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lebhaft unterhalten. So kam es, dass einzelne Nordleute lange vor der Bekehrung der Heimatlande auswärts Christen wurden. Sie lernten christlichen Brauch kennen, sie hörten und saben viel Neues, ihr geistiges Leben empfing mannigfache Anregung. Wie die Deutschen nach den Berührungen mit den Römern, nach der Wanderungszeit anders geworden waren als zuvor, so ist auch die nordische Kultur nach der Wikingerzeit eine neue, und aus der neuen Zeit heraus empfängt die nordische Mythologie ihre Erklärung. Längst war die Ähnlichkeit antiker und christlicher Sagen und Vorstellungen mit einzelnen Zügen nordischer Mythologie erkannt, aber nicht erklärt worden. Der norwegische Altertumsforscher Sofus Bugge begründete in seinen Studien über die Entstehung der nordischen Götter- und Heldensagen 1889 eine neue sachlich und geschichtlich durchaus gerechtfertigte Auffassung dieser Thatsachen, fand aber mehr Widerspruch als Anerkennung. In Deutschland that sich Müllenhoff mit groben, polternden Ausfällen gegen die historische Erklärung hervor. Die Gegner warfen sich auf zweifelhafte Einzelheiten, auf die freilich arg willkürlichen und anfechtbaren Etymologien, um dadurch die ganze Lehre zu stürzen. Die Aufmerksamkeit wurde von der Hauptsache abgelenkt. Nachdem der Streit ruhiger geworden, erheben sich immer mehr schüchterne und kühnere Zustimmungen. Die einleuchtende Wahrheit von Bugges Grundgedanken ist einmal nicht wegzuleugnen. Die Frage dreht sich eigentlich gar nimmer ernstlich darum, ob die nordische Mythologie überhaupt fremde Bestandteile aufnahm, sondern nur, wie viele und auf welche Art. Die Baldrsage, Odin am Galgen, den Weltbaum, diese Mythenkreise erklärt Bugge entstanden unter Einwirkung antiker und christlicher Vorstellungen, welche die nordischen Wikinger in England und Irland kennen lernten. Die Mythologie der nordischen Skalden ist ein Erzeugniss der Wikingerzeit; es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn die vielen fremden Strömungen, denen damals die Nordleute unterworfen waren, auch in ihren Sagen sich abspiegeln. Einen kräftigen Stoss gegen Bugge gedachte der Isländer Finnur Jónsson im arkiv for nordisk filologi 6, 121 ff.; 9, 1 ff. zu thun. In seiner oldnorske og oldislandske litteraturs historie führt er den Gedanken weiter aus. Jiriczek berichtete in der Beilage zur allgemeinen Zeitung 1894 Nr. 79 in gedrängter Kürze darüber. Solange man den Götterliedern der Edda ein unmöglich hohes Alter zuschrieb, solange die kulturgeschichtliche Bedeutung

Fremde Bestandteile der Skaldenmythologie.

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der Wikingerzeit noch nicht erkannt und gewürdigt war, lag die Annahme fremder Bestandteile in der nordischen Mythologie völlig fern. Jetzt aber fallen diese Lieder nach dem einstimmigen Urteil der Kenner in eine Zeit, in welcher Einwirkungen aus England und Irland sehr wahrscheinlich sind. Aber neben den Eddaliedern besitzen wir die eigentlichen Skaldenlieder. Bragi, der älteste norwegische Skald, dichtete vor 840, die Skalden König Haralds zum Teil vor 875. Die unter ihrem Namen überlieferten Preislieder auf Könige und Fürsten setzen dieselbe Mythologie voraus, der wir in der Edda begegnen. Die Skaldengedichte sind teils unmittelbar mythischen Inhalts. Die Skalden beschreiben Schilde, die sie zum Geschenk erhielten, auf denen Mythen abgebildet waren, oder sie bedienen sich der höchst künstlichen Bildersprache, deren ewigeschwierige Anspielungen genauste Kenntniss der Mythen beim Hörerkreise, also wenn auch nicht beim Volke, so doch bei den Königsleuten, bei der höfischen Gesellschaft voraussetzen. Nun sagt Finnur Jónsson, die Wikingerzüge seien in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts nur Sommerstreifzüge gewesen, überwintert wurde in Irland erst 835, in England 851. Gegenseitige Einwirkungen der Nordleute, Iren und Angelsachsen seien doch erst infolge längeren freundlichen Verkehres möglich. Da nun in Bragis Gedichten in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts die nordische Mythologie vorliegt, so kann sie nicht unter westlichen Einflüssen stehen, sondern sie muss sich in Norwegen selber unberührt von der Wikingerzeit entwickelt haben. Der Hypothese Bugges ist der Boden entzogen, die Übereinstimmungen nordischer Mythen mit antiken und christlichen Vorstellungen dürfen nicht in seinem Sinne als Entlehnungen erklärt werden. Finnur Jónsson hat mit Recht die geschichtliche Vorfrage beleuchtet, die vor allem beleuchtet werden muss. Das Vergleichen der Überlieferung selber führt zu keiner sicheren Entscheidung, wenn nicht zuvor erwiesen ist, ob fremde Einflüsse überhaupt möglich waren oder nicht. War die nordische Mythologie, die wir aus den Eddaliedern des 10. Jahrhunderts kennen, bereits im 9. Jahrhundert, ja schon um 800 vorhanden, geht sie ursprünglich allein aus Norwegen hervor, dann ist allerdings englisch-irischer Einfluss weniger wahrscheinlich, immerhin aber nicht ganz ausgeschlossen. Schon im 7./8. Jahrhundert holten sich die Nordleute die Nibelungensage und den Wodanglauben aus Deutschland. Beginnen auch erst am Ende des 8. Jahrhunderts Westfahrten in grösserem Maassstabe, so

