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bis in die Gegenwart erhalten; denn es erbt bei einzelnen Stämmen der Schwestersohn mit Ausschliessung des leiblichen Sohnes; anderwärts ist freilich das Vaterrecht schon eingedrungen 1).

Rein hat sich das Mutterrecht noch bei den Hereros in Südwestafrika bewahrt. Hier erbt durchweg der nächste Bruder des Verstorbenen und, wenn kein Bruder da ist, der Onkel, und in Ermangelung eines solchen Vettern und Cousinen, ohne dass die leiblichen Kinder zur Erbfolge gelangen. Dagegen wird die Frau von ihren Kindern beerbt. Dass das Kind zur Familie der Mutter gehört, prägt sich auch dadurch deutlich aus, dass, wenn ein pflichtvergessener Vater sein Kind zu Grunde gehen lässt, er den Verwandten der Frau eine Blutschuld zu zahlen hat2).

In Südafrika sind es vor allen die weitverzweigten Bantuvölker, die sowohl wegen der gewaltigen Ausdehnung ihres Bezirks, als wegen ihrer ganz eigenartigen Lebensordnung unsere Aufmerksamkeit erregen müssen. Insbesondere sind die Balonda am Sambesi3) zu erwähnen, über die uns ein so unbedingt zuverlässiger Gewährsmann wie der Missionar und Entdecker LIVINGSTONE aus eigener Anschauung unterrichtet. Danach sitzen die Frauen im Rate des Volks (Schauri)4), der junge Ehemann siedelt aus seinem Dorf in das Dorf seiner Frau über, und diese ist ihm derart übergeordnet, dass er nicht einmal einen gewöhnlichen Vertrag eingehen oder den ein

1) HENRICI in Zeitschrift, Bd. 11, S. 141 u. 151.

2) Zeitschrift, Bd. 14, S. 306 u. 307.

3) So bemerkt auch HELLWALD in TREWENDT's Handwörterbuch der Zoologie, Bd. 1, S. 339: Die Balonda leben oft unter weiblichen Häuptlingen, deren Männer diese Würde mit ihnen nicht teilen.<

4) Vergl. über die Mitwirkung der Mutter des Häuptlings bei den Schauris der Bantuvölker (ähnlich der Stellung der Seniorin in den später zu besprechenden Hausgenossenschaften) MERKER bei KOHLER in Zeit. schrift, Bd. 15, S. 73.

WILUTZKY, Vorgeschichte des Rechts I

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fachsten Dienst für einen Anderen ohne ihre Genehmigung leisten darf. Das heisst, es ist nach unseren Begriffen die umgekehrte Welt- Mann und Frau haben die ihnen nach unserer Meinung zukommenden Stellen direkt vertauscht. Ja, dies geht so weit, dass die Frau die Ernährerin des Mannes ist und wenn ein neuerer Dichter (AUGIER) mit schneidendem Sarkasmus sagt, dass die Ehe die Karriere unserer jungen Mädchen ist so ist sie dort die Lebenshoffnung der jungen Männer, und LIVINGSTONE meint, dass eine alte Jungfer überhaupt nicht zu finden sei vom Kap bis zum Äquator1). Aber dafür vielleicht sitzen gebliebene Männer.

Ähnlich sind auch die Zustände bei den ba Nyai). Von ihnen heisst es: »Die Häuptlingswürde erbt nie vom Vater auf den Sohn fort, sondern geht regelmässig auf den Schwestersohn über. Bei den ba Nyai befehlen von Rechts wegen die Frauen, die Männer müssen gehorchen und unternehmen nichts ohne deren Einwilligung. Auch zieht die Frau nicht zum Mann, sondern dieser begiebt sich zu seiner Erwählten und bleibt in deren Heimat und dient seiner Schwiegermutter. Die Frauen sorgen für die Speisung des Mannes.< Auch die Sitte finden wir häufig bei den südafrikanischen Völkern, dass die Kinder dem Schwiegervater gehören oder ihm verpfändet werden, bis der Mann den Kaufpreis der Frau voll bezahlt hat3); über

1) BACHOFEN, Mutterrecht, S. 106. Über die hervorragende Stellung des mütterlichen Oheims bei den Bantuvölkern, vergl. Zeitschrift, Bd. 15, S. 325.

