II Ich sah die weise Wala leise nahen, ich griff sie fest mit meiner straffen Faust: Du mußt mir künden unsres Weltalls Wesen! Da sprach die Göttin und ich hört die Worte; "In des Weltalls Weben der tiefe Kern, Im Sterne bin ich der leise Hauch, im Aether schweif ich als schimmernde Kraft, du suchst mich in der Pflanze Saft, du suchst mich forschend im zündenden Witz. Das Leben bin ich, ich bin die Ruh; alt werd ich nimmer; es glüht mein Licht, ob auch der Welten Strom entwich; du bist mir fern, du schwebst mir zu, du kennst mich und du kennst mich nicht; III 1) Ich glaube an ein ewig Weltenmeer; Der Ullgeist rauscht; in steter Wiederkehr und was der Menschheit Sinnen dämmernd schafft, Drum seid gegrüßt, wenn ihr auf Himmelsauen gelitten in des Ostens milden Gauen. Uns trennt die form. Was solls? Der Liebe Zeichen vereint uns treu; des Lebens Schranken weichen, 1) Bei Uebersendung eines Christusbildes. IV1) Ich möchte still entschweben, mild und rein, Aufschweben möcht ich, auf zum heiligen Hain, [Der Weise spricht:] „Die Gottheit mußt du mit dem Geist umfangen, Kannst du zur Gottheit ewigem Thron gelangen, V Ein süß Gedenken steigt zu uns hernieder, Sanft bebt die Saite, ihre zarten Schwingen So tönt des Dichters Lied in süßen Stanzen; VI Die Wasser rauschen und die Stunden leise Doch immer zieht das Denken neue Kreise, Das Denken schweift in fernen Himmelszonen 1) Nach Motiven der Vedantalehre. 2) Eine indische Vorstellung. Im Jenseits wollen wir uns still versenken, dann faßt uns nicht das Dräuen der Dämonen; der Tod ist unsres Geistes letztes Denken. VII Was soll das gelbe Laub an müden Aesten, Ein neues Leben glüht vom warmen Westen, Was will des Herzens bänglich mattes Zagen? Verzagen soll, wer nie den Kreis durchmessen; der Kreis zerfließt, doch neue Kreise ragen. Durchmiß den Kreis, und schleunig sind vergessen die Wehgelüste, die den Busen nagen; denn nie verlierst du, was du hast besessen. VIII Ich schau dich wieder, Buddhas Statuette, Da fällt durch freudig glühende Rosette Werft ab der Erde blutumhüllte Schauer und öffnet schnell des Wissens leuchtend Chor, dann flieht des Ichgefühles düstre Trauer. Des Wissens Kraft trägt uns zum Licht empor; das Höchste winkt; den kühnen Weltbeschauer umrauscht der Sphären reiner Engelchor. Schüpfungsgeschichte der Zuni-Indianer. Yon Peter Knauer. ielen Besuchern der Chicagoer Weltausstellung ist im Regierungsgebäude der Vereinigten Staaten eine eigentümliche Indianergruppe in einem Glasschrank aufgefallen; von der Bedeutung derselben aber hatten nur sehr wenige einen Begriff. Die drei Indianer dieser Gruppe be deuten drei der Hauptdarsteller eines merkwürdigen indianischen Schöpfungsdramas, oder, wenn man will, eines dramatisierten Epos, welches bei den Zunis schon seit alter Zeit alle vier Jahre aufgeführt wird und ein seltsames Seitenstück zu den in Süddeutschland und Oesterreich noch heute vereinzelt vorkommenden „Passionsspielen" bildet. Einer der besten Kenner des Lebens und der Religion der Zuni Indianer aus vieljähriger eigener Anschauung, Frank Cushing, hat nun vor dem anthropologischen Weltkongreß in Chicago einen längeren Vortrag über dieses epische SchöpfungsDrama gehalten, dessen Inhalt für die Leser der Sphing" und für alle, denen das „Welträtsel“ je Gedanken. gemacht hat, nicht ohne Interesse sein dürfte. Als Ueberlieferung eines schlichten Naturvolkes ist diese Schöpfungs geschichte jedenfalls von bemerkenswerter philosophischer Tiefe. Sie beginnt folgendermaßen: „Im Anfang war nur ein Ein-Wesen inmitten von Dunkelheit A-wo-na-wil-o-na", der All-Erhalter, Vater