ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

IV. Kreuzzüge des Philologen.

Unter diesem Gesammttitel gab H. zu Anfang 1762 eine Sammlung von 12 Aufsägen heraus, von denen einige schon früher einzeln erschienen waren. Zur Erklärung des Titels diene Folgendes. Der Philologe ist ein Mann, der den λóros lieb hat, und zwar im ganzen Umfange seines Begriffes. Die Offenbarung des menschlichen Wesens und Lebens heißt λóyos (Wort, Vernunft;) die persönliche Offenbarung des absoluten GottesLebens heißt auch óyos. Unter der lex continui stehend, sucht H., der Philologe, jenes wie dieses mit ebenso großer Lust als Treue zu ergründen und die innere Verwandtschaft beider aufzudecken. Daher stehen auch in dieser Sammlung die Untersuchungen über die menschliche Sprache mit vollem Rechte neben den Versuchen über die Sprache Gottes, ja neben der Verherrlichung des Wortes, von dem es heißt: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort; in ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen; und das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit." *) Wäre das Wort nicht, das bei Gott ist, so wäre auch kein menschlich Wort. Jenes ist die Ursache, wie die Vollendung dieses, dieses ist eine Weissagung, ein Wegweiser auf jenes hin. Ein Philologe in diesem Sinne wird mit dem Worte, das er liebt, stets unter dem Kreuze leben; er wird aber mit diesem

*) Sprache in der umfassendsten Bedeutung könnte man fast den Mittelpunkt des Hamannschen Denkens nennen. An Jacobi schreibt er (G. S. 122): Bei mir ist weder von Physik noch Theologie die Rede, sondern Sprache, die Mutter der Vernunft und Offenbarung, ihr A und N. Sie ist das zweischneidige Schwert für alle Wahrheiten und Lügen." An Herder: „Wenn ich auch so beredt, wie ein Demosthenes wäre, so würde ich doch nicht mehr als ein einziges Wort dreimal wiederholen müssen: Vernunft ist Sprache, lóyos. An diesem Markknochen nage ich und werde mich zu Tode darüber nagen. Noch bleibt es finster über dieser Tiefe für mich; ich warte noch immer auf einen apokalyptischen Engel mit einem Schlüssel zu diesem Abgrunde." (VII, 151.)

Kreuze auch streiten und siegen. H. selbst hat sich in seiner Recension der drei Recensionen der Kreuzzüge deutlich erklärt: „Was sollen wir aber nun vom Geschmack des Philologen sagen? Erstlich deutet sein Name einen Liebhaber des lebendigen, nachdrücklichen, zweischneidigen, durchdringenden, markscheidenden und kritischen Wortes an, vor dem keine Creatur unsichtbar ist, sondern Alles liegt blos und im Durchschnitt vor seinen Augen; hiernächst funkelt im Panier seiner fliegenden Sammlung jenes Zeichen des Aergernisses und der Thorheit, in welchem der kleinste Kunstrichter mit Constantin überwindet und das Orakel des Gerichts zum Siege ausführt." (II, 495, vergl. 453.) Auf den Philologus wendet H. an, was Luther vom Theologus sagt: „Theologus gloriae dicit malum bonum et bonum malum; theologus crucis dicit, quod res est," weil der Glaube die Ehre, die bei Gott allein ist, sucht und nicht Ehre von Menschen nimmt, nach Joh. 5, 41. 44. (II, 465 ff.; III, 146.)

Was H. unter einem Kreuzzuge versteht, hatte er schon früher an Lindner geschrieben (Br. 86): „Der größte Liebesdienst, den man seinem Nächsten thun kann, ist ihn zu warnen, zu bestrafen, zu erinnern, sein Schußengel, sein Hüter zu sein; diesen Kreuzzug hält nicht jeder Nitter aus." Der Wunsch eines französischen Autors, „daß man bald Europa vernünftig nennen könne, nachdem es wild, heidnisch und lange genug christlich geheißen hat“ (Br. 108), war die Quintessenz des Zeitgeistes. Um der Schußengel eines solchen Jahrhunderts zu sein, sind freilich Kreuzzüge eines Philologen im hamannschen Sinne nötig. Darum auch das Motto auf dem Titel der Schrift: etiam altera bella, Atque iterum ad Trojam magnus mittetur Achilles, und über der Vorrede das Bild, welches eine vollständige Sammlung aller Waffen darstellt mit der Inschrift: Senatus populusque Romanus. In der Vorrede bemerkt H. aus demselben Grunde, daß seine sokratische Muse nicht im friedlichen Planeten Saturn, sondern wol in den Sternbildern des Scor= pions oder Widders gewohnt und daselbst vielleicht von den Einflüssen des glühenden Mars beschwängert worden, wie ehedem