sind doch einzelne Züge weit älter. In seinem bidrag til den eldste skaldedigtnings historie. 1894 widmete Bugge der Sache eingehende Untersuchung. Unter Hinweis auf mehrere Abhandlungen Zimmers, welcher nordische Einflüsse im Irischen aufdeckte, erklärt Bugge die Behauptung, vor 840 sei keine Einwirkung aus dem Westen auf Norwegen möglich, für hinfällig. Schon die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts kann sehr wol die nordische Mythologie der Skalden gezeitigt haben. Aber weit schwerer wiegt der Umstand, dass die dem Skald Bragi zugeschriebenen und daher ins 9. Jahrhundert verlegten Strophen erst in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts und vermutlich auf den westlichen Inseln gedichtet wurden. Also wird die nordische Mythologie durch überlieferte Denkmäler gar nicht für den Anfang des 9. Jahrhunderts, sondern frühestens fürs Ende erwiesen. Die Skaldendichtung entstand unter Einwirkung einer reichen Kulturströmung aus England und Irland. Sie ist in Wirklichkeit nicht älter als die Eddadichtung, mithin kann sie so wenig wie diese ohne Rücksicht auf die Zustände der Wikingerzeit beurteilt werden. Finnur Jónsson sucht die Entstehung der Eddalieder und älteren Skaldengedichte möglichst nach Norwegen zu verlegen, weil die norwegische Urheimat weniger den Verdacht fremder Einflüsse aufkommen lässt. Gudbrand Vigfusson hatte den Gedanken hingeworfen, viele dieser Gedichte seien in den nordischen Neusiedelungen auf den Inseln des Westmeeres verfasst worden. Diese Behauptung wurde freilich stark angefochten. Jedoch dürfte sich immerhin westlicher Ursprung und damit höchste Wahrscheinlichkeit der Entlehnung fremder Züge für dieses oder jenes Gedicht noch nachweisen lassen. Bugges Gründe sind sehr zahlreich, sachlich und formal. Alle halten zwar nicht Stand, aber doch genug, um die blosse Behauptung und den unbedingten Glauben der Gegner, dass die unter dem Namen der ältesten Skalden laufenden Gedichte wirklich von ihnen herstammen, stark zu erschüttern. Die Frage nach der Ächtheit der Asalehre ist somit in ein neues Stadium gerückt, indem die Berechtigung ihrer Aufstellung überhaupt bestritten wird. Aber auch hier wird der Bescheid schliesslich günstig ausfallen, obschon sich noch manche neue Anfechtung erheben wird. Der poetische Wert, die erhabene Grösse der nordischen Mythologie erleidet nicht die geringste Einbusse mit dem Nachweis, dass sie weder urnordisch noch urgermanisch, vielmehr norwegisch ist, ein Erzeugniss der Wikingerzeit, erwachsen unter

Entstehungszeit der ältesten Skaldengedichte.

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fremden Einflüssen, vielfach durch antike und christliche Vorbilder angeregt, aber erfüllt von nordischem Geist, als Ganzes eine echt nordische Schöpfung. Die nordische Mythologie ist der krönende Abschluss der Entwicklungsgeschichte germanischer Mythologie.

In meinem Handbuch habe ich die Skaldengedichte, wo es nötig erschien, neben den Eddaliedern angeführt und zwar nach dem Zeitansatz der Litteraturgeschichten Mogks und Finnur Jónssons. Ich wagte nicht, die neuen Ansätze Bugges für Bragi und Thjodolf aufzunehmen. Noch wäre es verfrüht, auch muss die ganze ältere Skaldendichtung sorgfältig daraufhin durchgearbeitet werden. Aber es sei ein für allemal hier bemerkt, dass wir trotz den scheinbar alten Zeugnissen die Mythologie der Skalden schwerlich auf 800, vielmehr auf etwa 900 anzusetzen haben.

