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Die Bekehrung des Nordens.

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finden konnten, verliessen Norwegen und suchten auf den britischen Inseln und auf Island, das kurz zuvor erst von Wikingern entdeckt worden war, eine neue Heimat. Binnen kurzem erhielt Island seine Bevölkerung, die teils aus unmittelbar hinüber gefahrenen Norwegern, teils aus Leuten, die eine Zeit lang auf den britischen Inseln gewohnt hatten, bestand. König Harald suchte nemlich auch die nordischen Bewohner jener Inseln sich zu unterwerfen und wagte kriegerische Seeztige gegen sie. Darum suchten viele auf dem fernen Island sichere Zuflucht gegen die Übergriffe des norwegischen Königs und fanden sie auch für Jahrhunderte. Unter den isländischen Ansiedlern waren auch einzelne Christen, Nordleute, die in England oder Irland den Glauben gewechselt hatten. Aber sie verschwanden bald unter der überwiegenden Masse der Heiden. In Norwegen setzte die Bekehrung ein, welche, einmal im Stammlande siegreich, auch die Neusiedelungen dem Kreuze beugte. Hakon der Gute, ein Sohn Haralds, der von ca. 935-961 regierte, war in England erzogen und getauft worden. Er war ein überzeugter Christ und suchte sein Land zu bekehren. Aber der Erfolg blieb ihm versagt. Olaf Tryggwason, der 993 ebenfalls in England getauft worden war, zwang Norwegen von 995 an zum Christentum. Er bekämpfte das Heidentum mit aller Macht, und mancher tapfere Held büsste seine Treue an den alten Göttern mit dem Leben. Als Olaf im Jahr 1000 den Tod fand, erfolgte alsbald ein Rückfall ins Heidentum. Aber Olaf Haraldsson (1014–1031), nach seinem Fall heilig gesprochen, nahm die Arbeit von neuem auf und setzte das Christentum mit rücksichtsloser Strenge durch. Die Isländer, welche seit 981 von mehreren Sendboten heimgesucht worden waren, entschlossen sich am Allding des Jahres 1000 zur Annahme des Christentums als Staatsreligion. Die heidnische und christliche Partei war nahe daran, in offenen Kampf einzutreten. Da gelang es der Weisheit des Gesetzsprechers Thorgeir, das drohende Unheil abzuwenden, indem er, um die Einheit des Freistaates und die Unabhängigkeit des Volkes zu retten, lieber den Heidenglauben dran gab. Eine Trennung hätte sicherlich Islands Selbständigkeit gefährdet, der norwegischen Krone willkommenen Anlass gegeben, in die isländischen Verhältnisse einzugreifen. So ging Islands Ubertritt zum Christentum ohne jede Gewaltthat vor sich, auf kühle Erwägung und kluge Entschliessung der Führer im Volke. Das Heidentum wurde abgeschafft, aber nicht grausam verfolgt. Erst viel später mit dem Erstarken der kirchlichen Zucht

machen sich strengere Verbote gegen heidnischen Brauch geltend. Die nordische Mythologie, die mit der Skaldenkunst aufs innigste verknüpft war, wurde vom Glaubenswechsel wenig berührt. Nach wie vor fand sie Pflege. Überhaupt hat die Uberlieferung der Heidenzeit durch die Bekehrung auf Island nicht Not gelitten. Die Annahme des Christentums hatte keine Verachtung und Feindschaft gegen die alten Sagen im Gefolge. So konnten noch im 12./13. Jahrhundert genug heidnische Lieder des 10. Jahrhunderts und Erzählungen aus der Heidenzeit gesammelt, aufgeschrieben und litterarisch bearbeitet werden.

Die Bekehrung der deutschen Stämme zum Christentum geschah nicht überall nach denselben Grundsätzen. Wo sich gar noch Eroberungs- und Unterwerfungsgelüste hinzugesellten, wie bei den Franken gegen Sachsen und Friesen, wurde alles, was den alten Göttern und deren Dienst angehörte, mit Feuer und Schwert ausgerottet. Besser stand es dort, wo die Bekehrung ohne politische Zugabe nur durch die Glaubensboten stattfand. Diese mussten sich zu milderem Vorgehen bequemen, durften nicht allzu schroff auftreten und mussten nach einer Bekehrung von innen heraus trachten. Das war für die Erhaltung alter Bräuche günstiger. Die berühmte Weisung Gregors an Augustinus, den Bekehrer der Angelsachsen, zeugt dafür, wie weit die Duldung gehen konnte. Statt alles Alte zu vernichten und auf den Trümmern Neues zu bauen, zielt die andre Lehre dahin, das Bestehende möglichst zu schonen und daran anzuknüpfen.

