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Das Heidenthum in der claffischen Philologie.

fich alte Abneigungen aus, überall wurden neue Freundschaften angeknüpft, alte erneuert, größere oder kleinere Ovationen in Empfang genommen. Die glänzendste erfolgte an einer großen Abendtafel zu Helmstedt, bei welcher die Universitätsprofessoren sowohl den Erklärer des Homer, als den neuen Homer von schöner Hand mit einem Lorbeerkranz bekrönen ließen. Göthe bezahlte den Kranz mit einem Kuß, Wolf dagegen wollte weder Kranz noch Kuß. Der Göthe-Cultus blühte munter auf. Die Damen fanden den Gefeierten höchst liebenswürdig, die Gelehrten wußte er mit seiner allseitigen Wißbegier zu gewinnen.

Wolf war ebenso wie Göthe dem Christenthum völlig abgewandt. Das Neue Testament ist nach ihm nichts weiter „als griechische Moral, vermischt mit jüdischen Vorstellungen“ 1. Als das Hauptziel der humanistischen Bildung und damit aller Bildung überhaupt betrachtete er die Ablösung des griechischen Elements von allen jüdischen, d. h. christlichen Zusäßen und eine völlige Rückkehr zur griechischen Cultur. Auf dem Boden dieser gemeinsamen Grundanschauung völlig eins mit Göthe, schwärmte er zeitweilig für ihn wie für einen Abgott und legte ihm in einer Dedication seine ganze Philologie und Pädagogik zu Füßen:

„Ihr Wort und Ansehen, Würdigster unserer Edeln, helfe hinfort uns kräftig wehren, daß nicht durch unheilige Hände dem Vaterlande das Palladium dieser Kenntnisse entrissen werde; wie wir denn gegründete Hoffnung hegen, daran ein unverlierbares Erbgut für die Nachkommen zu bewahren. Wo auch der Grund zu suchen sei, in der Natur unserer Sprache oder in Verwandtschaft eines unserer Urstämme mit dem hellenischen, oder wo sonst etwa: wir Deutschen, nach so manchen Verbildungen, stimmen am willigsten unter den Neuern in die Weisen des griechischen Gesanges und Vortrags: wir am wenigsten treten zurück vor den Befremdlichkeiten, womit jene Heroen andern den Zutritt erschweren; wir allein verschmähen immer mehr, die einfache Würde

1 J. F. J. Arnold, Fr. Aug. Wolf in seinem Verhältniß zum Schulwesen. Braunschweig 1861-1862. II. 395.

Göthe's Jugendfünden auf der Weimarer Bühne. 13

ihrer Werke verschönern, ihre berühmten Unanständigkeiten meistern zu wollen. Wer aber bereits so viel von dem göttlichen Anhauch daheim empfand, dem wird der ernsthafte Gedanke schon leichter, in den ganzen Kultus der begeisternden Götter einzugehen."

Wie Paulsen bemerkt, war Wolfs Streben auf nichts Geringeres gerichtet, als an die Stelle des Christenthums „eine neue Religion" zu setzen und nach dieser den ganzen Plan des gelehrten Unterrichts umzugestalten. Mochte sich auch später seine freundschaftliche Beziehung zu Göthe etwas lockern, so hat er doch in verhängnißvollster Weise mit ihm zusammengewirkt, christlichen Geist und christlichen Glauben aus den philologisch-humanistischenKreisen des neueren Deutschland zu verdrängen.

