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keit ist eine solche Verirrung eines in eminentem Sinne selbständigen Charakters unvermeidlich; man muß aber auch immer bekennen, daß sie ein Schatten ist und bleibt.

Da Mensch und Autor bei Hamann unzertrennlich sind, so ist es natürlich, daß die geschilderte, in Singularität und Jsolirung sich verirrende Selbstheit seines Wesens auch in seiner Schreibart gefunden wird. Sein Stil ist ebenso einzigartig, wie er selbst, von der Sprache anderer Menschen abgesondert, fremd und unnahbar. Es herrscht in ihr nicht blos jene notwendige, in der Sache selbst liegende Dunkelheit, von der oben gesprochen ist, sondern ein innerer Drang, sich von der allgemeinen Sprachweise zu entfernen, eine bis aufs äußerste getriebene Individualität, die mitunter für Hamann selbst unverständlich wurde*). Er läßt sich nicht liebend herab, seine Sprache zu wandeln, wie Paulus, damit man ihn nur verstehe; er kann auch nicht wie dieser Felsenmann rühmen: „Ich will in der Gemeine lieber fünf Worte reden in meinem Sinn, auf daß ich auch Andere unterweise, denn sonst zehntausend Worte mit Zungen." Vielmehr ist's, als wenn Hamann sagte: „Wer meine Sprache versteht, mag von mir lernen; wem sie hart und barbarisch dünkt, gehe seines Weges! Meine Zunge kann ich nicht ändern, er ändere sein Ohr“**). Der lebenskräftige Kern und die

*) Er schreibt an Jacobi: „Wenn es mir so geht, daß ich mir selbst deutlich zu sein aufhöre, sobald ich abgekühlt bin, wie darf ich mich wundern, andern nicht genug deutlich zu sein?" (G. S. 227.) „Ich habe so viele posfirliche Versuche gemacht, mich selbst zu lesen, daß ich fast eben so leicht und lebhaft mit den Vorurteilen meiner Feinde als Freunde sympathisiren kann. . . . Sich in alle die Situationen zu verseßen, welche diese Irrwische (seine kleinen Schriften) hervorgebracht, ist eine wahre Selenfolter, und ich habe allen Appetit verloren, an eine so herkulische Arbeit zu denken, als erfordert würde, einen solchen Mistfall auszukehren und aufzuräumen, und mich auf alle die kleinen Anlässe zu besinnen, welche Einfall und Ausdruck mit und ohne Fug erzeugt.“ (G. S. 47.) „Ich verstehe mich selber nicht, und begreife nicht, wie es möglich ist, diese Misthausen -" (G. S. 495.) Aehnlich VII, 200, wo er seine Schriften Mißgeburten nennt; vergl. auch Anm. S. 104.

**) Nicht ohne Grund schreibt ihm Jacobi: „Davor war mir immer bange, daß Sie sich dem großen Publicum, welches die Berliner verführen,

süße nahrungsreiche Milch seiner Gedanken ist nicht nur in einer kokosnußartigen Schale verborgen, das ist bei Hamann die Ordnung der Natur (VII, 102), sondern um die Schale sind mit Absicht und Vorliebe noch Stacheln und Reifen geschmiedet.

Es kann bei dieser allgemeinen Charakteristik nicht mein Zweck sein, diese Stacheln und Reifen hier einzeln namhaft zu machen. Zu den Reifen gehört unter anderm die Verkehrung der Fülle und Gedrungenheit seines Stiles in jene Schreibart, die er selbst seinen verfluchten Wurststil nennt*), die Häufung von solchen Citaten und Anspielungen, deren Verständnis er kaum Jemanden zumuten konnte, die Bildung von Begriffen und Redewendungen aus denselben, die Ellipsen, welche durch die Sprünge seiner kühnen Phantasie, die Allegorien, welche durch das überbrückende Genie seiner Combinationsgabe hervorgezaubert werden, die individuellen Ausdrücke ganz individueller und momentaner, in ihm selbst nicht haftender Anschauungen u. s. w. Zu den Stacheln zähle ich vornehmlich

nicht verständlich machen, also nur für diejenigen geschrieben haben würden, welche die Berliner nicht verführen können.“ (G. S. 178.)

*) „Mein verfluchter Wurststil, der von Verstopfung herkommt, und von L.'s (Lavaters) Durchfall ein Gegensaß ist, macht mir Ekel und Grauen; ich habe schlechterdings einen Freund zum Corrector und Erinnerer nötig, der mir hier (in Königsberg) fehlt.“ (G. S. 186.) Mir ist es sicher, daß kein Freund ihn von diesem Stil geheilt hätte, ebensowenig wie von den Einseitigkeiten seines Wesens, die ihm auch widerwärtig waren, und die er doch festhielt. Er gesteht das selbst: „Mein fester Vorsag und Wunsch ist, anders zu schreiben, ruhiger und deutlicher. Aber die altera natura läßt sich mit keiner furca austreiben." (G. S. 495.) An Häfeli 2. Juli 1780: „Mir wird bei dem, was ich selbst geschrieben, so übel und weh als dem Leser, weil mir alle Mittelbegriffe, die zur Kette meiner Schlüffe gehören, verraucht sind und so aus. getrocknet, daß weder Spur noch Witterung übrig bleibt. Ich habe mich in eine solche Manier zu schreiben hineinstudirt, die mir weder selbst gefällt, noch natürlich ist, und weil von St. Paulo die Rede ist, so wünschte ich auch lieber fünf Worte im Publico mit meinem Sinn, denn sonst zehntausend Worte mit Zungen und mit dem Geist. Unterdessen muß jeder Vogel mit dem Wuchse seines Schnabels zufrieden sein.“ (VI, 151.) Ueber die scharfe Selbstkritik der Mängel seines Stils s. auch Br. a. J. vom 3. April 1786, Schluß.

