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1. Göthe's Hochzeit.

1806.

„Die Schiller hat wenig verloren, Göthe gar nichts; er hat den Augereau bei sich gehabt, und während der Plünderung hat er sich mit seiner Mätresse öffentlich in der Kirche trauen lassen, und war dieß die lezte kirchliche Handlung; denn all unsere Kirchen sind nun Lazarethe und Magazine." Charlotte v. Stein an ihren Sohn Friz.

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Ich wünsche mir eine hübsche Frau,

Die nicht Alles nähme gar zu genau,

Doch aber zugleich am besten verstände,
Wie ich mich selbst am besten befände."
Göthe, Zahme Xenien.

Wie Schiller vorausgeahnt, sollte Göthe schließlich doch noch heirathen. Es war keine fröhliche Hochzeit. Herder und Schiller waren schon zu Grabe gestiegen; Fritsch und Schmidt, die alten Geheimräthe, ebenfalls. Corona Schröter, die Blume der Genieperiode, war todt. Charlotte von Stein führte als Wittwe ihr Hündchen, den kleinen Lolo, spazieren. Herzogin Anna Amalia und Wieland waren greise Ueberreste einer entschwundenen Zeit. Mit dem Erbprinzen und seiner Großfürstin war schon eine neue Generation in die Nähe des fürstlichen Thrones getreten. Göthe selbst, der Bräutigam, stand im 58. Jahre, Christiane Vulpius, die Braut, im 42. Zur Vorfeier der Hochzeit donnerten die

1 Als Lolo (auch Loulou) im Herbst 1807 crepirte, ließ sie ihm ein Grabsteinchen machen mit der Inschrift: Have anima, „wie es die Alten auf die Gräber eines geliebten Thiers zu sehen pflegten, und heißt: Ruhe wohl, Seelchen." Charlotte von Schiller. II. 352.

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Winckelmann und sein Jahrhundert."

Kanonen der Franzosen von Jena herüber und verkündigten Deutschlands tiefste Erniedrigung.

Was zwischen Schillers Tod (9. Mai 1805) und Göthe's Hochzeit (19. October 1806) liegt, ist bald erzählt, wenn man ihn nicht als einen Gott auffaßt, dessen gewöhnlichste Lebensregung schon für die ganze Welt von entscheidender Bedeutung war.

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An Dichtung kam nichts Nennenswerthes zu Stande. Aus der Bühnenbearbeitung des mißglückten Göz" wurden in der „Zeitung für die elegante Welt" ein paar Bruchstücke, sowie ein Bericht über die Aufführung desselben auf dem Weimarischen Hoftheater" mitgetheilt, der Epilog zu Schillers „Glocke“ im Taschenbuch für Damen" gedruckt. Bei Göschen erschien „Rameau's Neffe" von Diderot, bei Cotta eine Schrift mit dem Titel „Winckelmann und sein Jahrhundert. In Briefen und Auffäßen herausgegeben von Göthe" 1.

Den Grundstock der lezteren Schrift bildeten 27 Briefe Winckelmanns an seinen Freund Berendis, welche durch die Herzogin Anna Amalia in Göthe's Hand gekommen waren. Göthe schrieb dazu eine Widmung, eine Vorrede, dann ein allgemeines Vorwort zu dem Entwurf einer Geschichte der Kunst des 18. Jahrhunderts" nebst einer kurzen Biographie von Berendis, eine Schilderung Winckelmanns" und endlich noch „Skizzen zu einer Schilderung Winckelmanns" nach der allgemein menschlichen Seite hin. Meyer mußte dann den „eingeleiteten" Entwurf einer Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts und Skizzen über Winckelmanns künstlerische Entwicklung liefern, während der Philologe F. A. Wolf in Halle die Artigkeit hatte, einige Skizzen über Winckelmanns wissenschaftliche Entwicklung hinzuzufügen 2.

1 S. L. Hirzel, Verzeichniß einer Göthe-Bibliothek. 1884. S. 59-62.

2 Göthe's Werke [Hempel]. XXVIII. 183–229. Höchst merkwürdig ist, daß Herder schon 28 Jahre zuvor, als Göthe noch die lustige Person der Liebhaberbühne von Weimar war, die Bedeutung Winckelmanns weit tiefer und umfassender dargelegt hatte, als Göthe in diesen Einleitungen und Skizzen. Seine Schrift „Denkmal Johann