Von der Mitte des 4. Jahrhunderts, da die Westgoten Christen wurden, bis gegen das Jahr 1000 währt die Bekehrungsgeschichte der germanischen Völker. Sehr verschiedenartig gestaltet sich der Kampf des neuen und alten Glaubens, sehr verschiedenartig aber sind wir auch davon unterrichtet. Meist stehen uns nur mangelhafte, feindselige Schilderungen zu Gebot, aus denen nur schwer ein einigermaassen zusammenhängendes Bild zu gewinnen ist. Wir vernehmen mehr von Kultbräuchen und vom Glauben als von Sagen. Eher eine Religionsgeschichte als eine Mythologie ist daraus zu gewinnen. Umso wertvoller sind die unvergleichlichen nordischen Denkmäler, die in heimischer Sprache und heimischer Gesinnung abgefasst unmittelbar das nordische Heidentum uns erstehen lassen. Aber alle Anerkennung, alle Freude an diesem Horte erhabener Poesie darf nicht zu ungerechtfertigter Verwendung verführen.

Die Verlässigkeit der Quellen.

2. Die Quellen der germanischen Mythologie.

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Die Quellen germanischer Religion und Mythologie 1) bestehen aus mittelbaren Zeugnissen und aus unmittelbarer Überlieferung. Sie reichen von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, insofern auch aus dem heutigen Volksglauben manches für den der heidnischen Zeit zu lernen ist. Aber von grösster Wichtigkeit sind doch die Quellen der heidnischen Zeit selber, nur dass wir für die Westgermanen leider fast immer aus zweiter Hand schöpfen. Die Zeugnisse der römischen Schriftsteller entbehren der Genauigkeit. Auch stört die oberflächliche interpretatio romana, welche auf Ausserlichkeiten hin eine römische Gottheit an Stelle der germanischen nennt. Der Berichterstatter entgeht dabei kaum der Versuchung, die ihm geläufigen Vorstellungen auf die völlig verschiedenen germanischen Verhältnisse zu übertragen. Beobachter, die einem fremden Volke angehören, sind ausser Stand, objektiv, zuverlässig und erschöpfend zu berichten. Was sie wissen, hängt von allerlei äussern Zufälligkeiten ab. Ebenso schlechte Gewährsleute aber sind die späteren christlichen Schriftsteller, die dem Heidentum feindselig gegenüberstehen, denen alles Verständniss abgeht und die gerne absichtlich verschweigen. Da wir aber fast allein auf solche Zeugen angewiesen sind, denen der Geist germanischer Religion und Mythologie durchaus fremd und unverständlich ist, die es nicht einmal mit Angabe der Thatsachen genau nehmen, so ist unsere Kenntniss leider sehr beschränkt und unzuverlässig. Stets muss man auf genaue Prüfung der einzelnen Zeugen bedacht sein, um darnach die ihren Mitteilungen zu Grunde liegenden wirklichen Thatsachen möglichst unverfälscht heraus zu schälen. Solche Kritik ist übrigens ebenso der unmittelbaren Überlieferung gegenüber von Nöten, besonders wenn es sich um Verallgemeinerung handelt.

3. Deutsch-englische Quellen.

Von antiken Autoren äussern sich über die germanische Religion Caesar (Bell. gall. 6, 21), Plutarch (Vita Caesaris c. 19), Appian (Roman. hist. 1, 4, 3), Strabo (Geographicorum lib. 7, 2),

1) Über die Quellen der germanischen Mythologie vgl. die ausführliche Zusammenstellung bei E. H. Meyer, Germanische Mythologie S. 15-60.

Plinius (in den verlorenen Bellis Germaniae), Tacitus (Germ. 9, 39, 40, 43; Ann. I, 51; II, 12; XIII, 55, 57; Hist. IV, 14, 22, 61, 65, 73; V, 22 ff.), Sueton (Vitellius c. 14, Domitian c. 16), Sozomenus (Hist. eccl. 6, 37), Claudianus (Consul. Stilichonis 1, 288; Bell. get. 528, 542), Orosius (Hist. 5, 16), Ammianus Marcellinus (Hist. 14, 9; 25, 5, 17), Agathias (2, 6; 28, 5), Procopius (Bell. got. 2, 4ff.; 15, 25).