erunt

die restalische Mutter des kanonisirten Brudermörders, Quirini." Man erinnere sich hier zugleich der Stelle aus den sokratischen Denkwürdigkeiten: „Ein brennender Ehrgeiz nach Wahrheit und Tugend und eine Eroberungswut aller Lügen und Laster, die nämlich nicht dafür erkannt werden: hierin besteht der Heldengeist eines Weltweisen." Er vergleicht darum den Philologen mit dem Türkenüberwinder Eugen, denn wie dieser, — — schlägt er die heuchelnden Trommeln, hier und dort bricht er ein -Siechbett. *)

Den Hauptstimmführern, welche Europa, nachdem es so lange christlich gewesen, vernünftig machen wollen, und durch die Herrschaft ihres vernünftigen Geschmacks einen despotischen Gözendienst aufrichten, **) gilt der Kreuzzug. Sie sind die summa

*) Wie der Feldherr durch die Trommeln einen Angriff heuchelt und dann anderswo in die Feinde hineinfährt, so will H., der Schriftsteller auf dem Siechbett, wie die Zeit ihn schilt, in seinen Kreuzzügen kämpfen und den Bann der Zeit, die auf dem Siechbette liegt, brechen. „Anstatt der Illusion systematischer Gründlichkeit, die jedes Compendium der neusten Scholastiker auf dem Titelblatt verspricht, habe ich die Illusion der wißigen Einfälle vorgezogen, und nicht nur Possen im beliebten Formate, sondern auch alle die Taschenspielerkünste treulich nachgeahmt, womit man selbige dem herrschenden Geschmack angenehm und ehrwürdig zu machen sucht. Insbesondere ist die ästhetische Heuchelei eines berühmten Feldherrn in seinen Feldzügen gegen die rothen Juden der beste Zeitvertreib eines Schriftstellers auf dem Siechbette." (II, 506. 507.)

**) Mit dem überlegenen Spotte des freien Mannes, den wir aus der Zuschrift an Niemand, den Kundbaren, kennen, fragt Hamann in der erwähnten Recension: „Wer ist der Geschmack, des Stimme man gehorchen soll? Wie heißt sein Taufname? Wer kennt die Familie von Lesern, auf die sein parteiisches Auge allezeit gerichtet ist? Ist sie eine Reihe von Ahnen und Gespenstern, oder von Enkeln und Puppen? Keineswegs; sondern Wir Zeitverwandten der Briefsteller, die neuste Literatur betreffend, sind alle die glücklichen Lieblinge, welche der Geschmack hier in die Schulen führt, ein mathematischer Lehrer des ästhetischen Durchschnittes wird.... Die Stimme des Geschmacks wird Mancher mit dem Sohne Nun, dem Jünglinge, denken, ist ein weit und breites Feldgeschrei der neusten Literatur. Die Stimme des Geschmacks, antwortete Moses (2 Buch 32, 17. 18.) ist nicht

papaverum capita, welche nieder müssen. Auf die Frage des Recensenten, was eigentlich der kreuzziehende Philologe behaupten wolle, antwortete H.: „Der Herr Recensent hat es eigentlich und kurz genug schon bekannt, daß der kreuzziehende Philologe seine Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen gelehrten Welt überhaupt und insonderheit mit einigen Gelehrten, welche ein handlungsvoller Schriftsteller summa papaverum capita nennt, in seinen fliegenden Blättern behaupten wolle, nicht in vernünftigen Reden menschlicher Weisheit, sondern mit dem Zeigefinger des starken Geistes, der die Welt straft um der Sünde willen, die im Finstern schleicht und den Mittag verdirbt. Ist nicht das Wort vom Kreuz in der Aufschrift seines Buchs den Juden ein Aergernis und den Griechen eine Thorheit?" (II, 476.)

