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3. Schicksalsfrauen.

Die nordischen Fylgjur waren zugleich Schutzgeister, gute und böse Engel, die den Menschen umschwebten. Von hier aus ist nur ein kleiner Schritt zum Glauben an Schicksalsgeister, den wir bei den heidnischen Germanen vorfinden. Überall begegnen wir den Schicksalsfrauen, die das Leben des Menschen von der Geburt bis zum Tode lenken. Aus ihrer Vielheit erhebt sich auch eine einzige Schicksalsfrau, das persönlich gewordene Verhängniss. Die ältere und jüngere Vorstellung laufen neben einander her wie etwa auch das wilde Heer und der wilde Jäger, der allgemeine und der besondere Begriff. Über die Fylgjen reichen die Schicksalsfrauen zu den seelischen Geistern. Einzelne Spuren, namentlich das Erscheinen der Frauen bei Geburt eines Kindes, weisen auf den Kreis der Maren.') Namen und Thätigkeit dieser Wesen sind hier zu erörtern. Als weise Frauen (ahd. idisi an. disir) wurden sie bezeichnet.) In ahd. Glossen wird parca mit scephenta, die Schaffende, gegeben. Vintler nennt gachschepfen, die den Menschen das Leben geben. Im Zusammenhang mit andern Ausdrücken ist ersichtlich damit die Thätigkeit eines Schöffen, der ein Urteil schöpft, gemeint. Im Norden ist von urdir (Sigurpark vipa in skamma 5), in England von the thre weirdsisters, the weird lady of the woods die Rede. Im Heliand ist das Schicksal reganogiskapu, Schöpfung ratender Mächte, metodogiskapu, Schöpfung der messenden, zumessenden, wurdigiskapu, Schöpfung der wurd. Im Norden heissen die Schicksalsfrauen Nornen. Durch alle germanischen Sprachen geht die Bezeichnung

1) Glücks- und Schicksalsgeister in ihrer Marenabkunft erweist Laistner, Rätsel der Sphinx 2, 342 ff.

2) Kögel, Beiträge 16, 502 ff. nimmt eine urgermanische Zusammensetzung indis an, wodurch die nord. Wörter jodis und dís und die westgerm. idis als zusammengehörig erwiesen werden. in ist etymologisch unklar, zu nord. dis steht got. filu-deisei, Klugheit. idisi und disir sind demnach kluge, weise Frauen. Frühzeitig wurden auch die Kampfjungfrauen so bezeichnet. Zur Etymologie vgl. noch v. Grienberger, ZfdPh. 27, 441.

3) Schade, Altdeutsches Wörterbuch 1, 657 deutet norni aus *norhni, Verschlingung. Verknüpfung, als nomen agentis Verschlingerin, Verknüpferin der Schicksalsfäden, zum verb. ahd. snerhan mhd. snerhen, verflechten, verknüpfen; vgl. Graff, Ahd. Sprachschatz 6, 850; über den Wechsel von anlautendem sn: n vgl. Noreen, Abriss der urgermanischen Lautlehre, S. 208; die Erklärung ist aber sehr unsicher. Die Ableitung der deutschen,,Nonnen“ (Panzer, Beitrag zur deutschen Mythologie 1, 163, 184; Mannhardt, Germ. Mythen 532 u. 705; Simrock Myth. 351) aus,,Nornen" ist sehr fragwürdig.

