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Seine Conversion und seine Verdienste.

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Das Musterbild eines Convertiten war Winckelmann gewiß nicht. Was ihn auf den Weg nach Rom führte, war seine grenzenlose Begeisterung für die antike Kunst. Zwei Monate nach seiner Conversion klagt er in einem Briefe, daß er sein Ziel, das Studium der römischen Kunstschäße, nicht erreichen. könne, ohne einige Zeit ein Heuchler zu werden" 1. Zahlreiche Briefe bezeugen den verworrenen Seelenzustand, in welchem er zur Kirche zurücktrat und vielleicht Jahre lang blieb. Er schwärmte wie vorher für die Antike. Aber er erfüllte doch immerhin die dringendsten äußeren Obliegenheiten eines Katholiken. Das katholische Rom mit seinem Papst, seinen Cardinälen, seinen Prälaten ward ihm allmählich eine zweite Heimath. Er fand da, was er suchte: Köpfe von unendlichem Talent, Menschen von hohen Gaben, Schönheiten von dem hohen Charakter, wie sie die Griechen gebildet haben, Leute von Wahrheit, Redlichkeit und Großheit, eine Freiheit, gegen welche die in anderen Staaten und Republiken nur ein Schatten ist" 2, und endlich sein Glück: „In mir selbst bin ich glücklich und zufrieden, welchen Zustand ich mit keinem Menschen vertauschen wollte" 3. Als ein gewalt samer Tod unerwartet seinem Leben ein Ende machte und den Heuchler entlarven mußte, wenn er einer war, empfing er mit voller Andacht die heiligen Sacramente, verzieh seinem Mörder, stiftete 20 Zechinen für ein Armenhaus und 10 Scudi, um für seine Seelenruhe Messen lesen zu lassen. Er starb als gläubiger Katholik, und das macht den Rückschluß möglich, daß seine Liebe zum altheidnischen Rom schon vorher eine fromme Verehrung für das christliche Rom herbeigeführt hatte. Er war kein Heuchler, wie Göthe ihn sich dachte.

Auch ein Kunstheide" im Sinne Göthe's war Winckelmann nicht. Er war kein Genußmensch, kein Erotiker, kein Schwärmer für Properz und Ovid, er war ein unendlich fleißiger, strebsamer

1 Bischof Räß, Die Convertiten seit der Reformation. Freiburg 1871. X. 182.

2 Ebds. S. 188.

3 Ebdf. S. 199.

4 Ebds. S. 213.

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Göthe's Unrecht an Winckelmann.

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Gelehrter, der seine Thätigkeit mit unermüdlichem Ernst auf ein großes Ziel gerichtet hielt. Das antiquarische Studium galt für die edelste, von den Gelehrten und Gebildeten Italiens in jedem Stande mit einer Art patriotischer Leidenschaft getriebeneBeschäftigung."1 Das war seine Leidenschaft, sein Studium und zugleich seine Erholung. Er brachte aus dem Norden reiche philologische Kenntnisse und die Lust mit, über das gesammelte Detail zu philosophiren; aber gegen Kirche und Christenthum war sein Studium nicht im mindesten gerichtet. Papst Benedict XIV. ließ sich aus seinen Monumenti inediti vorlesen, und Cardinal Albani blieb sein Freund auf Lebenszeit. Das päpstliche Rom war nie der Feind antiker Kunst und Bildung, soweit dieselbe der christlichen Gesittung wirklich dienen konnte, nur jener heidnischen Lebensanschauungen. welche in Rom und Griechenland selbst den Verfall der Kunst herbeigeführt haben. Als Freund und Genosse hochkirchlicher Kreise hat Winckelmann die alte Kunst weit eingehender und umfassender kennen gelernt, als Göthe es je erreichte; er ist, was dieser nur zu werden wünschte, wirklich geworden: der Begründer der neueren Kunstwissenschaft und Kunstgeschichte, soweit sie das classische Alterthum betrifft.

