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Salbung sehr viele allgemeine Bemerkungen ein, die von tiefer Weisheit zeugen. Dr. Franke, den der König vorzüglich begünstigt, hat eine Erklärung der Psalmen begonnen, in jeder Stunde nimmt er eine, zwey, oder auch drey kleinere Psalmen vor, gibt den Inhalt und Zweck derselben sorgfältig mit Benüßung ålterer und neuèrer Erklärungen an, jedoch ohne alle Ueberladung. Den Theologie-Studierenden erklärt er sein,,Jdea“ auf eine erbauliche Weise. Auch hålt er casuistische Vorlesungen über ausgewählte Stellen von Speners theologischen Bedenken,“ z. B. Bd. I. S. 15 und 162. In den Singstunden und öffentlichen Predigten wird er oft sehr feurig, ob er gleich niemals der Liebe vergißt. Ernst und Lauterkeit ist bey ihm in einer schönen Mischung beysammen. Michaelis liest über die ApostelGeschichte; Lang über die Briefe der Hebråer. Der lettere hålt nach beendigtem Gottesdienste ein ascetisches Collegium über die Berg-Predigt. Im Umgang, im Reden und Geberden ist er ein sehr ernsthafter Mann, und viel strenger als seine Collegen, daher begreife ich jetzt, warum seine Schreibart so herb ist. Er liest auch ein Collegium über die Homiletik, wodurch er sehr viel Nußen stiftet: er erklärt darin biblische Sprüche, und gibt Anleitung, vorzüglich zu Entwerfung dogmatischer Dispositionen. Auch Freilinghausen behandelt die Homiletik, aber auf eine ganz andere Weise: er läßt die Studierenden in einer Kirche predigen, und gibt sodann in Anwesenheit derselben seine Beurtheilung. Was mir am meisten gefällt, ist die Harmonie dieser Månner untereinander, welche sie naments lich auch durch gemeinschaftliches Gebet zu unterhalten su: chen. Ueberhaupt leben die Glaubigen hier auf einem viel vertraulicheren Fuße mit einander, als ich es an andern Orten gesehen habe, und hiedurch wird mehr als durch alles Andere der geistlichen Schläfrigkeit vorgebaut. Ich schåße es für eine große Gnade Gottes, daß ich so viele herrliche, lebendige Beispiele davon sehen kann, was die Kraft des HErrn aus dem Menschen zu machen vermag. Bis dahin war ich fast nur für mich allein ein Christ, hier aber lerne ich einsehen, was es um die Gemeinschaft und Verbindung der Heiligen ist.

Heute

Heute (den 21. Jun.) wohnte ich wieder einer Predigt Frankens bey, wobey mir besonders das merkwürz dig wurde, daß dieser Mann, der in der Regel äußerst ruhig, beynahe kalt zu reden scheint, sobald er auf die Gnade und Herrlichkeit des HErrn JEsu Christi zu sprechen kommt, plötzlich ganz lebendig und feurig wird, und in höchste Begeisterung geråth.

Ich halte auch das für einen ausgezeichneten Gewinn meiner Reise, daß ich bey so verschiedenen Werkzeugen des göttlichen Geistes, so verschiedene Gnaden-Gaben, und so mannigfaltige Erweisungen der heiligenden und zu segensreicher Thätigkeit befähigenden Kraft Gottes gesehen habe, wodurch ich eine immer vollständigere Vorstellung eines wahrhaftigen Menschen Gottes, welchen kein Einzelner darzustellen vermag, bekomme.

