengegenwart des Geistes Gottes zu bemerken, und Tim Gedächtniß zu behalten. Es kömmt also nur darauf an, daß er solche Eindrücke der göttlichen Gnade unter n fortgesektem Gebet in sich recht zur Kraft kommen lasse, 2,1 und dem Geiste Gottes zur Ausrichtung seiner Gnaden: Ewerke, das Herz ohne muthwillige Widerstrebung oder Zerstreuung völlig überlasse. Wer aber mit einem eben so zerstreueten und unempfindlichen Herzen sein Singen schließet, als er es angefangen, der macher sich eines sträf: lichen Mißbrauchs des göttlichen Namens und Wortes 5 schuldig, und sein Singen ist kein wahrer Gottesdienst, sondern eine Sache, die ihm schwere Verantwortung bringt. Seine Herzogl. Durchlaucht, unser gnädigstre: gierender Landesherr, haven, nachdem die vorigen Aufla: gen |