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in der Allgemeinen Geschichte des Priestertums 1883/4. Die Thatsache, dass überall der Seelenglaube eine grosse Rolle spielt, tritt klar hervor. Aber Lippert irrt, wenn er im Seelenglauben die einzige Grundlage der Mythen annimmt und alle Religionen und Mythologien unmittelbar daraus ableitet. Nur unter Missachtung historischer und philologischer Ergebnisse, die sich dagegen auflehnen, vermag er seine Behauptung durchzuführen. Ungleich wertvoller ist Erwin Rohdes Psyche Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen 1890. Rohde erweist das Vorhandensein des Seelenglaubens bereits in den ältesten Zeiten des Griechentums. Selbst hinter diesen geistig und künstlerisch hoch entwickelten Lebensformen lagert der finstere Gespensterglaube, der einmal dem Menschen eingepflanzt und nur zeitweilig unter dem Einfluss höherer Bildung zurückzudämmen ist.

Ludwig Laistner behandelte mit feinstem poetischem Empfinden und gründlichster Gelehrsamkeit Vorstellungsgruppen der niederen Mythologie. In den Nebelsagen 1879 nimmt er die Naturerscheinung zu Hilfe, der noch in einer uralten Zeit bereits einige Typen erwuchsen, z. B. die Anschauung des Nebels als Wolf, des Sturmes als Ross. Aber nur ein paar Typen sind alt, deren Individualisierung den einzelnen Völkern zumal unter Einwirkung der Naturverhältnisse zufällt. Das Vermögen, aus Nebelerscheinungen Sagen zu bilden, hielt lange an. Die deutschen Nebelsagen sind nicht sehr alt; sie können erst entstanden sein, als unsre Vorväter, ins Bergland einrückend, die mannigfachen Gestalten des Nebels kennen lernten. Im Rätsel der Sphinx 1889 wird der Ursprung des Geisterglaubens an den Alptraum angeknüpft, der Alptraum als die Grundlage und der Ausgangspunkt zahlloser abergläubischer Vorstellungen und Sagen erwiesen. Laistner hat die psychologische Erklärung von der Mythenentstehung sehr gefördert, freilich auch zu einseitig angewandt. Höchst beachtenswert sind die Etymologien, die Laistners Schriften auch dem Sprachforscher überaus anziehend machen. Die Namen sollen von Anfang an mit den Sagen verknüpft sein; ihre richtige Etymologie, die ursprünglich durchsichtig und allgemein verständlich war, weist auf denselben Vorstellungskreis des Alptraumes hin, dem Sage und Glaube entstammen. Im Verlauf der Zeit kam der wahre Sinn abhanden. Die Forschung muss ihn wieder herstellen. Natürlich müssen auch die Etymologien manchen sachlichen und formalen Widerspruch hervorrufen. Aus dem Kreise

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der Alptraumgeister entwickeln sich allmälig auch nach Laistner die übrigen mythologischen Gebilde. Der Alptraum ist Keim und Kern aller Mythologie.

7. Die Wanderung der Mythen.

Die Symboliker hatten aus allgemeinen Ähnlichkeiten eine Urreligion erschlossen, welche mit der Menschheit von der Urheimat aus über den Erdball verbreitet worden war. Die Anhänger der vergleichenden Richtung vertraten eine ähnliche Anschauung, nur mit Beschränkung auf den indogermanischen Stamm. Auch sie glaubten an eine ziemlich ausgebildete indogermanische Mythologie, die mit den einzelnen Völkern wanderte und nach der Trennung allerdings sich auch verschiedenartig entfaltete. Kulte und Mythen aller Zeiten und Völker stehen in geheimnissvoller Wechselwirkung, Ähnlichkeiten sind nicht zu verkennen. Wenn sie nicht auf Zufall und gleichmässiger Entwicklung aus den überall gegebenen Voraussetzungen der Wechselwirkung zwischen menschlichem Geiste und Naturumgebung beruhen, wenn ebenso die urmenschliche wie die urindogermanische Religion als ein Irrtum bezeichnet werden muss, bleibt nur eine Erklärung: Entstehung an einer bestimmten Stelle und Ausbreitung von dort aus. O. Gruppe, Die griechischen Kulte und Mythen in ihren Beziehungen zu den orientalischen Religionen I 1887 gelangt nach Verurteilung aller bisherigen Erklärungsversuche zur Lehre vom ,,Adaptationismus", von der Entlehnung und Aufnahme der irgendwo und irgendwie gestifteten Religionsformen. Die übrige Menschheit war anfänglich durchaus religionslos. Gruppe sagt S. 151: „Wir glauben hinsichtlich der auch von uns zugegebenen sachlichen Übereinstimmungen zwischen den Kulten und Mythen der einzelnen indogermanischen Völker den Nachweis geführt zu haben, dass sie erstens nicht in die proethnische Urzeit hinaufreichen können, weil sie mit dem allgemeinen Kulturzustande jener Periode in unlöslichem Widerspruch stehen, dass sie aber ferner nicht einmal in die Periode der einzelnen Völkergruppen zurückgeführt werden dürfen, ja dass selbst die Anfänge der ethnischen Zeit wenigstens bei den Griechen ohne einigermaassen ausgebildete Religionsformen gewesen sein müssen. Damit ist nun negativ erwiesen, dass der von Müller eingeschlagene Weg, jene sachlichen Übereinstimmungen zu erklären, unrichtig war. Es kommt nun nur noch darauf an, dass eine andre Art der Er

