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ist es die Tochter, durch die das Erbe der Familie erhalten wird; hier ist es der Sohn, und zwar gewöhnlich der älteste Sohn, der nach dem Tode des Vaters an dessen Stelle tritt. Man denke hier an unsere bäuerlichen Verhältnisse: jedem Praktiker, der auf dem platten Lande amtiert hat, ist bekannt, wie bis in unsere neueste Zeit hinein die Anschauung fest gewurzelt war, dass nur eines der Kinder, und zwar gemeiniglich der älteste Sohn, oder sonst das Kind, das der Vater bestimmt, die bäuerliche Stelle zu übernehmen hat - ein Grundsatz, dem hauptsächlich die Erhaltung einer kräftigen Bauernwirtschaft zu verdanken ist, und dem bis in unsere Zeit hinein die Kinder sich vielfach noch fügten und mit Abfindungen, die oft nicht den Pflichtteil erreichten, sich begnügen liessen. Macht alter Vorstellungen, die durch das viel neuere Pflichtteilsrecht auf Jahrhunderte hinaus nicht zu beirren waren! Eben diese Gewalt des Vaters über die Kinder ist der eiserne Rückgrat des ganzen Instituts; man kann wohl sagen, dass just wie im Mutterrecht das Kind mit dem Vater überhaupt nicht verwandt ist so auch das Vaterrecht im Anbeginn seiner Entwickelung noch nicht den revolutionären Schritt der Stabilierung einer solchen Verwandtschaft gethan hatte, sondern ganz einfach aus Machtverhältnissen hervorging; sowie sich der einzelne Hausstand absonderte, und der Ehemann die geraubte oder gekaufte Frau in sein Heim hinübernahm, war er ihr Gewalthaber im rohesten und engsten Sinne des Wortes, und diese Gewalt war die Grundlage der Herrschaft auch über die Kinder keineswegs nur über seine eigenen Kinder, sondern, wie wir nachher sehen werden, vielfach auch über die Kinder, die die Frau mit in die Ehe braclite, und sogar über die Kinder, die der Verletzung der ehelichen Treue entsprangen 1). Das Vaterrecht war also zunächst die Herrschafts

1) BERNHÖFT, Staat und Recht der römischen Königszeit, S. 196 ff.; derselbe in Zeitschrift, Bd. 4, S. 234 ff.; KOHLER in Zeitschrift, Bd. 3, S. 394 und in Krit. Vierteljahrsschrift, N. F., Bd. 4, S. 17 ff. Schon LEYSER,

gewalt des Mannes über sein Haus und Alle, die diesem seinem Hause angehörten, und dieser Charakter ist ihm geblieben.

Diese Gewalt äussert sich den Kindern gegenüber in einer unbedingten Machtfülle. Es ist keine Besonderheit des Islam, dass der Vater Herr auch über die Hand der Tochter ist; bis tief in die neueste Zeit hinein bestand diese Vorstellung auch im Abendland in ungeschwächter Kraft. Die Sache ist wohl uns allen bekannt; es sei mir aber gestattet, auf eines der grössten Dichterwerke hinzuweisen. Man hat sich vielfach den Kopf über die tragische Schuld in Shakespeare's »Romeo und Julia« zerbrochen. Was war das Verbrechen dieser Liebenden, die, von dem blinden Hass der Familien unserer Auffassung nach gezwungen, heimlich sich vermählten? Ihre »süsse Sünde<< war nach dem Segen der Kirche doch keine Schande; und doch sieht der Dichter keine andere Sühne für möglich, als die schwerste, den Tod. Weshalb? Seine Vorstellung von der Gewalt der Familie und des Vaters über die Tochter ist eben noch eine völlig andere: das Kind, das sich gegen diese Gewalt, wenn auch durch den furchtbarsten Druck und das Gebot der Natur entschuldigt, auflehnt, ist ein Rebell gegen die Weltordnung; es übt nach der Überzeugung der Zeit des Dichters Hochverrat an dem, was die Säule des väterlichen Hauses und der Familiengemeinschaft ist an dem, was wir eben Vaterrecht nennen. Und so bewahrheitet sich auch hier, dass die Tragik zumeist in dem Konflikt zweier verschiedener Weltanschauungen wurzelt; die wahren Dichter sind stets die Sturmvögel, die jeder grossen Bewegung der Menschheit voraus eilen. Was Wunder, dass sie oft genug erst von der Zukunft verstanden werden, wie es den Propheten geht, die vorwärts schauen.