2) WAITZ, Anthropologie, Bd. 2, S. 398; LUBBOCK, S. 123, welcher Beispiele aus vielen Gegenden Afrikas beibringt; HELLWALD in TREWENDT's Handwörterbuch, Bd. 1, S. 350 und 351. Bei den ostafrikanischen Wadigo beginnen die Verhandlungen über die Kaufehe im Hause der mütterlichen Grossmutter der Braut (St. Paul-Hilaire in den Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten, Bd. 8, S. 202).

3) LIVINGSTONE, neue Missionsreisen in Südafrika, übersetzt von MARTIN, Bd. 1, S. 318 f.; ENDEMANN in Zeitschrift f. Ethnol. 1874, S. 39; FRITSCH, die Eingeborenen Südafrikas, S. 142.

den Zusammenhang dieses Brauchs mit der Kaufehe ist schon

vorhin 1) gesprochen.

Mutterrecht ist auch heimisch auf der grossen, Afrika vorgelagerten Insel Madagaskar bei den dortigen malaiischen Hovas, zum mindesten in der Königsfamilie").

Aber auch im Nordosten Afrikas ist das Mutterrecht nachgewiesen bei den Barea im Süden von Ägypten3), sowie in Darfor, wo sich die Gewohnheiten noch wenig über das Niveau des Hetärismus erhoben haben 4).

Auch bei den Baeles in der östlichen Sahara besteht die mutterrechtliche Gepflogenheit, dass die junge Frau bis zur Geburt des ersten Kindes bei ihren Eltern lebt und erst dann in den eigenen Hausstand ihres Mannes sich begiebt3).

Finden wir in Afrika das Mutterrecht allem Anschein nach als Ausläufer des Hetärismus, so tritt es bei den nordamerikanischen Indianern in engster Verbindung mit der im zweiten Kapitel geschilderten Totemverfassung auf. Das Kind folgt dem Totem der Mutter, der Vater steht ausserhalb des Totems seines Kindes; daher ist auch die Häuptlingswürde erblich im Weiberstamm6). Die Frau steht im Mittelpunkt der

1) S. 93.

2) WAITZ, Anthropologie, Bd. 2, S. 433; LUBBOCK, S. 123 ff.

3) HELLWALD in TREWENDT's Handwörterbuch der Zoologie u. s. W., Bd. 1, S. 354; HELLWALD, Menschliche Familie, S. 211.

4) BASTIAN, Rechtsverhältnisse, S. LIX, A. 24.

5) NACHTIGAL, Sahara und Sudan, Bd. 2, S. 177.

6) MORGAN, Systems of Consanguinity and Affinity, S. 139: »the mother confers both her nationality and her tribal name upon her children« und S. 140: the office of sachem or chief [Häuptling] was hereditary in the female line. Wegen der Nootkas in Columbia BANCroft, Bd. 1, S. 197, A. 75 und wegen des ebenfalls columbischen Indianerstamms der Spokanes ebenda, S. 277 mit der seltsamen Begründung: a man marrying out of his own tribe joins that of his wife, because she can work better in a country to which she is accustomed; der gesamte Haushalt gehört der Frau. Vergl. auch die Nachweise für die Irokesen, Delaware, Mohi

Familie; sie ist als Hausmutter die Eigentümerin der Hütte wie der Geräte, der Waffen, der Felder und von Allem, woran bei diesen Stämmen überhaupt ein Sondereigentum der einzelnen Familie sich bilden kann 1). Die Vererbung geht von der Mutter auf das Kind, vom Vater auf den Sohn der Mutter und den Sohn der Schwester 2). Der ledige Sohn liefert die Jagdbeute, also bei diesen Jägervölkern seinen einzigen Erwerb, an die Hütte der Mutter ab3). Heiratet er, so zieht er in die Behausung der Schwiegermutter und bleibt dort so lange, bis der Kindersegen ihn nötigt, ein eigenes Heim zu schaffen1).