Dr. Anton hat in seiner Vorlesung über die KirchenGeschichte des siebenzehnten Jahrhunderts besonders das Eigenthümliche, daß er nicht sowohl auf große äußerliche Bewegungen der Menschen aufmerksam macht, als auf das in der stillen Verborgenheit heranreifende Werk Gottes, das den Augen der gewöhnlichen Geschichtschreiber häufig zu entgehen pflegt; in dieser Beziehung hebt er namentlich den Sieg der Arndt'schen Parthey, den Einfluß des vergeblich bekämpften Jansenišmus, die Bekehrung Dr. Jacob Reihing's (der nach seinem Uebertritt zur evangelischen Confession Professor der Theologie in Tübingen wurde), hervor. Professor Lang hat jeht ein neues literarisches Collegium begonnen, worin er zuerst die Lebens-Beschreibungen gelehrter Månner mittheilt, und sodann ihre Schriften kritisch durchgeht; doch ich muß enden, da ich unmöglich Alles in diesem Briefe ers zählen kann: ein Mehreres, so Gott will, dereinst mündlich.

Halle, den 25. Aug. 1713.

Herzlich geliebteste Frau Mutter!

Meine kindliche Liebe und hohe Pflicht fordert schon lang von mir, daß ich Ihre Gott suchende Seele insbesondere

anrede, und weil ich für dießmal mein Herz nicht in Ges genwart ausschütten kann, solches auf diese Weise zu er sehen. Ich trage die gute Zuversicht, es werde unser treue: himmlischer Vater diejenige Begierde zu Ihm und Seiner ewigen Erbarmung, die in Ihrem Herzen ist, unverrückt er halten haben, und noch stärken und brünstiger machen. Ach ja! dieses Einige ist es, wornach unsere Seele sich sehnet in dieser Vergånglichkeit. Die Tage, die wir in diesem Leben vor uns haben, können nicht seliger angewendet werden, als wenn wir uns durch steten ernstlichen Fleiß und Sorgfalt, des himmlischen Erbes theilhaftig machen lassen. Und doch kostet solche große Seligkeit nichts Anderes, als daß wir es von Herzen begehren und annehmen. In uns selbst ist keine Kraft noch Würdigkeit dazu; ja eben darin fångt unser wahrhaftiges Wohlseyn an, wenn wir unser eigen Elend, Jammer, Dürftigkeit, Armuth, Blindheit, Verderben, Untüchtigkeit zu allem Guten recht erkennen, empfinden und fühlen; aber in Christo IEsu ist uns Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit, Friede, Ruhe, Trost, Freude, Kraft, Leben und volles Genüge zu eigen geschenket, wir dürfen uns nur vor Gottes Thron niederwerfen und sagen: „Ach Vater, ich bin Deine Kreatur! Du hast mich gemacht, zum Genuß nicht dieser zeitlichen, sondern Deiner ewigen Güter; daß ich aber in dieser Welt bin, das macht, daß ich um der Sünde willen, wie andere MenschenKinder, aus Deinem Hause verstoßen bin! Auf diesen Irrwegen aber habe ich mich, leider! je mehr und mehr verirret, und habe die Zeit, darinnen ich håtte sollen allen Fleißes zu Deiner Ruhe wieder einkehren, in Eitelkeit und Ungewißheit hingebracht, ich bin ein irrendes Schaf, suche mich wieder, und nimm mich auf! Lehre Du mich selbst den rech= ten Weg, und begegne mir auf demselbigen, öffne mir die Augen, zeuch Deine Hand nicht von mir ab, o Gott, o mein Heil! verzeihe mir alle meine Sünden, und insonderheit die angeborne Verderbniß meines Herzens. Vergib mir alle Uebertretung durch das Blut Deines Sohnes! und schenke mir Deinen heiligen Geist, der mich dessen versichere, daß ich wahrhaftig bey Dir in Gnaden bin. Bewahre mich, damit ich in diesem unruhigen, jämmerlichen Leben gleich