Aus der heidnischen Zeit, da die Germanen im Verkehr mit den Römern standen, bieten sich auch einige wenige unmittelbare Denkmäler. Germanische Söldner im römischen Heerdienst ahmten die Sitte der Weihsteine mit Inschriften ihren römischen Kameraden nach. Sie errichteten ihren heimischen Göttern Altäre, oft sogar mit Bildern geschmückt. Meist wurde die interpretatio romana angewandt, aber durch Zusatz eines germanischen Beiwortes die deutsche Gottheit bezeichnet z. B. Mars Thingsus, Hercules Magusanus; manchmal stand der deutsche Name allein, wobei aber die Skulptur die interpretatio romana zum Ausdruck bringen konnte, z. B. Nehalennia (mit Isisbildern), Hludana, Deus Requalivahanus. Die Altäre sind bis zum letzten Meisselstich römische Arbeit, die Bilder gehören dem Gedankenkreise der römischen Mythologie an. Man darf sie nicht auf germanische Mythen auslegen. Der Gewinn, den uns die germanischen Weihaltäre gewähren, ist sehr gering. Die Schlussfolgerungen sind ganz unsicher, mehr nur ein glückliches Raten. Denn der einzige Anhaltspunkt bleibt stets das mutmaassliche germanische Wort. Aber dessen Sinn ist allein mit Hilfe der Etymologie zu bestimmen, und wenn auch die Etymologie mit annähernder Sicherheit erschlossen ist, so bleiben doch immer noch viele Zweifel, welche Bedeutung der Name oder Beiname für die Mythologie hat. So ist allerdings im Hercules Magusanus der starke Donar unschwer erkennbar, aber die Formel Mars Thingsus bleibt unerklärt, obschon die Etymologie von Thingsus keine Schwierigkeit macht. Nehalennia, Hludana, Requalivahanus lassen mit Aufwand grosser Gelehrsamkeit die widersprechendsten Auslegungen zu.

In lateinischer Sprache von christlichen Verfassern geschriebene Werke kommen fürs spätere Heidentum der Westgermanen in Betracht. Obenan stehen die Lebensbeschreibungen der Bekehrer, worin häufig auf das besiegte Heidentum eingegangen wird. Die Vita Columbani und die Vita St. Galli wissen Einiges von den heidnischen Bräuchen der Alemannen. Die Vita Bonifati und die

Das römische und das christliche Zeitalter.

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Bonifatiusbriefe geben über Mitteldeutschland und Friesland Aufschluss. Von Friesland erzählen die Vita Liudgeri und die Vila Willehadi. Die heidnischen Zustände der nordischen Völker berührt mehrfach die Vita Anskari. Über die Skandinavier berichtet Adam von Bremen. Die angelsächsische Bekehrung schildert des Bäda Historia ecclesiastica. Reichhaltig, da sie fortwährend Heidnisches bekämpfen, sind die kirchlichen Gesetze, Bussordnungen, Concilsbeschlüsse, Papstbriefe, Predigten, Taufgelöbnisse u. drgl. Sie sind zwar oft nach einem allgemeinen Schema entworfen und dürfen nicht in allen Einzelheiten fürs germanische Heidentum in Anspruch genommen werden. Aber sie sind andererseits auch häufig gerade im Hinblick auf ein bestimmtes Land und mit Einfügung der landesüblichen Ausdrücke abgefasst. So die Sächsische Abschwörungsformel, die Wodan, Donar und Saxnot nennt, und das alte Verzeichniss sächsischen Aberglaubens (Indiculus superstitionum et paganiarum), welche aus der Zeit der Sachsenmission stammen. Hefeles Konciliengeschichte, Wasserschlebens Bussordnungen der abendländischen Kirche, Cruels Geschichte der deutschen Predigt gewähren einen guten Überblick über das, was aus solchen Akten für die Mythologie zu lernen ist.

Die Geschichtschreiber der germanischen Stämme kommen, wo sie von der Urzeit berichten, häufig auf Mythen zu sprechen; so Jordanes in der gotischen Geschichte, Gregor von Tours in der fränkischen, Paulus Diaconus in der langobardischen, Bäda in der englischen, Widukind in der sächsischen, Dietmar von Merseburg in seiner Chronik und andere mehr. Am ergiebigsten sind auch hier die nordischen Geschichtsquellen. Wie die kirchlichen, so haben auch die weltlichen Rechtsquellen oft Veranlassung, heidnische Zustände zu erwähnen. So Karls des Grossen Capitulatio de partibus Saxoniae und viele angelsächsische Gesetze. Viele Orts- und Personennamen sind mit mythischen Bestandteilen gebildet, z. B. mit Wodan, Donar, Fro, Ans, Alb u. ä. zusammengesetzt, und verstatten dadurch einen Schluss auf den Vorstellungskreis, dem sie entstammen. Wochentagsnamen und Pflanzennamen gehören ebenfalls hierher. Die ältere Sprache, die namentlich in den ahd. Glossen uns aufbewahrt ist, in Einzelheiten auch die Sprache der erst in der christlichen Zeit abgefassten epischen Gedichte, z. B. der altsächsische Heliand und die zahlreichen angelsächsischen Stabreimgedichte, enthalten viele Ausdrücke aus dem Heidentum. Manche Vorstellungen, z. B. die der Schicksalsfrau Wurd, Bezeichnungen

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