Eine selbständige Weiterführung der Lehre Bugges bieten E. H. Meyers Schriften Völuspá 1889 und Die eddische Kosmogonie 1891. Aus reicher Belesenheit in theologischen Schriften des Mittelalters zählt Meyer viele ähnliche Züge der christlichen und nordischen Mythologie auf. Mancher trifft zu, mancher ist gesucht; von neuem tritt die Thatsache durchgreifender Übereinstimmungen zu Tage. Die zwei Hauptfragen, die Entstehungszeit der nordischen Mythologie und die unmittelbaren Vorlagen, aus denen die fremden Bestandteile übernommen wurden, Fragen, über die volle Gewissheit nie zu erhoffen ist, sucht Meyer bestimmt zu beantworten. Ein isländischer Theolog, der Gelehrte Sämund († 1133), verfasste die Volospó, die inhaltlich überhaupt kein heidnisches, sondern ein rein christliches Werk sei. Ein beliebtes Thema jener Zeit, die Dichtung von der Weltschöpfung, vom Sündenfall, von der Erlösung und vom jüngsten Gericht ward in die nordische Gedankenwelt umgesetzt. Die nordischen Götternamen spielen darin eine ähnliche Rolle, wie die antiken bei den christlichen Dichtern des Mittelalters, die in lateinischer Sprache und mit antikem mythologischem Aufputz Abschnitte aus der Heilsgeschichte vortrugen. Snorri führte dann etwa hundert Jahre später Sämunds Arbeit in seiner Edda vollends aus. Der eigentliche Inhalt der Volospo gehört also gar nicht der nordischen Mythologie an. Die isländische Litteratur- und Kulturgeschichte, ebenso allgemeine Erwägungen sprechen entschieden gegen diese Auffassung. Der Inhalt der Volospo ist nordische Mythologie des 10. Jhs.; wir haben es mit

einer Dichtung des ausgehenden Heidentums zu thun unbeschadet der fremden Elemente.

Gegen Bugge ist des Schweden V. Rydbergs geistvolles Buch „undersökningar i germanisk mythologi“, 2 Bde. Stockholm 1886/9, gerichtet. Zwar finden sich manche brauchbare Einfälle, aber im Grundgedanken ist das Buch vollkommen verfehlt, indem es noch einmal die wissenschaftlich überwundene vergleichende Mythologie in der kühnsten Weise aufleben lässt. Die Edda wird frischweg mit dem Veda, der Veda mit der Edda verglichen, beide auseinander ergänzt, berichtigt, kombiniert und aus einer unmöglichen und unglaublichen Urquelle geleitet. Wie die Edda oder der Veda samt der darin enthaltenen Mythologie je für sich entstand, diese erste und wichtigste Frage verschwindet völlig beim luftigen Brückenbau, den der dichterisch hochbegabte Verfasser ohne Bedenken zwischen beiden herstellt.

10. Die neuesten Darstellungen germanischer Mythologie.

Auf Grund der aufgezählten Werke wurden neuerdings zusammenfassende Darstellungen der germanischen Mythologie im grösseren Maassstab unternommen von E. H. Meyer (Germanische Mythologie 1891) und Mogk (im Grundriss der germanischen Philologie 1, 982 ff.). Wir erhalten daraus einen Überblick, wie sich die germanische Mythologie im Lichte der heute geltenden Anschauungen ausnimmt. Meyer teilt nach seinen Grundsätzen die mythologische Überlieferung in Seelen- und Marenglauben, endlich in den Dämonenglauben ein, woraus er die Götter hervorgehen lässt. Die Eddamythologie musste er als theologische Dichtung ausschliessen. Bei den Dämonen drängt sich noch zu sehr die meteorische Deutung hervor. Aber trotz solchen tief eingreifenden Irrtümern ist seine Mythologie eine hochbedeutende Leistung. Mit bewundernswertem Fleisse ist das gesamte wissenschaftliche Material bis in die entlegensten Einzelheiten herangezogen und verzeichnet. Sein Buch ist eine wahre Fundgrube und leistet neben der Mythologie J. Grimms, deren vierte Ausgabe mit dem Nachtragsbande wir ja ebenfalls Meyer verdanken, dem Mythologen die wichtigsten Dienste. Bei Mogk ist der klare, vorsichtige Aufbau zu rühmen. Auch er beginnt mit der niederen Mythologie, sucht aber kein unmittelbares Abhängigkeitsverhältniss zwischen ihr und

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