„Wie Julian gegen das Christenthum.“

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Die aus so verschiedenen Bruchstücken zusammengewürfelte Sammelschrift der sogen. „Weimarer Kunstfreunde" hatte den Zweck, Göthe's antikisirende Kunstrichtung gegen die durch die Romantik angeregten christlichen und deutschen Kunstanschauungen. festzuhalten und zu vertheidigen. Denn seine Richtung hatte. bereits einen harten Stoß erlitten. Nach sieben Kunstausstellungen in Weimar war sie beim Publikum noch immer nicht zu Gunst und Einfluß gelangt. Die Romantik hatte gesiegt; der Alte zog sich grollend in seine Zelle zurück."1 Göthe sah sich genöthigt, weitere Ausstellungen aufzugeben, beschloß aber mit seinen wenigen Getreuen, den einmal eingeschlagenen Weg „recht still, aber auch recht eigensinnig zu verfolgen“. Den eigentlichen Kern seiner Richtung hat er trefflich selbst gekennzeichnet, indem er Meyer bemerkte: „Wir stehen gegen die neuere Kunst wie Julian gegen das Christenthum." 2

Winckelmanns" wurde 1778 auf ein das Jahr zuvor ergangenes Preisausschreiben der Alterthumsgesellschaft in Kassel dem Ausschuß dieser Gesellschaft eingereicht, aber weil deutsch, nicht französisch geschrieben, ungekrönt bei Seite gelegt und erst ein Jahrhundert später durch Dr. A. Duncker (Kaffel, Kay, 1882) veröffentlicht. Sie erläutert trefflich die ungeheure Aufgabe, die Winckelmann sich gestellt, die Vorzüge dessen, was er geleistet, aber auch den verhängnißvollen Mißgriff, den er begangen, die griechische Kunst nicht genugsam als ein Glied der allgemeinen Kunstgeschichte überhaupt, mit gerechter Würdigung der früheren und späteren Kunstentwicklung aufzufaffen, woraus sich dann eine maßlose Ueberschäßung der griechi= fchen Kunst und andere Fehlgriffe nothwendig ergaben. S. Lüßow, Zeitschrift für bildende Kunst. 1882. Beiblatt Nr. 6 u. 8. Winckelmann ist der Begründer der modernen Kunstwissenschaft“ (F. X. Kraus, Tabellen zur Kunstgesch. Freib. 1880. S. 235), aber auch ihrer einseitigen Richtung zum Hellenismus. Vgl. M. Carrière, Die Kunst u. s. w. V. 203 ff. Lemcke, Aesthetik. 1879. S. 21. 1 L. von Urlichs, Göthe und die Antike. Göthe-Jahrbuch. III. 20.

2 Alph. Dürr, Johann Heinrich Meyer in seinen Beziehungen zu Göthe (v. Lüßow's Zeitschrift für bildende Kunst. 1885. S. 64 ff.).

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Winckelmanns Charakteristik.

Dabei hatten sie aber das Unglück, weder die alte Kunst, noch die Renaissance gründlich zu kennen, Künstler der Spätzeit gegen eigentlich classische Meister weit zu erheben und einen Mengs sogar neben, ja fast über Raphael zu stellen. Meyers „Entwurf“ ist durch die neuere Kunstgeschichte längst überholt, wenn er auch im Allgemeinen mehr Wissen und Urtheil bewährt als Göthe1. Die Charakteristik, welche Göthe von Winckelmann gibt, ist, zum großen Schaden der objectiven Wahrheit und Lebendigkeit 2, nicht in einfachem, klarem Erzählungsstil gehalten, sondern in hochtrabendem, akademischem Pathos, wie die Leichenrede auf einen entschlummerten Professor. Ganz ausgeführt ist dieselbe nicht. Man hat noch die Schablonen vor sich, nach denen Göthe sie ordnete: „Eintritt. Antifes. Heidnisches. Freundschaft.

Schönheit. Katholicismus. - Gewahrwerden griechischer Kunst. Rom. Die spärMengs" u. s. w. lichen Thatsachen und concreten Züge der Wirklichkeit sind durchspickt von allgemeinen Betrachtungen, ästhetischen Weisheitssprüchen, Selbstbekenntnissen, mit der sichtbarlich durchblickenden Ueberzeugung, daß der große Todte durch seinen Lobredner, wenn nicht überholt, so doch ersetzt ist. Um sich mit Winckelmann bis zu einem gewissen Grade identificiren zu können, macht Göthe einen vollständigen Heiden aus ihm und, da es nicht anders

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1 Dieser schwor nicht höher, als auf seinen Meyer. Er fand in ihm „eine Kunsteinsicht von ganzen Jahrtausenden“ (Gespräche mit Eckermann. I. 149) und pannte seine Kunstgeschichte „ein ewiges Werk" (ebds. I. 235); Peter Cornelius dagegen nannte Meyer einfach einen „Schwäßer“.

2 Von den 1781 veröffentlichten Briefen Winckelmanns an „einen seiner vertrautesten Freunde" sagte Göthe: „So find, um nur einiger größerer Sammlungen Winckelmann'scher Briefe zu gedenken, die an Stosch geschriebenen für uns herrliche Dokumente ... wenn sie ganz und unverstümmelt hätten gedruckt werden kön= nen.“ Göthe 's Werke [Hempel]. XXVIII. 194.

3 Göthe's Werke [Hempel]. XXVIII. 204–206.

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