Medit. ad pand. spec. XIIX, ad lib. 1, tit. 6, sub. I drückt dies sehr treffend aus: Eum vero, qui in matrimonio nascitur, patri addixerunt, propterea scilicet, quod mater per nuptias ipsam se quodammodo mariti potestati subjiciat atque adeo liberos quoque suos eidem permittat.

Und wie das Vaterrecht einerseits die Zwischenstufe zu unserer heutigen Auffassung ist, so bedeutet es andererseits aber auch den vollen Bruch mit den hetäristischen Ideen. Der Mann ist der Herr der Seinen und verlangt sein Weib für sich allein. Dies wird in weiter fortschreitenden Zeiten dahin ausgebaut, dass diese Alleinherrschaft sich auch auf die Vergangenheit ausdehnt: er verlangt die Frau als Jungfrau zur Ehe. So hebt das Vaterrecht, das soviel zur Knechtung der Frau beigetragen hat, andererseits veredelnd die Frau auf eine höhere Stufe. Weil sie in alle Zeit nur einem gehören darf, hört sie auf Gemeingut zu sein. Das Recht, das die Frau zum Eigentum des Mannes macht, hat auch die Jungfrauenprobe eingeführt, die bei so vielen Völkern aller Zonen, bei Hebräern, Indern, Negern als wichtiger Teil der Eheschliessung bezeugt ist. So berichtet die Bibel (5 Mose 22, 17), und so finden wir dasselbe in vielfachen Nachweisungen 1).

Das Vaterrecht scheint eine allgemein menschliche Entwickelungsstufe zu sein, universal wie das Mutterrecht. Bald tritt es in reiner Gestalt auf, wo der Hausvater ganz absoluter Monarch seines Hauswesens ist, bald in bereits abgeschwächter Form und in Übergängen, z. B. wo dem Hausvater ein Familienrat, gewissermassen ein Rat der Ältesten zur Seite gesetzt ist, den er bei wichtigeren Eingriffen befragen muss, und der mitunter sogar einen unwürdigen oder unfähigen Hausvater ab. setzen, also nach unseren Begriffen entmündigen kann').

Reines Vaterrecht finden wir bei den Israeliten als Überlieferung aus der Patriarchenzeit. Wie aus der Geschichte

1) Vergl. KOHLER in Zeitschrift, Bd. 3, S. 348, No. 16, Bd. 6, S. 340, 341. Hiermit in Zusammenhang scheint auch das Baden der Braut durch des Bräutigams Mutter zu stehen, wovon in einem Bericht von 1680 über litauische Sitten zu lesen ist (vergl. TETZNER, Dainos, Leipzig bei Reclam, S. 14).

2) So z. B. bei den Ba-Ronga an der Delagobai, Zeitschrift, Bd. 14, S. 468.

Ismaels, des Sohnes Abrahams von der Hagar hervorgeht, war auch der von der Magd Geborene frei und erbberechtigt; denn nur auf die Abstammung vom Vater kam es an1), ganz wie bei der agnatischen Verwandtschaft der Römer. Aber was hier aus alter Zeit überliefert ist, finden wir auch in viel späteren Jahrhunderten wieder. Nach altrussischem Recht entschied die Geburt nach der Verheiratung der Mutter; gleichviel, wer der Erzeuger des Kindes war, es gehörte dem Ehegatten der Mutter2). Auch dies ganz wie im alten römischen Recht; denn dies ist der ursprüngliche Sinn der sicherlich uralten Rechtsregel: pater est, quem nuptiae demonstrant.

Und nach keltisch-irischem Rechte gehörte sogar das Kind des Ehebruchs dem Hausvater zu eigen; doch konnte es ihm vom wirklichen Vater abgekauft werden3). Wir sehen also hier in einer uns völlig roh erscheinenden Auffassung die äusserste Konsequenz des Vaterrechts gezogen: der Vater lediglich Eigner und Herr alles ihm innerhalb seiner vier Pfähle Zuwachsenden.

Wieder ist es Ostindien, das tolerant und konservativ bis auf den heutigen Tag nicht nur alle Religionen, die dem Lande entstanden und importiert sind, sondern auch alle möglichen Entwickelungsstufen der Menschheit gastlich beherbergt. Hier lebt die vornehmste Kaste, der Priesterstand der Brahmanen, nach Vaterrecht4). Das Alter des Instituts verrät sich sehr deutlich darin, dass auch hier alle äussersten Konsequenzen gezogen sind. Die Frau bringt ihre geborenen oder noch ungeborenen Kinder dem Manne zu, und auch die Frucht des

1) I Mose 21, 10, 11; vergl. aus der Geschichte Jephtahs, Richter II, I, 2.

2) EWERS, das älteste Recht der Russen, S. 115. Es handelt sich hier allerdings mehr um Schlussfolgerung, als um Überlieferung.

3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 5, S. 412.

4) BERNHÖFT ebenda, Bd. 8, S. 22.

Ehebruchs gehört dem Hausvater 1). Man staunt, wie bei einem so hochkultivirten und glänzend beanlagten Volke, dessen Dichter und Denker uns Ehrfurcht abnötigen, eine derartige rohe und rückständige Auffassung in der höchsten Aristokratie des Landes möglich ist. Manches trug dazu bei: die dem Inder eingeborene Scheu vor dem Altehrwürdigen und die Vermischung von Religion und Sitte und Recht, von der er bei aller Hochkultur nicht abgewichen ist. Er wagte durch alle Jahrhunderte nicht den entscheidenden Schritt der Neuerung, weil die alte Lebenssitte ihm ein Teil seiner religiösen Überzeugung war. Daher auch wohl gerade bei den Hütern der Religion, den Priestern, diese altertümlich schroffe Ausbildung des Vaterrechts. Dazu kam der schon oft in diesen Blättern hervorgehobene Umstand, dass es häufig der Adel, als seiner Natur nach konservativ, ist, bei dem sich Überlieferungen erhalten, die in anderen Bevölkerungsklassen ausgestorben sind.

Auch bei dem Malaienstamm der Bataks auf Sumatra, bei denen die Frauen gekauft werden, ist für die Verwandtschaft

das Vaterhaus und die väterliche Abstammung entscheidend; Verwandtschaft von der Mutter her wird nicht berücksichtigt 2).

Ebenso in Afrika finden wir reines Vaterrecht, sodass das Erbe, insbesondere die Häuptlingswürde, auf den Sohn, gemeiniglich den ältesten, übergeht, und dass die Kinder des Sklaven, nicht der Sklavin der Sklaverei anheimfallen, vielfach geübt, so an der Loangoküste Westafrikas3), bei den Ba-Ronga

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 3, S. 394 ff., Bd. 5, S. 410 ff.; BERNHÖFT, Staat und Recht der römischen Königszeit, S. 196 ff. und in Zeitschrift, Bd. 4, S. 234 ff. Gerade in diesen schroffen Auswüchsen suchte von alters her eine mildere Handhabung einzudringen: vergl. Gesetzbuch des Manu, Buch 9, V. 32, vermochte aber das alte Recht nicht völlig zu überwinden.

2) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 333.

3) BASTIAN, deutsche Expedition an der Loangoküste, Bd. 1, S. 165.

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