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die Ueberschärfung der Ironie und des Sarkasmus, wozu er durch die stolze, ihm wohl bewußte Ueberlegenheit seines Geistes und durch den Blick auf die glückselige Behaglichkeit der Kinder der Zeit im Gegensaß zu seiner gefängnisartigen Lage sich verlocken ließ. Diese nicht notwendigen Stacheln haben wahrscheinlich mehrere zurückgeschreckt, als die notwendigen Kamelshare. Göthe erzählt: „So viel glaubte ich durchaus zu ersehen, daß Hamann, die Ueberlegenheit seiner Geistesgaben aufs innigste fühlend, sich jederzeit für etwas weiser und klüger gehalten, als seine Correspondenten, denen er mehr ironisch als herzlich begegnete. Gälte dies auch nur von einzelnen Fällen, so war es für mich doch die Mehrzahl, und Ursache, daß ich mich ihm zu nähern niemals Verlangen trug." Göthe und viele Andere, denen Kunst und Behaglichkeit über Wahrheit und Heiligkeit steht, würden kein Verlangen haben, sich vom hamannschen Kerne zu nähren, auch wenn alle Reifen und Stacheln fortgeschafft werden könnten; aber dennoch bleibt es ein Mangel, daß Hamann wie seine Persönlichkeit so auch seine Autorschaft mehr vereinsamt und abgeschlossen hat, als es die normale Entwicklung des von Gott in ihn gelegten Keimes mit sich gebracht hätte. Die Folge ist wie auf ihn selbst so auf seine Werke und Wirksamkeit zurückgefallen. Vielleicht in viel größerem Maße noch als sein eigentliches Wesen ist die dargelegte Verirrung desselben die Ursache, daß seine Autorschaft bis heute seufzen muß: „Ich bin gleich wie eine Rohrdommel in der Wüste; ich bin gleich wie ein Käuzlein in den verstörten Städten. Ich wache, und bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dache.“

Er ist allerdings ein Prediger in der Wüste, bekleidet mit Kamelbaren, genährt von Heuschrecken und wildem Honig, ein Prophet, den die weichen, zarten, planen Leute meiden, die lebelustigen einkerkern, die fanatischen erwürgen, er ist allerdings ein Magus, deffen Stimme Herodes und die Schriftgelehrten nimmer verstehen. Aber man hat sein süßes, rauschendes Harfenspiel zum Lobe seines Königs auch darum nicht gehört und hört es bis heute nicht, weil er Saiten auf seine Harfe gespannt hat, die nur ihm eigen, nur seinem Ohre verständlich waren, also, daß man nicht

wissen konnte, was von ihm geharft wurde. Man hat auf den Ton seiner gewaltigen Posaune zum Teil auch darum sich nicht in hellen Haufen zum Streit für seinen hohen König gerüstet, weil allzu singuläre, nur ihm bekannte, also undeutliche Töne darunter waren, die er in vernehmbare Signale nicht umwandeln wollte oder konnte. Wer in dem brennenden, scheinenden Lichte Hamanns fröhlich sein will, der soll auch von seinen Schatten lernen!!

Die Vorläufer der Hamannschen
Autorschaft.

Während und unmittelbar nach jener Umwandlung, von der oben erzählt ist, entstanden einige Schriften, welche Hamann noch nicht zu seiner Autorschaft rechnet, die aber als prophetische Vorläufer derselben anzusehen sind: Die biblischen Betrachtungen eines Christen, Brocken, Gedanken über meinen Lebenslauf. Dazu kommen einige Briefe vom Frühjahr 1758 bis zum Herbste oder Winter des folgenden Jahres.

Im Lebenslauf erzählt Hamann mit jener Lust zur Wahrheit, welcher Selbstschmeichelei und Selbsttäuschung als die Urwurzel aller Verirrung im Leben und Denken verhaßt ist, die Hauptzüge seines äußern und innern Lebensganges bis zu dem Punkte, wo die Selbstentwicklung ihre traurigen Früchte gereift hatte, und wo durch das Wort und den Geist Gottes der lebendige Keim einer neuen Entwicklung in ihn gelegt wurde. - Die Gedanken über den Lebenslauf sind in der That Selbstbekenntnisse, nicht Selbstbespiegelungen, nicht Selbstentschuldigungen, nicht Selbstverherrlichungen. Man spürt in ihnen das Rauschen des Geistes, der, aus der Wahrheit geboren, von Wahrheit zu Wahrheit führt und den Geist frei macht. Sie sind ein thatsächlicher Beweis des Wortes, was Hamann zu Haggai I. anmerkt: „ Wie bald würde die Blindheit der Menschen aufhören, wenn sie im Stande wären, ihre eigenen Wege zu betrachten.“

Die biblischen Betrachtungen eines Christen sind Anmerkungen zu einzelnen Schriftstellen, welche Hamann bei dem

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