der Sonne, dessen Person oder glänzender Schild die Sonne ist. Indem er an Etwas dachte, das heißt, indem er seine Gedanken konzentrierte, erzeugte er Licht, welches die Dunkelheit niederwarf und sie zu Wasser verdichtete. Dies war das Mutter Wasser, welches grünwachsende Dinge hervorbrachte, wie es noch das Wasser in einem Gefäß thut, wenn es vom Sonnenlicht beeinflußt wird. So wurde die Mutter Welt geboren. Die Oberwelt, welche auf den Wolken der Dunkelheit ruhte, die nicht zu Wasser geworden waren, wurde der Himmels Vater, und aus der Vereinigung beider entsprang der Same aller Schöpfung, welcher in seinem Wachsen zu Menschen und zu Thieren und zu allen Arten lebender Wesen wurde." Dieser Teil der Zuni-Schöpfungsgeschichte hauptsächlich hat mich veranlagt, an dieser Stelle Kenntnis davon zu nehmen. Wer erinnert sich da nicht des Anfanges (oder angeblichen Anfanges) der mosaischen Schöpfungsgeschichte, des neutestamentlichen Spruches Jm Anfang war das Wort (logos)" u. s. w., vor allem der ganzen indischen, deutschen und anderen mystischen Litteratur über die Welt und die Entstehung des Lebens? Schon der indisch klingende Name A-wo-na-wil-o-na" scheint mir bezeichnend, sehr bezeichnend zu sein. Denn er erinnert an „AU Willen", und das Weitere deutet erst recht auf das Schopenhauer'sche „Die Welt als Wille und Vorstellung" hin. Mögen vielleicht manche über jene Namens Spekulation lächeln: die Naturelemente der Sprachen haben gewiß ihren tiefen inneren Zusammenhang, dessen Ergründung wohl erst in ihren Anfangsstadien steht. Schon Böhme, der Schusterphilosoph, hat es gesagt, daß, wer die Sprache und ihre geistige Natur wahrhaft erkennen würde, einen tiefen Einblick in das Wesen der Dinge gewinnen könnte. Ich glaube, daß die noch so junge Wissenschaft der Sprach. vergleichung sich noch als sehr wertvoll für den Mystiker erweisen. kann. Doch ich möchte diese Schöpfungsgeschichte, schon ihres poetischen Gehaltes halber, in der Hauptsache vollends wiedergeben. „In den Tagen der Schöpfung", heißt es weiter, waren alle Kreaturen viel mehr ein ander ähnlich, als gegenwärtig. Sie waren aber weich und bildsam, sodaß nach dem, was in der späteren Zeit mit ihnen vorging, sie so wurden, wie wir sie jetzt kennen. Die Leute hatten damals Schwänze, waren schwimmfüßig und hatten auch Schwimmhäute zwischen den Fingern. Denn die Erde war weich, und sie hatten auf Händen und Füßen zu kriechen.“ Wie man sieht, fehlt es auch nicht an Darwinistischen Anklängen. eine Erder Dann kam eine mächtige Umwälzung der Natur schütterung denn die Erde war härter geworden, und das Volk, die Zunis, machten sich auf, um das Centrum der Welt, ihr Land, zu finden. Am vierten Rastplate auf ihrer Wanderung erörterten sie, was das Beste für sie zu thun sei." Erst hier. beginnt in dem Zuni-Drama die öffentliche Aufführung; die vorigen Akte werden so geheim aufgeführt, wie ehedem die egyptischen Mysterien. „Daher sendeten sie Boten nach verschiedenen Richtungen aus. K'yak-lu nun war der Aelteste von allen und galt für den Weisesten; denn er hatte seit dem Beginn dagesessen und zugehört und alles verstanden, was gesagt wurde, und selber nichts gesagt. Sein Name bedeutete: „Der, welcher von jeder Zeit und jedem Orte sprechen kann“, und er wurde nach dem Norden geschickt, um das Centrum der Erde zu finden. Er wanderte so weit, daß der Atem auf seinem Gesichte gefror, seine Thränen in die Wangen Kanäle schnitten und sich dort verhärteten, und sein Mund geschwollen wurde und derart verquoll, daß seine Worte flangen wie das Schnattern von Enten. Er hatte sich verloren, als eine |