klärung als die Vererbungshypothese möglich ist, d. h. dass auch nach ihrer Trennung Inder, Griechen und Germanen zu denselben Religionsformen gelangen konnten, indem sie sich dieselben von aussen her aneigneten. Da als die gemeinschaftliche ausserindogermanische Quelle der bei den indogermanischen Völkern übereinstimmenden Mythen und Kulte nur Agypten und das grösstenteils semitische Vorder- Asien in Betracht kommt, so handelt es sich darum, ob wol Wege denkbar sind, auf denen ursprünglich vorderasiatische oder ägyptische Religionsformen in grossem Umfange nach Griechenland, nach Indien und nach Mittel- und Nordeuropa importiert wurden." Also die Semiten haben die übrige Menschheit überhaupt erst mit Religion beglückt! Was Gruppe S. 180 ff. vom Entstehen der germanischen Religion sagt, ist höchst unwahrscheinlich. Er glaubt dem Caesar aufs Wort, dass die Germanen damals nur Sonne, Mond und Feuer anbeteten.,,Wie hat sich das schon in der Zeit geändert, von der uns die Germania des Tacitus berichtet! Und von dort aus wieder welcher Abstand zu dem Zustand der germanischen Mythen und Kulte im Zeitalter der Völkerwanderung! Fast Schritt für Schritt können wir an der Hand äusserer glaubwürdiger Zeugnisse das Eindringen südeuropäischer Vorstellungen in Germanien verfolgen.“

Gruppes Anschauungen an und für sich verdienen alle Beachtung. Er macht einen Unterschied zwischen dem Volksglauben und den priesterlichen hieratischen Mythen samt den damit verknüpften Kulten. Von diesen, also von der sogenannten höheren Mythologie gilt die Hypothese der Wanderung. Wenn auch nicht im vollen Umfang, wie Gruppe es meint, und einzig von dem Punkte aus, den er bestimmt, so hat doch die Annahme von Entlehnung gerade auf religiösem Gebiet ungemein viel für sich. Die Völker waren nicht so abgeschlossen, wie man gewöhnlich für den ältesten geschichtlich überlieferten Kulturstand anzunehmen pflegt. Auch steht fest, dass die religiösen Anschauungen der Germanen im ersten Jahrhundert sich mannigfach veränderten und zwar durch Anregung von aussen her. Tempelbau, Götterbilder, Altäre entstehen unter römischem Einfluss. Wodan als Kulturgott ist auch nicht unter gänzlich abgeschlossenen, fremden Einflüssen unzugänglichen Stämmen aufgekommen. Die nordische Mythologie enthält fremde Bestandteile in Menge, ihr ganzer Aufbau ist unmöglich aus bloss urgermanischem Gute zu verstehen. Aber es wird noch weitreichender und langwieriger Studien bedürfen, bis

Die Wanderung der Mythen.

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die Wanderungslehre sich festigt. Oft lagern auch in der höheren Mythologie ältere und jüngere Schichten über einander; diese zu scheiden, ihre Herkunft zu bestimmen, dünkt uns eine schier unmögliche Aufgabe. Die sprachlichen Grenzen fallen natürlich bei der Wanderungslehre, wieder wie zur Zeit der Symboliker muss der Mythologe die Religion der ganzen Welt übersehen, aber nicht auf allgemeine Ähnlichkeiten, sondern auf Einzelheiten und immer mit strengster Quellenkritik. Das Ziel ist noch sehr ferne und wird vielleicht nie erreicht.

In seiner geistvollen Schrift: Sæledyrkelse og naturdyrkelse, 1. Band, Kopenhagen 1890, gelangt der Däne Vodskov1) zu ganz andern, Gruppe schnurstracks entgegengesetzten Ergebnissen. Wir übergehen hier die höchst anziehenden ethnographischen Abschnitte des Werkes, wo die Lehre von der allmäligen Ausbreitung des Menschengeschlechtes über die Erde, von der örtlichen Gebundenheit aller Kultur derjenigen von der Wanderung der einzelnen oft sehr hoch kultivierten Völker gegenüber gestellt wird, und weisen nur kurz auf die mythologischen Anschauungen des Verfassers hin. Er unterscheidet drei Hauptrassen, Arier, Mongolen, Semiten. Wie ihre ganze Anlage, so ist auch ihre Religion grundverschieden. Die Mongolen und Semiten haben es nicht über den Seelenkult gebracht (vgl. S. CII die Abfertigung des jüdischen Jehova, dieses ,ächten Semiten "). Der Seelenkult ist des reinen, erhabenen Gottesbegriffes unfähig, er bleibt immer in dumpfer Beschränkung, indem der Mensch der alleinige Maassstab des Göttlichen ist. Wol schreitet der Seelendienst zum Ahnendienst, zur Naturbeseelung. Die Naturgegenstände sind die Äusserungen der Seelengeister. Aber der Begriff der Seele bleibt stets ein niedriger, erbärmlicher. Demgegenüber schwingt sich arischer Idealismus zum Gottesbegriff auf. Wol kennen die Indogermanen auch alle Abstufungen des Seelenglaubens, aber neben und über ihm den Götterglauben. Die Natur ist das Göttliche und alles Sein dem göttlichen Walten unterworfen. Gewiss ist ein grosser Unterschied, ob geglaubt wird, in der Natur wirken Gespenster oder lichte mächtige Götter. Die Seelenverehrung geht natürlich als die niederere Glaubensform der Naturverehrung voraus. Ansätze zur Vergötterung der Natur zeigen zwar auch die andern Rassen, zur vollen Entwicklung gedieh sie nur bei den Indogermanen.

1) Vgl. die Besprechung Kauffmanns im AnzfdA. 18, 21 ff.

Vodskov hat bis jetzt seine Lehre nur allgemein ausgesprochen, prüfen lässt sie sich erst, wenn sie im einzelnen am Stoffe nachgewiesen sein wird.

So ist kein Mangel an Lehren, aber so vielseitig auch die Fragen beleuchtet wurden, befriedigend gelöst sind sie noch nicht. Für unsern nächsten Zweck ist aber auch die Entscheidung über Vorgänge, welche der Überlieferung zum Teil weit vorausliegen, nicht unentbehrlich. Wir haben es zu thun mit dem germanischen, deutschen und nordischen Heidentum vom Beginn der Quellenzeugnisse bis zur Bekehrung, also etwa mit dem ersten Jahrtausend. Es soll annähernd bestimmt werden, welche niedere und höhere Mythologie in diesem Zeitraume vorhanden war. Soweit auf dem Gebiete der höheren Mythologie Einwanderung und Entlehnung fremder, antiker oder christlicher Bestandteile, also „Adaptationismus" damals stattfand, soll diese Thatsache thunlichst in den Vordergrund treten. Dagegen haben wir auch mit einem Bestand von hieratischen Kulten und Mythen zu rechnen, mit einem Grundstock höherer Mythologie, in dessen Besitz die germanischen Stämme um Christi Geburt sich befanden, den sie mit andern Indogermanen gemein hatten. Denn man darf die Germanen Caesars doch nicht götterlos, nur als Anbeter von Sonne, Mond und Feuer denken, während zur Zeit des Tacitus bereits ein ausgedehnter Götterglaube aus dem reinen Nichts entstanden wäre. Wie die Germanen zu ihren vorgeschichtlichen Göttern kamen, braucht nicht entschieden zu werden. Immerhin ist es noch wahrscheinlich, dass die Germanen mit den übrigen Indogermanen von Urzeiten her die Vorstellungen von lichten, himmlischen, waltenden Göttern gemein hatten, dass diese Götterbegriffe an den Naturerscheinungen insbesondere von Licht, Sonne, Gewitter sich entfaltet hatten.') Die Persönlichkeiten der Göttergestalten, die wir erblicken, gehören aber gerade in ihren besten und schönsten Zügen den Germanen eigentümlich zu.

8. Die Verschiedenheit der einzelnen germanischen Kulte. Über einzelne verschiedene Kulte in der heidnisch-germanischen Zeit ist bei der Mangelhaftigkeit der Überlieferung wenig zu erfahren. Doch haben einige Gelehrte besonders darauf geachtet

1) Vgl. Oldenberg, Religion des Veda S. 34 . über die indogermanische Götterwelt.

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