Auf dem Titelblatte steht ein Panskopf, der in der ersten Ausgabe die Unterschrift Пav trug. An Jacobi schreibt Hamann, δαβ fein Buclein Ούδεν και παντα enthalte. *)

In einem Briefe an J. G. Lindner (97) und in der Vorrede selbst nennt er dies Bild „den Autor in effigie." (Vgl. Br. 103.) Zur Erklärung dient die Bemerkung in den sokratischen Denkwürdigkeiten, daß Alcibiades die sokratischen Parabeln mit den Bildern der Götter verglich, die man in einer Kapsel trug, auf der nichts als ein Satyr zu sehen war. So enthalten die Schriften H.'s, insbesondere die Kreuzzüge das Пav, die Allheit der göttlichen Gedanken in Natur, Geschichte und Offenbarung; aber der Inhalt liegt versteckt in einer Form, an der unerleuchtete Augen nichts als Satyrund Pansgestalt sehen (vrgl. V, 48); denn er ist eben, wie die Vorrede sagt, kein Schriftgelehrter, kein Systematiker, sondern wie Amos

ein Geschrei gegen einander derer, die obsiegen wie im Triumph, oder unterliegen im Streit, sondern ich höre ein Geschrei eines Singetanzes," wie man kaum hinzuzusehen braucht, von lüsternen Gößendienern. (II. 492 ff.)

*) „Da Sie leider! in meinen chartis mehr und besser bewandert sind, als ich es selbst bin: so glaube ich in den Kreuzzügen noch kühner, statt Ihres Mottos aus dem Sirach (43, 27), — und hoffe ohne Gotteslästerung, gesagt zu haben: ovdɛv nai navta. (G. S. 15.)

"

ein Kuhhirte, der wilde Feigen abliefet. Er will dem großen Autor, dem Vater des Wortes, ähnlich sein, dessen Bücher sein eigen Bild zeichnen und die doch dem natürlichen Auge eine Thorheit und lächerliche Verunzierung sind, die also ovdεv zaι nav, Nichts und Alles enthalten. Damit ist im wesentlichen auch der Inhalt und Schlüssel der Vorrede der Kreuzzüge gegeben, die an den Leser unter der Rose" gerichtet ist. Er meint die weiße Rose des lutherschen Wappens, in der ein rothes Herz mit schwarzem Kreuze zu sehen ist. Leser, die Kreuzträger sind, wie der Philologe selbst, also Antipoden der Kinder dieser Zeit, verstehen und lieben den Philologen, als den auserwählten Kämpfer für den Kern des Christentums; alle andern sehen in seiner Autorschaft eine Mißgeburt und Eulenspiegelstreiche, eine Salzsäule, die ihnen so wenig sagt, wie Loths Weib. „Doch, — so schließt die Vorrede, falls der Holzschnitt des Titelblattes den Philologen in effigie oder seine schöne Statur etwa verstellen soll; dann muß er sich bei den Antipoden seine Maintenon aussuchen, die mit gleicher Inbrunst eine komische Mißgeburt und den allerchristlichsten Eulenspiegel zu lieben im Stande ist".

"

[ocr errors]

Man überwindet leicht das doppelte Herzeleid, von seinen Zeitverwandten nicht verstanden und dafür gemißhandelt zu werden, durch den Geschmack an den Kräften einer bessern Nachwelt.*) -Glücklich ist der Autor, welcher sagen darf:

-

*) Ueber das Nichtverständnis und Verständnis der Kreuzzüge schreibt H. an I. G. Lindner (Br. 120): „Was Tarquinius Superbus in seinem Garten mit den Mohnköpfen sprach, verstand der Sohn, aber nicht der Bote. Mithin kann ein Einfall, vor dem dienstbare Geister die Augen niederschlagen, vielleicht Kinder küßeln! und von den Brosamen, die Kindern entfallen, leben Mops und Kage einträchtig bis zum Wunder in meiner kleinen Haushaltung, nach der ich in Ermangelung eines bef= sern Maßstabes mein Publicum beurteilen muß." In dem Eingang zu der Recension der drei Recensionen heißt es: „Jezt sieht man das Licht nicht, das in den Wolken helle leuchtet. Wenn aber der Wind weht, so wirds flar. Von Mitternacht kommt Gold. Hiob 37, 18-22." (II, 455.) „Der Geschmack nennt jedes Unangenehme einen Fehler, und in der Sprache des Geschmacks sind unangenehm und Fehler gleichbedeutende

[ocr errors]
« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »