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Mond- und Sonnenkalender.

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übergeht." Hüsing behauptet nur, daß seine Auffassung möglich ist; eine andre mögliche Deutung sei bisher nicht gefunden. Wir finden auch in dem speziellen Beispiel der Hüsingschen Theorie einen durchaus richtigen Gedanken; aber die Mondlehre (z. B. unter gewissen Kultvoraussetzungen die Scheibe des Re Vollmond, Apophis Schwarzmond, der den leuchtenden Mond bekämpft) kann immer nur eine Anwendung der astralen Kreislauflehre darstellen. Bei Betonung der Monderscheinungen konnte doch nie die Frage unterdrückt werden: was sagen die übrigen Himmelserscheinungen, insbesondere die der Sonne, und was geschieht auf Erden? Sobald der Kalender die Naturerscheinungen (Jahreszeiten, Nilüberschwemmungen, Saat und Ernte) in Betracht zieht und das ist doch schließlich das praktisch Wesentliche - mußte er den Ausgleich von Sonnen- und Mondlauf in Betracht ziehen; bei einseitiger Betonung des Mondlaufs würden ja die Naturfeste im Naturjahr weiterrollen (vgl. meine Ausführungen ThLZtg. 1906, Sp. 292). Daß von der Sonne nie und nimmer abgesehen wurde, auch bei kultischer Betonung der Monderscheinungen, und daß die Sonnenkreislauflehre auch hinter Hüsings Mondkalenderkult steckt, beweist Hüsing selbst durch seine oft wiederholte Theorie von drei Mondphasen. Die drei Phasen sind die S. 48ff. besprochenen: Neumond, der aus der Sonne heraustritt, Vollmond, der sich mit der Sonne „vermählt" und sterbender Mond, der in der Sonne versinkt. Es kommt eben darauf hinaus, daß die hinter den Mythen stehende Lehre weiß, daß der Schwarzmond, die Verdunkelung des Mondes, mit der Sonne zusammenhängt, was für Babylonien inschriftlich bezeugt ist (8. ATAO S. 102). Wertvoll für eine künftige Verständigung mit Hüsings Gruppe ist das Zugeständnis, daß die Ansätze zu einer höheren Kultur aus Asien kamen, daß insbesondere die ägyptische Kosmologie und Kosmogonie aus Asien und zwar aus der „sumerischen Kultur" herzuleiten sei (ib. S. 191 f.). Also auch hier „pan babylonische" Strömung in bestimmter geschichtlicher Zeit! Wie es in prähistorischer Zeit aussah, darüber stellen auch wir unser Urteil zurück. Nur möchten wir nicht zugeben, daß die Tiergestalten auf einen „afrikanischen Tierkult zurückgehen, der wohl ein Zugeständnis der siegreichen Einwanderer an die unterworfene Bevölkerung darstellt" (Oppel ib. S. 191). Wenn Hüsing im weiteren Verlauf bei bestimmten Tiergestalten an die christlichen Symbole der Taube und des Lammes mit der Fahne erinnert, so trifft das vielmehr unsre S. 35, Anm. 1 angedeutete Auffassung von den Tiergestalten. Ein wichtiges Spezimen für ägyptische Astralreligion bietet uns ein kurzer Aufsatz W. Spiegelbergs über einen bei drei verschiedenen Königen vorkommenden (also liturgischen Charakter tragenden!) Pyramidentext 1. Es heißt dort vom toten König:

1) Es handelt sich in Spiegelbergs Aufsatz OLZ 1904, Sp. 45 f. um eine chronologische Frage, nicht um die Frage nach dem astralen Charakter.

Beispiel eines ägyptischen Astral-Textes.

Siehe, er kommt als Orion,

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Siehe, Osiris kommt als Orion, Herr des Weines1 am schönen

Wigfeste.

Es sprach seine Mutter: Mein Erbe.

Es sprach sein Vater: Empfangen vom Himmel, geboren von der Dw3-t3.