Die Frau ist hier aber auch vielfach über ihre Stellung als Mittelpunkt der Familie hinausgewachsen, und finden wir Weiber als Häuptlinge genannt). Und, wo sie nicht zur Häuptlingswürde gelangen, wird die einzelne Haushaltung, die aus den durch gleiche weibliche Abstammung verbundenen Personen besteht, z. B. bei den Wyandots durch einen Rat von Fünfen, nämlich vier Frauen und einem von ihnen dazu gewählten Mann, geleitet 6), sodass diese Gemeinschaft sich nicht nur mutterrechtlich aufbaut, sondern auch wesentlich unter dem Einfluss der Frauen steht.

Das Mutterrecht bei den nordamerikanischen Rothäuten ist, gemeinsam mit ihrer Totemverfassung, bis in den äussersten Nordwesten des Kontinents nachweisbar, so bei den Tlinkit

kaner, überhaupt die Huronen u. s. w. bei KOHLER in Zeitschrift, Bd. 12, S. 242 ff.

1) DARGUN in Zeitschrift, Bd. 5, S. 30, 36.

2) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 328.

3) LAFITEAU, Bd. 1, S. 579. Er sagt übrigens dort S. 578 ganz direkt: l'époux et l'épouse appartiennent toujours à la cabane de leurs mères.

4) DARGUN a. a. O., S. 36; KOHLER in Zeitschrift, Bd. 5, S. 353.
5) WAITZ, Anthropologie, Bd. 3, S. 124 ff.

6) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 329.

indianern auf Alaska und den Haidas auf der Königin-Charlotteninsel1). Auch bei dem Behringsvolk der Aleuten musste früher der Mann, der ein Mädchen aus einem fremden Ostrog (Familiendorf) heiratete, in Dorfe seiner Frau Wohnung nehmen und behalten2).

So im hohen Norden, so aber auch im tropischen Südamerika. Auch hier gehört bei den Naturvölkern das Kind zum Stamm der Mutter; der Mann wohnt vielfach nach der Verheiratung im Hause des Schwiegervaters, folgt also der Frau, statt dass die Frau ihm folgt; und auch hier wird insbesondere die Häuptlingswürde vielfach im Weiberstamm vererbt3). Bei einzelnen Stämmen Südamerikas beziehen die Brüder des Mädchens oder die Brüder der Mutter die Gaben, welche der junge Ehemann darbringt, und tritt der mütterliche Oheim nach dem Tode des Vaters, ja zuweilen schon bei dessen Lebzeiten als der natürliche Beschützer des Kindes auf1).

In Brasilien bei den Karayastämmen am Rio Araguaya ist der verheiratete Mann nicht mit seiner eigenen Familie zusammen, sondern im Haushalt seiner Schwester. Ebenso empfängt er dort, und nicht bei sich für sein Haus, seinen Anteil an der Jagdbeute. Auch sorgt dort beim Tode der Frau nicht etwa der Witwer, sondern der Schwiegervater für die Kinder5). Ebenso verbleibt bei den Bororo die junge Frau

1) KRAUSE, Tlinkitindianer, S. 220, 312. KOHLER, Recht als Kulturerscheinung, S. 26 und in Zeitschrift, Bd. 6, S. 330; BASTIAN, Rechtsverhältnisse, S. 173, 183; HELLWALD in TREWENDT's Handwörterbuch der Zoologie u. s. w., Bd. 4, S. 536.

2) KLEMM, Kulturgeschichte, Bd. 2, S. 295.

3) Zeitschrift, Bd. 13, S. 300 ft.

4) Zeitschrift ebenda, S. 298, 299.

5) EHRENREICH in den Veröffentlichungen aus dem kgl. Museum für Völkerkunde, Bd. 2, S. 27.

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