Göthe hat deßhalb nicht bloß der Kirche, sondern auch Winckelmann Unrecht angethan, indem er ihn zu seinem eigenen Vorläufer, zum Propheten einer Richtung zu stempeln versuchte, welche die alte Kunst an die Stelle der christlichen Religion sezte, indem er Convertiten mit „Renegaten“ und „geschiedenen Frauen“ wegen ihres interessanten „Wildpretgeschmacks" spöttisch auf Eine Linie stellte 2, und indem er endlich das Verdienst um die Wiederbelebung des antiken Kunstverständnisses von Winckelmann und seinen römischen Gönnern auf die „Weimarischen Kunstfreunde“, von Rom auf Weimar übertrug 3.

1 Rob. Zimmermann, Winckelmann, in Lü ß o w 's Zeitschrift für bildende Kunst. VIII. 148.

2 Göthe's Werke [Hempel]. XXVIII. 205.

3 Knebel gratulirte zu der Veröffentlichung der Briefe; sie sei

Recensionen in der Jenaischen Literaturzeitung.

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Neben „Rameau's Neffe“ und „Winckelmann“ veröffentlichte Göthe in den Jahren 1805 und 1806 nichts Neues als einige Recensionen in der „Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung“. Vier Bände seiner „Werke“, die nunmehr bei Cotta erschienen, riefen seine früheren productiven Jahre zurück, während der Dichter selbst an seiner Farbenlehre redigirte, an Polygnots Gemälden herumkramte, neben ein paar werthvollen Schriften auch herzlich unbedeutende recensirte und als galanter Patron und Gönner die schriftstellernden Damen einlud, sich ihre Romane von ihm corrigiren zu lassen:

„Sollten denn aber geistreiche und talentvolle Frauen nicht auch geist- und talentvolle Freunde erwerben können, denen sie ihre Manuscripte vorlegten, damit alle Unweiblichkeiten ausgelöscht würden und nichts in einem solchen Werke zurückbliebe, was dem natürlichen Gefühl, dem liebevollen Wesen, den romantischen, herzerhebenden Ansichten, der anmuthvollen Darstellung und allem dem Guten, was weibliche Schriften so reichlich besitzen, sich als ein lästiges Gegengewicht anhängen dürfte!" 1

Hatte sich doch eine dieser Damen erkühnt, gegen Naturphilosophie und gegen den „Wilhelm Meister“ zu schreiben, die andere aber ältere Dichter: Uz, Hagedorn, Kleist, Matthisson und Hölty, mit gar zu.viel Enthusiasmus genannt 2. Das konnte Göthe niemals leiden. Des Knaben Wunderhorn" dagegen empfahl er mit größter Wärme, charakterisirte jedes Gedicht in ein paar Zeilen, weil er glaubte, daß das „wohl einige Sensation" machen werde, lehnte jede eigentliche Kritik ab, stellte sogar die Competenz einer Kritik in Frage, glaubte aber doch die Sammler für die Fortsetzung vor allem Pfäffischen und Pedantischen" höchlich verwarnen zu müssen 3.

sehr zeitgemäß, um „nämlich die Albernheit des Ka= tholicismus eben nicht durch Winckelmanns Ueberzeugung zu beschönen". Guhrauer. I. 265. Die Albernheit stak anderswo. 1 Göthe's Werke [Hempel]. XXIX. 379.

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Göthe als vornehmer Recensent.

Wie vorsichtig Göthe selbst in seiner literarischer Thätigkeit jezt mit dem Publikum rechnete und wie er seine eigene Stellung in der Literatur auffaßte, bezeichnet sehr gut eine Mahnung, welche an die Schriftstellerin Eleutherie Holberg (pseudonym für die Frau des Theologen Paulus) gerichet ist:

„Daß aber der Verfasser (d. h. die Verfasserin) Göthens natürliche Tochter gleichsam an die Stelle der ganzen Literatur seßt, können wir nicht billigen. Denn ob wir gleich eingestehen müssen, daß gewisse Werke mehr als andere den Punkt andeuten, wohin eine Literatur gelangt ist, so hätte doch der Verfasser sicherer gehandelt, wenn er den geistigen Sinn der Werke seiner Zeit dargestellt, und, wie die besseren selbst thun, auf einen unendlichen Fortschritt hingedeutet hätte, als daß er sich an ein besonderes Gedicht hält und dadurch den Widerspruch aufreizt." 1