O Merenre,

Empfangen hat dich der Himmel mit dem Orion,
Geboren hat dich die Dw-t mit dem Orion.

Es lebt, wer da lebt nach dem Gebot der Götter.
Du wirst leben.

Du wirst emporsteigen mit dem Orion an der Ostseite
des Himmels.

Du wirst hinabsteigen mit dem Orion an der Westseite
des Himmels.

Euer dritter ist die Sothis (= Isis) mit reinen Sitzen,
Sie ist es, die euch geleitet zu den schönen Pfaden, die im
Himmel sind, im Gefilde "rw.

Zur Erklärung. Die Totenliturgie sieht in den Königen die Inkarnation der Gottheit, die sich im Kreislauf der Welt offenbart, und zwar speziell des Osiris, an dessen Todes- und Auferstehungsgeschick der Tote teilnimmt. Näheres hierzu s. S. 63. Man sagt zur Mumie: „Du wirst leben!" Pyr. 15 (Erman S. 96 f.) heißt es ausführlicher: „So wahr Osiris lebt, wird auch er leben; so wahr Osiris nicht gestorben ist, wird auch er nicht sterben; so wahr Osiris nicht vernichtet ist, wird auch er nicht vernichtet werden." Osiris trägt hier wie sonst Mondcharakter. Der Mond, der nach drei Tagen aus der Unterweltsmacht hervorbricht, ist Auferstehungsgestirn. Dieselbe Spekulation verbindet der Babylonier mit dem Mond: inbu ša ina ramanišu ibbanû u šîha „Frucht, die sich aus sich selbst erzeugt und entsproßt". Die weibliche Entsprechung des Osiris ist Isis (Venus), die sich in der Kreislaufbahn zu Osiris verhält, wie Ištar zu Tammuz (sie bringt Osiris zu neuem Leben, holt ihn aus der Unterwelt etc.). An die Stelle von Isis tritt in Ägypten mit Vorliebe Sothis, deren Offenbarungsgestirn der Sirius ist. An die Stelle von Osiris tritt

1) Zum Sinn des Wein"-Motivs s. mein BNT 31 ff.

"

2) Sachlich sicher identisch mit dem babylonischen Akîtu, dem Neujahrsfest.

3) Das Ideogramm für Dw-t ist das Ideogramm für den Stern. Sie entspricht Ištar in der Unterwelt bez. der Unterwelt selbst.

4) Die Siriusperiode (Sothisperiode) ist ein größerer Kreislauf, der so entsteht: täglich geht der Hundsstern (Sirius Sothis) 1 Stunde später auf, aller 4 Jahre 1 Tag, aller 4 × 365 Jahre 1 Jahr = 1460 Jahre: das ist die Sothisperiode, das Siriusjahr.

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Gründe für die ablehnende Haltung der Ägyptologen.

Orion. Sein Sternbild ist am Südhimmel der vornehmste FixsternRepräsentant des Kreislaufes. Der tote König wird emporsteigen mit dem Orion an der Ostseite des Himmels und wird hinabsteigen mit dem Orion an der Westseite des Himmels". Aufgang und Untergang des Orion gibt die Motive für Kreislaufmythen, s. ATAO3 S. 343. Im Stierzeitalter ging Orion, wie mir stud. math. Ernst Büsching berechnet hat, im Sommer um Mitternacht auf, im Winter um Mitternacht unter. Also im Sommer stieg er, solange er nachts sichtbar war, am Himmel empor, im Winter legte er jede Nacht einen abwärts gerichteten Weg zurück.