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wohl ein ruhiges, stilles, sanftes Herz behalte, in steter geistlicher Nüchternheit und Wachsamkeit, Zufriedenheit, Sanftmuth, Freudigkeit, Liebe und Hoffnung. Lehre mich stets nach dem Einignothwendigen trachten, Dir beständig anhangen, meine Freude an Deinem Wort haben; im vers borgenen, unablåssigen Gebet eine stete Gemeinschaft mit Dir unterhalten, und einen guten, festen Grund in mein Herz legen auf's Zukünftige. Bleibe Du, o Gott, mein Gott, daß weder Tod noch Leben mich von Deiner Liebe scheide u. s. w. Alle solche mannigfaltige Güte, trägt der himmlische Vater uns auf das Treulichste an in Seinem Evans gelio, und hat uns solche wirklich beygelegt in der heiligen Laufe, und das Blut, und die noch jezt anhaltende Fürbitte unseres lieben Hohenpriesters und Heilandes ist noch immer kräftig an uns. Darum laßt ups unser Herz nur recht dazu anschicken. Weil aber unser Herz für sich selbst so tråg, kalt, ungeschickt und blind ist, so ist der beste Rath, daß wir auch dieses Elend unserem Erlöser klagen, Sein Wort fleissig lesen, und allezeit, auch unter der Arbeit, in unserer Seele erwågen, den Zustand unserer Seelen alle Morgen und Abend untersuchen, oft im Verborgenen uns auf unsere Kniee legen, und Gott um Seinen Geist und dessen Trost und Licht anflehen, die vergangene Zeit unseres Lebens, und dasjenige, was uns noch bevorsteht, überlegen, nicht durch geschwinde Veränderungen und Bewegungen unseres Gemüthes, nicht durch schüchternes Wesen, durch irrige Sorge um das Zeitliche, durch unvorsichtigen Umgang mit den Leuten u. f. w. unsern Schah, nämlich die Ruhe und den Frieden der Seele verscherzen." 1 Petr. 3, 2-6.

Nun ich stelle solches Alles der gewissen Gnade meines und Ihres Gottes anheim; auf Ihn wollen wir's wagen, herzliebe Frau Mutter! Sie greife es nur an, wie jest beschrieben, und lasse sich noch einmal das Gebet, Betrach= tung des Wortes Gottes und stete Erhebung des Herzens zu Ihm "angelegen seyn, und nehme wahr dasjenige, was Ihr Gott dabey in's Herz leget, und setze sich auch genugsame Zeit dazu; ja Sie versuche es nur drey Tage, und thue sodann, was Sie dabey wird gut erkennen: Sie wird sich wundern, und den HErrn preisen können. Geht es

schon anfangs in noch so großer Unmündigkeit und Einfalt her; es ist nur desto besser. Ich habe auf meiner Reise viele Erempel erfahren, daß die Einfalt der Gnade Gottes keineswegs hinderlich ist. Man sehe nur allezeit auf das Herz, wie solches gegen Gott stehet, so wird es nicht fehlen, es wird entweder eine demüthige Klage über sich selbst, oder ein Verlangen zu Gott, oder eine Freude in Gott darauf folgen, und ein guter Gedanke den andern hervor bringen; dabey können auch die Psalmen und das ParadiesGårtlein sehr gut zu Statten kommen. O wohl uns, wenn wir Gott zum Schild und zum sehr großen Lohn haben. ~ Der sey es auch der geliebten Frau Mutter.

Zum Beschluß kann ich versichern, daß meine Reise mir sehr viel Segen bringt, und daß ich auch dem Leibe nach mich ganz wohl befinde: dafür dem Höchsten ewig gedankt sey! Der segne uns je mehr und mehr, und schreibe geliebter Frau Mutter in's Herz, was hier gemelder wors den! Amen.

Zweiter Abschnitt.
Bengels amtliche Wirksamkeit.

Erstes Kapitel.

Bengels Wirksamkeit als Kloster-Pråceptor. S.. Innerhalb des Klosters.

Im September 1713 kehrte Bengel, bereichert an Kenntnissen und durchdrungen von dem redlichsten Vorsage, seine Gaben und Kräfte dem Dienste Gottes zu widmen — in sein Vaterland zurück. Einstweilen war das Bauwesen im Kloster zu Denkendorf seiner Vollendung so weit entgegen= gereift, daß er gegen das Ende des November daselbst auf

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