In den sehr wenigen und kurzen Recensionen dieser Zeit zeigt sich Göthe überhaupt nicht als strengen, scharfen Kritiker, sondern als vornehmen, geistreichen Herrn, der seine Gegner ignorirt, sich darbietende Schüßlinge geistreich lobt und ermuthigt, andere an sich zu ziehen sucht und die sich weiter entwickelnde Literatur und Literaturgeschichte schon zum Voraus unter seine Fittige nimmt. Wenn dann so ein Küchlein von literarischer Dame gegen seine Naturphilosophie zu piepen wagt, so pickt er höchstens ein wenig nach dem kleinen Wesen und sagt:

Sollte man mit so viel Liebenswürdigkeit, Gefühl und Lebenslust an Philosophie überhaupt, geschweige an Naturphilosophie, denken ?"

Zur mannigfaltigen Abwechslung des gewöhnlichen Hof- und Geschäftslebens, zu Theaterdirection und Naturstudium, Kunstarchäologie und Literatur gesellten sich als Zuspeisen noch verschiedene Besuche, Reisen, Ausflüge.

Von alten Bekannten erschien im Juni 1805 Frit Jacobi in Weimar; doch Göthe, der Mann des „unendlichen Fortschritts“, hing wenig an der Vergangenheit, sondern lebte mit der jungen

1 Ebds. 378.

Anschluß an Friedr. Aug. Wolf.

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Gegenwart weiter. Jacobi konnte sich in seine Poesie nicht finden, er nicht in Jacobi's philosophische Sprache; sie begnügten sich also, den alten Bund treulich und liebevoll zu bekräftigen" und im Allgemeinen vom beiderseitigen Thun und Lassen Kenntniß zu nehmen. Sehr innig schloß sich Göthe dagegen an den Philologen Friedrich August Wolf an, mit welchem er einst in der Xenienperiode wegen Herders Homer fast in peinliche Händel gerathen wäre. Alles legte sich in schöne, griechische Falten. Göthe nahm Wolfs Hypothese über den Ursprung der homerischen Gedichte an, und Wolf lieh seinen nicht zu verachtenden Beistand, um Göthe's wankenden Kunst-Hellenismus zu stützen. Während die Schillerfeier zu Lauchstädt vorbereitet wurde, erwiederte Göthe den Besuch Wolfs in Halle und that ihm sogar die Ehre an, einer Vorlesung beizuwohnen. Sehr willkommen war es ihm, daß Dr. Gall eben an der Universität seine Vorlesungen eröffnete. Er besuchte dieselben fleißig und freute sich, daß sie zu seinen eigenen osteologischen Anschauungen ziemlich stimmten; der berühmte Kraniologe aber fand aus der Untersuchung von Göthe's Schädel richtig heraus, daß er eigentlich zum Volksredner geboren sei und nicht den Mund aufthun könne, ohne einen Tropus zu sprechen. Das Lehtere hatten Andere auch schon gefunden, ohne gerade die Hügel und Thäler seiner Hirnschale zu befühlen.

Mit Wolf reiste Göthe nach Helmstedt, der braunschweigischen Landesuniversität, nach Halberstadt, in den Harz. Ueberall glichen

1 Das Verhältniß zu Wolf, die beiderseitigen Besuche und die gemeinschaftliche Reise hat Göthe weitläufig beschrieben (Tag- und Jahreshefte. 1805), indem er Wolf sofort an die durch Schiller erledigte Freundes"-Stelle treten läßt. Tiefes Gefühl verräth das nicht, aber kluge Berechnung; denn in Wolf zog er die deutsche Philologie huldigend an seine Seite, um später die Huldigung mit Zinsen und Zinseszinsen wieder an sich zu bringen. Göthe's Werke [Hempel]. XXVII. 116 ff. M. Bernays, Göthe's Briefe an Fr. August Wolf. Berlin 1868. Lothholz, G., Das Ver= hältniß Wolfs und W. von Humboldts zu Göthe. Wernigerode 1863.

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