So bricht sich die Erkenntnis, daß speziell die ägyptische Götterlehre astral ist, unter der Wucht der Tatsachen allmählich Bahn. Nur die Gruppe der berufsmäßigen Ägyptologen verhält sich skeptisch. Bei einigen scheint eine wahre Sternenfurcht zu herrschen. Erman nennt nicht einmal die astrale Auffassung unter den religionsgeschichtlichen Theorien, vor deren „Eintragung" er warnt. Das erinnert an die Sternenfurcht der „religionsgeschichtlichen" alttestamentlichen Schule, die alle an Gestirnkult anklingende Stellen der Thora für nachexilisch erklärt. Die ablehnende Haltung der Ägyptologen gegen die Astraltheorie möchte man fast aus der Scheu vor der Konsequenz erklären. Die Konsequenz würde lauten: dann muß die ägyptische Kultur in innigster Verbindung mit der babylonischen Kultur stehen. Denn der Ursprung einer Welten- und Götterlehre, welche auf die Gestirne gegründet ist, kann nur dort gesucht werden, wo eine Gestirnlehre bezeugt ist und wo die Astronomie eine dem entsprechende Pflege und Entwicklung gefunden hat. Die Wiege der Astronomie ist aber nach einer nie verloren gegangenen Überlieferung das alte Babylonien gewesen."

Aber die Sternenfurcht hat wohl in Wirklichkeit einen harmloseren Grund. Sternkunde gehört in Deutschland leider nicht zu den allgemeinen Elementen der gelehrten Ausbildung. Erman bespricht S. 93 den „volkstümlichen" Glauben, der den Verklärten einen festen Wohnort „auf der Ostseite des Himmels auf seinem nördlichen Teile unter den Unvergänglichen“ anweist. Und er sagt zur Erklärung:

Vielleicht dachte man an die im Nordosten gelegene Stelle der Zirkumpolarsterne, die ja wirklich als,Unvergängliche' gelten können, da sie nie gleich den andern vom Himmel verschwinden."

Die Zirkumpolarsterne im Nordosten? Ich habe mir lange den Kopf zerbrochen, wie die Vorstellung herauskommt. Weiß der Verfasser nicht, daß die Zirkumpolarsterne wie alle andern sich um den Himmelspol drehen? Oder hat die schiefe Stellung

Gründe für die ablehnende Haltung der Ägyptologen.

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des Globus oder die schräge Stellung des Polarsterns von der Ebene aus gesehen den Irrtum veranlaßt?

Gelegentlich gibt Erman eigentlich selbst zu, daß der Grundcharakter der ägyptischen Religion nicht anders als astral sein kann1. S. 5 seines Buches lesen wir: „Wenn man die ägyptischen religiösen Vorstellungen verstehen will, so muß man sich in jene ferne Kindheit des ägyptischen Volkes zurückversetzen, das staunend aufblickte zu dem, was über ihm am Himmel seinen Lauf nahm und das in diesen wunderbaren Erscheinungen die Götter sah, die die Welt lenkten." Aber diese Himmelsbeobachtungen haben nichts mit kindlich-naiven Vorstellungen von einer Himmelskuh usw. zu tun, wie Erman annimmt, sondern sie verbergen ein tiefdurchdachtes System. Und S. 90 heißt es bei Erman: „Allnächtlich sah der Ägypter über sich die Sterne wandeln in jener ungetrübten Pracht, die der glückliche Himmel seines Landes zeigte. Er kannte einzelne unter ihnen, die besonders auffielen, den Hundsstern, den Orion, den Morgenstern, und dachte wohl, daß dies Götter sein möchten, die gleich dem Sonnengott die Erde verlassen hätten." Wir müssen auch hier fragen: Warum betonte er gerade diese Sterne? Und sollten sich Sonne und Mond nicht noch aufdringlicher bemerkbar gemacht haben? Und woher kommt die Ideenverbindung? Es muß doch eine Lehre zugrunde liegen. Und die Vorstellung von einer Versetzung an den Sternhimmel ist gewiß nichts anderes als die euhemeristische Ausdrucksweise, die das Altertum hierfür geschaffen hat. Sie enthebt uns nicht der Aufgabe, zu fragen, welche Idee dieser popularisierenden Vorstellung zugrunde liegt.

1) Steindorff, Religion und Kultus im alten Ägypten (Jahrb. des Freien deutschen Hochstifts zu Frkf. a. M. 1904, 132 ff.) sagt gelegentlich: „Viele lokale Gottheiten wurden mit den kosmischen Mächten, namentlich mit Himmelskörpern in Verbindung gebracht“ (S. 136). Aber nach seiner Meinung handelt es sich um vereinzelte spätere Spintisierungen. Oder sollte es doch auch nach St. „zu dem Schatz gemeinsamer religiöser Vorstellungen, die das ägyptische Volk seit Urzeiten besaß“ (S. 137) gehören? Nach S. 140 gehörten dazu „die Vorstellungen von dem Weltall, insbesondere von dem Himmel und den Gestirnen, die auch in Ägypten mit dem eigentlichen Religionsgedanken im Zusammenhange standen" (S. 140). Nur verstehe ich nicht, wie sich diese Annahme mit dem völlig ausgebildeten Fetischismus" vereinbaren läßt, den St. sonst für die gleiche Zeit (S. 186) annimmt, vgl. S. 41, Anm 1.

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Die irrtümliche Beurteilung durch die Klassiker.

Daß hinter der Mythologie eine Lehre sich verbirgt, hätte man schon daraus schließen müssen, daß vielen der Götter nie und nirgends Tempel erbaut wurden (vgl. S. 45). Aber bereits der späteren Antike war das Wesen der orientalischen Religion fremd und unverständlich geworden. Wie könnte sonst Cicero in der Einleitung seines Buches „Von der Natur der Götter" die ägyptische Tierverehrung auf das Nützlichkeitsprinzip zurückführen1. Kein Wunder, daß die occidentalische Wissenschaft, solange sie für die Erforschung des alten Orients auf die Schriften und Fragmente der abendländischen Klassiker angewiesen war, von der unzulänglichen Auffassung tief beeinflußt blieb 2.

Das Ermansche Buch könnte nun die Veranlassung geben, das gesamte Gebiet der ägyptischen Religion auf seinen Grundcharakter zu untersuchen. Es fehlt mir jedoch dazu die fachmännische Kenntnis der Texte. Ich möchte nicht in den Fehler der Gegner auf dem eignen Gebiete verfallen, die aus den Mißverständnissen nicht herauskommen, weil sie aus sekundären Quellen schöpfen. Wer die Inschriften nicht selbst konsultieren kann, bekommt keine Unmittelbarkeit der Anschauung. Darum will ich mich im folgenden damit begnügen, an der Hand einiger Kapitel des Ermanschen Buches unsre These zu erhärten und im einzelnen zu illustrieren. Vielleicht gelingt es, eines der Häupter im Staate der Ägyptologie für die Er

1) Wie sich die Wissenden die Verbindung des astralen Systems mit den Tiergestalten vermittelten (vgl. S. 351), können wir vermuten. Die Tiergestalt ist ihnen nur eine der Erscheinungsformen der Gottheit. Denn in jedem Teile des Kosmos offenbart sich die göttliche Kraft. Neben die Erscheinungsformen im Kosmos und in den Gestirnen tritt die Erscheinung in der Tierwelt, die für den antiken Menschen immer eine Welt der Geheimnisse war. Besonders brauchbar erwies sich diese Übertragung bei der Popularisierung des Weltsystems: im Mythus und Märchen.

2) So findet man, daß der Mistkäfer „eine etwas lächerliche Personifizierung des Sonnengottes sei (Steindorff 1. c. 141). Cicero's Nützlichkeits-Theorie würde hier allerdings scheitern. Der Mistkäfer ist entsprechend der orientalischen Weltanschauung Unterweltspräsentant und damit Weltenträger, denn aus der Unterwelt steigen die Welten empor. Kot ist das Element der Unterwelt (vgl. ATAO* 216‘, BNT 96). Wenn man in dem runden Kügelchen, in das der Mistkäfer sein Ei legt und das er vor sich her schiebt, die Sonnenkugel sah, so ist das sekundäres Spiel der Gedanken, nach dem orientalischen Grundsatz: seht, wie alles stimmt.

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