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Den Winter über kamen hauptsächlich die Naturwissenschaften und das Theater zu Ehren. Da Göthe dem Theater seit der Natürlichen Tochter" nichts Neues mehr zu bieten hatte, hatte er schon von 1803 an begonnen, außer dem „Göz“, „Iphigenie" und Tasso" auch seine armseligen Jugenddramen aus der Mappe hervorzuziehen und neben Schillers Meisterwerken aufführen zu lassen. Geändert wurde wenig daran; denn der geniale Mann des unendlichen Fortschritts" war entsetzlich unproductiv gewor den. In der Stella" mußte natürlich die schwärmerische Doppelliebschaft stehen bleiben, worauf das Stück beruhte; um aber der „Moral“ besser zu entsprechen, heirathete Fernando die beiden Weiber nicht mehr, sondern mußte sich erschießen, während Stella sich vergiftete. Von Schillers Dramatik zu solchem „Quark“ war ein Rückschritt um 30 Jahre; aber etwas Neues von Göthe mußte doch erscheinen, um den Glauben an ihn aufrecht zu erhalten, und so machte er das Alte zum Neuen. Nicht bloß die schwachen Stückchen der Geniezeit, wie „Die Geschwister“ und „Jery und Bätely“, auch „Die Mitschuldigen“ und „Die Laune des Verliebten", diese schülerhaften Hervorbringungen der Leipziger Rococo-Zeit, kamen im hellen 19. Jahrhundert auf die Bühne

1 Fr. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts. Berlin 1885. S. 538.

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Badeleben in Karlsbad.

von Weimar und wurden applaudirt 1. Alle Aesthetik und alles Kunstgerede von zehn Jahren hatten den Geschmack unendlich wenig gehoben. Göthe selbst aber hing lange nicht so sehr an den großen idealen Zielen der Kunst, als an seiner eigenen kleinlichen Individualität mit all ihren gegenwärtigen Schwächen und früheren Jugendfünden.

Der lockere Student, der diese Dinge gedichtet, war indeß längst eine steife Excellenz geworden, von vielen Sorgen und Unterleibsleiden (besonders Nierenkolik) geplagt. Gegen Ende Juni 1806 mußte Göthe Karlsbad aufsuchen und ward daselbst fürder ein regelmäßiger Badegast. Bei einer völligen Tagedieberei", wie er das Badeleben nennt, erholte er sich sichtlich, benüßte seine Spaziergänge und Ausflüge zu mineralogischen Studien und knüpfte mit allerlei vornehmen Leuten Bekanntschaft an, unter Anderen mit dem Fürsten Heinrich XIII. von Reuß.

Schon das Jahr zuvor, während Göthe sich in Halle und Helmstedt feiern ließ, war mit der Coalition der große Weltsturm ausgebrochen. Das Vordringen Napoleons in Italien und sein Verlangen nach der italienischen Königskrone trieb die österreichischen Staatsmänner endlich zum Entschluß, sich schlagfertig zu machen. Vom Mincio und Po bis nach Pommern und Hannover sollten österreichische, russische und schwedische Truppen. eine große Offensivlinie bilden, Russen und Engländer die Franzosen aus Neapel werfen. Um Mitte Juli ward der Plan in Wien berathen. Doch Napoleon kam allen Plänen der Coalition zuvor. Göthe war kaum wieder in seinem Weimar angelangt, als schon Bayern sein Bündniß mit Frankreich geschlossen hatte und eine französische Armee von 200 000 Mann auf Deutschland losmarschirte. Anfangs September wurden die diplomatischen

1 1804 kamen erst Jery und Bätely", sowie „Die Geschwister" in's ständige Repertoir, dann 1805 „Die Mitschuldigen“ und „Die Laune des Verliebten", 1806 die verbesserte „Stella" mit Gift und Pistole, 1807 der „Tasso". S. Burkhardt, Göthe's Werke auf der Weimarer Bühne. Göthe-Jahrbuch. IV. 120. 121.

Die europäische Weltkatastrophe.

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Beziehungen abgebrochen, am 8. begann der offene Krieg. Schlag

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die Schlacht bei Austerlitz

Franzosen in Wien der Vertrag von Schönbrunn - der Preßburger Friede. Von all diesen großen Ereignissen findet sich kaum ein dürftiger Anklang oder Wiederhall in Göthe's Schriften. Er lebte ganz außerhalb der europäischen Welt. Im folgenden Jahre wandte sich Napoleons Action gegen Preußen. Am 17. Juli, während Göthe in Karlsbad weilte, ward der Rheinbund unterzeichnet, am 6. August unterschrieb Kaiser Franz das Todesurtheil des alten römischen. Reiches deutscher Nation. Preußen entschloß sich nun zum Kriege, und zum Kriegsschauplah sollte dießmal Thüringen werden; ein Theil des Weltkampfes sollte sich bei jenem stillen Jena ent= scheiden, wo Göthe alljährlich die Professoren besuchte, seinen botanischen Garten pflanzte, anatomische Präparate studirte und Verse machte. Wie ein riesiges Ungewitter brach die gewaltige Weltkatastrophe auch über sein kleines Weimar herein.

Der Schlag kam, trotz aller politischen Vorzeichen, den großen Geistern daselbst fast unerwartet. Man hielt es nicht für mög lich, daß Preußen, das im Jahr zuvor nicht mit Oesterreich und Rußland hatte gehen wollen, sich jetzt entschlossen haben sollte, allein den französischen Imperator auf seiner Siegeslaufbahn aufzuhalten. Noch unterwegs von Karlsbad nach Weimar scherzte Göthe über die in Aussicht stehende Universalmonarchie und er theilte dem Franzosenkaiser die Titel: „Wir Napoleon, Gott im Rücken, Mahomed der Welt, Kaiser von Frankreich, Protector von Deutschland, Sezer und Schützer des empirischen Universums 2c." Er war der besten Laune 1. Der junge Professor Luden, eben als Extraordinarius angestellt, hatte das Glück, bei dem ersten Besuche zugegen zu sein, den Göthe nach der Heim

1 Rich. und Rob. Keil, Göthe, Weimar und Jena im Jahre 1806. Leipzig 1882. S. 7. Irriger Weise wird S. 6 Göthe ein Brief zugeschrieben, den Karl August (13. Januar 1792) an Knebel richtete. Sein „Patriotismus“ ist damit nicht gerettet.

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Luden bei Göthe und Knebel in Jena.

fehr bei Knebel in Jena machte, und hat den Herrn mit allen seinen angenehmen und unangenehmen Eigenthümlichkeiten, wie ein Interviewer skizzit. Göthe war erst verdrießlich, weil Luden zu spät gekommen, thaute aber bald auf. „Wir aßen gut und tranken. noch besser. Auch schienen Alle einen vortrefflichen Appetit zu haben und einen anständigen Durst.“ Nach einigem Wechselgespräch übernahm es Göthe, die Gesellschaft zu unterhalten. Zur Unterbrechung sang Knebels Frau, die frühere Sängerin Ruhdorf, ein Göthe'sches Lied. Dann fuhr Göthe wieder mit Anekdoten fort. „Die Gesellschaft wurde ungemein lebendig und brach zuweilen in ein schallendes Gelächter aus, nur dem Lachen der unsterblichen Götter vergleichbar." Göthe erzählte lauter komische Geschichten, aber er erzählte nicht bloß, sondern er stellte Alles mimisch dar". Die Heiterkeit dauerte bis 1 Uhr. Am andern Tage hatte Luden dann ein langes Gespräch mit Göthe über den „Faust" und über Weltgeschichte 1.

Noch am 30. September war Göthe wieder ganz fröhlich in Jena, schickte seiner Christiane einen Kasten voll frischer Nüsse und bestellte sich ein Pfund „Schokolade und drey Flaschen von dem rothen Wein" 2. Aber am 1. October zog schon das Infanterie-Regiment Owstien in die Stadt ein. Am folgenden Tag erschien der preußische Generalstab, an seiner Spiße der Fürst von Hohenlohe, der Prinz Louis von Preußen und Oberst Massenbach, der Generalquartiermeister. Den Lehteren behauptet Göthe von Erlassung eines sehr verleßenden Manifests gegen Napoleon abgebracht zu haben. Am 3. war er bei dem Fürsten zu Tafel, wo zwar viel Zuversicht in die preußische Macht ausgesprochen wurde, aber doch auch die Mahnung, die besten Sachen und wichtigsten Papiere zu verbergen. Göthe machte noch seine Wizze dazu. Doch wurde die Lage immer ernster und

1 Heinr. Luden, Rückblicke in mein Leben. Jena 1847. S. 13-20.

2 Keil a. a. D. S. 13.

3 Göthe's Werke [Hempel]. XXVII. 161.

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