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wurd (as. wurd, ahd. wurt, ags. wyrd, an. urdr) durch. Die Bedeutung ist Geschick, Verhängniss, Tod. Häufig ist Wurd persönlich gedacht und eine entsprechende Wendung gebraucht. Wurd gehört zur idg. Wurzel uert (vertere), woraus ahd. wirt, wirtel, die Spindel. Vielleicht ist Wurd die Spinnerin. Im Ags. heisst es: Wyrd me þæt gewef, mir wob das Wyrd. Als ein Gewebe wird das Schlachtgeschick (wig spéda gewiofu) bezeichnet. Von einem Nornenspruch (kvidr) und Urteil (dómr) wissen nordische Dichter, von dem Worte der Urd, dem keiner entgegnet, das unwiderruflich ist (Fjølsvinns mól 47). Das Schicksal ist urlugu (ahd. urlag, as. orlay, ags. orlæg, afr. orloch, an. brlog) d. h. Urgesetz. ørlogsíma, prlogpúttr sind im Nordischen die Schicksalsfäden. In zwiefacher Weise also dachten sich die Germanen das Schicksal, als Urgesetz und als Gewebe. Aus diesen beiden Vorstellungen erklären sich die überlieferten Namen der Schicksalsfrauen. Sie wissen das uralte Recht und finden und fällen den Wahrspruch, der dem Menschen sein Verbängniss zumisst; sie spinnen und weben Glück und Unglück, Gutes und Böses. Das Schicksal richtet und webt über Götter und Menschen, es ist die geheimnissvolle, hohe Macht, der selbst die Himmlischen unterworfen sind. Damit ist der Wurd eine bedeutungsvolle Stellung eingeräumt. Götter und Helden vermögen sie nicht zu bezwingen noch ihr zu entfliehen, ihr sittlicher Wert beruht darin, wie sie der Wurd begegnen.')

Wurd schickt Gutes und Böses, die Schicksalsfrauen, wo sie in Mehrzahl auftreten, teilen sich dagegen meistens nach ihren Gaben in gute und böse, freundliche und feindliche Gewalten. Zornige (grimmar), feindselige (ljótar) Nornen erwähnen die nordischen Skalden; die Gylfaginning Kap. 15 führt den Gegensatz durch:,,Wenn die Nornen über das Geschick der Menschen entscheiden (ráda prlogom manna), so verteilen sie's sehr ungleich: den einen verleihen sie ein Leben voll Glück und Ansehen, andern dagegen wenig Freude und Ruhm; den einen ein langes Leben, andern ein kurzes. Die guten Nornen, die von edler Abkunft sind, schaffen ein glückliches Los. Wenn aber Menschen ins Unglück geraten, so veranlassen es böse Nornen." Nach dem Reginlied 24 stehen tálardísir, Trugdisen, zu Seiten des auf der Fahrt strauchelnden Kriegers; sie wünschen ihn wund zu sehen. Wo also nicht. der Glaube an die erhabene Wurd vorherrscht, wird Glück und

1) Über den Fatalismus der Nordleute und seine Wirkung auf das Verhalten der Menschen vgl. Maurer, Bekehrung 2, 162 ff.

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Unglück aus dem Walten guter und böser Geister erklärt. Den Wirkungskreis der Nornen lassen die nordischen Quellen überblicken. Nach dem Fafnirliede 12 gibt es Nornen, hilfreich in der Not (naupgonglar), welche den Müttern bei Geburt der Söhne beistehen. Ebenso walten dísir bei der Geburt (Sigrdrifumól 9). Sie bestimmen für Mutter und Kind Leben oder Tod. Im Lied von Helgi dem Hundingstöter werfen sie dem neugeborenen Kinde den Schicksalsfaden. Nacht wars im Hofe; Nornen kamen, die dem Edeling das Schicksal schufen (aldr um skópu). Sie bestimmten dem Fürsten, berühmt zu werden und der beste unter den Helden. Mit Macht schlangen sie die Schicksalsfäden (sneru prlogpúttu), während es Burgen brach in Bralund; sie wickelten den goldenen Faden aus einander und befestigten ihn mitten im Mondsal (d. h. im Himmel). Sie bargen die Enden ostwärts und westwärts, wo das Land des Königs inmitten lag; eine Schlinge, der sie ewige Dauer gebot, schwang eine der Nornen gen Norden.“ Die Nornen weben ein Gewebe, das nach Ost und West und gen Norden, also weit über die Lande und hinauf zum Himmel reicht. So soll sich Helgis Heldenruhm ausbreiten. Die Volospo 20 gedenkt der drei weisen Jungfrauen, deren Sal am Stamme der Weltesche Yggdrasil steht, sie bestimmten Satzungen (log logpo), erkoren Leben den Menschenkindern lif kuro alda bornom), Schicksal der Männer (orlog seggja). Der Glaube an gute und böse Schicksalsfrauen tritt in einem weitverbreiteten Märchenzug zu Tage. An die Wiege des neugeborenen Kindes kommen mehrere weise Frauen, die es mit guten Eigenschaften begaben, nur eine zürnt und wünscht Böses. In der erst um 1400 entstandenen Nornagests saga Kap. 11 besitzen wir eine nordische Wendung. Landfahrende völvur oder spákonur, weissagende Frauen kamen zu Nornagests Vater; das Kind lag in der Wiege, über ihm brannten zwei Kerzen. Nachdem die zwei ersten Weiber es begabt und ihm Glückseligkeit vor andern seines Geschlechtes versichert hatten, erhob sich zornig die jüngste Norn in yngsta nornin), die man im Gedränge von ihrem Sitze geworfen hatte, dass sie zur Erde gefallen war, und rief: Ich schaffe, dass das Kind nicht länger leben soll, als die neben ihm angezündete Kerze breunt! Schnell griff die älteste Völva nach der Kerze, löschte sie aus und gab sie der Mutter, vermahnend, sie nicht eher wieder anzustecken, als an des Kindes letztem Lebenstag, welches davon den Namen Nornengast empfing. Die Erzählung ist mehrfach verdächtig. Nornen und Volvur, Schicksal

Die Thätigkeit der Nornen.

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schaffende und Schicksal verkündende Frauen, sind mit einander verwechselt. Die Geschichte selber aber gleicht der griechischen Sage von Meleager. Dieser war noch wenige Tage alt, als die drei Moiren zu dem Bette seiner Mutter traten. Die eine verkündigte, er werde tapfer, die andre, er werde grossmütig sein, die dritte, er werde so lange leben, als der eben jetzt auf dem Herde liegende Brand vom Feuer nicht verzehrt sei. Seine Mutter hob diesen Brand sorgfältig auf. Als sie aber in der Folge erfuhr, dass Meleager ihre Brüder erschlagen habe, eilte sie im Drange der Rache mit dem Brande nach dem Feuer und liess ihn von demselben verzehren. Meleager starb nun schnell hinweg. Bei der auffallenden Ähnlichkeit und späten Abfassungszeit der Nornagests saga ist gelehrte Nachahmung sehr wahrscheinlich. Die Geschichte darf mithin fürs nordische Heidentum nicht verwertet werden. Bei Saxo Buch VI S. 272 wird vom König Fridlev erzählt, wie er in den Tempel der drei weisen Frauen (nymphae) trat, die dort auf Stühlen sassen. Denn es war Sitte, nach der Geburt eines Kindes die „oracula parcarum“ zu erkunden. Nachdem der König, um seines Sohnes Olaf Zukunft zu befragen, feierliche Gelübde gethan hatte, verhiessen die zwei ersten dem Kinde Reichtum und Glück, die dritte der Schwestern aber Geiz. Aus deutscher Volkssage bieten sich zahlreiche übereinstimmende Geschichten dar.1) Aber ihre Herkunft aus germanischem Heidentum ist wenig glaubhaft, vielmehr Zusammenhang mit antikem Parzen- und romanischem Feenglauben. Burchard von Worms gedenkt zuerst der Parzen. Auf den Färöern heisst noch heute das erste Gericht, das die Mutter nach der Geburt des Kindes zu sich nimmt, nornagreytur 2), Nornengrütze. Vermutlich ist damit eigentlich ein Opfer gemeint, das nach der Geburt den erwarteten Nornen angerichtet wurde.

Wurd wird oft gleichbedeutend mit Tod verwendet, man meinte also das Eingreifen der Schicksalsgöttin im Tode zu erkennen. So heisst es im Heliand: Wurd nahm ihn weg, Wurd nahte, Wurd ist vorhanden, und im Beowulf: Wyrd nahm ihn weg, Wyrd war ihm sehr nahe. In der Eyrbyggjasaga Kap. 52 erscheint ein urdurmáni, ein Mond der Urd, ein gespenstischer Halbmond,

1) Über Schicksalsfrauen im deutschen Volksglauben Mannhardt, German. Mythen, Berlin 1855, S. 541 ff.; Fr. Panzer, Beitrag zur deutschen Mythologie I, 1848, S. 1 ff, II 1955, S. 119 ff.

2) Nornagreytur in der antiquarisk tidskrift 1849, S. 305; färösk anthologi ved Hammershaimb og Jakob Jakobsen Bd. 2, 159, S. 225.

welcher Menschensterben anzeigt. Die neuisländische Volkssage kennt ein Ungetüm namens urdarköttur, Katze der Urd, dessen Anblick Tod bringt (Jón Árnason, Þjóðsögur 1, 613).

Auf Island erhielt der Nornenglauben überhaupt besondere Ausbildung. Nach Volospo 19 erhebt sich Yggdrasil über dem Brunnen der Urd. Die Gylfaginning Kap. 16 berichtet, dass die Nornen täglich aus dem Brunnen die Esche begiessen, welche dadurch vor dem Vertrocknen und Faulen bewahrt wird. Im Brunnen werden zwei weisse Schwäne gehalten, von denen diese Vögel abstammen sollen. Zu diesem Bilde wirken die verschiedenartigen Vorstellungen von heiligen Bäumen und Quellen, Wald- und Wasserfrauen, Schwanmädchen zusammen. Alle diese Gestalten finden in der höchsten der weisen Frauen, in Urd ihre Verkörperung. Nach dem Fafnirliede 13 gibt es Nornen verschiedener Herkunft, vom Asen-, Alfen- und Zwergengeschlecht. In der Volospó 8 wird die Ankunft dreier übermächtiger Mädchen aus Jotunheim erwähnt, wodurch das goldene Zeitalter der Götter seinen Abschluss findet. Wenn damit die Nornen gemeint sind, wird ihnen riesische Abstammung, Riesenart zugemessen. Neben Urd nennt die Volospo 20 in einer späteren Einschaltung Verdandi und Skuld, was Gylfaginning Kap. 15 wiederholt. Sonst kommen diese Namen nicht vor. Gelehrte, etymologische Spielerei und das Bestreben, eine Norne der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufzustellen, veranlassten diese Namen. Verdandi ist Part. Praes. zu verda, werden, Crdr ward mit dem Praet. urdum desselben Zeitworts in Zusammenhang gebracht. Bei Skuld schwebt das Hilfsverbum skula, sollen, mit dem das Futurum gebildet wird, vor. Diese isländische Gelehrsamkeit ist von antiken Vorstellungen ') beeinflusst und hat nichts mit dem Heidentum zu schaffen.

Gemeingermanisch sind Schicksalsfrauen und die Wurd, die ja auch im Norden allein lebensvoll hervortritt. Schon die Dreizahl der Schicksalsfrauen ist verdächtig, die Nornen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind aber zweifellos den Parzen nachgeahmt.

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1) Vgl. z. B. Isidors etym. 8, 11, 92 tria fata finguntur propter trina tempora: praeteritum praesens . futurum quas parcas tres esse voluerunt, unam quae vitam hominis ordiatur, alteram quae contexat, tertiam quae rumpat. Die Stelle war im Mittelalter hinlänglich verbreitet, mit Unrecht leugnet J. Grimm, Myth. 377 Anm. ihre Beziehungen zur isländischen Nornendreizahl; muss er doch selbst S. 375 zugestehen, dass nur Wurd ausserhalb des Nordens vorkommt, von den zwei andern aber nicht eine Spur.

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